Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 06.06.2019; Aktenzeichen L 8 SF 79/13 EK) |
Tenor
Die Anträge des Klägers, ihm für das Verfahren der Revision gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 6. Juni 2019 - L 8 SF 79/13 EK - und hilfsweise für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. aus N. zu bewilligen, werden abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt eine Entschädigung wegen einer überlangen Verfahrensdauer in einem gegen ihn gerichteten Verfahren der Barmer Ersatzkasse über die Herausgabe von Behandlungsunterlagen aus dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung vor dem SG Nürnberg (S 11 KR 219/03) sowie in dem anschließenden Berufungsverfahren vor dem Bayerischen LSG (L 4 KR 349/07, fortgeführt zunächst unter L 12 KA 544/07, dann unter L 12 KA 5002/08). Mit Urteil vom 20.12.2006 wies das SG die Klage ab, das anschließende Berufungsverfahren vor dem LSG endete am 3.8.2011 durch Vergleich.
Am 11.2.2013 hat der Kläger beim OLG Nürnberg Klage wegen Entschädigung aufgrund überlanger Verfahrensdauer erhoben und die Gewährung einer Entschädigung von 8400 Euro zzgl Zinsen beantragt, weil die Ausgangsverfahren insgesamt 84 Monate verzögert gewesen seien. Nach Verweisung an das LSG als zuständiges Entschädigungsgericht hat dieses die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.6.2019). Die Klage vom 11.2.2013 sei außerhalb der Frist des § 198 Abs 5 Satz 2 GVG (innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung) und gemäß Art 23 Satz 6 ÜGG nach dem Stichtag des 3.6.2012 erhoben. Diese Fristen wirkten in derselben Weise als materiell-rechtliche Ausschlussfrist, sodass die Entschädigungsklage verfristet sei. Dies stehe zur Überzeugung des Senats nach Sichtung sämtlicher vom Kläger mit Aktenzeichen benannter Verfahren fest. Der Senat folge aber der Rechtsansicht, wonach die Versäumung der Ausschlussfrist den Entschädigungsanspruch entfallen lasse und die Entschädigung des Klägers als unbegründet abzuweisen sei. Die nach dem Stichtag erhobene Klage könne materiell nicht an der Vorschrift des § 198 Abs 1 GVG gemessen werden. Ebenso scheide ein Anspruch auf Feststellung der Überlänge nach § 198 Abs 4 GVG aus. In dem hier zu entscheidenden Fall rechtfertige das prozessuale Vorgehen des Klägers im Ausgangsverfahren nicht die Feststellung einer Überlänge, sodass die Klage insgesamt abzuweisen sei.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 25.7.2019, beim BSG eingegangen per Telefax am 27.7.2019, Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung der Revision gegen das LSG-Urteil und hilfsweise für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. beantragt.
II
Die Anträge des Klägers auf PKH sind abzulehnen.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO).
Die vom Kläger beabsichtigte Revision ist unzulässig. Nach § 160 Abs 1 SGG kann die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur eingelegt werden, wenn sie vom LSG oder vom BSG zugelassen worden ist. Da das Entschädigungsgericht die Revision in seinem Urteil nicht zugelassen hat und ein die Revision zulassender Beschluss des BSG (§ 160a Abs 4 Satz 1 SGG) nicht vorliegt, wäre eine Revision des Klägers nicht statthaft und müsste deshalb gemäß § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Das gegen die angefochtene Entscheidung des Entschädigungsgerichts zulässige Rechtsmittel ist allein die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG). Insoweit lässt der Senat dahingestellt, ob im Fall des Klägers die strengen Voraussetzungen für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des Entschädigungsgerichts überhaupt erfüllbar sind. Die hinreichende Erfolgsaussicht ist bei der Gewährung von PKH für die Nichtzulassungsbeschwerde nicht allein danach zu beurteilen, ob die Beschwerde Aussicht auf Erfolg hat. Vielmehr ist PKH auch dann zu versagen, wenn klar auf der Hand liegt, dass der Antragssteller letztlich nicht erreichen kann, was er mit dem Prozess erreichen will. PKH hat nicht den Zweck, Bedürftigen die Durchführung solcher Verfahren zu ermöglichen, welche im Ergebnis nicht zu ihrem Vorteil ausgehen können, die also ein vernünftiger Rechtssuchender nicht auch auf eigene Kosten führen würde (stRspr, zB BSG Beschluss vom 16.3.2018 - B 1 KR 104/17 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 5.9.2005 - B 1 KR 9/05 BH - SozR 4-1500 § 73a Nr 2 RdNr 3, jeweils mwN). So liegt der Fall hier.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die erkennbar allein begehrte Entschädigung wegen überlanger Dauer des Hauptsacheverfahrens vor dem SG Nürnberg und dem Bayerischen LSG, weil er die Frist des Art 23 Satz 6 ÜGG nicht beachtet hat. Danach kann die Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs 1 GVG bei abgeschlossenen Verfahren sofort erhoben werden und muss spätestens am 3.6.2012 erhoben werden. Die Entschädigungsklage hat der Kläger jedoch beim OLG Nürnberg erst am 11.2.2013 und damit nach dem Stichtag am 3.6.2012 verspätet erhoben. Es ist höchstrichterlich entschieden, dass es sich bei der Stichtagsregelung in Art 23 Satz 6 ÜGG ebenso wie bei der Klagefrist des § 198 Abs 5 Satz 2 GVG um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt, bei der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG ausscheidet (vgl Senatsurteile vom 7.9.2017 - B 10 ÜG 1/17 R - SozR 4-1710 Art 23 Nr 5 RdNr 22 und 29 sowie vom 10.7.2014 - B 10 ÜG 8/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 2 RdNr 12).
Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI13613547 |