Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegegeld. Nachlassforderung. Erbengemeinschaft. Miterbe. Prozessführungsbefugnis. gesetzliche Prozessstandschaft. notwendige Beiladung. Streitwert. Erbteil. Nichtzulassungsbeschwerde. Sozialgerichtliches Verfahren. Klage eines Miterben auf Zahlung von zum Nachlass gehörendem Pflegegeld zugunsten der Erbengemeinschaft ohne Beiladung der anderen Miterben. Sachaufklärungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Miterbe kann einen zum Nachlass gehörenden Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld ohne Mitwirkung der anderen Miterben für die Erbengemeinschaft einklagen. Zu dem Rechtsstreit sind die anderen Miterben auch nicht notwendig beizuladen.
2. Der Streitwert bemisst sich nicht nach dem Erbteil des klagenden Miterben, sondern nach dem Gesamtwert der begehrten Leistung für die Erbengemeinschaft.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung des § 2039 S. 1 BGB berechtigt jeden Miterben, zum Nachlass gehörende Ansprüche in gesetzlicher Prozessstandschaft und damit im eigenem Namen für die Erbengemeinschaft klageweise geltend zu machen, also nicht etwa in Vertretung der übrigen Miterben und auch ohne deren Mitwirkung; diesem Recht steht sogar ein Widerspruch der übrigen Miterben nicht entgegen.
2. Miterben, die zwar Klage, aber nicht Berufung erhoben haben, sind im Berufungsverfahren als Beteiligte zu behandeln, also am Schriftverkehr zu beteiligen und zur mündlichen Verhandlung zu laden.
3. Im Verhältnis zueinander sind die Miterben im Klageverfahren notwendige Streitgenossen, so dass die Rechtsmitteleinlegung durch einen Streitgenossen den Eintritt der Rechtskraft auch gegenüber den anderen Streitgenossen hindert und alle Prozesse in die nächste Instanz bringt.
4. Das Berufungsgericht darf sich bei seiner Entscheidung, die Pflegeperson der Versicherten und den Hausarzt zum Umfang des Pflegebedarfs nicht als Zeugen zu vernehmen, von der Erwägung leiten lassen, dass die relevanten Aussagen dieser Personen bereits aktenkundig waren und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zeugen viele Jahre nach dem betroffenen Zeitpunkt Angaben hätten machen können, die über ihre zeitnahen Hinweise zur pflegerischen Situation der Versicherten hinausgehen.
Normenkette
BGB § 2039; SGG § 75; GKG § 52; GKG 2004 § 52; SGB 11 § 37
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers zu 4. gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. August 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger zu 4. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 12 140 Euro und für das Beschwerde-verfahren auf 10 090 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Umstritten sind Ansprüche auf Pflegegeld für die Zeit vom 26.1.2004 bis zum 16.4.2008.
Die am 9.9.1913 geborene und am 16.4.2008 verstorbene Versicherte I. bezog von der beklagten Pflegekasse Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in der Zeit vom 26.1.2004 bis zum 28.2.2006 sowie vom 1.1.2007 bis zu ihrem Tod, und zwar nach der Pflegestufe I bis zum 31.8.2007 und seitdem nach der Pflegestufe III. Sie erhielt zunächst Pflegegeld und seit ihrem Umzug ins Pflegeheim am 27.3.2007 vollstationäre Pflegesachleistungen (vgl auch die Protokollerklärungen der Beklagten zu den verschiedenen Leistungsbewilligungen im Verwaltungsverfahren gemäß Sitzungsniederschrift vom 12.8.2010). Mit der Klage begehrte sie Pflegegeld auch für die Zeit vom 21.3.2003 (Erstantrag) bis zum 25.1.2004 sowie vom 1.3.2006 bis zum 31.12.2006; zudem sollten die Leistungen von Anfang an nach der Pflegestufe II statt der Pflegestufe I berechnet werden (21.3.2003 bis 31.8.2007). Die Beklagte hat während des Klageverfahrens den Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die bis dahin fehlenden zehn Monate des Jahres 2006 anerkannt. Das SG hat das die Zeit vom 21.3.2003 bis zum 25.1.2004 umfassende Verfahren abgetrennt und die Klage insoweit abgewiesen (Urteil des SG vom 21.2.2006 - S 19 P 2020/04). Die Berufung und die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin waren erfolglos (Urteil des LSG vom 12.7.2007 - L 8 P 10/06; Beschluss des BSG vom 6.12.2007 - B 3 P 25/07 B).
Nach dem Tod der Klägerin sind vier der fünf Mitglieder der Erbengemeinschaft (vgl Gemeinschaftlicher Erbschein des Amtsgerichts Hanau vom 9.7.2008) als Kläger zu 1. bis 4. in den vorliegenden Rechtsstreit eingetreten, der zu diesem Zeitpunkt nur noch die Zeit ab 26.1.2004 betraf.
Unbeachtet der Verfahrensabtrennung haben die Kläger zu 1. bis 4. auch im vorliegenden Rechtsstreit am Leistungsbeginn 21.3.2003 festgehalten und das Klageverfahren um die Zahlung von Pflegegeld für die Zeit des Aufenthalts der Versicherten im Pflegeheim erweitert. Das SG hat die Beklagte nach Beweisaufnahme verurteilt, "an die Kläger zu 1. bis 4. als Rechtsnachfolger der verstorbenen I. gemäß SGB XI nach Stufe I vom 26.1.2004 bis 31.8.2007 und nach Stufe III vom 1.9.2007 bis 16.4.2008 in gesetzlichem Umfang Pflegegeld zu gewähren, das heißt unter anderem soweit die Beklagte nicht bereits entsprechende Leistungen für diese Zeiträume erbracht hat. Soweit danach Pflegegeld zu gewähren ist, ist dieses seit dem 8.11.2005 mit 4 % zu verzinsen" (Urteil vom 11.8.2011). Die nur vom Kläger zu 4. eingelegte Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 21.8.2014) und die Revision nicht zugelassen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers zu 4., die er mit Verfahrensfehlern des LSG begründet. In der Sache ist das Rechtsmittel auf die Zeit ab 26.1.2004 beschränkt worden (Schriftsatz vom 3.12.2014).
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Verfahrensrügen sind teilweise unbegründet und im Übrigen unzulässig.
1. Der Zulässigkeit der Klage und der Beschwerde steht nicht entgegen, dass das Verfahren seit der zweiten Instanz allein vom Kläger zu 4. betrieben wird. Der Kläger zu 4. ist als Mitglied der aus fünf Personen bestehenden Erbengemeinschaft allein prozessführungsbefugt, weil der streitige Anspruch auf Pflegegeld zum Nachlass der am 16.4.2008 verstorbenen Versicherten gehört.
Die Regelung des § 2039 Satz 1 BGB berechtigt jeden Miterben, zum Nachlass gehörende Ansprüche in gesetzlicher Prozessstandschaft und damit im eigenem Namen für die Erbengemeinschaft klageweise geltend zu machen (BGH NJW 1966, 773 und BGHZ 167, 150 = NJW 2006, 1969), also nicht etwa in Vertretung der übrigen Miterben und auch ohne deren Mitwirkung; diesem Recht steht sogar ein Widerspruch der übrigen Miterben nicht entgegen (Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl 2015, § 2039 RdNr 6). Die Vorschrift gewährleistet also, dass jeder Miterbe Nachteile abwenden kann, die der Erbengemeinschaft durch Nachlässigkeit oder Untätigkeit einzelner Miterben drohen, ohne selbst einen unberechtigten Sondervorteil zu haben und ohne erst umständlich auf Zustimmung der übrigen Miterben klagen zu müssen (RGZ 149, 193; BGHZ 167, 150 = NJW 2006, 1969; Palandt/Weidlich, aaO, RdNr 1). Die Klage konnte daher von den vier Klägern als Mitgliedern der Erbengemeinschaft in gesetzlicher Prozessstandschaft für den fünften Miterben, der sich am Verfahren nicht beteiligt hat, fortgesetzt werden. Ebenso war der Kläger zu 4. befugt, allein Berufung gegen das SG-Urteil einzulegen und das Verfahren in der Folge allein zu betreiben. Er hat dabei wiederum für den fünften Miterben in gesetzlicher Prozessstandschaft gehandelt, ohne dass es auf dessen Zustimmung für die Verfahrensfortführung ankam. Der fünfte Miterbe musste auch nicht zum Rechtsstreit notwendig beigeladen werden (§ 75 Abs 2 SGG), weil im Falle einer gesetzlichen Prozessstandschaft die treuhänderische Interessenwahrnehmung durch den Prozessstandschafter vom Gesetz unterstellt wird. Seit dem zweitinstanzlichen Verfahren handelte der Kläger zu 4. als gesetzlicher Prozessstandschafter jedoch nicht auch für die anderen drei Miterben, weil sie als Kläger zu 1. bis 3. zwar keine Berufung eingelegt, andererseits aber auch nicht ihre Klage zurückgenommen haben.
