Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. November 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die am 21. Mai 1931 geborene Klägerin wendet sich dagegen, daß ihre Zulassung als Vertragszahnärztin mit Ablauf des Quartals nach Vollendung ihres 68. Lebensjahres geendet hat. Sie war seit 1961 zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Beschluß vom 24. Juni 1999 stellte der Zulassungsausschuß fest, daß ihre Zulassung mit dem 30. Juni 1999 ende.
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) ist ausgeführt, die Zulassungsgremien seien für die Feststellung des Endes der Zulassung zuständig und dabei an die gesetzliche Regelung des § 95 Abs 7 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über das Ende der Zulassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres gebunden. Diese Regelung sei mit Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) vereinbar, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und das Bundessozialgericht (BSG) ausgeführt hätten. Die Altersgrenze sei auch mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar. Es treffe nicht zu, daß Ärzte aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) im Hinblick auf Art 43 und 50 EG-Vertrag nicht von der Altersgrenze erfaßt würden. Eine Verletzung des Art 14 GG könne nicht vorliegen, weil für die Anwendung dieses Grundrechts neben Art 12 GG kein Raum sei.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Klägerin hat mit dem von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) keinen Erfolg.
Als Frage von grundsätzlicher Bedeutung macht die Klägerin geltend, sowohl im Hinblick auf Art 12 GG als auch im Hinblick auf Art 14 GG fehle eine bindende Entscheidung des BVerfG. Das BVerfG habe Verfassungsbeschwerden zur 68-Jahres-Altersgrenze lediglich durch Kammer-Beschluß vom 31. März 1998 (NJW 1998, 1776 = MedR 1998, 323 = SozR 3-2500 § 95 Nr 17), dem keine Bindungswirkung zukomme, nicht zur Entscheidung angenommen. Überdies fehle darin eine Auseinandersetzung mit Art 14 GG. Ebensowenig habe das BSG in seinem Urteil vom 25. November 1998 (BSGE 83, 135 = SozR 3-2500 § 95 Nr 18) die Vereinbarkeit mit Art 14 GG erörtert. Klärungsbedürftig sei insoweit insbesondere das Verhältnis zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), der das Recht auf Berufszulassung als eigentumsmäßig verfestigt ansehe. Die vom LSG angenommene Spezialität des Art 12 GG gegenüber Art 14 GG treffe nicht zu. Die Grundrechte schützten unterschiedliche Bereiche. Die eingerichtete und ausgeübte ärztliche Tätigkeit in niedergelassener Praxis habe den Schutz des Art 14 GG, der auch die Tätigkeit als Vertrags(zahn)arzt mitumfasse. Diese Position werde dem Arzt bzw Zahnarzt durch die Statuierung der Altersgrenze entzogen, und zwar entschädigungslos, was nach der Rechtsprechung des BGH rechtswidrig sei. Wegen dieser Rechtsprechung müsse der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes angerufen, zumindest aber die Revision zugelassen werden.
Unzulässig ist die Rüge der Klägerin, der Rechtssache komme im Hinblick auf die Frage der Vereinbarkeit mit Art 12 GG grundsätzliche Bedeutung zu (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Für die Zulässigkeit ist die grundsätzliche Bedeutung gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG in der Beschwerdebegründung „darzulegen”, dh eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und auszuführen, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Falls schon Rechtsprechung des Revisionsgerichts vorliegt, ist darzulegen, woraus sich ihre erneute Klärungsbedürftigkeit ergibt, indem zB neue Argumente angeführt werden oder auf erhebliche Einwände im Schrifttum hingewiesen und diese dargestellt werden (vgl zusammenfassend Senatsbeschluß vom 16. Mai 2001 – B 6 KA 72/00 B –; s auch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Diese Anforderungen an die Darlegungspflicht gelten gleichermaßen für den Fall, daß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf Verstöße gegen das GG gestützt wird. Auch die Verfassungswidrigkeit darf nicht nur behauptet, sondern muß im einzelnen in Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, begründet werden, so daß der Bedarf nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts erkennbar wird (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23 S 42 mwN; Beschlüsse vom 4. März 1999 – B 1 KR 18/98 B – und vom 16. Mai 2001 – B 6 KA 72/00 B –).
Diese Anforderungen sind nicht erfüllt, soweit die Klägerin die Frage der Vereinbarkeit mit Art 12 GG aufwirft. Der Senat hat hierzu bereits ausführlich Stellung genommen (BSGE 83, 135, 140 ff = SozR 3-2500 § 95 Nr 18 S 68 ff). Die Klägerin führt für ihre Ansicht, die Vereinbarkeit mit dieser Verfassungsbestimmung sei noch nicht abschließend geklärt, keine neuen Argumente an, legt mithin einen Bedarf nach erneuter revisionsgerichtlicher Klärung nicht dar. Ihr Vorbringen, das BVerfG habe darüber noch nicht bindend – vielmehr lediglich in Kammer-Beschlüssen – entschieden, kann nicht zur Revisionszulassung führen. Denn es kommt für die Revisionszulassung nicht auf einen Bedarf nach Klärung durch das BVerfG an, sondern entscheidend ist die Frage der Klärungsbedürftigkeit in einem Revisionsverfahren, für die sich aus der Beschwerdebegründung nichts entnehmen läßt.
Ausführungen, die den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 3 Satz 2 SGG genügen, enthält die Beschwerdebegründung dagegen hinsichtlich der als grundsätzlich bedeutsam geltend gemachten Frage, ob die Altersgrenze mit Art 14 GG vereinbar ist. Diese Rüge ist aber unbegründet. Denn die Frage der Vereinbarkeit mit Art 14 GG erfordert keine Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie läßt sich vielmehr auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ohne weiteres beantworten (vgl dazu allgemein BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und § 160a Nr 21 S 38). Nach der vom BVerfG praktizierten Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Art 12 und Art 14 GG kann dieser in Fällen der hier vorliegenden Art nicht als Prüfungsmaßstab in Betracht kommen. Seine Anwendbarkeit wird verneint, wenn die Begrenzung der Verwendung vorhandener Vermögensgüter, für die grundsätzlich auch der Schutz des Art 14 GG in Betracht kommt, nur mittelbare Folge einer angeordneten Handlungsbeschränkung ist (BVerfGE 102, 26, 40), insbesondere dann, wenn durch Gesetz Arbeitsverhältnisse befristet werden und damit die Freiheit der individuellen Erwerbsmöglichkeit von einem bestimmten Zeitpunkt an beendet wird (BVerfGE 84, 133, 157; 85, 360, 383; – insoweit überholt die frühere Rechtsprechung des BGH, BGHZ 81, 21, 33 f; differenzierend BGHZ 132, 181, 186 ff). Dementsprechend ist auch die Beendigung der Möglichkeit, durch vertrags(zahn)ärztliche Tätigkeiten zusätzliche Erwerbschancen zu realisieren, nicht am Maßstab des Art 14 GG, sondern ausschließlich nach Art 12 GG zu beurteilen.
Nach alledem hat die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge entsprechend § 193 Abs 1 und 4 SGG zurückzuweisen.
Fundstellen