Verfahrensgang

LSG für das Saarland (Urteil vom 06.07.1995)

 

Tenor

1. Der Antrag des Klägers, ihm unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt B. … Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 6. Juli 1995 zu gewähren, wird abgelehnt.

2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 6. Juli 1995 wird zurückgewiesen.

3. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der 1946 geborene Kläger war von 1962 bis 1968 als Berglehrling und Knappe beschäftigt, kehrte dann aber freiwillig vom Bergbau ab und war, unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit, für verschiedene Arbeitgeber überwiegend als Hilfsarbeiter und (ab 1978) insgesamt ca vier Jahre als angelernter Maurer tätig. Seit dem 17. Juni 1989 bezieht er Bergmannsrente. Auch der am 28. Oktober 1993 gestellte Antrag auf Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit blieb ohne Erfolg (Bescheid der Beklagten vom 4. März 1994, Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 1994, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 15. Februar 1995, Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 6. Juli 1995).

Das LSG hat festgestellt, daß sich der Kläger vom erlernten Beruf eines Bergmannes freiwillig gelöst habe. Der für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit maßgebliche „bisherige Beruf” sei deshalb derjenige eines angelernten Arbeiters. Der Kläger sei weder erwerbs- noch berufsunfähig, weil er sozial zumutbar noch vollschichtig leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten nicht ganz einfachster Art (als Pförtner und Parkhauswächter) verrichten könne.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger (Beschwerdeführer) als Verfahrensfehler eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht geltend. Das LSG hätte durch die Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens abklären müssen, ob für ihn wegen seines Alters oder seiner langandauernden Arbeitslosigkeit sowie seiner gesundheitlichen Einschränkungen der Arbeitsmarkt verschlossen sei. Weiter wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt. Das LSG hätte die vom 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) an den Großen Senat des BSG im Verfahren 13 RJ 19/93 gestellten Rechtsfragen beachten müssen. Insoweit weiche das LSG vom Vorlagebeschluß des 13. Senats des BSG ab.

 

Entscheidungsgründe

II

Soweit der Beschwerdeführer einen Verfahrensfehler geltend macht, ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgeschriebenen Form. Sie erfordert, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargelegt werden. Daran mangelt es. Denn nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensfehler auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur dann gestützt werden, wenn es sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Beschwerdeführer trägt nicht vor, er habe einen Beweisantrag gestellt, den das LSG übergangen habe.

Soweit der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend macht, ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision unbegründet. Die vom Beschwerdeführer sinngemäß gestellten Rechtsfragen (identisch mit den von ihm wörtlich zitierten Vorlagefragen des 13. Senats des BSG an den Großen Senat des BSG in den Beschlüssen vom 23. November 1994 – 13 RJ 19/93) sind nicht entscheidungserheblich, so daß die angestrebte Revisionsentscheidung weder die Rechtseinheit in ihrem Bestande erhalten noch die Weiterentwicklung des Rechts fördern kann.

Die Vorlagen des 13. Senats des BSG an den Großen Senat des BSG haben zum Gegenstand, ob angesichts bestimmter Veränderung in der Arbeitswelt in weiterem Umfange als bisher eine konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten erforderlich ist (Rechtsfrage 1), und ob eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in weiteren Fallkonstellationen besteht, als sie bisher die Rechtsprechung des BSG zugrunde gelegt hat (Rechtsfrage 2).

Im vorliegenden Rechtsstreit hat das LSG konkrete Verweisungstätigkeiten genannt (Pförtner, Parkhauswächter), hinsichtlich derer von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes nicht gesprochen werden könne. Gegen diese tatsächlichen Feststellungen hat der Beschwerdeführer keine (zulässigen) Verfahrensrügen erhoben. Damit ist die vom 13. Senat gestellte Rechtsfrage 1 nicht mehr entscheidungserheblich. Selbst wenn der Große Senat auch die Rechtsfrage 2 beantworten wird (sie stellt sich nach Meinung des 13. Senats des BSG nur bei Verneinung der Rechtsfrage 1), ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, weshalb die beim Kläger vorliegende Fallgestaltung dann anders zu beurteilen wäre.

Der Zulassungsgrund der Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt nicht vor, weil die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats an den Großen Senat noch keine endgültige Entscheidung über eine der gestellten Rechtsfragen enthalten (s Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX RdNr 77; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 161).

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Prozeßkostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG ist gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozeßordnung abzulehnen, weil das Verfahren mit Blick auf die oben angeführten Gründe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174600

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge