Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Die 1948 geborene Klägerin war zunächst aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und seit 1.5.2004 als Bezieherin einer Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Zum 1.10.2013 wurde die Erwerbsminderungsrente in eine Regelaltersrente umgewandelt. Am 6.12.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR. Ihr Ehemann sei seit Jahren in der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) versichert und sie mitversicherte Angehörige. Ihre Mitversicherung ruhe unter Zahlung eines Ruhensbeitrags von 23,80 Euro, lebe aber zum 1.1.2014 wieder auf, wenn eine Befreiung aus der KVdR durch die Krankenkasse bescheinigt werde. Die Beklagte lehnte die Befreiung ab (Bescheid vom 23.12.2013; Widerspruchsbescheid vom 11.3.2014). Die dagegen gerichtete Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben (Urteile des SG Lübeck vom 4.7.2016 und des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 9.5.2019). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, eine Befreiung komme nur für denjenigen in Betracht, für den unmittelbar vor Eintritt des die Versicherungspflicht begründenden Tatbestandes keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bestanden habe. Anderes gelte auch im Fall der Klägerin nicht. Die bloße Erwartung, die Zahlung von Ruhensbeiträgen zur Aufrechterhaltung der Mitversicherungsmöglichkeit in der PBeaKK werde in ferner Zukunft tatsächlich einmal dazu führen, dass die Versicherung in Anspruch genommen werden könne, sei verfassungsrechtlich nicht geschützt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg, weil sie jedenfalls unbegründet ist. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen des allein geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sind nicht gegeben.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und -lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48).
Die Klägerin formuliert die Frage:
"Beinhaltet § 8 I Nr. 4 SGB V mit dem Wortlaut 'auf Antrag wird von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig wird' auch die Möglichkeit des Antragsrechtes für Personen, bei denen Kraft geänderter äußerer Umstände ein anderer (neuer) die Versicherungspflicht in der GKV auslösender Tatbestand eintritt, in die PBeaKK als Mitversicherte zu wechseln?"
Der Senat lässt dahingestellt, ob darin eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarung einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht gestellt, oder ob nicht vielmehr nach der Richtigkeit eines Subsumtionsvorgangs im Einzelfall gefragt ist. Denn diese Frage - ihre Qualität als abstrakt-generelle Rechtsfrage unterstellt - ist nicht klärungsbedürftig.
Die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist nicht gegeben, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort zB BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG Beschluss vom 2.10.1996 - 6 BKa 54/95 - SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von dem Beschwerdeführer grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage ergeben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG Beschluss vom 24.1.2018 - B 13 R 450/14 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 1.3.2018 - B 8 SO 63/17 B - juris RdNr 6). So liegt der Fall hier. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V und der dortigen Auslegung der Voraussetzungen "wer versicherungspflichtig wird" bereits beantwortet, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte.
Nach § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V wird auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig wird ua durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente. Der Senat hat hierzu bereits entschieden, dass weder der Wechsel aus einer bestehenden Pflichtversicherung in der GKV aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in die KVdR (vgl BSG Urteil vom 27.4.2016 - B 12 KR 24/14 R - SozR 4-2500 § 8 Nr 4) noch der Wechsel von einer Rentenart in eine andere (vgl BSG Urteil vom 24.6.2008 - B 12 KR 28/07 R - SozR 4-2500 § 8 Nr 2) ein Befreiungsrecht von der Versicherungspflicht begründet, denn ein Befreiungstatbestand liegt für denjenigen nicht vor, der zuvor der Versicherungspflicht aus anderen Gründen unterlag. Entsprechend ist auch der Wechsel der Klägerin von der Erwerbsminderungs- in die Regelaltersrente kein die Befreiung von Versicherungspflicht begründender Sachverhalt.
Anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin über Jahre eine Anwartschaft zur PBeaKK aufrechterhalten und Ruhensbeiträge mit dem Ziel gezahlt hat, mit Erreichen der Regelaltersgrenze die Mitgliedschaft in der PBeaKK unter Befreiung von der Versicherungspflicht in der KVdR aufleben zu lassen. Derartige persönliche Rahmenbedingungen ändern am Fehlen eines gesetzlichen Befreiungstatbestands nichts. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die richtige Auslegung des § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V ohne Belang, ob bzw wann für einen Pflichtversicherten eine Möglichkeit besteht, über die Absicherung des Lebenspartners bei der PBeaKK gegen Krankheit mitversichert zu werden (vgl BSG Urteil vom 27.4.2016, aaO, RdNr 27). Ebenso hat der Senat schon entschieden, dass grundrechtliche Erwägungen nicht zu einer anderen Auslegung des § 8 SGB V zwingen, weil nicht ersichtlich ist, dass die Eröffnung der Befreiungsmöglichkeit nur bei Rentenbeginn und nur dann, wenn zuvor keine Versicherungspflicht bestand, gegen Verfassungsrecht verstoßen könnte (vgl BSG Urteil vom 24.6.2008, aaO). Dies gilt auch im Fall der Klägerin. Insbesondere wird durch eine faktische Wirkungslosigkeit der jahrelangen Zahlung von Ruhensbeiträgen in der PBeaKK kein Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG begründet, der ggf eine abweichende Auslegung bzw einen (weiteren) Befreiungstatbestand erforderte. Die Klägerin hat die Zahlungen freiwillig und unter Inkaufnahme erheblicher Eventualitäten geleistet. Nur der Fall, dass sie vor Eintritt in die Regelaltersrente (zB infolge begründeter Selbstständigkeit) nicht mehr der Versicherungspflicht unterlegen hätte, hätte zu einer Inanspruchnahme der Mitversicherung führen können. Das LSG hat zu Recht darauf verwiesen, dass sich aus dieser vagen Erwartung keine verfassungsrechtlich verfestigte Eigentumsposition iS von Art 14 Abs 1 GG ergeben kann. Die bloße Erwartung zukünftiger Entwicklungen von Vermögensdispositionen ist eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl zB BSG Urteil vom 21.1.2009 - B 12 R 1/07 R - juris).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13535323 |