Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 23.10.1998) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23. Oktober 1998 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H., … H., … zu bewilligen, wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Erlaß eines Widerspruchsbescheides im Wege der Untätigkeitsklage. Sie behauptet, daß ihr der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 21. Mai 1996 nicht zugestellt worden sei.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 14. Mai 1998 abgewiesen. Mit ihrer Berufung vom 6. Juli 1998 (beim Landessozialgericht ≪LSG≫ eingegangen am 8. Juli 1998) benannte sie ihren damaligen „Hausgenossen” als Zeugen dafür, daß ihm der Bescheid nicht durch den Briefträger übergeben worden sei. Der Berichterstatter am LSG ermittelte den zuständigen Postzusteller, der die Postzustellungsurkunde unterschrieben hatte und lud die Beteiligten zu einem Erörterungstermin und Termin zur Beweisaufnahme am 23. Oktober 1998. Nach der Vernehmung des Postzustellers als Zeugen erklärten sich die anwesenden Prozeßbevollmächtigten der Beteiligten am 23. Oktober 1998 damit einverstanden, daß der Rechtsstreit durch den Berichterstatter als Einzelrichter entschieden wird. Nach Herstellung der Öffentlichkeit stellten die Prozeßbevollmächtigten Anträge zur Sache, und der Berichterstatter verkündete noch in dem Termin am 23. Oktober 1998 das Urteil.
Mit ihrer am 11. Dezember 1998 beim Bundessozialgericht eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses – am 12. November 1998 zugestellte – Urteil macht die Klägerin geltend, das LSG habe „das Beweisangebot der Klägerin bezüglich der Vernehmung des Zeugen M. … nicht berücksichtigt. Dieser hätte nämlich eine eindeutige Aussage zu der Frage, ob ihm am 1.6.1996 das Schriftstück übergeben wurde, machen können. Das Beweisangebot wurde mit Schriftsatz der Klägerin vom 6.7.1998 abgegeben. Eine Ladung erfolgte nicht. Es liegt damit ein Verfahrensmangel vor.”
Zugleich beantragte die Klägerin die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H., … Hildesheim.
Entscheidungsgründe
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Die Klägerin hat zwar das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) gerügt; dieser ist jedoch nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf einer Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Die Klägerin legt zwar dar, daß sie in dem Berufungsschriftsatz vom 6. Juli 1998 die Vernehmung ihres „Hausgenossen” als Zeugen beantragt hatte. Liegt bereits ein im Laufe des Verfahrens schriftlich gestellter Antrag vor, so muß von der Beschwerdeführerin auch dargelegt werden, daß dieser in der letzten mündlichen Verhandlung aufrechterhalten wurde (vgl BSG, Beschluß vom 3. März 1999 – B 9 VJ 1/98 B –, zur Veröffentlichung vorgesehen; Beschluß vom 23. Juni 1998 – B 9 V 31/98 B). Wird ein Beweisantrag in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, ist er dann nicht iS des § 160 Abs 2 Nr 3 2. Halbsatz SGG übergangen worden, wenn aus den näheren Umständen zu entnehmen ist, daß er in der maßgebenden mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten wurde. Dies ist bei rechtskundig vertretenen Beteiligten regelmäßig dann anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und der Beweisantrag nicht wenigstens hilfsweise, etwa durch eine ausdrückliche Bezugnahme auf den früher gestellten Antrag, wiederholt wird (hierzu BSG, Beschluß vom 30. Juni 1998 – B 10 AL 8/98 B). Die Klägerin hat nichts dazu vorgetragen, daß sie den Beweisantrag in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 1998 weiter aufrechterhalten hat. Sie hat – im Gegenteil – nur beanstandet, daß zu diesem Termin eine Ladung des Zeugen nicht erfolgt sei, und stellt im übrigen nicht in Abrede, daß sie einer sofortigen Entscheidung durch den Berichterstatter zugestimmt und nach Herstellung der Öffentlichkeit lediglich Sachanträge gestellt hat. Darüber hinaus fehlt es auch an näheren Darlegungen, daß und warum das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen kann, was der Zeuge im einzelnen bekundet hätte und warum sich das LSG – von seinem Rechtsstandpunkt aus – zur Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen. Damit ist die Verletzung des § 103 SGG nicht hinreichend dargelegt.
Da die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde mithin nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist die Beschwerde – ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter – in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5; BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Hieraus folgt zugleich, daß der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht begründet ist. Prozeßkostenhilfe ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Deshalb war sowohl der Antrag auf Prozeßkostenhilfe als auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 Abs 1 ZPO) abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen