Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 20.06.2019; Aktenzeichen L 3 U 59/19 WA) |
SG Berlin (Entscheidung vom 19.06.2017; Aktenzeichen S 163 U 71/14) |
Nachgehend
Tenor
Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung des Klägers gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe in dem Beschluss des Senats vom 26. September 2019 - B 2 U 127/19 B - werden als unzulässig verworfen.
Der erneute Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Juni 2019 - L 3 U 59/19 WA - Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.
Der Antrag auf Ruhendstellung des Verfahrens wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten war in der Sache streitig, ob die Beklagte im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens verpflichtet war, dem Kläger wegen Arbeitsunfallfolgen und Aufhebung bzw Abänderung entgegenstehender Bescheide eine Verletztenrente zu gewähren. Zuletzt war im Berufungsverfahren zwischen den Beteiligten streitig, ob dieses Verfahren durch Rücknahme der Berufung seitens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 23.1.2019 beendet worden ist. Durch Beschluss vom 26.9.2019 hat der Senat den Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 20.6.2019 Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen, abgelehnt. Des Weiteren hat es die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im genannten Urteil als unzulässig verworfen. Zwar habe der Kläger einen Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt, jedoch habe er die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist am 25.7.2019 nicht in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form vorgelegt. Hierauf sei er in der Rechtsmittelbelehrung im Urteil des LSG hingewiesen worden. Mit dem PKH-Gesuch vom 8.7.2019 und den dort beigefügten Unterlagen zu Einkommen und Ausgaben habe der Kläger sein Unvermögen zur Bestreitung der Prozessvertretungskosten vor dem BSG nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form dargetan. Hierbei könne offenbleiben, ob die Benutzung des Formulars ausnahmsweise entbehrlich sei, wenn das Vorbringen des Betroffenen die im Formular abgefragten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersichtlich und vollständig darstelle, weil der Kläger bereits seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig dargelegt habe. Ferner fehlten die vorgegebene Versicherung über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in Ansehung der Ausfüllhinweise sowie die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über die weiteren Mitwirkungspflichten im Falle einer Bewilligung. Mit Schreiben vom 25.11.2019 hat der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 26.9.2019 "Widerspruch" eingelegt sowie eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt bzw vorübergehend den Antrag auf PKH ruhen zu lassen. Er habe bisher noch keinen Grundsicherungsbescheid erhalten, weshalb er weder einen Anwalt habe kontaktieren, noch einen Berechtigungsschein des Amtsgerichts besorgen können.
II
Da ein "Widerspruch" in Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde bzw PKH nicht vorgesehen ist, legt der Senat die Eingabe des Klägers zu seinen Gunsten als Anhörungsrüge, Gegenvorstellung und Neuantrag aus.
1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig, denn der Kläger hat nicht vorgetragen, dass das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 178a Abs 1 Satz 1 Nr 2 und Abs 2 Satz 5 SGG). Gemäß § 178a Abs 1 Satz 1 SGG ist das Verfahren auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr 2). Das Vorliegen der in Nr 2 genannten Voraussetzungen ist mit der Rüge darzulegen (§ 178a Abs 2 Satz 5 SGG). Diesen Darlegungserfordernissen ist nur dann genügt, wenn Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ergeben kann (BSG vom 7.4.2005 - B 7a AL 38/05 B - SozR 4-1500 § 178a Nr 2 RdNr 8). Daran fehlt es hier. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, §§ 62, 128 Abs 2 SGG) soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen und Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen mit einbezogen wird (BSG vom 8.11.2006 - B 2 U 5/06 C - SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 4 mwN). Eine Überraschungsentscheidung wird vom Kläger nicht behauptet. Auch legt er keine Umstände dar, aus denen zu entnehmen sein könnte, dass das BSG sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen haben könnte. Die Anhörungsrüge dient nicht der Fortführung des Verfahrens, sondern der Überprüfung eines speziellen Verfahrensverstoßes gegen ein verfassungsrechtlich abgesichertes Recht der Beteiligten (BSG vom 8.11.2006 - B 2 U 5/06 C - SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 5).
2. Die unanfechtbare Entscheidung des PKH-Gesuchs kann auf den außerordentlichen Rechtsbehelf der Gegenvorstellung allenfalls dann geändert werden, wenn die getroffene Entscheidung im offensichtlichen Widerspruch zum Gesetz stünde und insbesondere unter Verletzung von Grundrechten ergangen wäre, sodass sie im Wege der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte, oder wenn die Entscheidung zu einem groben prozessualen oder sozialen Unrecht führt (BSG vom 8.11.2006 - B 2 U 5/06 C - SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 6 mwN). Einen derartigen Rechtsverstoß hat der Kläger nicht dargetan. Die Gegenvorstellung war daher in entsprechender Anwendung des § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Sowohl die Anhörungsrüge als auch die Gegenvorstellung waren in entsprechender Anwendung des § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen.
3. Soweit das Vorbringen des Klägers gegen die Versagung der PKH als Neuantrag aufzufassen ist, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis. Es läge nur vor, wenn der Kläger neue Tatsachen, Beweismittel oder rechtliche Gesichtspunkte vorgetragen hätte, die zu einer günstigeren Beurteilung der Erfolgsaussichten führen könnten (BSG vom 17.2.1998 - B 13 RJ 83/97 R - SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33; BGH Beschluss vom 3.3.2004 - IV ZB 43/03 - NJW 2004, 1805, 1807; BFH Beschlüsse vom 20.11.2009 - III S 20/09 - BFH/NV 2010, 454, 455 und vom 20.10.1995 - IX S 4/95 - BFH/NV 1996, 256 mwN; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 73a RdNr 13g). Derartige neue vom Senat bisher nicht berücksichtigte Gründe im Hinblick auf mögliche Zulassungsgründe nach § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG sind nicht dargetan. Die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Kläger ebenfalls nicht vorgelegt. Über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) war demnach nicht zu entscheiden, weil der bisherige PKH-Antrag durch den Beschluss des Senates vom 26.9.2019 abgelehnt wurde und für den Neuantrag keine Frist zu beachten war.
4. Der Antrag auf Ruhendstellung des PKH-Verfahrens wird abgelehnt. Angesichts des Umstands, dass die Nichterteilung eines Grundsicherungsbescheids keine hinreichende Erklärung für die fehlende Rücksendung der Unterlagen zu Einkommen und Vermögen ist, vermag der Senat die gemäß § 202 SGG iVm § 251 ZPO erforderliche Zweckmäßigkeit einer Ruhendstellung nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13703790 |