Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verstoß gegen Untersuchungsmaxime. Wirtschaftlichkeitsprüfung. Anerkennung einer Praxisbesonderheit
Orientierungssatz
1. Ein Verstoß gegen § 103 SGG setzt voraus, dass sich das Gericht von seiner Rechtsauffassung aus hätte gedrängt sehen müssen, weitere Ermittlungen zu erheben (vgl BSG vom 31.7.1975 - 5 BJ 28/75 = SozR 1500 § 160 Nr 5).
2. Die Frage der Anerkennung einer Praxisbesonderheit kann nicht Gegenstand einer Beweiserhebung durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens sein (vgl ua BSG vom 21.8.2013 - B 6 KA 23/13 B - Juris RdNr 9).
3. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 1. Kammer vom 17.12.2018 - 1 BvR 2278/18).
Normenkette
SGG § 103; SGB 5 § 106 Abs. 2
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 22.06.2017; Aktenzeichen L 5 KA 28/16) |
SG Mainz (Urteil vom 16.03.2016; Aktenzeichen S 16 KA 256/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 124 638,74 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Im Streit stehen Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen I/2000 bis IV/2001.
Der Kläger nahm bis zum 30.9.2003 als Zahnarzt im Bezirk der Rechtsvorgängerin der zu 1. beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung an der vertragszahnärztlichen Versorgung sowie als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG-Chirurgen) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Nachdem eine von den Prüfgremien im Rahmen einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise verfügte Honorarkürzung (Prüfbescheid vom 23.1.2003, Widerspruchsbescheid vom 27.2.2004) aufgehoben und der beklagte Beschwerdeausschuss zur Neubescheidung verpflichtet worden war (Urteil LSG Rheinland-Pfalz vom 6.3.2008 - L 5 KA 34/07), wies der Beklagte den gegen den Prüfbescheid vom 23.1.2003 erhobenen Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2009 erneut zurück. Auf die erneute Klage des Klägers hat das SG den Bescheid des Beklagten aufgehoben (SG Urteil vom 16.2.2011). Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben; allerdings hat das LSG seine Entscheidung mit der Maßgabe versehen, dass der Beklagte über den Widerspruch des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden hat (LSG Urteil vom 20.10.2011). Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 27.6.2012 zurückgewiesen (B 6 KA 99/11 B).
Den daraufhin ergangenen (dritten) Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28.8.2013 hat das SG aufgehoben (Urteil vom 16.3.2016). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass der Kläger die Vorgaben aus dem Urteil des LSG vom 20.10.2011 wiederum nicht vollständig und nicht mit nachvollziehbarer Begründung umgesetzt habe. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hat das LSG mit Urteil vom 22.6.2017 zurückgewiesen.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Rechtsprechungsabweichungen sowie Verfahrensfehler (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG) geltend.
II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist die Beschwerde jedenfalls nicht begründet. Die Revisionszulassung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14; s auch BSG Beschluss vom 16.11.1995 - 11 BAr 117/95 - SozR 3-1500 § 160a Nr 19 S 34 f; BSG Beschluss vom 14.8.2000 - B 2 U 86/00 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 30 S 57 f mwN).
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Soweit der Kläger fragt, |
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"ob die auf der Grundlage eines Gesamtkostenvergleichs beruhende Prüfung eines Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen zur Feststellung seiner Unwirtschaftlichkeit insbesondere bei der Bewertung der Minderabrechnungen im vertragsärztlichen Bereich die Reduktion auf eine Überprüfung bzw. Einbeziehung nur einzelner - der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber abgerechneter - zufälliger Leistungspositionen in Gestalt von 50 am häufigsten abgerechnete Leistungspositionen erlaubt oder ob mit Blick auf das besondere Leistungsspektrum und die Behandlungstypik des Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen und der bei Kassenärztlichen ebenso wie Kassenzahnärztlichen Vereinigungen erlaubten Abrechnung eines Behandlungsfalls die Bildung eines Gesamtfallwertes zur Feststellung der Vergleichbarkeit nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Willkürverbotes im Sinne eines Verbotes der Vermengung unterschiedlicher Prüfmethoden - hier Gesamtfallwert und Sparten- bzw. Einzelfallwert - unbedingt geboten ist" |
ist bereits zweifelhaft, ob damit eine von den Umständen des Einzelfalles unabhängige und weiterhin klärungsbedürftige Rechtsfrage bezeichnet wird. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass sich die Frage, ob "insbesondere bei der Bewertung der Minderabrechnungen im vertragsärztlichen Bereich die Reduktion auf eine Überprüfung bzw. Einbeziehung nur einzelner - der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber abgerechneter - zufälliger Leistungspositionen in Gestalt von 50 am häufigsten abgerechnete Leistungspositionen erlaubt" über den vorliegenden Einzelfall hinaus auch in anderen Fällen stellt. Zudem ist die genannte Formulierung widersprüchlich, weil die "50 am häufigsten abgerechnete Leistungspositionen" nicht ohne Weiteres als einzelne "zufällige Leistungspositionen" angesehen werden können. |
Soweit die formulierte Rechtsfrage dahin zu verstehen sein sollte, dass es dem Kläger auf die Frage der Zulässigkeit einer "Vermengung unterschiedlicher Prüfmethoden" ankommt, ist die Beschwerde unbegründet, weil diese Frage nicht entscheidungserheblich ist: Der Beklagte hat der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers keine unterschiedlichen Prüfmethoden zugrunde gelegt und auch nicht mehrere Prüfmethoden miteinander vermengt, sondern eine sog statistische Prüfung durchgeführt und dabei Gesamtfallwerte miteinander verglichen. Auf die 50 am häufigsten von MKG-Chirurgen abgerechneten Gebührenordnungsziffern hat der Beklagte allein im Rahmen der gebotenen Ergänzung der statistischen Betrachtung durch eine medizinisch-intellektuelle Prüfung (vgl dazu BSG Urteil vom 27.6.2001 - B 6 KA 43/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr 54, Juris RdNr 24 mwN) abgestellt, um Unterschiede bezogen auf Behandlungsfelder und Abrechnungsweisen der MKG-Chirurgen insbesondere mit Blick darauf zu ermitteln, dass speziell diese Arztgruppe in gewissen Grenzen (vgl BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 16/15 R - SozR 4-5532 Allg Nr 2) die Möglichkeit hat, dieselbe Leistung entweder gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung oder gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung abzurechnen (vgl BSG Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 32/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 60 RdNr 23 mwN). Der Senat hat auch bereits entschieden, dass sich allgemeine Aussagen zu der Frage, in welcher Weise und in welchem Ausmaß dieser Umstand im Rahmen einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen ist, kaum treffen lassen (BSG Urteil vom 27.6.2001 - B 6 KA 43/00 R - SozR 3-2500 § 106 Nr 54, Juris RdNr 22).
Soweit der Kläger in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Unrichtigkeit des Urteils des LSG unter weiteren Gesichtspunkten (ua fehlende Berücksichtigung von Nullabrechnern in der Vergleichsgruppe, fehlende Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten des Klägers, ua) geltend macht, genügt die Beschwerde nicht den an eine Grundsatzrüge zu stellenden Anforderungen, weil kein unmittelbarer Bezug zur formulierten Rechtsfrage hergestellt wird. Der Kläger macht insoweit einzelfallbezogen die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend. Wie schon die enumerative Aufzählung der Zulassungsgründe in § 160 Abs 2 SGG zeigt, dient die Revision nicht einer allgemeinen Überprüfung des Rechtsstreits in der Sache (vgl zB BSG Beschluss vom 27.1.1999 - B 4 RA 131/98 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 26).
2. Die Divergenzrüge ist bereits unzulässig.
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Den Anforderungen gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG an die Darlegung einer Rechtsprechungsabweichung wird nur genügt, wenn Rechtssätze aus dem LSG-Urteil und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung einander gegenübergestellt werden und dargelegt wird, dass sie nicht miteinander vereinbar sind und dass das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht. Der Kläger hat der Entscheidung des LSG den folgenden Rechtssatz entnommen: |
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"Dem Einwand der Verwirkung des Rechts auf Neubescheidung im Verfahren zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit eines Arztes steht die Bindungswirkung entfaltende Verpflichtung aus vorangegangenen Entscheidungen eines Gerichts in derselben Angelegenheit entgegen, wenn und soweit dieser dabei zur Neubescheidung verpflichtet worden war." |
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Dieser Rechtsatz stehe im Widerspruch zu der Entscheidung des 6. Senats des BSG vom 27.6.2012 (B 6 KA 99/11 B) mit dem "tragenden Rechtssatz", dass "der Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit und insbesondere der Verwirkung im Rahmen von Verzögerungen im Verfahrensablauf auf rechtliche Konsequenzen überlanger Verfahrensdauer hin zu begründen" sei. Selbst wenn den genannten Entscheidungen des LSG und des Senats die genannten Rechtssätze entnommen werden könnten, könnte die Nichtzulassungsbeschwerde nur Erfolg haben, wenn es darauf für die Entscheidung ankäme. Dem vom Kläger zu der - das vorliegende Verfahren betreffenden - Entscheidung des Senats vom 27.6.2012 gebildeten Rechtssatz können aber allenfalls Anforderungen an den Inhalt der Begründung der Entscheidung des LSG entnommen werden. Dass die Erfüllung der formulierten Anforderung durch das LSG hier zu einem für den Kläger günstigen Ergebnis hätte führen müssen, hat dieser jedoch nicht dargelegt, sondern bezogen auf die Entscheidungserheblichkeit ausgeführt: |
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"Auf dieser Divergenz beruht das Urteil des Landessozialgerichts; nach dem die Entscheidung des erkennenden Senates tragenden Rechtssatz hätte die Verwirkung geprüft, mithin insbesondere dem ausdrücklichen Antrag des Klägers stattgegeben und sowohl die genannte Gerichtsentscheidung des Sozialgerichtes Mainz als auch die gerichtlichen und behördlichen Verwaltungsakten in Sachen Dr. M. beigezogen werden müssen." |
Der Kläger unterstellt damit, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen der Verwirkung vorliegen, eine stattgebende Entscheidung zur Folge haben müsste, begründet das jedoch nicht. Damit fehlt es auch an der erforderlichen Begründung der Entscheidungserheblichkeit.
