Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. April 2023 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens darüber, ob der Kläger zu Recht ab 1.7.2011 zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aus einer Kapitalleistung herangezogen wurde und zwischenzeitlich geleistete Beiträge zu erstatten sind.
Die beklagte Krankenkasse lehnte wiederholt eine Aufhebung des bestandskräftigen Beitragsfestsetzungsbescheids vom 9.8.2011 in Überprüfungsverfahren ab (zuletzt Bescheid vom 11.7.2019; Widerspruchsbescheid vom 27.8.2019). Das SG hat die dagegen gerichtete Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 17.4.2020). Über die Berufung des Klägers hat das LSG in der Besetzung mit einer Berufsrichterin und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 153 Abs 5 SGG) mündlich verhandelt. Es hat einen Beschluss verkündet, wonach eine Entscheidung im Laufe des Sitzungstages ergehe. Sodann ist die Sitzung geschlossen, zur Vereidigung eines der beiden ehrenamtlichen Richter wieder eröffnet und sodann erneut geschlossen worden. Nach erneutem Aufruf der Sache hat das LSG ein die Berufung des Klägers zurückweisendes Urteil verkündet.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er rügt ua eine nicht ordnungsgemäße Besetzung des Berufungsgerichts.
II. Auf die Beschwerde des Klägers ist das Urteil des LSG vom 26.4.2023 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Kläger hat frist- und formgerecht (vgl § 160a Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 3 SGG) sowie in der Sache zutreffend den geltend gemachten absoluten Revisionsgrund des nicht vorschriftsmäßig besetzten Gerichts (§ 547 Nr 1 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG) gerügt.
Wirkt ein ehrenamtlicher Richter an der mündlichen Verhandlung oder einer Beratung des Gerichts mit, ohne dass er zuvor vereidigt worden ist (§ 45 Abs 2 DRiG), ist das daraufhin erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt iS des § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO(vgl BSG Beschluss vom 6.9.2017 - B 13 R 177/17 B - SozR 4-1750 § 547 Nr 4 RdNr 6 mwN; Bergner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl, § 45 SGG ≪Stand: 15.6.2022≫ RdNr 16) . Dass der betroffene ehrenamtliche Richter ausweislich eines Aktenvermerks am 13.1.2003 am SG Kiel vereidigt wurde, ist irrelevant, weil es nach einem Wechsel an ein zweitinstanzliches Gericht nach der Berufung in das neue Amt einer erneuten Vereidigung bedarf (vgl BSG aaO RdNr 11 mwN).
Der Besetzungsmangel wird nicht dadurch geheilt, dass die Vereidigung nach Durchführung der mündlichen Verhandlung nachgeholt worden ist. Die spätere Vereidigung deckt nur die künftige, aber nicht die vorangegangene Amtsführung des ehrenamtlichen Richters ab (vgl BSG aaO RdNr 12 mwN).
Der Verfahrensmangel stellt einen absoluten Revisionsgrund dar (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO), bei dem das Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler vermutet wird.
Da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, steht es im Ermessen des erkennenden Senats, nach § 160a Abs 5 SGG zu verfahren und die Sache zur erneuten Verhandlung sowie Entscheidung an das LSG zurückverweisen. Hiervon macht der Senat zur Verfahrensbeschleunigung Gebrauch.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben. |
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Heinz |
Bergner |
Beck |
Fundstellen