Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der Divergenz bei der Frage der richtigen Ermessensausübung
Orientierungssatz
Aus der Ausführung des LSG, der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden, weil sich die bei der Ermessensausübung berücksichtigten Umstände zwar nicht ausdrücklich aus dem Bescheid, jedoch aus seinem Zusammenhang mit der dem Empfänger bekannten Tatsachenlage ergebe, ergibt sich nicht, daß es den Rechtssatz, für die Überprüfung der richtigen Ermessensausübung komme es auf den Inhalt des Bescheides an, in Frage gestellt hätte.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 2
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 30.04.1987; Aktenzeichen L 8 V 71/84) |
Gründe
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in §§ 160 Abs 2 und 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Die Beschwerdeführerin weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Sie behauptet, das angegriffene Urteil beruhe auf einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG und auf einem Verfahrensfehler iS des §160 Abs 2 Nr 3 SGG. Die Klägerin meint, dadurch, daß das Landessozialgericht (LSG) nicht geprüft habe, ob ihrem Ehemann ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich für mindestens 5 Jahre zugestanden habe, sei es von den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Januar 1987 (9a RV 6/86 = SozR 3100 § 48 Nr 16 und 9a RV 38/85 = SozR aaO Nr 15), vom 8. Dezember 1982 (9a RV 22/82 = SozSich 1983, S 159) und vom 18. Dezember 1985 (9a RV 18/84 = Breithaupt 1986, S 615) abgewichen. Eine Abweichung liege aber auch von dem Urteil BSG SozR 1300 § 45 Nr 19 vor, weil das LSG nicht beachtet habe, daß es für die Überprüfung der Richtigkeit einer Ermessensentscheidung allein auf den Inhalt des Rücknahmebescheides ankomme. Schließlich habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt, indem es das Vorbringen, der Ehemann der Klägerin habe für mindestens 5 Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich gehabt, nicht beachtet habe. Damit sind aber die behaupteten Zulassungsgründe nicht so "dargelegt" und "bezeichnet", wie dies § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt.
Eine Abweichung ist nur dann ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welcher genau bestimmten Aussage das angegriffene Urteil von welcher genau bestimmten Aussage des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29). Mit dem genannten Urteil BSG SozR 3100 § 48 Nr 16 hat der Senat zwar entschieden, daß einem Anspruch auf Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 2, 3. Fall BVG nicht immer entgegensteht, daß der Beschädigte Berufsschadensausgleich erst kurz vor seinem Tode beantragt hat. Es muß sich dann aber der Verwaltung aufdrängen, daß alle tatsächlichen Voraussetzungen bereits mindestens insgesamt 5 Jahre lang vor dem Tode gegeben waren. Das Beschwerdevorbringen der Klägerin läßt nicht erkennen, mit welcher Aussage das LSG von diesem Rechtssatz des BSG abgewichen sein soll. Eine bloße Nichtbeachtung dieser Rechtsprechung würde dazu nicht genügen. Abgesehen davon ergibt sich aber aus den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils, daß das LSG sie berücksichtigt hat. Es hat nämlich (Bl 7 unten und 8 oben des Urteils) ausgeführt, daß durchaus zweifelhaft sei, ob der Beschädigte wesentlich bedingt durch die Schädigungsfolgen aus dem Berufsleben ausgeschieden ist und deshalb auch, ob ihm der ab 1977 gewährte Berufsschadensausgleich überhaupt zugestanden hat. Daraus ergibt sich, daß es sich für die Verwaltung im vorliegenden Fall nicht aufdrängen mußte, daß alle tatsächlichen Voraussetzungen für einen Berufsschadensausgleich mindestens 5 Jahre vor dem Tode gegeben waren. Mit der Entscheidung SozR 3100 § 48 Nr 15 hat der erkennende Senat ausgeführt, daß sich die Sachaufklärung darüber, ob in der Vergangenheit die Voraussetzungen für einen Berufsschadensausgleich bestanden haben, auf die Fälle einschränke, in denen sich die Unrichtigkeit einer früheren Ablehnung der Leistung aufdränge. Indem das LSG die Frage, ob dem Ehemann der Klägerin bei früherer Antragstellung eher Berufsschadensausgleich zuerkannt worden wäre, nicht näher prüfte, ist es auch von dieser Entscheidung des BSG nicht abgewichen.
Auch eine Divergenz zu der Entscheidung BSG SozR 1300 § 45 Nr 19 ist nicht hinreichend dargelegt. In dieser Entscheidung hat das BSG zwar ausgeführt, daß es bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung auf den Inhalt des Bescheids ankomme. Die Klägerin weist demgegenüber darauf hin, daß das LSG ausgeführt habe, der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden, weil sich die bei der Ermessensausübung berücksichtigten Umstände zwar nicht ausdrücklich aus dem Bescheid, jedoch aus seinem Zusammenhang mit der dem Empfänger bekannten Tatsachenlage ergebe. Es kann dahinstehen, ob das LSG damit die an die Begründung einer Ermessensentscheidung zu stellenden Anforderungen zutreffend erkannt hat. Jedenfalls ergibt sich daraus aber nicht, daß es den Rechtssatz, für die Überprüfung der richtigen Ermessensausübung komme es auf den Inhalt des Bescheides an, in Frage gestellt hätte. Hinsichtlich der weiteren von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen BSG SozSich 1983, S 159 und Breithaupt 1986, S 615 ist schon nicht zu erkennen, von welchen dort aufgestellten Rechtssätzen es abgewichen sei; auch ist nicht erkennbar, welche genau bestimmte Aussage das LSG dem entgegengestellt hätte: Daß die Voraussetzungen des § 48 Bundesversorgungsgesetz (BVG) unter allen in Frage kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen waren, hat das LSG ersichtlich nicht in Frage gestellt.
Eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) ist schon deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil nicht erkennbar ist, welches Vorbringen der Klägerin vom Berufungsgericht verhindert oder zumindest nicht zur Kenntnis genommen worden ist. Daß es dem Vorbringen nicht gefolgt ist, kann keine Verletzung des rechtlichen Gehörs bedeuten.
Fundstellen