Leitsatz (amtlich)
Wird mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG gleichzeitig Revision gegen dieses Urteil eingelegt, ist die Revision unzulässig.
Normenkette
SGG § 160 Fassung: 1974-07-30, § 160a Fassung: 1974-07-30
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Januar 1975 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Beklagte hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 15. Januar 1975, das ihr am 3. März 1975 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 21. März 1975, der beim Bundessozialgericht (BSG) am 26. März 1975 eingegangen ist, Beschwerde eingelegt und beantragt, die Revision gegen das vorstehend bezeichnete Urteil zuzulassen. Mit demselben Schriftsatz hat die Beklagte gegen dieses Urteil auch Revision eingelegt und beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 3. April 1973 zurückzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Über die Nichtzulassungsbeschwerde ist noch nicht entschieden. Zur Begründung der Revision trägt die Beklagte vor, daß vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes - ÄndGSGG - vom 30. Juli 1974 (BGBl I 1625) am 1. Januar 1975 eine Revision schon habe eingelegt werden können, sobald das Urteil des LSG verkündet oder sonst förmlich bekannt gemacht worden sei. Daher dürfte es auch nach dem Inkrafttreten des neuen Verfahrensrechts möglich und zulässig sein, die Revision schon vor dem Erlaß des Beschlusses über die Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Denn auch in diesem Fall sei das Urteil des LSG bereits verkündet und es fehle lediglich an dem doch nur formalen Umstand des Beschlusses über die nachträgliche Revisionszulassung.
Die Revision der Beklagten ist unzulässig.
Nach § 160 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der ab 1. Januar 1975 geltenden Fassung steht den Beteiligten die Revision gegen ein Urteil des LSG an das BSG nur zu, wenn sie zugelassen worden ist, und zwar entweder schon durch das LSG im Urteil oder nachträglich durch Beschluß des BSG im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160 a SGG). Da das LSG die Revision in seinem Urteil ausdrücklich nicht zugelassen hat und im gegenwärtigen Zeitpunkt ein die Revision zulassender Beschluß des BSG (§ 160 a Abs. 4 Satz 2 SGG) nicht vorliegt, ist die Revision der Beklagten nicht statthaft und mußte deswegen gemäß § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Ist die Revision von der Beklagten jedoch lediglich für den Fall eingelegt, daß die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hat und das BSG die Revision nachträglich zuläßt, ist sie gleichfalls unzulässig. Denn damit hat die Beklagte die Einlegung der Revision von dem Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht. Rechtsmittel sind jedoch bedingungsfeindlich (BVerwG Buchholz 310 § 132 Nr. 7; DÖV 1961, 913).
Insoweit unterscheidet sich die Situation rechtlich von der Revisionseinlegung nach Verkündung, aber vor Zustellung des Urteils des LSG unter der Geltung der Vorschriften vor dem Inkrafttreten des ÄndGSGG. Die Zustellung des Urteils des LSG war keine Bedingung für die Zulässigkeit der Revision, sondern lediglich Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Revisionsfrist (§ 164 Abs. 1 Satz 1 SGG aF). Damals gab es neben der zulassungsbedürftigen Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG aF), wobei die Zulassung nur im Urteil des LSG erfolgen konnte, auch noch die zulassungsfreie Verfahrens- und Kausalitätsrevision (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG aF). Über die Statthaftigkeit der Revision war im Revisionsverfahren selbst zu entscheiden. Nach dem Inkrafttreten des ÄndGSGG gibt es nur noch die zulassungsbedürftige Revision. Soweit die Revision nicht schon das LSG im Urteil zugelassen hat, ist nunmehr über die Zulassung der Revision und damit über ihre Statthaftigkeit in dem neu in das SGG eingefügten und besonders gestalteten Rechtsmittelverfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden (§ 160 a SGG). Die Zulassung der Revision durch Beschluß des BSG ist eine Bedingung für ihre Statthaftigkeit.
Es besteht im übrigen auch kein Bedürfnis, mit der Nichtzulassungsbeschwerde zugleich Revision einzulegen. Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils (§ 160 a Abs. 3 SGG), und die Frist für die Einlegung der Revision, die durch Beschluß des BSG zugelassen ist, beginnt erst mit dem Tag nach der Zustellung dieses Beschlusses zu laufen (§ 64 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Frist für die Begründung der Revision beträgt zwei Monate nach Zustellung des Beschlusses und kann zudem mehrfach verlängert werden (§ 164 Abs. 2 SGG). Dem Beteiligten bleibt somit ein ausreichender Zeitraum, um nach der Zulassung der Revision durch Beschluß des BSG das Rechtsmittel einzulegen und zu begründen.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen