Verfahrensgang
SG Leipzig (Entscheidung vom 23.09.2013; Aktenzeichen S 24 R 1659/11) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 03.09.2019; Aktenzeichen L 4 R 784/13) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3. September 2019 (L 4 R 784/13) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 3.9.2019 die Berufung der Klägerin gegen die erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 17.2.2020 begründet hat. Mit Einlegung der Beschwerde hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung ihres Bevollmächtigten beantragt.
II
1. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Für die Bewilligung von PKH nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes Voraussetzung, dass der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH nebst der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem dafür vorgeschriebenen Erklärungsformular (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 117 Abs 2 bis 4 ZPO) bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden. Diesen Anforderungen ist die Klägerin nicht vollständig nachgekommen. Die Beschwerdefrist hat hier gemäß § 160a Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 und 3 SGG am 17.1.2020 geendet. Bis zu diesem Zeitpunkt hat zwar der Antrag auf PKH vorgelegen, nicht jedoch die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen; diese ist bis heute nicht beim BSG eingegangen. Da PKH nicht bewilligt werden kann, entfällt auch die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO.
Im Übrigen bietet die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg iS von § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO, wie sich aus nachfolgenden Ausführungen ergibt.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde, die die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.1.2020 unabhängig vom PKH-Antrag eingelegt hat, ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung von ehrenamtlichen Richtern als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung vom 17.2.2020 genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Die Klägerin hat darin weder die geltend gemachte Divergenz (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) in der erforderlichen Weise dargelegt. Ebenso wenig hat sie die geltend gemachten Verfahrensmängel (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) in der gesetzlich vorgesehenen Weise bezeichnet.
a) Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz sind ein oder mehrere entscheidungstragende Rechtssätze aus dem Berufungsurteil und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen aus einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die angegriffene Entscheidung auf der Abweichung beruht (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f; BSG Beschluss vom 24.4.2015 - B 13 R 37/15 B - juris RdNr 6). Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Vorliegend rügt die Klägerin eine Abweichung des LSG von dem Urteil des BSG vom 21.3.2006 (B 5 RJ 54/04 R - BSGE 96, 93 = SozR 4-7140 § 100 Nr 1). Durch letzteres sei entschieden, "dass die Feststellung der Vertriebenenbehörde im sozialgerichtlichen Verfahren auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen ist". Demgegenüber habe das LSG im angegriffenen Urteil entschieden, dass "offenbleiben kann, ob - wie von der Beigeladenen ausgeführt - die in der Bescheinigung gem. § 100 Abs. 2 Satz 3 neue Fassung BVFG zugunsten der Klägerin getroffene Statusfeststellung unzutreffend war". Damit benennt die Klägerin schon keinen dem LSG-Urteil zugrunde liegenden Rechtssatz. Ein abstrakter Rechtssatz liegt nur vor bei einer fallübergreifenden, nicht lediglich auf die Würdigung des Einzelfalles bezogener rechtlicher Aussage (vgl zB BSG Beschluss vom 1.12.2017 - B 11 AL 66/17 B - juris RdNr 5 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 13 mwN). Bei der von der Klägerin zitierten Passage des angegriffenen Urteils handelt es sich jedoch um eine solche ausschließlich fallbezogene Aussage. Mit ihr bringt das LSG zum Ausdruck, dass es nach den Umständen des vorliegenden Falles auf die Frage der Rechtmäßigkeit der angesprochenen Bescheinigung nicht ankomme. Dass - im Gegensatz zu der dem BSG zugeschriebenen Aussage - solche Bescheinigungen generell im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zu überprüfen wären, kann dem nicht entnommen werden.
b) Auch genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, soweit sich die Klägerin auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beruft.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B - SozR 4-4200 § 25 Nr 1 RdNr 9 mwN; vgl auch BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7; jüngst BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 13 R 45/20 B - juris RdNr 5).
Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"wann der Vorgang der Flucht im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1 Abs. 1 Nr. 1 BVFG beginnt und wann dieser im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts endet und ab wann Versicherungszeiten der vor den Nationalsozialisten geflohenen Personen, die diese im Ausland vor ihrer Rückkehr in das Bundesgebiet zurückgelegt haben, gem. § 1 FRG anzuerkennen sind".
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit eine oder mehrere hinreichend konkrete Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat. Jedenfalls hat sie - die Qualität als Rechtsfrage(n) unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Fragen nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.
Schon die Klärungsbedürftigkeit der formulierten Frage(n) ist nach dem Inhalt der hierauf bezogenen Ausführungen auf Seite 7 f der Beschwerdebegründung nicht zu erkennen. So führt die Klägerin dort aus, das "Bundesverwaltungsgericht" - gemeint sein dürfte hier so wie an verschiedenen anderen Stellen der Begründung das BSG - sei im Bereich des § 1 Abs 1 und Abs 2 Nr 1 BVFG bisher davon ausgegangen, dass der Vertreibungsvorgang der Flucht erst mit dem Zeitpunkt der Heimschaffung (zB durch Aufnahme im Bundesgebiet) beendet sei. Damit wäre die formulierte Frage zu "§ 1 Abs. 1 und 1 Abs. 1 Nr. 1 BVFG" jedoch geklärt, auch wenn die Klägerin angibt, dass in der Rechtsprechung vereinzelt auch an die Ausstellung des Vertriebenenausweises angeknüpft worden sei. Da sie aber zugleich angibt, das "Bundesverwaltungsgericht" habe dies verneint und knüpfe weiter an eine Rückkehr in das Bundesgebiet bzw Integration in einem anderen Land an, ist auch eine erneute Klärungsbedürftigkeit nicht erkennbar.
