Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. Mai 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung. Er siedelte am 6.12.1990 aus der ehemaligen Sowjetunion in die Bundesrepublik Deutschland über und ist im Besitz des Vertriebenenausweises "A". Die Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst ab 1.12.2006 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und später ab 1.12.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Seine Klage auf höhere Rente ist ebenso erfolglos geblieben wie seine Berufung. Das LSG hat ausgeführt, im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung seien nicht nur die im Bundesgebiet erworbenen Entgeltpunkte aus Beitragszeiten, sondern auch die für Zeiten im Herkunftsland berücksichtigten Entgeltpunkte nach dem FRG einzubeziehen. Ebenso sei der Gesamtbelegungszeitraum unter Einbeziehung der beitragslosen Zeiten im Herkunftsgebiet zu ermitteln. Für die vom Kläger begehrte gesonderte Bewertung des Versicherungslebens fremdrentenberechtigter Personen einerseits für die Zeiten im Herkunftsgebiet und andererseits für die im Bundesgebiet zurückgelegten Zeiten bestehe keine Rechtsgrundlage (Urteil vom 7.5.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung sowie auf Divergenz.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch eine Rechtsprechungsabweichung in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
1. Der Kläger hat den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN).
Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Er hat bereits keine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkret bezeichneten revisiblen Vorschrift (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht benannt. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl zu diesem Erfordernis BSG Beschluss vom 13.1.2020 - B 5 R 256/19 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 8.3.2021 - B 9 BL 3/20 B - juris RdNr 17).
Selbst wenn dem Vortrag des Klägers zu der seiner Ansicht nach gebotenen "teleologischen Reduktion aufgrund des Entschädigungsgedankens" bei wohlwollender Würdigung eine Rechtsfrage zum Erfordernis einer gesonderten Gesamtleistungsbewertung (§§ 71 bis 74 SGB VI) für die Zeiträume vor und nach Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland für den Fall der Berücksichtigung von Zeiten nach § 15 FRG entnommen werden könnte, erfüllt sein Vorbringen nicht die weiteren Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung. Er zeigt nicht auf, inwiefern eine solche Frage klärungsbedürftig ist. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Frage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 4). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung ergangen oder die Frage durch die schon vorliegenden Entscheidungen noch nicht beantwortet ist (vgl Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Der Kläger ist der Ansicht, dass bei fremdrentenberechtigten Versicherten zur Bewertung der beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten keine "Gesamtleistungsbewertung" vorgenommen werden dürfe, sondern vielmehr zwei getrennte "Teilleistungsbewertungen" iS der §§ 71 ff SGB VI einerseits für das Versicherungsleben im Herkunftsgebiet und andererseits für die nach Übersiedlung in Deutschland zurückgelegten Zeiten durchzuführen seien. Er meint, eine solche Differenzierung sei sowohl historisch als auch aus systematischen Gründen zwingend, da die Anerkennung von Zeiten nach dem FRG nicht auf einer Eigenleistung zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beruhe, sondern Ausfluss einer staatlichen Gewährung an Vertriebene sei, die weiterhin auf dem Entschädigungsprinzip gründe. Deshalb müssten diese Zeiten "anders" und die sich aus ihnen ergebenden Entgeltpunkte "gesondert" behandelt werden. Die Gleichstellung dieser Zeiten nach § 15 Abs 1 FRG bedeute gerade keine Gleichbehandlung; eine Anerkennung dieser Zeiten im Bundesgebiet erfordere keine völlig identische Vorgehensweise, wie sie bei im Bundesgebiet zurückgelegten Zeiten vorzunehmen sei.
