Verfahrensgang
SG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 02.02.2018; Aktenzeichen S 11 KR 3618/17) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.09.2018; Aktenzeichen L 11 KR 707/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. September 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 25.9.2018 einen Anspruch der Klägerin auf Aufhebung eines - den Komplex Krankengeld betreffenden - Bescheides unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 26.6.2008 - B 13 R 37/07 R - BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2, RdNr 23) verneint, mit der zwar nicht mehr an der Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seitens der Beklagten festgehalten wurde, aber an der Einschränkung des Gestaltungsrechts bezüglich eines Rentenantrags nach § 51 SGB V.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht formgerecht dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Zurückweisung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 Abs 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage,
"Ist es zulässig, bei aufgehobener Aufforderung nach § 51 SGB V lediglich die Rechtsfolge, nämlich die Einschränkung der Dispositionsbefugnis, aufrecht zu erhalten und den Versicherten dazu zwingen zu wollen, die Krankenkasse einzuschalten bei der Disposition über gestellte Reha- oder Rentenanträge?"
Hierfür zitiert die Klägerin umfänglich aus dem Urteil des BSG vom 26.6.2008 (aaO, S 3 bis 9 der Beschwerdebegründung). Sie meint, entgegen der Ansicht des LSG sei das Urteil des BSG eine Einzelfallentscheidung und auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Das BSG habe über einen vergleichbaren Fall - wie hier - noch gar nicht entschieden und daher habe die Sache grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen leide die Entscheidung des BSG an massiven Rechtsfehlern. Es stelle eine rechtliche und tatsächliche Unmöglichkeit dar, einen freiwillig gestellten Rentenantrag so zu behandeln, als sei er im Nachhinein durch eine Zwangsmaßnahme gestellt worden. Die Krankenkasse (KK) sei gar nicht befugt, zu einem Rentenantrag aufzufordern und somit könne die Dispositionsbefugnis gegenüber einem freiwillig gestellten Rentenantrag auch nicht durch die KK eingeschränkt werden. Diese Problematik sei durch die aufgeworfene Frage zu klären und auch nicht anhand des Gesetzes zu beantworten.
Dieser Vortrag genügt nicht den Anforderungen an die formgerechte Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin hinreichend abstrakt gefasste Rechtsfragen gestellt hat, denn der zweite Teil der Frage ist ersichtlich auf den Einzelfall der Klägerin bezogen. Jedenfalls hat sie die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt. Denn worauf sie selbst hinweist, hat das BSG (Urteil vom 26.6.2008 - B 3 KR 37/07 R - BSGE 101, 86 = SozR 4-2500 § 51 Nr 2) zur aufgeworfenen Problematik bereits entschieden, wenn dort ausgeführt wird: "Die KK darf die Dispositionsbefugnis des Versicherten, der bereits einen Reha- oder Renten-Antrag gestellt hat, auch mit einer 'nachträglichen (nachgeschobenen) Aufforderung' einschränken; diese hat dann insoweit dieselbe Rechtswirkung wie die Aufforderung nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V, einen Reha-Antrag zu stellen" (BSG aaO, RdNr 23). Auch wenn die Klägerin meint, dass ihr Fall davon nicht erfasst sei, übersieht sie, dass eine Rechtsfrage bereits auch dann höchstrichterlich geklärt ist, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten Rechtsfrage ergeben (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu der Problematik substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zum Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebenden Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sind, sodass insofern neuer Klärungsbedarf entstanden ist (vgl dazu Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).
Dazu reicht es nicht aus, wenn die Klägerin behauptet, das von ihr zitierte Urteil des BSG leide an massiven Rechtsfehlern, es habe die von der Klägerin aufgeworfene Frage unrichtig bzw gar nicht beantwortet und die vom LSG seinem Urteil tragend zugrunde gelegte Begründung (unter Heranziehung von RdNr 23 des zitierten BSG-Urteils) sei nicht nachvollziehbar. Denn die Klägerin erwähnt nicht, dass auch weitere höchstrichterliche Entscheidungen des BSG im Zusammenhang mit der aufgeworfenen Problematik ergangen sind, auf die sich das BSG in dem von ihr zitierten Urteil für seine Rechtsauffassung bezieht (vgl BSG aaO RdNr 23). Die Klägerin hätte sich mithin auch mit dieser Rechtsprechung auseinandersetzen müssen, um erneuten Klärungsbedarf darzulegen (vgl BSG Urteile vom 9.8.1995, BSGE 76, 218 = SozR 3-2500 § 50 Nr 3; vom 4.6.1981, BSGE 52, 26 = SozR 2200 § 1248 Nr 33; und vgl auch neueren Datums BSG Urteile vom 16.12.2014 - B 1 KR 31/13 R - BSGE 118, 40 = SozR 4-2500 § 51 Nr 3; vom 7.12.2004, BSGE 94, 26 = SozR 4-2500 § 51 Nr 1). Dass die Klägerin schließlich der Meinung ist, das LSG habe den Rechtsstreit unzutreffend entschieden, ist kein gesetzlicher Revisionszulassungsgrund und kann der Beschwerde daher auch nicht zum Erfolg verhelfen.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13287162 |