Wenn die formulierte Frage - wofür der erste Satz auf Seite 8 der Beschwerdebegründung spricht - nicht nur auf die Beendigung des Vertreibungstatbestands nach § 1 Abs 2 Nr 1 BVFG, sondern auch auf die des Tatbestands nach § 1 Abs 2 Nr 2 BVFG zielte, wäre die Klärungsbedürftigkeit der so verstandenen Frage nicht dargelegt. Auch in diesem Fall genügt die Behauptung, in der Rechtsprechung des BSG sei bezüglich dieses Tatbestands noch keine Entscheidung getroffen worden, nicht. Vielmehr hätte es der Klägerin oblegen, die einschlägige Rechtsprechung des BSG darauf zu untersuchen, ob diese ggf ausreichende Hinweise für die Beantwortung der von ihr formulierten und als klärungsbedürftig angesehenen Fragen enthält. Denn auch wenn das BSG eine Frage noch nicht ausdrücklich entschieden hat, so ist eine Rechtsfrage doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 3.4.2017 - B 12 KR 92/16 B - juris RdNr 19). So hat sich das BSG beispielsweise im Urteil vom 17.10.2006 (B 5 RJ 21/05 R - SozR 4-5050 § 15 Nr 3) in Fortführung der Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 6.12.1979 (GS 1/79 - BSGE 49, 175 = SozR 5050 § 15 Nr 13) ausführlich mit der Frage der Beendigung des im Rahmen des Tatbestands nach § 1 Abs 2 Nr 2 BVFG maßgeblichen Vertreibungsvorgangs der Umsiedlung und den weiteren Voraussetzungen für die hierauf gestützte Feststellung von Versicherungszeiten nach dem FRG beschäftigt. Hierauf geht die Klägerin nicht ein.
Die Klägerin verfehlt darüber hinaus aber auch die Anforderung an die Darlegung einer Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage(n). Insofern fehlt es schon an einer genügenden Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts in der Beschwerdebegründung. Zwar berichtet sie in gedrängter Form von der Vertreibungsgeschichte und dem diesbezüglichen Status ihrer Eltern und gibt ua an, 1948 während deren Lagerzeit in der Republik Komi in der Sowjetunion geboren worden zu sein. Auch teilt sie mit, sie begehre die Feststellung von in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegter versicherungsrelevanter Zeiten iS des § 1 FRG, § 17a FRG und § 20 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (WGSVG). Dabei zeigt die Klägerin aber nicht auf, welche der mitgeteilten Tatsachen das LSG festgestellt hat, sodass sie einer Entscheidung des BSG im angestrebten Revisionsverfahren zugrunde gelegt werden könnten (vgl § 163 SGG). Gleichfalls wird nicht mitgeteilt, welche Tatsachen das LSG zu ihrem Vertreibungsschicksal festgestellt hat; insoweit fehlt es schon an der Angabe der Umstände, unter denen die Klägerin nach Deutschland übergesiedelt ist, wie auch des Zeitpunkts der Übersiedlung. Die Wiedergabe des der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts ist jedoch Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde, weil es dem Revisionsgericht andernfalls unmöglich ist, sich - wie erforderlich - ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers ein Bild über den Streitgegenstand und rechtliche wie tatsächliche Streitpunkte zu machen (BSG Beschluss vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B - juris RdNr 7 ff; BSG Beschluss vom 3.11.1999 - B 7 AL 152/99 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 29.8.2003 - B 8 KN 7/03 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 13 R 153/06 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - juris RdNr 7). Gerade der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung verlangt die Wiedergabe des streiterheblichen Sachverhalts, weil insbesondere die Klärungsfähigkeit einer aufgeworfenen Rechtsfrage ohne Umschreibung des Streitgegenstands und des Sachverhalts nicht beurteilt werden kann (BSG Beschluss vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B - juris RdNr 10 f mwN; BSG Beschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - juris RdNr 8).
c) Schließlich genügt die Beschwerdebegründung auch nicht den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels.
Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81 - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.10.2018 - B 13 R 59/18 B - juris RdNr 7). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zugrunde zu legen ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33; BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 - juris RdNr 23). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 - juris RdNr 16 mwN; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN). Daran fehlt es.
aa) Als Verfahrensmangel wird mit der Beschwerdebegründung zunächst geltend gemacht, "wie im oben dargelegten Zulassungspunkt" sei "auch im vorliegenden Verfahren der Klägerin die Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG verweigert worden". Dazu gibt sie an, sie habe sich darauf berufen, "unabhängig von ihrem Vertriebenenstatus" sei "auf jeden Fall gem. § 17a FRG anzuerkennen …, denn sie sei nur deshalb keine Spätaussiedlerin geworden, weil sie sich als Jüdin nicht zum deutschen Volkstum bekannt habe". Diesen Tatbestand habe das LSG überhaupt nicht geprüft, sodass es an einer Begründung des Urteils fehle. Gleiches gelte für § 20 WGSVG.
