Verfahrensgang

Thüringer LSG (Urteil vom 13.09.2017; Aktenzeichen L 11 KA 1583/14)

SG Gotha (Entscheidung vom 10.09.2014; Aktenzeichen S 2 KA 1166/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 13. September 2017 (L 11 KA 1583/14) wird verworfen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 135 712,75 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I

Die beklagte KÄV kürzte das Honorar der seit 1990 als Fachärztin für Allgemeinmedizin zugelassenen Klägerin als Ergebnis einer durchgeführten Plausibilitätsprüfung für die vier Quartale des Jahres 2008 um insgesamt 135 712,75 Euro. Die Auswertung der Tages- und Quartalsprofile mit Arbeitszeiten von zB durchschnittlich 19,59 Stunden im Quartal I/2008 und täglichen Arbeitszeiten von bis zu 27,45 Stunden im Quartal III/2008 habe Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung begründet, die sich nach näherer Prüfung bestätigt hätten. Insbesondere habe die Klägerin bei Hausbesuchen in Alten- und Pflegeheimen in einer Vielzahl von Fällen die (damals mit 440 Punkten bewertete) Ziffer 01410 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) anstelle der (damals mit 215 Punkten bewerteten) Ziffer 01413 EBM-Ä abgerechnet. Außerdem habe die Klägerin die Ziffer 03212 EBM-Ä (Zuschlag für die Behandlung eines Versicherten mit einer oder mehreren schwerwiegenden chronischen Erkrankungen) in einer Vielzahl von Fällen zu Unrecht angesetzt. In Ausübung ihres Schätzungsermessens hat die Beklagte das Honorar der Klägerin in den vier Quartalen des Jahres 2008 auf 150 % des Fachgruppendurchschnitts gekürzt.

Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin gegen die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen blieben ohne Erfolg. In der Begründung seiner Entscheidung ist das LSG von zumindest grob fahrlässigen Falschabrechnungen durch die Klägerin ausgegangen, mit der Folge des Wegfalls der Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung.

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 SGG) geltend.

II

1. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie hat in ihrer Beschwerdebegründung eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder eine Rechtsprechungsabweichung nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

a) Die an die Begründung einer Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) zu stellenden Anforderungen (vgl dazu zB BSG Beschluss vom 27.6.2012 - B 6 KA 78/11 B - Juris RdNr 8) werden bereits deshalb nicht erfüllt, weil keine abstrakten Rechtssätze des Urteils des LSG und eines Urteils des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG bezeichnet und einander gegenübergestellt werden. Die Klägerin gesteht unrichtige Abrechnungen der Ziffer 01410 EBM-Ä anstelle der 01413 EBM-Ä zu, macht aber geltend, dass das LSG ihr unter Zugrundelegung der in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Kriterien nicht den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit hätte machen dürfen. Damit behauptet sie jedoch keine Abweichung im Rechtsgrundsätzlichen, sondern nur eine fehlerhafte Beurteilung im Einzelfall. Eine solche könnte - selbst wenn sie vorliegen würde - nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 17.6.2009 - B 6 KA 6/09 B - Juris RdNr 16 mwN).

b) Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird nicht in der erforderlichen Weise dargelegt.

Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BVerfG Beschluss vom 14.6.1994 - 1 BvR 1022/88 - BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG Beschluss vom 13.5.1997 - 13 BJ 271/96 - SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10). Zudem muss ersichtlich sein, dass sich die Antwort nicht ohne Weiteres aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt.

Das Vorbringen der Klägerin genügt auch diesen Anforderungen nicht. Sie formuliert, dass "hier in Rede" stehe, "wann grobe Fahrlässigkeit überhaupt vorliegt", und vertieft daran anschließend ihr Klage- und Berufungsvorbringen. Eine von den Umständen des Einzelfalles unabhängige und weiterhin klärungsbedürftige Rechtsfrage bezeichnet sie damit nicht. Vielmehr macht sie auch insoweit nur einzelfallbezogen die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend. Wie schon die enumerative Aufzählung der Zulassungsgründe in § 160 Abs 2 SGG zeigt, dient die Revision nicht einer allgemeinen Überprüfung des Rechtsstreits in der Sache (vgl zB BSG Beschluss vom 27.1.1999 - B 4 RA 131/98 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 26).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

3. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3 S 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11576451

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge