Verfahrensgang
SG Leipzig (Entscheidung vom 09.12.2015; Aktenzeichen S 5 SO 84/14) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 30.04.2019; Aktenzeichen L 8 SO 131/15) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. April 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit ist die Bewilligung eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets für die Jahre 2014 und 2015.
Die Klägerin ist ua aufgrund einer geistigen Behinderung schwerbehindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "H" und "B") und pflegebedürftig iS des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB IX); sie besucht eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Sie beantragte beim beklagten örtlichen Träger der Sozialhilfe ein trägerübergreifendes Persönliches Budget, das Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erfassen solle (Antrag vom 16.1.2014). Die Beklagte bewilligte Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in Höhe von 70 Euro monatlich ab dem 21.1.2014 und lehnte den Antrag im Übrigen ab, weil die von der Klägerin als budgetrelevant aufgezählten Betreuungsleistungen bereits von der WfbM, von einem Behindertendienst und schließlich durch zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI abgedeckt würden (Bescheid vom 19.3.2014; Widerspruchsbescheid vom 13.6.2014). Das Sozialgericht (SG) Leipzig hat die Beklagte zur Zahlung von weiteren Leistungen der Eingliederungshilfe in Höhe von 2016 Euro (34 Stunden Begleitdienst pro Monat bei einem Stundensatz von 7 Euro) verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 9.12.2015). Die Berufung der Klägerin hiergegen hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 30.4.2019). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Bewilligung eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets scheitere schon daran, dass eine rückwirkende Deckung des tatsächlichen Individualbedarfs nicht mehr stattfinden könne. Ein Kostenerstattungsanspruch für selbstbeschaffte Leistungen bestehe nicht, weil die Klägerin erstattungsfähige Kosten nicht nachgewiesen habe. Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage bestehe kein Feststellungsinteresse.
Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Klärungsbedürftige Rechtsfragen wegen der Frage eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets stellen sich nicht. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nur eine Kostenfreistellung und Kostenerstattung, nicht aber die rückwirkende Bewilligung eines Persönlichen Budgets in Betracht kommt (BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 19/15 R - BSGE 121, 32 = SozR 4-3250 § 17 Nr 4). Wegen der Frage nach Art und Höhe der erstattungsfähigen Kosten stellen sich aber keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung. Ob das LSG insoweit zutreffend entschieden hat, ist eine Frage des Einzelfalls, die einer Revision nicht zugänglich ist. Auch grundsätzliche Fragen wegen einer Fortsetzungsfeststellungsklage stellen sich in der vorliegenden Konstellation nicht. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.
Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Gegen die Feststellungen des medizinischen Sachverständigen, den das SG mit einem Gutachten beauftragt hat, hat sich die Klägerin nicht gewandt; sie hat insbesondere im Berufungsverfahren nicht zu erkennen gegeben, dass sie insoweit weitere Ermittlungen von Amts wegen (vgl § 103 SGG) für erforderlich hält, und macht dies auch zur Begründung des PKH-Antrags nicht geltend. Ebenso wenig ist erkennbar, dass das LSG Vortrag der Klägerin wegen der behaupteten Kosten übergangen haben könnte, wie die Klägerin nun meint. Es hat auf Grundlage aller von ihr eingereichten Unterlagen entschieden. Soweit die Klägerin vorträgt, auf dieser Grundlage hätte das LSG zu einer anderen Entscheidung kommen müssen, rügt sie zunächst die richterliche Überzeugungsbildung und behauptet also eine Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung). Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG kann indes eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 Alt 1 SGG nicht gestützt werden. Im Kern wendet sich die Klägerin lediglich gegen die Würdigung des LSG, wonach ausgehend von den festgestellten Bedarfen die geltend gemachten Aufwendungen entweder als durch Leistungen der Pflegeversicherung abgedeckt oder als bereits vom Regelbedarf umfasst anzusehen sind. Damit rügt sie nur die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der Entscheidung, was die Zulässigkeit der Revision nicht begründen kann. Das LSG durfte angesichts des von den Beteiligten erteilten Einverständnisses schließlich auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 SGG). Eine nach dem erteilten Einverständnis eingetretene wesentliche Änderung der Sach-, Beweis- oder Rechtslage, die eine erneute Einverständniserklärung erfordert, ist nicht erkennbar.
Mit der Ablehnung der PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die von der Klägerin ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Die Klägerin muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Sie kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 Satz 2 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13855558 |