2. Die Kläger zu 1. bis 3. haben durch die Nichteinlegung einer eigenen Berufung nicht ihre Stellung als Beteiligte (§ 69 SGG) im laufenden Rechtsstreit verloren. Sie hätten daher vom LSG im Berufungsverfahren als Beteiligte behandelt, also am Schriftverkehr beteiligt und zur mündlichen Verhandlung geladen werden müssen, was jedoch nicht geschehen ist. Das hat der Beschwerdeführer nicht gerügt; im Übrigen ist nicht erkennbar, dass ihm durch die Verfahrensweise des LSG Nachteile entstanden sein könnten.
Im Verhältnis zueinander waren die Kläger zu 1. bis 4. im Klageverfahren notwendige Streitgenossen (§ 74 SGG iVm § 62 ZPO), weil die Entscheidung über einen Nachlassanspruch nur gegenüber allen Mitgliedern einer Erbengemeinschaft einheitlich ergehen kann. Bei notwendiger Streitgenossenschaft hindert die Rechtsmitteleinlegung durch einen Streitgenossen den Eintritt der Rechtskraft auch gegenüber den anderen Streitgenossen und bringt alle Prozesse in die nächste Instanz (BSG SozR 1500 § 151 Nr 7; BSG SozR 3200 § 88 Nr 5; BSGE 89, 294, 295 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3 mwN; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 14), in der sämtliche notwendigen Streitgenossen am Verfahren zu beteiligen sind (BSGE 89, 294, 295 = SozR 3-2500 § 111 Nr 3). Die Rechtsmittelbegründung durch einen Streitgenossen, hier den Kläger zu 4., wirkt für die anderen Streitgenossen (BSGE 95, 119 = SozR 4-7860 § 10 Nr 2, RdNr 3), die aber auch selbst eine Begründung abgeben können. Das rechtskräftige Urteil bindet dann alle notwendigen Streitgenossen, auch wenn sie kein Rechtsmittel eingelegt haben (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 74 RdNr 6). Diesen Eigenarten der notwendigen Streitgenossenschaft hat das LSG im Berufungsverfahren nicht Rechnung getragen. Das hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht gerügt; der Senat stellt das Rubrum für das Beschwerdeverfahren richtig.
3. Die Rüge, dem LSG seien Verfahrensfehler unterlaufen, auf denen das Urteil beruhe (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), bleibt erfolglos. Hinsichtlich der unterbliebenen Zeugenvernehmung ist sie unbegründet, hinsichtlich der Gehörsverletzung unzulässig.
a) Der Kläger zu 4. rügt, das LSG habe es - ebenso wie zuvor das SG - im Rahmen seiner Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) verfahrensfehlerhaft unterlassen, zur Ermittlung des von ihm behaupteten Hilfebedarfs der Versicherten bei der Grundpflege nach der Pflegestufe II (ab 26.1.2004) und später nach der Pflegestufe III (ab 27.3.2007) zwei dazu wiederholt benannte Zeugen, nämlich den Hausarzt Dr. M. und die Pflegeperson Sch., zu vernehmen. Er bezieht sich dabei insbesondere auf die Beweisanträge in den Schriftsätzen vom 4.10.2011 und 12.8.2014.
Der Kläger zu 4. bezeichnet zwar Beweisanträge, die er auch im Berufungsverfahren aufrechterhalten hat. Das LSG ist diesen Anträgen jedoch mit einer im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG "hinreichenden" Begründung nicht gefolgt. Das LSG durfte sich bei seiner Entscheidung, die Pflegeperson der Versicherten und den Hausarzt zum Umfang des Pflegebedarfs nicht als Zeugen zu vernehmen, von der Erwägung leiten lassen, dass die relevanten Aussagen dieser Personen bereits aktenkundig waren (vgl zB Hinweise im Pflegegutachten der Diplom-Pflegewirtin A. vom 31.10.2006 zu den Ergebnissen einer ausführlichen telefonischen Befragung der Zeugin Sch. über den Pflegebedarf der Versicherten sowie Befundbericht von Dr. M. vom 20.1.2005). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen acht bzw sechs Jahre nach dem betroffenen Zeitpunkt Angaben hätten machen können, die über ihre zeitnahen Hinweise zur pflegerischen Situation der Versicherten hinausgehen. Der pauschale Hinweis, die Zeugen hätten in ihren Vernehmungen einen Grundpflegebedarf von 120 Minuten (bis 26.3.2007) bzw 240 Minuten (ab 27.3.2007) darlegen können, musste dem LSG keinen Anlass zu einer Vernehmung geben. In diesem Zusammenhang ist ferner darauf hinzuweisen, dass der Senat bereits mehrfach entschieden hat, dass es für die Ermittlung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen allein auf den Hilfebedarf bei den in § 14 Abs 4 SGB XI aufgeführten Verrichtungen ankommt (BSGE 82, 27 = SozR 3-3300 § 14 Nr 2), dass der Bezug der Pflegebedürftigkeit auf bestimmte Verrichtungen des täglichen Lebens sowie die Nichtberücksichtigung eines allgemeinen Betreuungsaufwands verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (BVerfG SozR 4-3300 § 14 Nr 1) und dass der Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI abschließend ist, also sonstige und dort nicht genannte Verrichtungen keine Berücksichtigung finden können (stRspr, vgl BSGE 82, 27 = SozR 3-3300 § 14 Nr 2; BSGE 82, 276 = SozR 3-3300 § 14 Nr 7; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 3, 6 und 11).
Dass das LSG von der Vernehmung der benannten Zeugen absehen durfte, beruht weiterhin darauf, dass selbst in dem MDK-Gutachten vom 17.4.2007, das unmittelbar nach dem Umzug der Versicherten in das Pflegeheim (27.3.2007) erstellt worden ist, lediglich ein täglicher Grundpflegebedarf von 109 Minuten festgestellt worden war, sodass der Heimvertrag auf Basis der Pflegesätze der Pflegestufe I abgeschlossen worden ist, und selbst das geschulte und erfahrene Pflegepersonal des Heimes erst nach fünf Monaten zu der Überzeugung gelangt war, der Pflegebedarf übersteige dauerhaft den Mindestwert von täglich "mehr als 45 Minuten" der Pflegestufe I (§ 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm Abs 3 Nr 1 SGB XI), woraufhin die Versicherte veranlasst worden war, den Höherstufungsantrag vom 4.9.2007 zu stellen. Ohne Konkretisierung des noch zu ermittelnden Pflegebedarfs in der Beschwerdebegründung hat sich das LSG nicht gedrängt fühlen müssen, den Beweisanträgen des Klägers zu 4. zu entsprechen.
