Verfahrensgang
Tenor
Die Verfahren B 4 AS 212/21 B, B 4 AS 213/21 B und B 4 AS 214/21 B werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führend ist das Verfahren B 4 AS 212/21 B.
Die Beschwerden des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in den Beschlüssen des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29. April 2021 in den benannten Verfahren werden als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten der Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gemäß § 113 Abs 1 SGG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil der jeweils allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerden sind daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; vgl bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36).
Nach diesen Maßstäben ist ein Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Der Kläger rügt zum einen, dass das LSG eine Prozessentscheidung statt einer Sachentscheidung getroffen hat. Zur Bezeichnung eines hierin bestehenden Verfahrensmangels bedarf es der Darlegung, dass die Berufung zulässig war; es reicht nicht aus, lediglich ein Zulässigkeitsmerkmal herauszugreifen (BSG vom 8.9.2021 - B 1 KR 46/20 B - juris RdNr 6 f). Vielmehr muss dargelegt werden, dass die Berufung auch im Übrigen zulässig war und sich die Prozessentscheidung deshalb nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (BSG vom 8.9.2021 - B 1 KR 46/20 B - juris RdNr 7).
Deswegen sind die Ausführungen des Klägers, die sich allein mit der Frage befassen, ob die Zulassung der Berufung durch das SG auch zu seinen Gunsten erfolgt ist, unzureichend. Die Zulassung der Berufung durch das SG beseitigt lediglich die durch § 144 Abs 1 SGG errichtete Hürde, macht aber das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Berufung, etwa der frist- und formgerechten Berufungseinlegung, aber auch der Beschwer und des Rechtsschutzbedürfnisses, nicht entbehrlich. Nur im Rahmen der Erörterung der Reichweite der Zulassung der Berufung durch das SG erwähnt der Kläger, dass er durch das Urteil des SG "beschwert" gewesen sei. Angesichts des Umstandes, dass das SG die Klage nicht teilweise abgewiesen und das LSG die Verwerfung selbständig tragend auch hierauf gestützt hat, hätte nicht zuletzt dies näherer Darlegung bedurft.
Der Kläger hat auch einen Verfahrensmangel dadurch, dass das LSG durch Beschluss entschieden hat, nicht hinreichend bezeichnet. Das in § 158 Satz 2 SGG dem Berufungsgericht eingeräumte Ermessen, durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und damit gemäß § 33 Abs 1 Satz 2 iVm § 12 Abs 1 Satz 2 SGG ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter zu entscheiden, kann von der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob das LSG von dem Ermessen erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, dh sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde gelegt hat (stRspr; aus jüngerer Zeit etwa BSG vom 27.4.2021 - B 12 KR 56/20 B - juris RdNr 7 mwN). Dass der Fall hier so liegt, lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Der Kläger verweist lediglich (erneut) auf seine Auffassung, dass die Berufung zulässig gewesen sei. Auch insofern legt er aber gerade nicht dar, dass und warum dies der Fall gewesen sei; der Hinweis auf die (in ihrer Reichweite umstrittene) Zulassung der Berufung durch das SG reicht auch in diesem Kontext nicht aus. Soweit der Kläger schließlich moniert, dass die Frage der Zulässigkeit der Berufung im erstinstanzlichen Verfahren nicht erörtert worden sei, ist damit ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht bezeichnet. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann nur auf einen Mangel des Verfahrens vor dem LSG oder auf einen Mangel des Verfahrens vor dem SG, der in die nächste Instanz fortwirkt, gestützt werden, also einen Mangel, der damit zugleich einen Mangel des Verfahrens vor dem LSG bildet (BSG vom 11.6.2021 - B 4 AS 145/21 B - juris RdNr 5 mwN). Dazu, dass der Ausnahmefall eines in zweiter Instanz fortwirkenden Verfahrensfehlers vorliege, trägt der Kläger nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15020159 |