Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. betriebliche Voraussetzung. Analogieverbot
Orientierungssatz
Eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs 1 AAÜG selbst angelegte Modifikation hinaus ist nicht erlaubt, sodass ein Analogieverbot besteht. Die Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts hat sich deshalb strikt an deren Wortlaut zu orientieren. Da das Recht der (hier: Zusatz) Versorgungssysteme auf Lebenssachverhalte abstellte, die in der DDR verwirklicht worden waren, bestimmt sich das Verständnis dort verwendeter Ausdrücke rechtlich nach dem staatlichen Sprachverständnis am Ende der DDR (2.10.1990), faktisch jedoch im Regelfall nach demjenigen, das am letzten Tag vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme, also am 30.6.1990, in staatlichen Regelungen verlautbart war (vgl BSG vom 7.9.2006 - B 4 RA 41/05 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 11).
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1, §§ 5, 8; AAÜG Anl 1 Nr. 1; ZAVtIV; ZAVtIVDBest 2 § 1 Abs. 2; RAnglG; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 05.12.2006; Aktenzeichen L 21 RA 15/04) |
SG Potsdam (Urteil vom 02.10.2003; Aktenzeichen S 17 RA 997/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Dezember 2006 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers in der DDR als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Dem Kläger wurde im April 1972 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Ab 1.1.1973 bis 30.6.1990 war er in der Z. in P. beschäftigt, und zwar zuletzt ab 1980 als Prüfgebietsleiter. In ein Versorgungssystem der DDR war er nicht einbezogen worden.
Seinen Antrag, die Beschäftigungszeiten vom 1.1.1973 bis 30.6.1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 13.2.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.10.2002). Das Sozialgericht hat den Klagen stattgegeben (Urteil vom 2.10.2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 5.12.2006). Mit seiner Beschwerde wendet er sich gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat den Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss sich allein aus der Beschwerdebegründung ergeben. Der Beschwerdeführer muss hierzu die im angestrebten (späteren) Revisionsverfahren zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, dass diese von allgemeiner Bedeutung, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist (ua BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1).
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Der Kläger misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, |
ob ein Betrieb, wie die Z. in P., dessen Hauptzweck die Durchführung der staatlichen Landwirtschaftlichen Eignungsprüfung von Maschinen, Maschinensystemen und Anlagen auf der Grundlage einer Prüfordnung als Voraussetzung für die Freigabe der Maschinen und Anlagen für die Produktion, für den Import und für die Verleihung von Gütezeichen gewesen sei, eine dem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie gleichgestellte Versuchsstation iS von § 1 Abs 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: 2. DB) sei. |
Der Kläger hat nicht die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage dargelegt. Er hat nicht aufgezeigt, dass sich diese unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beantworten lässt.
Insoweit hätte er sich mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auseinandersetzen müssen, in der die Maßstäbe zur Auslegung und Anwendung des § 1 Abs 2 der 2. DB entwickelt worden sind. Danach ist mit Blick auf die Neueinbeziehungsverbote in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR sowie im Einigungsvertrag eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz selbst angelegte Modifikation hinaus nicht erlaubt, sodass ein Analogieverbot besteht. Die Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts hat sich deshalb strikt an deren Wortlaut zu orientieren. Da das Recht der (hier: Zusatz-)Versorgungssysteme auf Lebenssachverhalte abstellte, die in der DDR verwirklicht worden waren, bestimmt sich das Verständnis dort verwendeter Ausdrücke rechtlich nach dem staatlichen Sprachverständnis am Ende der DDR (2.10.1990), faktisch jedoch im Regelfall nach demjenigen, das am letzten Tag vor Schließung der Zusatzversorgungssysteme, also am 30.6.1990, in staatlichen Regelungen verlautbart war (vgl zuletzt: BSG, Urteil vom 7.9.2006, SozR 4-8570 § 1 Nr 11, RdNr 16, 23 mwN).
Der Kläger macht nicht geltend, hinsichtlich dieser vom BSG entwickelten rechtlichen Vorgaben zur Auslegung und Anwendung des § 1 Abs 1 und hier insbesondere des Abs 2 der 2. DB bestehe ein weiterer Klärungsbedarf; es ist also nicht erkennbar, worin er rechtlich die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage sieht. Letztlich wendet er sich gegen die vom LSG getroffenen Feststellungen zum allgemeinen Sprachgebrauch; denn er beanstandet, das LSG habe zu unrecht festgestellt, nach allgemeinem Sprachgebrauch sei die Hauptaufgabe der Z. die Durchführung der staatlichen Eignungsprüfung von Maschinen, Maschinensystemen und Anlagen auf der Grundlage einer Prüfordnung als Voraussetzung für die Freigabe der Maschinen und Anlagen für die Produktion, den Import und die Verleihung von Gütezeichen gewesen; Gegenstand dieser staatlichen Eignungsprüfung sei in erster Linie nicht die Entwicklung und Forschung gewesen, sodass es sich nicht um eine Versuchsstation iS des § 1 Abs 2 der 2. DB gehandelt habe.
Wenn der Kläger demgegenüber meint, damit habe das LSG nicht ausreichend den Hauptzweck "beschrieben" und insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Werkerprobung bereits in der Entwicklungsstufe vor dem Funktionsmuster stattgefunden hätte und mit dem Funktionsmuster abgeschlossen, der Hauptzweck der ZPL also letztlich die Prüfung und Testung gewesen sei, wendet er sich gegen das Ergebnis der vom LSG vorgenommenen Beweiswürdigung. Diese ist nicht Gegenstand des geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung.
Die Beschwerdebegründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen