Verfahrensgang
SG Lüneburg (Entscheidung vom 13.12.2016; Aktenzeichen S 16 KR 27/16) |
LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 29.10.2018; Aktenzeichen L 4 KR 5/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Oktober 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Klägerin zu erstatten.
Gründe
I
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Beschluss vom 29.10.2018 den Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für ihre Versorgung mit dem Fußhebersystem NESS L 300 bestätigt. Der Kostenerstattungsanspruch richte sich nach §§ 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2, 33 Abs 1 SGB V. Es handele sich um ein Hilfsmittel, das bei der Klägerin zum unmittelbaren Behinderungsausgleich eingesetzt werde. Es biete ihr wesentliche Gebrauchsvorteile, mit Hilfe derer die Fußheberlähmung links, eine mangelnde aktive Anhebung des Fußes und eine deutliche Gangstörung ausgeglichen werde. Eine Versorgung mit einer Orthese komme hingegen aufgrund von körperlichen Einschränkungen nicht in Betracht. Das LSG hat seine Entscheidung auf medizinische Befunde und gutachterliche Ausführungen gestützt.
Mit der Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss und macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da die Beklagte den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ausreichend dargetan hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Abs 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Beklagte hält folgende Fragen für klärungsbedürftig:
"Greift bei der Versorgung mit einem Hilfsmittel, das sowohl dem Behinderungsausgleich dient als auch zu therapeutischen Zwecken im Rahmen einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode eingesetzt werden kann, der Vorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V?
Kommt es für die Beurteilung des Vorbehalts bei doppelfunktionalen Hilfsmitteln darauf an, ob der Schwerpunkt beim Behinderungsausgleich oder bei der Krankenbehandlung liegt?"
Den aufgeworfenen Fragen fehlt es an hinreichender Darlegung der Klärungsfähigkeit im angestrebten Revisionsverfahren. Die Beklagte hat auch in diesem Beschwerdeverfahren die Entscheidungserheblichkeit ihrer schon wiederholt anderweit identisch gestellten Fragen nicht hinreichend aufgezeigt (vgl BSG Senatsbeschlüsse vom 20.12.2018 - B 3 KR 51/18 B -, vom 16.5.2019 - B 3 KR 54/18 B - und vom 16.1.2019 - B 3 KR 59/18 B). Sie führt die Klärungsbedürftigkeit der gestellten Fragen darauf zurück, dass eine Grundsatzentscheidung des BSG erforderlich sei, weil es sich um ein Hilfsmittel mit Doppelfunktion (zum Behinderungsausgleich und zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung) handele, und zu klären sei, ob das Hilfsmittel untrennbarer Bestandteil einer neuen Behandlungsmethode sei, die der Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses bedürfe, um zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu gehören. Nach dem Vortrag der Beklagten sei das Gerät "im Gegensatz zu den Ausführungen der Vorinstanzen" doppelfunktional ausgestaltet und in den Modi nicht voneinander trennbar. Wenn das LSG aber nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und weiterer medizinischer Unterlagen bindend - und nicht mit Verfahrensrügen angegriffen - festgestellt hat, dass das Gerät allein zum unmittelbaren Behinderungsausgleich der Funktionseinschränkungen der Klägerin und nicht zur Krankenbehandlung erforderlich sei, so ist nicht plausibel dargelegt, aus welchem Grund der Senat über die von der Beklagten aufgeworfenen Fragen im angestrebten Revisionsverfahren entscheiden könnte. Dies ist der Beklagten bereits mehrfach mitgeteilt worden (vgl BSG Senatsbeschlüsse aaO).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13500537 |