Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 25. September 2020 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist unzulässig (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16 S 27). Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus dieser keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet der Kläger die Frage: "Ist die Berufung bei einem Streit über einen (Kosten(höhe)-Freistellungsanspruch grundsätzlich ohne Zulassung der Berufung statthaft oder bedarf dieser der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG, wenn der geltend gemachte Freistellungsanspruch 750 Euro nicht übersteigt?"
Der Kläger legt eine Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend dar. Soweit er ausführt, die Ansicht des LSG, der Streit um eine höhere Kostenfestsetzung falle unter § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG, finde sowohl in der Fachliteratur als auch in der Rechtsprechung des BSG keine Stütze, ist dies unzutreffend. Insbesondere setzt sich die Beschwerde mit der vom LSG in Bezug genommenen Rechtsprechung des BSG, wonach der Begriff der "Geldleistung" iS von § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens umfasse, nicht auseinander (BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R - RdNr 11, 14 ff; vgl auch BSG vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 = SozR 4-1300 § 63 Nr 23 RdNr 11; P. Becker in Hauck/Noftz, SGB X, § 63 RdNr 26, Stand April 2020).
Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Soweit der Kläger rügt, das LSG habe zu Unrecht lediglich eine Prozessentscheidung und keine Sachentscheidung getroffen ("Prozessurteil statt Sachurteil"), ist ein Verfahrensfehler nicht schlüssig bezeichnet, weil die vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, den behaupteten Verfahrensmangel nicht ergeben (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN). Der Kläger begehrt mit der Berufung, die Freistellung von weiteren Rechtsanwaltsgebühren iHv 178,50 Euro. Mit diesem Begehren und auf Grundlage des in der Beschwerde mitgeteilten Sachverhalts war die Berufung des Klägers unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht überstieg und sie weder vom SG noch vom LSG zugelassen worden war (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Auch betrifft die Klage eine Geldleistung iS des § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG. Der Begriff der Geldleistung ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf Sozialleistungen gemäß § 11 Satz 1 SGB I beschränkt und umfasst - wie bereits dargelegt - auch die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 3/16 R - RdNr 11). Dies entspricht der Absicht des Gesetzgebers, zur Entlastung der Berufungsgerichte bei Streitsachen mit geringem Wert nicht in jedem Fall den Zugang zur Berufungsinstanz zu eröffnen, sondern nur dann, wenn das SG oder auf Beschwerde das LSG die Berufung ausdrücklich zugelassen hat (vgl Entwurf des Bundesrats für ein Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 27.9.1991, BT-Drucks 12/1217 S 52).
Soweit der Kläger darüber hinaus rügt, das LSG habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) und "den Mündlichkeitsgrundsatz" verletzt, ist ein Verfahrensfehler, der zur Zulassung der Revision führt, ebenfalls nicht schlüssig bezeichnet. Er rügt, das LSG habe allein auf die - vermeintliche - Unzulässigkeit einer Berufung hingewiesen und zu einer Entscheidung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG angehört, dann aber in seinem Beschluss ausgeführt, dass die Berufung nicht nur unzulässig, sondern auch unbegründet sei. Auf der Grundlage dieses Vortrags liegt zwar ein Verfahrensfehler vor, weil das Gericht grundsätzlich nur nach einer positiven Entscheidung über die Zulässigkeit einer Klage oder eines Rechtsmittels eine Sachentscheidung treffen darf, weshalb die Ausführungen zur Begründetheit nicht in Rechtskraft erwachsen können und gegenstandslos sind (vgl - im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage - nur BSG vom 15.12.2020 - B 2 U 142/20 B - RdNr 10 und BVerwG vom 14.12.2018 - 6 B 133.18 - RdNr 21 f; jeweils mwN aus der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes). Auf diesem Verfahrensfehler kann die angegriffene Entscheidung aber nicht beruhen, weil diese aufgrund der Unzulässigkeit der Berufung als Prozessentscheidung Bestand hat, woran der "überschießende" materielle Teil der Urteilsbegründung nichts ändert.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14693288 |