Entscheidungsstichwort (Thema)

Mangelnde Sachaufklärung. rechtliches Gehör

 

Orientierungssatz

1. Zur Frage der mangelnden Sachaufklärung bei nicht hinreichend bezeichneten Beweisanträgen.

2. Zur Darlegung des Verfahrensfehlers der Verletzung des Gebots des rechtlichen Gehörs bei der Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ist es erforderlich auszuführen, was über die bisher vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten hinaus durch die Beweisaufnahme an neuen medizinischen Gesichtspunkten aufgetreten ist, zu denen ohne sachverständige medizinische Unterstützung nicht habe Stellung genommen werden können.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs 2 Nr 3, §§ 103, 62

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 07.09.1987; Aktenzeichen L 2a V 19/86)

 

Gründe

Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in §§ 160 Abs 2 und 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 §160a Nr 30).

Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Er behauptet, das angegriffene Urteil beruhe auf einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG und auf Verfahrensfehlern iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Damit sind aber die behaupteten Zulassungsgründe nicht so "dargelegt" und "bezeichnet", wie dies § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt.

Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann ausreichend begründet, wenn erklärt wird, mit welcher genau bestimmten Aussage das angegriffene Urteil von welcher genau bestimmten Aussage des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29). Dem wird das Vorbringen, das Landessozialgericht (LSG) sei von dem Urteil des BSG SozR SGG § 103 Nr 33 abgewichen, nicht gerecht. Wenn der Beschwerdeführer meint, das LSG habe nicht dargelegt, daß es die Frage nach der Ursächlichkeit für eine Erkrankung des lymphatischen Systems aus eigener Sachkunde beantworten könne, bezeichnet er keine bestimmte Rechtsfrage, die das LSG abweichend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden hätte.

Die mit der Beschwerdebegründung gerügten Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sind ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet. Dazu hätte gehört, daß die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sind und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Der Beschwerdeführer macht geltend, das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) dadurch verletzt, daß es nicht auch noch den Zeugen A.       vernommen sowie weitere Gutachten von Prof. Dr. Dr. L.      und Prof. Dr. Lö.     zur Frage der Ursächlichkeit der Erkrankung des Klägers eingeholt habe. Auf eine mangelnde Sachaufklärung kann eine Nichtzulassungsbeschwerde aber nur mit Erfolg gestützt werden, wenn der Beschwerdeführer sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Beschwerdeführer verweist zwar auf seinen Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 20. November 1986, in dem er ua die Vernehmung des Zeugen S.      anregt, sowie auf seinen Schriftsatz vom 5. März 1987, mit dem er die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens beantragt. Damit ist aber der erforderliche Beweisantrag nicht hinreichend bezeichnet, nachdem das LSG in der mündlichen Verhandlung vom 7. September 1987 den Zeugen S.      vernommen und als Sachverständigen Prof. Dr. B.      gehört hat. Hier wäre darzulegen gewesen, daß trotz dieser Beweisaufnahme nach Ansicht des Beklagten der Sachverhalt noch nicht hinreichend aufgeklärt war und deshalb die früheren Beweisanträge zu demselben Beweisthema aufrechterhalten worden sind (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 56; ständige Rechtsprechung des Senats - vgl ua Beschluß vom 15. Februar 1988, 9/9a BV 196/87 -). Unter den gegebenen Umständen hätte der Beklagte seine Beweisanträge - soweit sie nicht ohnehin nur als Anregungen verstanden werden durften - nach der Beweisaufnahme ausdrücklich wiederholen müssen. Daß dies erfolgt ist, läßt sein Vorbringen nicht erkennen.

Abgesehen davon fehlt es auch an einer Auseinandersetzung damit, weshalb das LSG von seiner Rechtsauffassung aus noch einen weiteren Zeugen hätte vernehmen müssen, obwohl es die Aussage des vernommenen Zeugen zum Beweis der Tatsache, daß der Kläger wiederholt Reizgase eingeatmet hat, als ausreichend angesehen hat. Das Beschwerdevorbringen läuft stattdessen darauf hinaus, daß das LSG bei der Bejahung der Voraussetzungen für eine sog Kannversorgung iS des § 81 Abs 5 Satz 2 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) zu geringe Anforderungen an die Intensität der Einwirkung der Reizgase gestellt habe. Ein Verfahrensmangel ist aber nur dann gegeben, wenn von der Rechtsauffassung des LSG aus noch eine weitere Sachaufklärung geboten gewesen wäre (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34).

Mit seinem Vorbringen, das LSG habe das Gebot des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) verletzt, indem es seinem Terminsbevollmächtigten keine Gelegenheit gegeben habe, zum Ergebnis der Beweisaufnahme nach Einholung medizinischer sachverständiger Äußerungen Stellung zu nehmen, hat der Beschwerdeführer einen Verfahrensfehler ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß er - außer einer Erklärung dafür, weshalb eine Vertragung nicht beantragt worden ist - näher ausgeführt hätte, was über die bisher vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten hinaus durch die Beweisaufnahme an neuen medizinischen Gesichtspunkten aufgetreten ist, zu denen ohne sachverständige medizinische Unterstützung nicht habe Stellung genommen werden können. Darüber hinaus fehlt es aber auch noch im Beschwerdeverfahren an einer Darlegung dazu, welche konkrete medizinische Stellungnahme dann abgegeben worden wäre (BSG SozR 1500 § 160a Nr 56). Das Vorbringen, das LSG hätte durch Anhörung von Prof. Dr. Dr. L.      und Prof. Dr. Lö.     klären müssen, ob Prof. Dr. B.      tatsächlich die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertet habe, läßt nicht erkennen, warum es nicht bereits im Verhandlungstermin erfolgen konnte, und läuft im Ergebnis wieder auf das Geltendmachen des Verfahrensmangels der unzureichenden Sachaufklärung hinaus. Das kann schon wegen des fehlenden Beweisantrages, aber auch deshalb nicht erfolgreich sein, weil allein mit der theoretischen Möglichkeit, daß die benannten Gutachter zu anderen Ergebnissen kommen könnten, nicht dargetan ist, daß sich das LSG zu weiterer Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647765

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