Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 15.07.1996) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluß des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juli 1996 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Wiedergewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des am 3. Juni 1985 erlittenen Arbeitsunfalls, bei dem er sich einen Oberschenkelschaftbruch zuzog, ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 13. November 1991 idF des Widerspruchsbescheids vom 29. März 1993; Urteil des Sozialgerichts vom 15. Dezember 1995 und Beschluß des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 15. Juli 1996). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit sei – weiterhin – mit 10 vH zu bewerten.
Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde, die der Beschwerdeführer auf Verfahrensmängel des LSG stützt, ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordern diese Vorschriften, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58; vgl auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX, RdNrn 177 und 179 mwN). Daran fehlt es der Beschwerdebegründung.
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 103 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Das erfordert eine genaue Bezeichnung des Beweisantrags. Trotz erheblicher Zweifel geht der Senat zugunsten des Beschwerdeführers davon aus, daß er seine Beschwerde auf seinen in der Berufungsbegründungsschrift vom 9. Juli 1996 gestellten Antrag stützt, „Privatdozent Dr. R. … zum Gutachten und zur Stellungnahme des Dr. Sch. anzuhören”. Der Kläger hat jedoch nicht schlüssig dargelegt, warum das LSG diesem Beweisantrag ohne hinreichenden Grund nicht gefolgt sein soll. Dazu genügt nicht die Darlegung, das LSG hätte Dr. R. … anhören und ihm die Fragen vorlegen müssen, die „zur Aufklärung der vorhandenen Gutachtendifferenzen erforderlich” gewesen wären. Vielmehr hätte es einer zumindest summarischen Auseinandersetzung mit den vom LSG gewürdigten umfangreichen Befunden und Beurteilungen bedurft. Dabei hätte auch berücksichtigt werden müssen, daß allein unterschiedliche gutachterliche Schlußfolgerungen ohne wesentliche neue Gesichtspunkte keine zwingende Veranlassung zu einer weiteren Beweiserhebung in dem begehrten Sinne begründen (Beschluß des Senats vom 31. Mai 1996 – 2 BU 16/96 –; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, § 118 RdNr 12b).
Soweit der Kläger ferner rügt, das LSG hätte Dr. S. … zum Termin laden oder im Hinblick auf die Gutachtendifferenzen zumindest ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen einholen müssen, fehlt es bereits an der Bezeichnung eines zumindest im Berufungsverfahren vom Kläger gestellten Beweisantrags.
Die weitere Rüge des Beschwerdeführers, das LSG sei verpflichtet gewesen, entsprechend seinem Antrag nochmals eine ärztliche Stellungnahme von dem behandelnden Orthopäden Dr. N. … einzuholen, ist ebenfalls für die begehrte Zulassung der Revision nicht schlüssig dargelegt. Insoweit fehlt eine Auseinandersetzung mit der vom LSG hierzu gegebenen Begründung, diesem Antrag sei nicht stattzugeben, weil der Kläger über entsprechende Beschwerden bereits gegenüber Prof. Dr. Ro. … sowie dem Sachverständigen Privatdozent Dr. R. … und Dr. S. … geklagt habe, jedoch keiner dieser Ärzte diese als Unfallfolgen angesehen oder einen ursächlichen Zusammenhang dieser Beschwerden mit den bereits anerkannten Unfallfolgen als wahrscheinlich bezeichnet habe. Hierzu trägt der Beschwerdeführer lediglich vor, das LSG hätte diese ärztliche Stellungnahme anfordern müssen, um die Frage zu klären, ob die Halswirbelsäulenbeschwerden als weitere Unfallfolge anzusehen seien.
Die weitere Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, das LSG habe gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen. Der Beschwerdeführer meint, allein durch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hätte er die Möglichkeit gehabt, sich gegen Mutmaßungen des Gerichts zu verteidigen, insbesondere sich hierzu zu äußern. Das LSG habe jedoch, ohne ihm rechtliches Gehör zu gewähren, eine Beweiswürdigung vorgenommen. Es ist zwar richtig, daß im Verfahren nach § 153 Abs 4 SGG den Beteiligten bis zur Zustellung der Beschlußgründe verborgen bleibt, auf welche Tatsachen und Beweisergebnisse das LSG seine Entscheidung stützt. Es gibt aber auch für Entscheidungen aufgrund mündlicher Verhandlung keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte zuvor mit den Beteiligten zu erörtern, und zwar weder in einer mündlichen Verhandlung noch in der den Beschluß gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG zwingend vorgeschriebenen vorangehenden Anhörungsmitteilung (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1). Außerdem ist eine Sachentscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 153 Abs 4 SGG nur dann verfahrensrechtlich zu beanstanden, wenn das Verfahren des LSG auf „sachfremde Erwägungen” oder „grober Fehleinschätzung” beruht (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19 mwN). Für eine solche Annahme bringt die Beschwerdebegründung nichts vor.
Davon abgesehen hat der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, inwiefern er im Berufungsverfahren nicht Gelegenheit erhalten hat, innerhalb von fast fünf Monaten nach Einlegung der Berufung sowie fünf Wochen nach Zugang der Anfrage nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG und der danach eingereichten Berufungsbegründung „zu Wort zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen”. Allein die Behauptung, das LSG habe aufgrund einer vorschnellen Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ihm – dem Kläger – keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, reicht hierfür nicht aus.
Die weiteren Ausführungen und Rügen des Klägers betreffen im Kern die Beweiswürdigung durch das LSG iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG. Eine Überprüfung dieser Beweiswürdigung auch unter der nur eingeschränkten revisionsrichterlichen Sicht ist im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ausgeschlossen. Dieser Hinweis soll keinesfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit der freien richterlichen Beweiswürdigung durch das LSG andeuten.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen