Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 14.12.2017; Aktenzeichen L 16 AS 899/16) |
SG München (Entscheidung vom 22.11.2016; Aktenzeichen S 45 AS 1872/16) |
Tenor
Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Beschluss werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
1. Den Klägern kann - ungeachtet der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - PKH nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO). Aus diesem Grund ist auch ihr Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die Kläger haben persönlich Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und PKH für die Beschwerden beantragt (Schreiben vom 24.12.2017; Begründung des PKH-Antrages mit Schreiben vom 22.12.2017). Eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgte durch ihren Prozessbevollmächtigten (Schriftsatz vom 19.2.2018). Die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Beschwerden hat anhand der vorliegenden Begründungen der Kläger und ihres Prozessbevollmächtigten zu erfolgen sowie nach summarischer Prüfung des Streitstoffes aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte. Danach ist ein Zulassungsgrund nicht ersichtlich.
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
Die Kläger rügen in ihrer Beschwerdebegründung zunächst eine Divergenz im Hinblick auf das Urteil des 14. Senats des BSG vom 22.8.2013 (B 14 AS 1/13 R - BSGE 114, 136 = SozR 4-4200 § 11 Nr 64), wie sie in ihrem außerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz vom 4.6.2018 noch einmal klargestellt haben. Eine Divergenz liegt dann vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Eine solche Abweichung ist weder dargelegt noch ersichtlich. Stattdessen zielt die Rüge der Kläger auf die inhaltliche Richtigkeit der Berufungsentscheidung. Die Kläger machen lediglich geltend, die angegriffene Entscheidung berufe sich zu Unrecht auf das Urteil des BSG vom 22.8.2013, das Einkünfte aus einer Personengesellschaft zum Gegenstand hatte, während im vorliegenden Verfahren Einkünfte von Kapitalgesellschaften streitgegenständlich seien.
Es ist auch weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16 S 27). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen Entscheidungen des BSG bzw ggf der übrigen Bundesgerichte ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Soweit die Kläger die Frage aufwerfen, ob "eine Person einer Bedarfsgemeinschaft fremdes Vermögen einer GmbH verwenden [muss], um seine Bedürftigkeit zu verringern", ist diese Frage in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig. Soweit sie die Frage aufwerfen, "ob das in einer GmbH über eine Pensionszusage gesicherte Vermögen, welches erkennbar für die Altersvorsorge des Gesellschafters und Antragstellers gedacht ist und dieser dient, trotz der Vorschrift des § 12 Abs. 3, Nr. 3 SGB II verwertet werden darf und muss, um die Bedürftigkeit des Antragstellers zu verringern", wenden sie sich letztlich nur gegen die aus ihrer Sicht unrichtige Rechtsanwendung im Einzelfall. Eine Auseinandersetzung mit der zu § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II ergangenen Rechtsprechung des BSG (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 22 ff; BSG vom 7.5.2009 - B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 = SozR 4-4200 § 12 Nr 14, RdNr 18; BSG vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 24; vgl auch Lange in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 12 RdNr 82 ff mwN) fehlt. Ein noch verbleibender Klärungsbedarf wird ebenso wenig dargelegt wie eine Klärungsfähigkeit in dem vorliegenden Rechtsstreit.
Soweit die Kläger zuletzt die Frage stellen, ob "ein Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH Entscheidungen treffen [muss], die wirtschaftlich für die GmbH nachteilig und damit rechtlich unzulässig sind und die Werthaltigkeit der Gesellschaftsanteile schmälern, um seine Bedürftigkeit zu verringern", ist eine Rechtsgrundsätzlichkeit nicht dargelegt und auch nicht zu erkennen. Das LSG ist ausweislich der Entscheidungsgründe davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 1 in rechtlich zulässiger Weise über die Versicherung Nr … mit einem Rückkaufwert iHv … Euro zum 1.9.2016 verfügen konnte. Die hiergegen erhobenen Einwände der Kläger betreffen wiederum nur die behauptete inhaltliche Unrichtigkeit dieser Annahme, ohne dass ein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt wird. Ob Vermögensgegenstände verwertbar und damit im SGB II als Vermögen zu berücksichtigen sind, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (vgl nur BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 21; vgl auch Lange in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 12 RdNr 39 mwN), wobei ein Vermögensgegenstand rechtlich nicht verwertbar ist, wenn der Inhaber in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt ist und er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann (vgl BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 20; BSG vom 20.2.2014 - B 14 AS 10/13 R - BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr 23, RdNr 22). Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II sind als Vermögen zudem solche Sachen und Rechte nicht zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Die Kläger setzen sich weder mit den maßgeblichen Vorschriften des SGB II noch mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG auseinander. Soweit sie rügen, das LSG habe § 12 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB II falsch angewandt, ergibt sich hieraus ebenfalls keine Rechtsgrundsätzlichkeit.
Mit der mehrfach erhobenen Rüge, das LSG habe elementare Grundsätze des Gesellschaftsrechts verkannt, ist ein Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt. Dies gilt auch für die Ausführungen zu den einzelnen Versicherungen, an denen die Kläger als Versicherungsnehmer oder Begünstigte beteiligt sind. Im Übrigen greifen die Kläger insoweit teilweise Ausführungen des LSG an, die die Berufungsentscheidung nicht tragen.
Soweit die Kläger an verschiedenen Stellen der Beschwerdebegründung rügen, es fehle in der Entscheidung des LSG an Feststellungen etwa zum wirtschaftlichen Wert der GmbH im Falle ihrer Auflösung oder ihres Verkaufs bzw zu möglichen Steuernachforderungen im Fall eines Rückkaufs der Lebensversicherungen, kann offenbleiben, ob hiermit ein Verfahrensfehler im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht und eine Aufklärungsrüge erhoben werden sollte. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann eine Aufklärungsrüge grundsätzlich nur auf einen ohne hinreichende Gründe übergangenen Beweisantrag gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Hierzu ist weder etwas vorgetragen noch ist der Akte zu entnehmen, dass insoweit die Beschwerden Erfolg haben könnten.
2. Die durch die Kläger persönlich eingelegten Beschwerden entsprechen mangels Vertretung durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG) nicht der gesetzlichen Form und sind deshalb unzulässig. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerden erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12903237 |