Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. April 2021 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 106 653,11 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie, Gefäßchirurgie, Viszeralchirurgie und Proktologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und führt ua mittels Laser-Technologie ambulante proktologische Operationen zur Behandlung von schweren Hämorrhoidalleiden durch. Nach Durchführung einer Plausibilitätsprüfung berichtigte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Honorarabrechnungen der Quartale 2/2013 bis 4/2013, indem sie anstelle der von dem Kläger abgerechneten Gebührenordnungsposition (GOP) 31175 (Proktologischer Eingriff der Kategorie H5) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) die GOP 31173 (Proktologischer Eingriff der Kategorie H3) zugrunde legte sowie die damit in Verbindung stehenden Leistungen für postoperative Überwachung und Behandlung korrigierte (GOP 31505 bzw GOP 31625 statt GOP 31506 bzw GOP 31627; Bescheid vom 13.7.2016; Widerspruchsbescheid vom 14.3.2017).
Klage und Berufung, mit denen der Kläger geltend gemacht hat, nach der Systematik des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) seien die von ihm durchgeführten ambulanten Operationen OPS-Codes der Kategorie H5 zuzuordnen, sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 16.10.2018; Urteil des LSG vom 28.4.2021). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Korrektur der abgerechneten GOP 31175 EBM-Ä sei zu Recht erfolgt. Der OPS 5-493.2 sei für die operative Behandlung von Hämorrhoiden spezieller als der von dem Kläger angeführte OPS 5-482.10 (Peranale lokale Exzision und Destruktion von erkranktem Gewebe des Rektums). Damit sei die GOP 31173 EBM-Ä einschlägig. Dieses Auslegungsergebnis werde durch die der Leistung zugeordneten Kalkulations- und Prüfzeiten bestätigt. Die Kalkulationszeit nach GOP 31175 EBM-Ä betrage 110 Minuten; bei der GOP 31173 EBM-Ä sei die Kalkulationszeit mit 59 Minuten angegeben. Demgegenüber habe in den streitgegenständlichen Fällen die Operationsdauer zwischen 20 und 40 Minuten betragen. Ein Sachverständigengutachten sei nicht einzuholen gewesen. Die Frage, wann eine GOP Anwendung finde, sei dem Beweis durch Sachverständigengutachten nicht zugänglich. Bei der Auslegung einer Leistungslegende handele es sich um eine Rechtsfrage und nicht um eine medizinische Frage.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensfehler (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 3 SGG) geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen entspricht.
1. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BSG Beschluss vom 12.9.2018 - B 6 KA 12/18 B - juris RdNr 5 mwN) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). Zudem muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt (vgl BSG Beschluss vom 1.12.2020 - B 6 KA 17/20 B - juris RdNr 4). Dem wird die Beschwerde des Klägers nicht gerecht.
Der Kläger hält die Rechtsfragen für klärungsbedürftig,
"wann die Anwendung einer Gebührenposition zweifelhaft ist und wann aufgrund dessen die Gerichte von dem Grundsatz der reinen Wortlautauslegung der Leistungslegende abweichen und zu einer systematischen Betrachtungsweise übergehen dürfen".
Damit bezeichnet der Kläger schon keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung revisibler Bundesnormen, an denen das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (s hierzu BSG Beschluss vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 26.6.2019 - B 6 KA 46/18 B - juris RdNr 9 mwN). Der Kläger setzt sich auch in keiner Weise mit der Rechtsprechung des Senats zur Auslegung von Vergütungsbestimmungen auseinander (vgl etwa zuletzt BSG Urteile vom 25.11.2020 - B 6 KA 28/19 R - juris RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR 4-5531 Abschn 31.5.3 Nr 1 vorgesehen, sowie B 6 KA 14/19 R - juris RdNr 18, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 106a Nr 27 vorgesehen; vgl auch BSG Urteil vom 15.7.2020 - B 6 KA 15/19 R - SozR 4-5531 Nr 31822 Nr 1 zur Heranziehung der der Leistung zugeordneten Kalkulations- und Prüfzeiten zur Auslegung). Lediglich unter II. seiner Beschwerdebegründung - im Rahmen der Darstellung der erstinstanzlichen Entscheidung - wird ein Senatsurteil vom 30.11.2016 ("B 6 KA 15/15 R", gemeint ist wohl B 6 KR 17/15 R) erwähnt. Letztlich rügt der Kläger nur eine aus seiner Sicht falsche Entscheidung des LSG, nämlich die seiner Auffassung nach unzutreffende Subsumtion der von ihm durchgeführten ambulanten Operationen zur Behandlung von Hämorrhoidenleiden unter den Wortlaut sowohl der GOP 31173 als auch der GOP 31175 EBM-Ä, obwohl die von ihm erbrachten Operationen nicht mit den nach GOP 31173 EBM-Ä abzurechnenden Operationen vergleichbar seien (S 12 der Beschwerdebegründung; vgl insofern auch S 13 der Beschwerdebegründung unter 2.).
2. Auch soweit der Kläger seine Beschwerde auf einen Verfahrensfehler stützt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), ist sie unzulässig.
Wer sich - wie der Kläger - auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein - wie hier der Kläger - anwaltlich vertretener Beteiligter zu Protokoll einen formellen Beweisantrag iS von §§ 373, 404 ZPO iVm § 118 SGG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt oder aufrechterhalten hat (vgl BSG Beschluss vom 24.2.2021 - B 1 KR 50/20 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 30.10.2013 - B 6 KA 22/13 B - juris RdNr 4, jeweils mwN). Ein solcher Vortrag fehlt. Der Kläger trägt lediglich vor, das LSG habe entgegen seinen Beweisanträgen in der Berufungsbegründung vom 28.11.2018 kein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt, ohne auch nur den Inhalt der Beweisanträge genauer zu bezeichnen (S 11, 13 der Beschwerdebegründung; zu den Anforderungen an einen formellen Beweisantrag vgl auch BSG Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 6/20 B - juris RdNr 21). Die Darlegung, dass der auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerichtete Beweisantrag ein zentraler Punkt der Berufungsbegründung gewesen und "bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht zurückgenommen" worden sei, genügt bei einem in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretenen Kläger ebenso wenig wie der Hinweis, dass das Berufungsgericht in seinem Urteil begründet habe, weshalb ein Sachverständigengutachten nicht einzuholen gewesen sei. Der Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für defizitär hält. Diese Warnfunktion des Beweisantrags verfehlen "Beweisantritte" und sonstige Beweisgesuche, die lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind (stRspr; vgl zuletzt BSG Beschluss vom 14.7.2021 - B 6 KA 42/20 B - juris RdNr 7 mit zahlreichen Nachweisen).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).
4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Dessen Höhe entspricht der sachlich-rechnerischen Richtigstellung, gegen die sich der Kläger wendet.
Fundstellen
Dokument-Index HI14800489 |