Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Urteil vom 29.06.2017; Aktenzeichen L 4 AS 11/17) |
SG für das Saarland (Entscheidung vom 25.10.2016; Aktenzeichen S 26 AS 286/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 29. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es wird bereits keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG ) mit höherrangigem Recht - formuliert, sondern nur als "Problematik" die Anrechnung von vor dem Leistungsbezug verdienten und nach dessen Beginn ausgezahlten Arbeitseinkommen auf Leistungen nach dem SGB II benannt. Zudem fehlt eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zum Zufluss- und zum Monatsprinzip im SGB II sowie zum Vorliegen bereiter Mittel zur Bedarfsdeckung (vgl zuletzt nur BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 18/16 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 11 Nr 81 RdNr 18; BSG vom 24.5.2017 - B 14 AS 32/16 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 11 Nr 80 RdNr 23 ff) und damit, in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung dieser Rechtsprechung zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint. Im Übrigen lässt die Beschwerdebegründung Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit vermissen.
Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Hieran fehlt es schon deshalb, weil in der Beschwerdebegründung keine rechtlichen Aussagen des LSG genau bezeichnet werden. Benannt werden zwar zwei Entscheidungen des BSG, von denen das LSG abgewichen sein soll. Doch welche entscheidungserheblichen rechtlichen Aussagen das BSG in diesen formuliert hat, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann. Soweit im Zusammenhang mit den gerügten Verfahrensmängeln Abweichungen des LSG von der Rechtsprechung des BVerfG geltend gemacht werden, sind dem eigenständige Divergenzrügen nicht zu entnehmen, die zudem eine Divergenz nicht schlüssig bezeichnen würden, weil keine Rechtssätze des LSG aufgezeigt werden, mit denen es vom BVerfG aufgestellten Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Soweit die Beschwerde letztlich Verfahrensfehler des SG rügt (Unzuständigkeit und Befangenheit der SG-Richterin), ist ein der Revision zugänglicher Verfahrensmangel iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schon deshalb nicht bezeichnet, weil der Verfahrensrüge grundsätzlich nur Verfahrensfehler der Berufungsinstanz und allenfalls ausnahmsweise fortwirkende Fehler des SG unterliegen (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 16a). Dass und warum vorliegend eine Ausnahme eingreifen könnte, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Soweit als Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG) gerügt wird, dass das LSG auf diese Verfahrensfragen nicht eingegangen sei, werden die den gerügten Verfahrensfehler begründenden Tatsachen in der Beschwerdebegründung nicht ausreichend konkret bezeichnet. Hierzu gehört, weil die Verletzung des rechtlichen Gehörs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund geregelt ist (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 ZPO), grundsätzlich Vorbringen auch dazu, dass die Möglichkeit einer Beeinflussung der ergangenen Gerichtsentscheidung durch den gerügten Gehörsverstoß gegeben sein muss (vgl zu den Anforderungen BSG vom 3.12.2015 - B 4 AS 169/15 B - juris, RdNr 9; vgl zur Vermutung der Beeinflussung der Entscheidung bei rechtswidrig abgelehntem Terminverlegungsantrag BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - juris, RdNr 11). Dies lässt sich der Beschwerdebegründung indes nicht entnehmen. Entsprechendes gilt für die Rügen der Gehörsverletzung dadurch, dass das LSG nicht auf den Vortrag des Klägers, insbesondere zum Zuflussprinzip und zu einer unzulässigen Doppelanrechnung, einschließlich der von ihm vorgelegten Excel-Tabellen eingegangen sei bzw den Vortrag des Klägers nicht richtig verstanden habe. Entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Rechtsauffassung führt allein schon die Nichtberücksichtigung von Beteiligtenvorbringen nicht zur Zulassung der Revision. Rechtlich relevante Anhaltspunkte für eine insoweit gerügte Willkür des LSG sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Soweit eine Gehörsverletzung durch eine Bezugnahme des LSG auf die Entscheidungsgründe des SG (§ 153 Abs 2 SGG) gerügt wird, obwohl das LSG die Berufung gegen das SG-Urteil wegen einer Gehörsverletzung des SG zugelassen habe, ist dem Beschwerdevorbringen nichts zum Fortwirken einer Gehörsverletzung des SG in der Berufungsinstanz zu entnehmen, das eine Bezugnahme auf das SG im LSG-Urteil als verfahrensfehlerhaft ansehen ließe.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11554050 |