Verfahrensmängel durch einen Verstoß des LSG gegen Art 19 Abs 4 GG und/oder § 128 Abs 1 Satz 2 SGG werden aber schon deshalb nicht schlüssig bezeichnet, weil die Klägerin selbst darauf hinweist, das LSG habe im angegriffen Urteil entschieden, "im Ganzen kommt eine Berücksichtigung der von der Klägerin im Herkunftsland zurückgelegten Beschäftigungs- und Versicherungszeiten nach § 14, 15, 16, 17, 17a FRG sowie § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung … nicht in Betracht". Demzufolge hat sich das LSG auch mit dem Vorbringen der Klägerin zu § 17a FRG und § 20 WGSVG befasst, ohne jedoch der von ihr hierzu vertretenen Auffassung zu folgen.
Auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen in diesem Kontext genügt die Beschwerdebegründung nicht den Anforderungen an die Bezeichnung der geltend gemachten Verfahrensmängel. Speziell mit Blick auf § 128 Abs 1 Satz 2 SGG gilt, dass danach in dem Urteil die Gründe anzugeben sind, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das bedeutet, aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG Beschluss vom 1.8.1984 - 1 BvR 1387/83 - SozR 1500 § 62 Nr 16; BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11). Auch braucht es nicht zu Fragen Stellung nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht ankommt. Eine Entscheidung ist deshalb nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte erwähnt werden können, behandelt hat. Zugleich wäre die Begründungspflicht selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - juris RdNr 7 mwN). Ob und ggf inwieweit es aus der für die Bezeichnung eines Verfahrensmangels allein maßgeblichen Sicht des LSG für die Entscheidung über die Berufung auf die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zu § 17a FRG und § 20 WGSVG ankam, kann vorliegend bereits deshalb nicht beurteilt werden, weil es abgesehen von der Wiedergabe weniger knapper Formulierungen an verschiedenen Stellen der Beschwerdebegründung darin an einer geordneten Darstellung der Entscheidungsgründe des LSG zumindest in gedrängter Form fehlt.
bb) Schon wegen des Fehlens einer geordneten Darstellung der Entscheidungsgründe ist auch der weitere von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel nicht anforderungsgerecht bezeichnet. Darüber hinaus werden die oben dargestellten Anforderungen aber auch aus anderen Gründen verfehlt.
Die Klägerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG), weil das LSG dem von ihr in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Vernehmung ihres Ehemannes zum Beweis dafür, "dass die Familie der Klägerin (Vater, Mutter, Klägerin) stets den Willen gehabt hat, nach Deutschland zurückzukehren und der Vater der Klägerin, nachdem es möglich geworden war, die deutsche Staatsbürgerschaft nachzuweisen, zusammen mit der Klägerin in das Bundesgebiet nach Ausstellung eines deutschen Passes eingereist ist und Antrag auf Anerkennung nach dem BVFG gestellt hat" nicht nachgekommen sei. Den an die Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu stellenden Anforderungen genügt die Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer weiteren Ausführungen bereits deshalb nicht, weil sie nicht - wie aber erforderlich - detailliert darlegt, dass dieser Beweisantrag vom LSG nicht zur Kenntnis genommen und übergangen worden wäre, und dass sich das vorinstanzliche Gericht auch unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung damit weitergehend hätte auseinandersetzen müssen (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 697 mwN).
Im Kern ist das Vorbringen der Klägerin unter Ziff 7 der Beschwerdebegründung auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) des LSG durch Übergehen des Beweisantrags gerichtet. Jedoch kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Vorliegend ist schon zweifelhaft, ob die Klägerin überhaupt einen ordnungsgemäßen Beweisantrag iS des § 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 373 ZPO gestellt hat. Ein solcher Antrag muss grundsätzlich in prozessordnungsgerechter Weise formuliert sein, sich regelmäßig auf ein Beweismittel der ZPO beziehen, das Beweisthema möglichst konkret angeben und insoweit wenigstens umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben soll (BSG Beschluss vom 15.8.2018 - B 13 R 387/16 B - juris RdNr 6; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18a mwN). Der von der Klägerin mitgeteilte Antrag, den sie zu Protokoll gestellt habe, enthält jedoch keine Angaben zu den in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen, die auf den inneren Willen der Klägerin schließen lassen, nach Deutschland zurückkehren zu wollen. Die Anforderungen an die Bezeichnung eines Verstoßes gegen § 103 SGG werden aber jedenfalls deshalb verfehlt, weil aus der Beschwerdebegründung nicht erkennbar wird, warum es - ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG - überhaupt auf den vermeintlichen Rückkehrwillen der Klägerin oder ihrer Familie ankommen könnte.
c) Dass die Klägerin das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
d) Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14375251 |