Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 31.03.2017; Aktenzeichen S 103 AS 23354/12) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 08.07.2021; Aktenzeichen L 18 AS 984/17) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Juli 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage einschließlich der Heftung "Arbeitsvermittlung", die Bestandteil der vom Kläger eingesehenen Verwaltungsakte Band IV ist, sowie unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.
Es ist nicht ersichtlich, dass sich im vorliegenden Verfahren, in dem der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts begehrt, mit dem eine nicht zustande gekommene Eingliederungsvereinbarung betreffend die Zeit vom 17.8.2012 bis 31.1.2013 durch Verwaltungsakt ersetzt worden ist und ohne dass daran leistungsrechtliche Folgen geknüpft worden sind oder seitdem ein weiterer, eine Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt ergangen ist, grundsätzlich bedeutsame Fragen zur Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach Erledigung (§ 39 Abs 2 SGB X) eines Verwaltungsakts stellen. Insbesondere hat das LSG ein Feststellungsinteresse des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr bzw des Rehabilitationsinteresses im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BSG verneint, sodass auch nicht erkennbar ist, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb auch eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich ist nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Das angegriffene Urteil ist nicht schon deshalb unter Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters ergangen (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG), weil das LSG durch den sog kleinen Senat (Berichterstatter, zwei ehrenamtliche Richter) nach § 153 Abs 5 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) über die Berufung entschieden hat. Danach kann das LSG nach seinem Ermessen in den Fällen einer Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) durch Beschluss der berufsrichterlichen Mitglieder des Senats die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Hiervon hat das LSG durch Beschluss vom 8.11.2017, dem Kläger am 10.11.2017 zugestellt (zur Notwendigkeit der Zustellung vgl nur Senatsbeschluss vom 3.9.2020 - B 14 AS 357/19 B - mwN), Gebrauch gemacht. Das LSG hat es zwar unterlassen, den Kläger vor der Übertragung auf den Berichterstatter anzuhören (dazu grundlegend BSG vom 21.9.2017 - B 8 SO 3/16 R - SozR 4-1500 § 153 Nr 16). Diese Gehörsverletzung (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) führt allerdings - anders als in den Fällen des § 153 Abs 4 SGG(BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 63/10 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 17; BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 29/00 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 13; BSG vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R; BSG vom 17.11.2015 - B 1 KR 65/15 B) oder § 158 Satz 2 SGG(BSG vom 24.4.2008 - B 9 SB 78/07 B - SozR 4-1500 § 158 Nr 3; BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 51/08 B - RdNr 11) - nicht zu einer fehlerhaften Besetzung der Richterbank und damit zu einem absoluten Revisionsgrund nach § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO. Denn die Sache kann durch Beschluss des Senats auf den Senat zurückübertragen werden, wenn sich erst nach der Übertragung auf den Berichterstatter wegen einer wesentlichen Änderung der Prozesslage erweist, dass die Sache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder grundsätzliche Bedeutung hat. Ob eine Änderung der Prozesslage im vorliegenden Verfahren eingetreten ist (wofür nach Aktenlage aber nichts spricht), kann dahinstehen; durch das rügelose Einlassen in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG wäre ein solcher Gehörsverstoß ohnedies geheilt (BVerwG vom 10.11.1999 - 6 C 30.98 - BVerwGE 110, 40) und könnte im Beschwerdeverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden.
Darüber hinaus könnte ein Rechtsanwalt auch nicht mit Erfolg einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör dadurch geltend machen, dass das LSG vor der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Übernahme der Fahrkosten zum Termin zur mündlichen Verhandlung bzw einen Reisekostenvorschuss abgelehnt hat (zur verfahrensrechtlichen Einordnung des Übergehens eines solches Antrags vgl nur BSG vom 25.6.2021 - B 13 R 94/20 B - mwN; BSG vom 4.3.2021 - B 4 AS 312/20 B). Denn der Kläger hat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem LSG an dieser teilgenommen und ausführlich zum Streitstoff vorgetragen.
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI14934831 |