Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Urteil vom 30.03.2017; Aktenzeichen L 1 R 97/14) |
SG für das Saarland (Entscheidung vom 23.07.2014; Aktenzeichen S 6 R 394/13) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 30. März 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt auszuwählen bzw ihm einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Der Antrag des Klägers, ihm einen besonderen Vertreter zu bestellen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 30. März 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in seiner bei der Beigeladenen - einer mittlerweile gelöschten GmbH - als "Salesmanager/Verkäufer" von Druckerzeugnissen ausgeübten Tätigkeit ab 1.1.2011 der Sozialversicherungspflicht aufgrund Beschäftigung unterlag. Im Rahmen eines vom Kläger beantragten Statusfeststellungsverfahrens lehnte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund die Feststellung von Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung ab (Bescheide vom 17.12.2012 in der Fassung des Überprüfungsbescheids vom 23.1.2013). Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 16.5.2013; SG-Gerichtsbescheid vom 23.7.2014; LSG-Urteil vom 30.3.2017).
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem am 19.4.2017 zugestellten Urteil des LSG mit einem am 5.5.2017 beim BSG eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom selben Tag Beschwerde eingelegt. Auf deren Antrag ist die Frist zur Begründung der Beschwerde um einen Monat bis Mittwoch, den 19.7.2017, verlängert worden (§ 160a Abs 2 S 2 SGG). Mit Schriftsatz vom 14.6.2017 haben die Prozessbevollmächtigten die Vertretung des Klägers niedergelegt, ohne zuvor die Beschwerde zu begründen.
Mit Schreiben vom 14.7.2017, eingegangen am 18.7.2017, hat der Kläger persönlich "Nichtzulassungsbeschwerde"/"Beschwerde" erhoben und sinngemäß die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) ("PKH-Antrag … zuzulassen") beantragt. Eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er nicht vorgelegt. Des Weiteren hat der Kläger beantragt, die "Begründungsfrist wegen längerer Krankheit" um mindestens einen Monat zu verlängern sowie sich selbst vor Gericht vertreten zu können bzw durch das Gericht einen Vertreter einzusetzen bzw zu bestimmen. Nach der "plötzlichen" Mandatsniederlegung der früheren Prozessbevollmächtigten habe er wegen "bekannter Krankheit" nur eingeschränkt eine neue Rechtsvertretung suchen können. Auf zehn bundesweite Anfragen habe er Absagen erhalten, die er auf Anforderung in einer Übersichtsliste darstellen könne. Der Kläger hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) vom 22.6.2017 vorgelegt. Darin wird Arbeitsunfähigkeit vom 22.6. bis voraussichtlich 30.7.2017 festgestellt.
II
1. Die Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil der Kläger trotz entsprechender Belehrung nicht innerhalb der laufenden Begründungsfrist eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat.
Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers bietet keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist unzulässig, weil sie innerhalb der bis zum 19.7.2017 verlängerten Frist nicht durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (vgl § 73 Abs 4 SGG) begründet worden ist. Die Begründung durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten könnte auch nicht mehr nachgeholt werden, weil dem Kläger Wiedereinsetzung wegen Versäumnis der Begründungsfrist nicht gewährt werden könnte. Er ist nicht ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist gehindert gewesen (§ 67 Abs 1 SGG).
Ein Beschwerdeführer ist im Falle des Unvermögens zur Bestreitung der Kosten der Prozessführung nur dann ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert, wenn er innerhalb dieser Frist sowohl das PKH-Gesuch als auch die auf dem vorgeschriebenen Vordruck abzugebende Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 117 Abs 2 und 4 ZPO) eingereicht hat (zur Verfassungsmäßigkeit vgl zB BVerfG Kammerbeschluss vom 13.4.1988 - 1 BvR 392/88 - SozR 1750 § 117 Nr 6). Entsprechendes muss gelten, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde zwar fristgerecht durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist, dieser jedoch vor Ablauf der Begründungsfrist die Vertretung des Beschwerdeführers niedergelegt hat. In diesem Falle ist der Beschwerdeführer nur dann ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Begründungsfrist gehindert, wenn er bis zu deren Ablauf den Antrag auf Bewilligung von PKH gestellt und die auf dem vorgeschriebenen Vordruck abgegebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht hat, sofern er daran nicht ebenfalls ohne Verschulden gehindert gewesen ist (vgl BSG Beschluss vom 29.1.2013 - B 2 U 354/12 B - mwN).
Der Kläger hat zwar innerhalb der bis zum 19.7.2017 verlängerten Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Bewilligung von PKH beantragt. Die erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er hingegen nicht vorgelegt. Auf die Notwendigkeit der Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mittels eines vorgeschriebenen Vordrucks wurde der Kläger bereits in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils ausdrücklich hingewiesen.
Der Kläger ist nicht ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist gehindert gewesen. Krankheit rechtfertigt den Ausschluss von Verschulden nur, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt war, dass er selbst handlungsunfähig war und auch nicht einen anderen mit der Einlegung des Rechtsmittels bzw Rechtsbehelfs bzw dessen Begründung beauftragen konnte (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 67 RdNr 7c mwN). Anhaltspunkte für eine derart schwere Erkrankung können dem Vorbringen des Klägers nicht entnommen werden. Die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 22.6.2017 führt zu keinem anderen Ergebnis, weil darin lediglich Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird.
Dass der Kläger nicht derart schwer erkrankt war, dass er als handlungsunfähig anzusehen war, zeigt sich auch darin, dass er während des Arbeitsunfähigkeitszeitraums (22.6. bis 30.7.2017) in der Lage war, die vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde/Beschwerde - innerhalb der laufenden Begründungsfrist - vom 14.7.2017 zu fertigen. Weiterhin hat die vermeintliche Erkrankung den Kläger nach dessen eigenen Angaben auch nicht gehindert, zehn bundesweite Anfragen nach einem vertretungsbereiten Prozessbevollmächtigten zu stellen. Schließlich kommt hinzu, dass davon auszugehen ist, dass der Kläger - ebenso wie das BSG - bereits durch den Schriftsatz der früheren Prozessbevollmächtigten vom 14.6.2017 über die Mandatsniederlegung informiert wurde. Arbeitsunfähigkeit wurde jedoch erstmalig erst am 22.6.2017 festgestellt.
2. Dem Kläger war auch kein Notanwalt gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 78b Abs 1 ZPO beizuordnen, auch nicht bereits im Stadium des PKH-Bewilligungsverfahrens. Er hat nicht ausreichend dargelegt, keinen vertretungsbereiten Prozessbevollmächtigten zu finden.
Für das Verfahren der Beschwerde zum BSG gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil des LSG ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte oder andere qualifizierte Prozessbevollmächtigte vorgeschrieben (§ 73 Abs 4 S 1 SGG; zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN). Zur Beiordnung eines Notanwalts ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer ausreichend darlegt, dass es ihm nicht gelungen ist, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Für ein beabsichtigtes Rechtsmittelverfahren vor einem obersten Bundesgericht ist es erforderlich, dass erfolglose Bemühungen um eine Prozessvertretung bei zumindest fünf zugelassenen Prozessbevollmächtigten substantiiert aufgezeigt werden (BSG Beschluss vom 16.10.2007 - B 6 KA 3/07 S - Juris RdNr 2 mwN). Entsprechende Darlegungen müssen spätestens bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgen, da anderenfalls eine Wiedereinsetzung aufgrund fehlenden Verschuldens an der Fristversäumung regelmäßig nicht in Betracht kommt (BSG Beschluss vom 10.5.2011 - B 2 U 3/11 BH - Juris RdNr 9 mwN). Hat ein Beschwerdeführer zunächst einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn der Beschwerdeführer die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat (vgl BGH Beschluss vom 27.11.2014 - III ZR 211/14 mwN). Auch dies ist vom Beschwerdeführer substantiiert aufzuzeigen.
An den genannten Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Das Bemühen um einen vertretungsbereiten Prozessbevollmächtigten hat der Kläger nicht innerhalb der laufenden Begründungsfrist dargelegt. Er hat weder Kopien seiner Anfragen bzw Absagen vorgelegt noch Namen und Adressen von angefragten Rechtsanwälten etc genannt. Hierzu hat er lediglich mitgeteilt, "auf Anforderung" eine "Übersichtsliste aller vorliegenden Absagen" vorzulegen. Zudem hat er Gründe für ein Nichtvertreten der Mandatsniederlegung durch die früheren Prozessbevollmächtigten nicht genannt.
3. Mangels Bewilligung von PKH war ein dem Kläger beizuordnender Rechtsanwalt nicht nach § 73a Abs 1 S 2 SGG auszuwählen.
4. Die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs 1 SGG kommt offenkundig nicht in Betracht, da offensichtlich keine Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit des Klägers bestehen.
5. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der am 19.7.2017 abgelaufenen Frist durch einen vor dem BSG zugelassenen Bevollmächtigten begründet worden ist (§ 73 Abs 4, § 160a Abs 2 SGG). Eine erneute Verlängerung der Begründungsfrist ist nach den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen nicht zulässig (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 12). Gleiches gilt für das Begehren des Klägers, sich selbst vertreten zu dürfen.
6. Die Beschwerde des Klägers ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 S 2 und 3 SGG).
7. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11205297 |