Entscheidungsstichwort (Thema)
Lungenkrebs ohne Begleitasbestose. Berufskrankheit gemäß §§ 551 Abs 1, 551 Abs 2 RVO
Orientierungssatz
Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG Mainz vom 23.1.1991 - L 3 U 89/87 = HVGBG RdSchr VB 7/92, welches sich unter anderem mit den Voraussetzungen für die Anerkennung eines Lungenkrebses ohne Begleitasbestose als Berufskrankheit gemäß §§ 551 Abs 1, 551 Abs 2 RVO befaßt hatte.
Normenkette
RVO § 551 Abs 1 S 1; RVO § 551 Abs 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Kläger sind mit ihrem Begehren ohne Erfolg geblieben, erstens von der Beklagten zu 1) aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer Berufskrankheit (BK) des verstorbenen Dr. F E (Versicherter) Verletztenrente und Pflegegeld als Entschädigung des Versicherten zu Lebzeiten (an die Klägerin zu 1 als Rechtsnachfolgerin) sowie Hinterbliebenenentschädigung zu erhalten (Ablehnungsbescheid vom 12. Mai 1981, Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1983) und zweitens festzustellen, daß der Beklagte zu 2) nicht berechtigt ist, zu Lasten der Kläger auf Absprachen hinzuwirken, an solchen Absprachen teilzunehmen und/oder das Ergebnis zu verbreiten, wonach Lungenkrebsfälle von asbestgefährdeten Versicherten dann nicht entschädigt werden sollen, wenn eine Lungenfibrose nicht vorliegt (Urteile des Sozialgerichts <SG> Mainz vom 14. April 1987 - S 5 U 213/83 - und des Landessozialgerichts <LSG> Rheinland-Pfalz vom 23. Januar 1991 - L 3 U 89/87 -).
Ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Die Beschwerde war deshalb entsprechend § 169 SGG und mit der Kostenfolge entsprechend § 193 SGG zu verwerfen.
Nach der ständigen Rechtsprechung erfordert § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54, 58). Daran fehlt es der Beschwerde.
1. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Zur ausreichenden Bezeichnung des Verfahrensmangels, der darin erblickt wird, daß das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist, muß ua substantiiert dargelegt werden, aufgrund welcher Rechtsauffassung des LSG Tatfragen klärungsbedürftig erscheinen und es zu einer genau darzulegenden Sachaufklärung drängen mußten (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34).
a) Zu dem Antrag des Klägers, "die Niederschrift des Asbestkolloquiums beizuziehen", hat das LSG in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, dessen bedürfe es nicht, weil es an Hinweisen dafür fehle, daß dieses die Aufklärung des streiterheblichen Sachverhalts wesentlich fördern würde. Auch der Beschwerdebegründung fehlt es an einer substantiierten Darlegung, warum sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, die Ergebnisse "des Arbeitsmedizinischen Asbestkolloquiums in Bad Reichenhall am 13. Oktober 1990" beizuziehen. Die unsubstantiierte Behauptung, dort seien schwerpunktmäßig Fälle wie der vorliegende Tagungsgegenstand gewesen, reicht nicht aus, den Verfahrensfehler des LSG schlüssig darzustellen. Dazu reicht es auch nicht aus, sich statt eines substantiierten Vortrages auf Gerichtskunde und den Inhalt der beizuziehenden Niederschrift der Tagung zu beziehen.
b) Soweit die Kläger beantragt haben, "von Amts wegen ein Sachverständigengutachten - pathologisch, fachröntgenologisch, lungenfachärztlich - einzuholen dazu, daß insbesondere eine Pleuraasbestose vorliegt, unter Auszählung, respektive Abschätzung der Asbestkörperchen unter fünf Mikrometer Größe und unter Einbeziehung des signifikanten Unterschiedes zwischen Lungengewebebefund (hoch) und Papierträger (kaum) hinsichtlich der angeblichen Sekundärkontamination," fehlt der Beschwerdebegründung ebenfalls die substantiierte Darlegung, weshalb das Urteil des LSG unter Berücksichtigung der ausführlichen Beweiswürdigung keine ausreichende Begründung für die Ablehnung der Beweisanträge enthält, insbesondere warum sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, solche Gutachten einzuholen. Das LSG hat in seinen Entscheidungsgründen zudem ausdrücklich ausgeführt, diese Beweiserhebung könne unterbleiben, weil sämtliche von der Beklagten und im gerichtlichen Verfahren hinzugezogenen Gutachter mit Ausnahme des Dr. S übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen seien, daß der Versicherte nicht an einer Asbestose gelitten habe. Das gelte sowohl für eine Lungenasbestose als auch für eine Pleuraasbestose. Diese Sachverständigen hätten sich auf histologische und röntgenologische Untersuchungen gestützt, die zum Nachweis einer Asbestose, auch in Form einer Minimalasbestose, geeignet seien. Zu ihnen gehörten auch Prof. Dr. W und Dr. B , die lediglich unabhängig davon, ob eine Lungen- oder Pleuraasbestose vorliege, die Auffassung vertreten hätten, daß allein die hohe Asbeststaubexposition zusammen mit der Anzahl der im Lungenstaub gefundenen Asbestfasern die BK-Entschädigung nach § 551 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) rechtfertige.
c) An welcher Stelle sich das LSG für diese Feststellung nicht auf zulässige Beweismittel, etwa auf eigene Sachkunde gestützt hat, haben die Beschwerdeführer nicht bezeichnet.
d) Soweit die Beschwerdeführer erklären, das LSG habe nicht auf eine ordnungsgemäße Vertretung beider Beklagten hingewirkt, fehlt der Beschwerdebegründung die erforderliche Substantiierung.
e) Mit ihrer Meinung, die "inkriminierten Absprachen auf Hauptverbandsebene spielten sich auf öffentlich-rechtlichem Gebiet ab", äußern die Beschwerdeführer lediglich eine vom LSG abweichende Rechtsmeinung in der Sache. Das betrifft jedoch nicht den zulässigen Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde.
2. Zur Begründung der Grundsätzlichkeit einer Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 39).
Der Beschwerde fehlt die Darlegung, warum die gestellten oder angedeuteten Rechtsfragen in diesem Sinne erheblich sein würden. Auszugehen ist dabei von den tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, gegen die die Beschwerdeführer keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht haben (§ 163 SGG). Danach hat das LSG als Ergebnis seiner Beweiswürdigung festgestellt, daß der von den Klägern geltend gemachte Ursachenzusammenhang zwischen der Asbeststaubexposition und dem Bronchialkarzinom des Versicherten nicht wahrscheinlich sei. Grundlegend dafür sei, daß sichere Erkenntnisse über eine erhöhte Gefährdung für die Entstehung eines Lungenkrebsleidens infolge Einwirkung durch Asbest ohne gleichzeitiges Vorliegen einer Asbestose nicht vorhanden seien.
Die Beschwerdeführer messen nun der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, "ob rechtlich das Überschreiten der sog Verdoppelungsdosis durch die berufliche Asbestbelastung genügen muß für die Anerkennung des Asbestlungenkrebses". Von grundsätzlicher Bedeutung seien auch die Fragen, inwieweit das BK-Recht der ehemaligen DDR und internationales BK-Recht zu übernehmen sei.
Warum angesichts der oa Feststellungen des LSG diese Fragen in dem beabsichtigten Revisionsverfahren erheblich sein würden, haben die Beschwerdeführer aber nicht dargelegt.
3. Mit unanfechtbarem Beschluß vom 23. Januar 1991 (s § 177 SGG) hat das LSG entschieden, daß die Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. R nicht begründet ist. Diese Frage kann nicht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Gewande des Zulassungsgrundes einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erneut zur Entscheidung gestellt werden (s BSG SozR Nr 1 zu § 42 ZPO).
Fundstellen