Verfahrensgang
Thüringer LSG (Urteil vom 07.12.2016; Aktenzeichen L 3 R 1450/15) |
SG Meiningen (Entscheidung vom 20.08.2015; Aktenzeichen S 5 R 1624/14) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 7.12.2016 hat das Thüringer LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint, auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG Meiningen vom 20.8.2015 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG und rügt ua eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht aus § 103 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 55). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die vor dem LSG zuletzt anwaltlich vertretene Klägerin hat schon nicht dargelegt, dass sie einen derartigen Beweisantrag - im hier maßgeblichen Sinn der ZPO (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 iVm § 118 Abs 1 S 1 SGG) - bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 7.12.2016 durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat. Allein der nicht weiter konkretisierte Vortrag, es sei beantragt worden, "ein Obergutachten einzuholen, bzw. den Sachverhalt weiter zu ermitteln und den Gutachter Dr. K. zur mündlichen Verhandlung zu laden, bzw. den erstinstanzlichen Gutachter Herrn Z. mit den Ergebnissen von Herrn Dr. K. zu konfrontieren", ist dafür nicht hinreichend. Dazu ob, wann und in welcher Form die Klägerin einen aus ihrer Sicht noch notwendigen Aufklärungsbedarf - sei es mit Hilfe eines "Obergutachtens" oder eines zusätzlichen ärztlichen Sachverständigengutachtens auf orthopädischem Fachgebiet - bereits vor dem LSG geltend gemacht hat, enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen (zur Warnfunktion eines solchen Beweisantrags im sozialgerichtlichen Verfahren vgl BSG Beschluss vom 28.5.2013 - B 5 R 38/13 B - BeckRS 2013, 69985 RdNr 8 mwN).
Im Übrigen besteht eine Verpflichtung zur Einholung eines "Obergutachtens" auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 128 RdNr 7d, 7e mwN). Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8). Gründe für eine Ausnahme sind hier nicht dargelegt. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 mwN). Derartige Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Allein ihr Vorbringen, das Gutachten von Herrn Dr. K. sei "fehlerhaft" und "nicht verwertbar", die Begutachtung habe nicht wie angegeben stattgefunden und ein Gespräch zwischen dem Sachverständigen und der Klägerin habe lediglich 15 Minuten gedauert, genügt dafür nicht. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass in der Beschwerdebegründung vom 20.4.2017 eine Auseinandersetzung mit der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. K. vom 1.9.2016 ebenso wenig stattfindet wie mit den Inhalten des von Dr. K. erstellten Gutachtens selbst.
Soweit darüber hinaus die Fehlerhaftigkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme als eigenständiger Verfahrensfehler gerügt wird, fehlt es selbst ansatzweise an Darlegungen, in welcher Weise sich Defizite des erhobenen Beweises durch Sachverständige ausgehend von der maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auf dessen Entscheidung ausgewirkt haben könnten.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10895422 |