Leitsatz (amtlich)

Die Rechtsprechung, daß zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer Norm nicht ausreiche, sondern dargetan sein müsse, welche Norm des Grundgesetzes verletzt sei und aus welchen Gründen (BSG 1975-08-22 11 BA 8/75 = SozR 1500 § 160a Nr 11), gilt entsprechend, wenn die Lückenhaftigkeit einer Norm behauptet wird.

 

Normenkette

SGG § 160a Fassung: 1974-07-30; GG

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 06.10.1982; Aktenzeichen L 5 Ka 28/81)

SG Hannover (Entscheidung vom 28.10.1981; Aktenzeichen S 10 Ka 78/81)

 

Gründe

Die Kläger fertigten in den Quartalen I/1981 und II/1981 in vierzehn und vier Fällen Diätpläne mittels eines Computers an und berechneten neben der Nr 18 Ersatzkassen-Gebührenordnung -E-GO- (individueller, auf den Patienten abgestellter schriftlicher Diätplan bei schweren Ernährungs- und Stoffwechselstörungen) für jede DIN-A 4-Seite Schreibgebühren in Höhe von 0,80 DM - insgesamt 22,40 DM pro Fall -. Die Beklagte setzte die Schreibgebühren ab. Mit ihrer Klage und der Berufung hatten die Kläger keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat ausgeführt, die zur Erstellung des Diätplanes erforderlichen Schreibarbeiten seien Bestandteil der Leistung nach Nr 18 E-GO und mit der Gebühr nach dieser Ziffer abgegolten. Das Fehlen einer besonderen Vergütungsregelung für Schreibgebühren im Rahmen von Nr 18 E-GO stelle keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke dar. Unzutreffend sei auch die Ansicht der Kläger, ihnen seien wenigstens die Unkosten zu ersetzen, die ihnen durch den Einsatz des Computers entstünden. Die computerbedingten Aufwendungen der Kläger gehörten vielmehr zu den allgemeinen Praxiskosten.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG haben die Kläger Beschwerde eingelegt. Sie machen geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. In ihrem anderen Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) gehe es darum, ob ein computergestütztes Verfahren bei der Erstellung eines Diätplanes eingesetzt werden könne, nachdem ein Kollege zuvor den Patienten an die Kläger überwiesen habe, diese jedoch mit dem Patienten nicht in Kontakt träten. Sollten sie in dem anderen Verfahren obsiegen, so wäre die Frage zu klären, ob die Kosten für das Schreiben der Diätpläne von dem betreffenden Arzt zu tragen seien. Die Kläger behaupten, Nr 18 E-GO enthalte insoweit eine Regelungslücke. Nur bei Einsatz eines Computers sei der Arzt in der Lage, einen umfangreichen Diätplan zu erstellen. Diese Nutzung des Computers hätten die Partner, "die die BMÄ beschlossen haben", nicht vorhergesehen. Der Computer übernehme die Arbeit einer Schreibkraft, verursache aber auch entsprechende Kosten.

Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen nach § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Danach muß in der Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Der Beschwerdeführer muß insbesondere die Rechtsfrage klar bezeichnen, sowie ihre Grundsätzlichkeit und Klärungsbedürftigkeit schlüssig und substantiiert darlegen. Diesen Anforderungen haben die Kläger noch nicht mit der Behauptung genügt, daß eine Regelungslücke vorliege. Das BSG hat entschieden, daß die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer vom LSG angewandten Norm zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht ausreiche; es müsse dargetan sein, welche Norm des Grundgesetzes verletzt sei und aus welchen Gründen; erst dann seien Inhalt und Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage genügend gekennzeichnet (BSG SozR 1500 § 160a SGG Nr 11). Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn zwar nicht die Verfassungswidrigkeit der Norm, wohl aber wie im vorliegenden Fall, ihre Lückenhaftigkeit behauptet wird. Die Kläger haben keine Norm und keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz bezeichnet, gegen die das LSG-Urteil verstoßen haben sollte. Insbesondere haben sie nicht angegeben, aus welcher Vorschrift der E-GO sie ihren Anspruch analog herleiten wollen. Sie behaupten insoweit lediglich, ihre Diätpläne seien sehr umfangreich, ein praktischer Arzt könne so umfangreiche Pläne nicht erstellen, die Nutzung des Computers sei von den Vertragspartnern nicht gesehen worden. Darin liegt die Behauptung, daß die Vorschrift der Nr 18 E-GO der Leistung eines computergestützten Diätplanes nicht gerecht werde. Es fehlt aber jede Begründung dafür, daß und warum eine andere Norm der E-GO anwendbar oder die E-GO ergänzungsbedürftig sei. Der Senat hat es zwar als zulässig angesehen, daß die Gerichte in engen Grenzen durch punktuelle Entscheidungen zu einzelnen Leistungen in ein umfassendes Tarifgefüge eingreifen, wenn etwa die in erster Linie zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz mißbräuchlich ausgeübt hätten (BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 BMÄ Nr 1). Dazu haben aber die Kläger nichts vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Breith. 1984, 265

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