Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Mehrfache Beitragspflicht eines landwirtschaftlichen Unternehmers

 

Orientierungssatz

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordert, daß die Entscheidung von der Beantwortung einer bestimmten Rechtsfrage abhängt, die klärungsbedürftig ist. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn ihre Beantwortung unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, also schon aus sich heraus klar ist und die Antwort außer Zweifel steht (vgl BSG 4.6.1975 11 BA 4/75 = BSGE 40, 40).

2. Der Beitrag zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist von dem Unternehmer mehrerer in § 776 Abs 1 Nrn 1 bis 3 RVO genannter Unternehmen für jedes einzelne Unternehmen gesondert zu entrichten, auch wenn die Unternehmen auf ein und demselben Grund und Boden betrieben werden.

3. Da in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sämtliche Unternehmer nach § 539 Abs 1 Nr 5 selbst gegen Arbeitsunfall versichert sind, besteht für den Unternehmer zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung gehörender Unternehmen auch eine mehrfache Beitragspflicht für ihn selbst, gleichgültig, ob die mehreren Unternehmen räumlich getrennt sind oder auf ein und demselben Grund und Boden betrieben werden und auch unabhängig davon, ob die Bodenfläche für die Ermittlung des Beitrags eine Rolle spielt oder nicht.

 

Normenkette

RVO § 776 Abs 1 Nr 3, § 539 Abs 1 Nr 5; SGG § 160 Abs 2 Nr 1

 

Gründe

Die Beklagte hat den Kläger durch Bescheid vom 1. November 1982 als Unternehmer des Eigenjagdbezirks A in Größe von 203 ha in ihr Jagdverzeichnis aufgenommen und für das Jahr 1981 einen Beitrag zur Unfallversicherung von 73,10 DM festgesetzt. Den dagegen erhobenen Widerspruch hat die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1982 zurückgewiesen. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts -SG- Hannover vom 29. Mai 1985 und des Landessozialgerichts -LSG- Niedersachsen vom 15. Oktober 1985).

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er macht geltend, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Es sei die Frage zu klären, ob ein Unternehmer, der - wie er - sowohl hinsichtlich seines Grundbesitzes und seines Betriebes landwirtschaftlicher Unternehmer sei und dafür einen Beitrag an die Beklagte zahle, nochmals für dieselbe Fläche einen Beitrag für die Jagdausübung zu zahlen habe.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach § 160a Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Revision ua nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden.

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordert, daß die Entscheidung von der Beantwortung einer bestimmten Rechtsfrage abhängt, die klärungsbedürftig ist. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn ihre Beantwortung unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, also schon aus sich heraus klar ist und die Antwort außer Zweifel steht (vgl Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde der obersten Bundesgerichte RdNrn 62 und 65; BSGE 40, 40). Das ist hier der Fall.

In § 776 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ist zur Klarstellung und Abgrenzung gegenüber den anderen Zweigen der Unfallversicherung (allgemeine Unfallversicherung, See-Unfallversicherung) im einzelnen angeführt, welche Unternehmen und die in ihnen tätigen gegen Arbeitsunfall Versicherten von der landwirtschaftlichen Unfallversicherung erfaßt werden. Weder die in § 776 Abs 1Nr 1 RVO unter dem Begriff "landwirtschaftliche Unternehmen" genannten Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaues sowie der Binnenfischerei (Fischzucht, Teichwirtschaft, See-, Bach- und Flußfischerei) und Imkerei sind als Teile eines einzigen landwirtschaftlichen Unternehmens anzusehen, wenn ein und derselbe Unternehmer auf demselben Grund und Boden zB Landwirtschaft und Imkerei betreibt. Dasselbe gilt für die in § 776 Abs 1 Nr 3 genannten Jagden, Park- und Grabpflege sowie Friedhöfe. Mit Teilen landwirtschaftlicher Unternehmen befaßt sich dagegen § 777 RVO.

Handelt es sich aber in § 776 Abs 1 Nrn 1 bis 3 RVO um jeweils einzelne zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung gehörende Unternehmen, so ergibt sich daraus zwangsläufig, daß der Beitrag zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung von dem Unternehmer mehrerer dort genannter Unternehmen für jedes einzelne Unternehmen gesondert zu entrichten ist, auch wenn die Unternehmen auf ein und demselben Grund und Boden betrieben werden. Da in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sämtliche Unternehmer nach § 539 Abs 1 Nr 5 selbst gegen Arbeitsunfall versichert sind, besteht für den Unternehmer zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung gehörender Unternehmen auch eine mehrfache Beitragspflicht für ihn selbst. Der Beitrag, der im Wege des Umlageverfahrens von den beitragspflichtigen Unternehmern erhoben wird, deckt den Bedarf, der sich aus den Ausgaben des Versicherungsträgers insbesondere für die Leistungen aus Anlaß von Arbeitsunfällen in den einzelnen Unternehmen ergibt. Das rechtfertigt die mehrfache Beitragspflicht des Unternehmers, gleichgültig, ob die mehreren Unternehmen räumlich getrennt sind oder auf ein und demselben Grund und Boden betrieben werden und auch unabhängig davon, ob die Bodenfläche für die Ermittlung des Beitrags eine Rolle spielt oder nicht (zur zweifachen Beitragspflicht eines Unternehmers, der als Orthopädie-Schuhmacher und Fußpfleger tätig ist, vgl BSG Beschluß vom 11. Februar 1981 - 2 BU 183/80).

Die Beschwerde war daher zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665489

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