Die weiteren Ausführungen, mit denen der Kläger die Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes durch das LSG geltend macht, sind ebenfalls nicht geeignet, die Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Divergenz zu begründen. Im Übrigen kann der Senat weder dem Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 22.6.2017 noch der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.6.2012 die angegebenen Rechtssätze entnehmen. Der erkennende Senat hatte in seiner Entscheidung dargelegt, dass Verzögerungen im Verfahrensablauf bei den Prüfgremien und bei den Gerichten grundsätzlich nicht zur Aufhebung eines im Übrigen rechtmäßigen Bescheides führen. Die Frage, ob sich unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit oder der Verwirkung Konsequenzen aus einer überlangen Verfahrensdauer ergeben können, hatte der Senat mit der Begründung offengelassen, dass Anhaltspunkte dafür weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich seien. Das gilt auch weiterhin.
Mit der unterschiedlichen Bindungswirkung von Kassationsurteilen einerseits und Bescheidungsurteilen andererseits hat sich der Senat im Übrigen bereits in einem Beschluss vom 10.5.2017, der sich auf ein ebenfalls den Kläger betreffendes Verfahren bezieht (B 6 KA 58/16 B) befasst. Eine Aussage zu der Frage, ob die rechtskräftige Verurteilung zur Neubescheidung dem Einwand der Verwirkung entgegenstehen würde, kann aber auch dieser Entscheidung nicht entnommen werden.
3. Die vom Kläger weiterhin erhobenen Verfahrensrügen greifen ebenfalls nicht durch. Auch insoweit ist die Beschwerde unzulässig.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
a) Den genannten Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung bezogen auf die Rüge unzureichender Ermittlungen zur Frage der paritätischen Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses nicht. Zwar hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung beantragt, Frau C., Herrn H. und Herrn Dr. D. dazu zu vernehmen. Allerdings hat er nichts dafür vorgetragen, dass die Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann: Das LSG hat die Entscheidung des SG bestätigt, mit der der Bescheid des Beklagten vom 28.8.2013 aufgehoben worden ist. Dass das LSG eine für den Kläger noch günstigere Entscheidung hätte treffen können, wenn es aufgrund der nach seiner Auffassung durchzuführenden Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass der Beklagte in unrichtiger Besetzung entschieden hat, liegt zumindest nicht nahe. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dies Folgen für die bei der Neubescheidung von dem Beklagten zu beachtenden Maßgaben hätte haben können. Jedenfalls hätte es dem Kläger unter den gegebenen Umständen oblegen, die Entscheidungserheblichkeit näher zu begründen. Daran fehlt es hier.
Unzulässig ist die Beschwerde auch, soweit der Kläger geltend macht, dass das LSG seinem Antrag, "die Verfahrensakten Dr. M. beizuziehen" ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Insoweit fehlt es bereits an einem ordnungsgemäß gestellten Beweisantrag, weil der Kläger ein Beweisthema in der mündlichen Verhandlung nicht angegeben hat. Im Berufungsverfahren hat er vorgetragen, mit der Beiziehung der Akte die Voraussetzungen einer "Verwirkung des Verfahrens" belegen zu können. Diese Angabe konnte bereits das LSG nicht nachvollziehen. Auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger keine Gründe für eine Verwirkung vorgetragen, sondern geltend gemacht, dass der Beklagte in dem Verfahren des Dr. M. selbst angegeben habe, eine Prüfung der MKG-Chirurgen sei "mangels Datenlage" nicht möglich. Ein Zusammenhang mit der geltend gemachten Verwirkung erschließt sich dem Senat nicht. Im Übrigen konnte es auf die Frage, ob eine Prüfung von MKG-Chirurgen überhaupt möglich ist, für die Entscheidung nicht mehr ankommen, da dies aufgrund der bindenden Maßgaben für die Neubescheidung aus den Urteilen des LSG vom 6.3.2008 und vom 20.10.2011 bereits feststeht. Darauf hat schon das LSG in seinem Urteil vom 22.6.2017 (Umdruck S 19 f) zutreffend hingewiesen.
b) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG ferner die Einholung einer amtlichen Auskunft zum Beweis dafür beantragt, dass die vorgelegte Tabelle über die am meisten abgerechneten Leistungen nicht von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) stammt. Dass das Verfahren durch den Beweis des genannten Umstands zu einem für ihn günstigeren Urteil hätte führen können, ist nicht ersichtlich und dies ist auch der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Der Kläger legt auch nicht dar, aus welchen Gründen sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, diesem Beweisantrag nachzukommen. In der Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger keine Zweifel mehr daran geäußert, dass die Tabelle von der KÄBV stammt, sondern formuliert, dass es sich um eine "offensichtlich von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Verfügung gestellte" Tabelle handele (S 8 der Begründung). Stattdessen hat er zur Begründung seiner Beschwerde geltend gemacht, dass "die Einholung eines Sachverständigen zur Prüfung der Vergleichbarkeit des Klägers mit der Vergleichsgruppe unter Anwendung einer Tabelle von 50 am häufigsten abgerechneten Leistungspositionen" nicht hätte zurückweisen dürfen. Zu dieser Frage hat er jedoch keinen Beweisantrag gestellt und er hat im Zusammenhang mit der Tabelle der 50 am häufigsten abgerechneten Leistungspositionen auch nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, sondern die Einholung einer "amtlichen Auskunft".
c) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ferner beantragt, ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass "die gewählte Durchschnittsprüfung nicht geeignet" war. In seiner Nichtzulassungsbeschwerde ist der Kläger auf diesen Beweisantrag nicht mehr eingegangen, sodass jedenfalls eine darauf bezogene zulässige Verfahrensrüge nicht vorliegt.
Der Senat weist daher nur vorsorglich darauf hin, dass das LSG seine Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 103 SGG), durch die Ablehnung dieses Beweisantrags nicht verletzt hat. Ein Verstoß gegen § 103 SGG setzt voraus, dass sich das Gericht von seiner Rechtsauffassung aus hätte gedrängt sehen müssen, weitere Ermittlungen zu erheben (BSG Beschluss vom 31.7.1975 - 5 BJ 28/75 - SozR 1500 § 160 Nr 5). Das ist hier zu verneinen. Zur Frage des Vorliegens einer Praxisbesonderheit hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Antrag, ein Sachverständigengutachten einzuholen, grundsätzlich kein geeigneter Beweisantrag ist bzw dass die Beschwerdebegründung sich jedenfalls inhaltlich mit der gefestigten Rechtsprechung des Senats auseinandersetzen müsste, wonach die Frage der Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht Gegenstand einer Beweiserhebung durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens sein kann (BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 6 KA 23/13 B - Juris RdNr 9; vgl auch BSG Beschluss vom 21.8.2013 - B 6 KA 21/12 B - RdNr 7 am Ende; BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 49/06 B - Juris RdNr 6 am Ende). Zudem sind die Kammern für Angelegenheiten des Vertrags(zahn)arztrechts sachkundig besetzt und die für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgeblichen Fragen sind regelmäßig auch keinem Sachverständigenbeweis zugänglich, weil es sich hierbei um Rechtsfragen oder um rechtliche Bewertungen aufgrund tatsächlicher Feststellungen handelt (Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand 11/17, § 106 RdNr 625; BSG Urteil vom 11.12.2002 - B 6 KA 1/02 R - SozR 3-2500 § 106 Nr 57 = Juris RdNr 19 = SGb 2003, 540 m Anm von Engelhard). Das gilt auch für die Frage der Eignung eines Prüfungsverfahrens.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten Beigeladener ist nicht veranlasst; sie haben im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3 RdNr 16).
5. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1, Abs 3 S 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Dessen Bemessung erfolgt - übereinstimmend mit der von keinem Verfahrensbeteiligten angegriffenen Streitwertentscheidung des LSG - in Höhe der von der Beklagten festgesetzten Honorarkürzung.
Fundstellen