b) Die Entscheidung des LSG beruht im Übrigen nicht auf der unterbliebenen Vernehmung der Zeugen, weil eine Einstufung der Versicherten in die Pflegestufe III zum 27.3.2007 rechtlich nicht zulässig gewesen wäre. Da die Versicherte die früheren Bescheide der Beklagten immer nur mit dem Ziel angefochten hatte, der Pflegestufe II zugeordnet zu werden, hätte es für den Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe III eines Höherstufungsantrags schon zum 27.3.2007 bedurft, weil nach § 33 Abs 1 SGB XI die Leistungen antragsabhängig sind und grundsätzlich nicht rückwirkend gewährt werden können. Der Höherstufungsantrag vom 4.9.2007 diente nur der Bewilligung von Pflegesachleistungen (§ 43 SGB XI) ab 1.9.2007 (zur Rückwirkung zum Beginn des Monats der Antragstellung vgl § 33 Abs 1 Satz 3 SGB XI), war aber nicht geeignet, eine rückwirkende Höherstufung zum 27.3.2007 zu ermöglichen. Soweit die Beschwerde dazu und damit zur Erheblichkeit der Beweisaufnahme nichts vorbringt, genügt sie schon nicht den Begründungsanforderungen nach § 160 Abs 2 Satz 3 SGG.
c) Schließlich geht der Kläger zu 4. auch nicht auf die Ausführungen des LSG ein, der Pflegegeldanspruch scheitere für die Zeit ab 27.3.2007 schon aus Rechtsgründen, weil das Gesetz Pflegegeldzahlungen nur bei häuslicher Pflege vorsehe (§ 36 Abs 1 SGB XI), während bei vollstationärer Pflege in einem zugelassenen Pflegeheim immer nur ein Sachleistungsanspruch bestehe (§ 43 SGB XI). Selbst im Falle einer Höherstufung in die Pflegestufe III zum 27.3.2007 sei das Pflegegeldbegehren also unbegründet.
4. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) ist schon nicht formgerecht dargelegt worden. Sie wird allein auf die unterbliebene Vernehmung von Zeugen gestützt, was aber nur mit der Rüge des Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) geltend gemacht werden kann. Die Rüge greift - wie oben dargelegt - nicht durch.
5. Soweit die Beweiswürdigung selbst angegriffen wird, ist die Beschwerde unzulässig, weil eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3, 2. Halbsatz iVm § 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Selbst die Rüge, das LSG habe bei der Beweiswürdigung Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, kann nicht als Revisionszulassungsgrund geltend gemacht werden (BSG SozR 1500 § 160 Nr 26; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kapitel IX RdNr 126). Demgemäß ist auch das Argument des Klägers zu 4. im vorliegenden Zusammenhang unerheblich, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, bei einer - wie hier - kontinuierlichen Abnahme der körperlichen und geistigen Fähigkeiten sogleich von der Pflegestufe I in die Pflegestufe III zu wechseln, also die Pflegestufe II ganz zu übergehen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 2, § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Ein zur Kostenfreiheit des Verfahrens führender Fall der Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I liegt hier nicht vor, weil weder der Kläger zu 4. noch ein anderes Mitglied der Erbengemeinschaft mit der Versicherten zur Zeit ihres Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat oder von ihr wesentlich unterhalten worden ist.
7. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf 10 090 Euro beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 3 GKG. Die Änderung der vom LSG vorgenommenen Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren basiert auf § 63 Abs 3 GKG. Die Festsetzung des Streitwerts auf 12 140 Euro für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.
a) Im Berufungsverfahren ging es um einen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt der zuerkannten Pflegestufe I für die Zeit vom 21.3.2003 bis zum 26.3.2007, dh für rund 48 Monate. Der monatliche Differenzbetrag beläuft sich auf 205 Euro (410 Euro in Pflegestufe II abzüglich 205 Euro in Pflegestufe I, vgl § 37 Abs 1 SGB XI in der bis zum 30.6.2008 geltenden Fassung), sodass sich für 48 Monate eine Nachzahlung von 9840 Euro errechnet.