Damit stellt der Kläger seine eigene Rechtsmeinung dar. Eine hinreichende Auseinandersetzung mit bereits vorhandener höchstrichterlicher Rechtsprechung enthält die Beschwerdebegründung jedoch nicht. Soweit der Kläger das Urteil des BSG vom 21.3.2018 anführt, nimmt er nur einen kleinen Ausschnitt mit rechtshistorischen Ausführungen zu dem ursprünglich im Fremdrentenrecht bis zur Änderung im Jahr 1960 maßgeblichen Entschädigungsgedanken in den Blick (B 13 R 15/16 R - SozR 4-5050 § 31 Nr 2 RdNr 37; s aber auch BSG Beschluss vom 27.6.2018 - B 13 R 273/16 B - juris RdNr 20 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 12.2.2009 - B 5 R 39/06 R - BSGE 102, 248 = SozR 4-5050 § 15 Nr 6, RdNr 23). Dagegen lässt er unerwähnt, dass das BSG im Urteil vom 21.3.2018 die vom Kläger befürwortete Unterteilung der Zeiträume im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung gerade nicht vorgenommen hat (vgl BSG Urteil vom 21.3.2018 - B 13 R 15/16 R - aaO RdNr 29). Auch setzt er sich nicht damit auseinander, dass das BSG im Beschluss vom 17.4.2012 zu einer vergleichbaren Fallgestaltung (Gesamtleistungsbewertung bei zunächst im EU-Ausland zurückgelegten Versicherungszeiten im Rahmen der innerstaatlichen Rentenberechnung nach Art 46 Abs 1 Buchst a Ziff I EWGV 1408/71) ausgeführt hat, der Wortlaut des Gesetzes knüpfe zur Bestimmung des Beginns des belegungsfähigen "Gesamtzeitraums" in § 72 Abs 2 Satz 1 SGB VI an die Vollendung des 17. Lebensjahrs "und nicht an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Versicherung oder an seinen Aufenthaltsort" an (BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 11). Aufgrund dieses Befunds ist das BSG davon ausgegangen, dass sich die Antwort auf die auch dort aufgeworfene Frage nach einer getrennt vorzunehmenden Bewertung zweifelsfrei aus dem Gesetz ergebe. Soweit der Kläger speziell für die Fälle einer Gesamtleistungsbewertung unter Berücksichtigung von Zeiten nach § 15 FRG eine "teleologische Reduktion" der Vorschriften in §§ 71 ff SGB VI - insbesondere zum Beginn des belegungsfähigen Gesamtzeitraums - fordert, befasst er sich nicht mit den näheren Voraussetzungen für die Nichtanwendung einer Vorschrift auf einen Teil der nach ihrem Wortlaut erfassten Fälle (vgl BSG Urteil vom 6.9.2017 - B 13 R 33/16 R - SozR 4-2600 § 96a Nr 17 RdNr 38; BSG Urteil vom 26.9.2019 - B 5 R 4/19 R - SozR 4-2600 § 118 Nr 17 RdNr 20 - jeweils mwN). Er behauptet lediglich pauschal die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion, zeigt aber nicht auf, inwiefern gerade der Entschädigungsgedanke oder der Sinn und Zweck der Gesamtleistungsbewertung eine Nichteinbeziehung der im Herkunftsgebiet zurückgelegten FRG-Zeiten gebieten könnte.
Soweit der Kläger in seiner Beschwerdebegründung geltend macht, die Entscheidung des LSG sei "unrichtig", kann hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BSG Beschluss vom 24.2.2021 - B 13 R 79/20 B - juris RdNr 10).
2. Der Kläger hat auch eine Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht ausreichend bezeichnet. Sie liegt vor, wenn das angefochtene Urteil seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde legt, der von einem zu derselben Rechtsfrage entwickelten abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Darüber hinaus erfordert der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Hierzu sind die betreffenden Rechtssätze einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (stRspr; zB BSG Beschluss vom 13.8.2020 - B 5 RE 9/20 B - juris RdNr 4 mwN).
Der Kläger stellt in seiner Beschwerdebegründung keinen Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung des LSG einem abweichenden Rechtssatz aus einer höchstrichterlichen Entscheidung gegenüber. Seine rechtlichen Ausführungen, die nicht nach den Zulassungsgründen der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz differenzieren, konzentrieren sich vielmehr auf die Darstellung seiner eigenen Rechtsmeinung. Das reicht auch für eine Divergenzrüge nicht aus.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14902349 |