Ferner betraf das Berufungsverfahren einen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe III statt der Pflegestufe I für die Zeit vom 27.3.2007 bis 31.8.2007, und zwar nicht nur für etwaige Tage der häuslichen Pflege (vgl SG-Urteil: Pflegegeld "in gesetzlichem Umfang"), sondern durchgehend für alle Tage dieses Zeitraums. Da die Versicherte bis zum 31.8.2007 Pflegesachleistungen nach der Pflegestufe I bereits erhalten hatte, was nach dem SG-Urteil einem zusätzlichen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I entgegenstand ("soweit die Beklagte nicht bereits entsprechende Leistungen für diese Zeiträume erbracht hat"), ging es aus Sicht des Klägers zu 4. nur um die Differenz der Pflegegeldansprüche zwischen den Pflegestufen III und I für diesen Zeitraum von rund fünf Monaten. Bei einer monatlichen Differenz von 460 Euro (665 Euro in Pflegestufe III abzüglich 205 Euro in Pflegestufe I) errechnet sich für fünf Monate ein Betrag von 2300 Euro. Der Gesamtstreitwert des Berufungsverfahrens beträgt damit 12 140 Euro.
Für die Zeit vom 1.9.2007 bis zum 16.4.2008 ergibt sich kein zusätzlicher Streitwert, weil dem Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe III, den der Kläger zu 4. für alle Tage dieses Zeitraums begehrt, die bereits erbrachten Pflegesachleistungen nach der Pflegestufe III (als adäquate Leistungen iS des SG-Urteils) entgegenstehen.
b) Für das Beschwerdeverfahren ergibt sich ein Streitwert von nur 10 090 Euro, weil der Kläger die Beschwerde auf die Zeit ab 26.1.2004 beschränkt hat, wodurch der Pflegegeldanspruch in Höhe der Differenz zwischen den Pflegestufen I und II für zehn Monate (21.3.2003 bis 25.1.2004), der sich auf 2050 Euro belief (410 Euro in Pflegestufe II abzüglich 205 Euro in Pflegestufe I x 10 Monate), aus dem Streitwert des Berufungsverfahrens herauszurechnen war (12 140 Euro abzüglich 2050 Euro).
c) Auf den Streitgegenstand des Rechtsstreits und damit auf den festzusetzenden Streitwert ohne Einfluss ist der Umstand, dass der Kläger zu 4. nur einer von fünf Miterben ist und er von dem Pflegegeld nur in Höhe seines Erbanteils von einem Neuntel profitiert. Die für die Bemessung des Streitwerts nach § 52 Abs 1 GKG grundsätzlich maßgebende, aus dem Antrag des Klägers sich ergebende Bedeutung der Sache in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht (vgl Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl 2014, § 52 GKG RdNr 9 mwN) orientiert sich hier nicht am Erbteil des Klägers zu 4., sondern am Gesamtwert der begehrten Leistung für die Erbengemeinschaft. Ein Miterbe kann einen zum Nachlass gehörenden Anspruch nach § 2039 BGB nur in Form der Leistung an alle Miterben gemeinsam geltend machen. Das gilt auch dann, wenn es - wie hier - um eine teilbare Leistung geht. Deshalb kann ein Miterbe auch bei Geldforderungen nicht die Leistung an sich in Höhe seines Erbteils verlangen, weil ansonsten das Erbauseinandersetzungsverfahren unterlaufen würde (Schütte in jurisPK-BGB, 7. Aufl 2014, § 2039 RdNr 8; Palandt/Weidlich, aaO, § 2039 RdNr 8). Dementsprechend lautet der Antrag des Klägers zu 4. im Berufungsverfahren auch auf Zahlung der gesamten Pflegegeldforderung "an die Erbengemeinschaft".
d) Mit der Neufestsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren hat sich die Beschwerde des Klägers zu 4. gegen die Streitwertfestsetzung durch das LSG auf 20 978,53 Euro (Schriftsatz an das LSG vom 11.9.2014) erledigt.
Fundstellen