Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der den Festbetrag und die gesetzliche Zuzahlung übersteigenden Kosten der Selbstbeschaffung des lipidsenkenden Arzneimittels Crestor® (Wirkstoff: Rosuvastatin) zur Behandlung seiner Hypercholesterinämie bei der Beklagten und den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Es liege kein atypischer Ausnahmefall vor, aufgrund dessen hier wegen ungewöhnlicher Individualverhältnisse keine ausreichende Versorgung des Klägers zum Festbetrag möglich wäre. Nach dem Gesamtergebnis der gerichtlichen Feststellungen verursachten die zum Festbetrag erhältlichen Arzneimittelalternativen keine Nebenwirkungen, die über bloße Unannehmlichkeiten oder Befindlichkeitsstörungen hinausgingen und damit die Qualität einer behandlungsbedürftigen Krankheit im Sinne des § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V erreichten. Beim Kläger komme jedenfalls die Anwendung des zum Festbetrag erhältlichen Wirkstoffs Fluvastatin grundsätzlich in Betracht. Die hier möglichen Nebenwirkungen kämen in gleicher Weise auch bei dem vom Kläger favorisierten Wirkstoff vor (Urteil vom 20.11.2019).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
1. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 1 bis 3 SGG zu verwerfen. Sie ist nicht innerhalb der bis zum 18.5.2020 laufenden Frist von einem Monat nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung (§ 160a Abs 1 Satz 2 SGG) formgerecht beim BSG eingegangen. Das angefochtene Urteil ist dem Kläger am 16.4.2020 zugestellt worden (Postzustellungsurkunde vom 16.4.2020). Die Frist zur Einlegung der Beschwerde lief daher bis zum Montag, dem 18.5.2020 (§ 64 Abs 2 und 3 SGG). Der Kläger hat zwar am 12.5.2020 per Telefax Beschwerde erhoben; diese war jedoch nicht formwirksam, da sie nicht von einem beim BSG zugelassenen und damit postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet war. Vor dem BSG müssen sich die Beteiligten, außer im PKH-Verfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG; zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG ≪Kammer≫ vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN). Der Kläger, der nicht zu dem Kreis der zugelassenen Prozessbevollmächtigten gehört, hat die Beschwerde jedoch selbst eingelegt. Von seinem (postulationsfähigen) früheren Prozessbevollmächtigten wurde Beschwerde hingegen erst am 16.6.2020 und damit nach Ablauf der gesetzlichen Frist erhoben. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen, ist er in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils und nochmals durch Schreiben des Berichterstatters vom 13.5.2020 hingewiesen worden.
2. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.
Nach § 67 Abs 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Zwar ist einer Partei, die keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, nach denselben Grundsätzen Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist zu gewähren wie einer solchen Partei, die aus finanziellen Gründen zur Fristwahrung nicht in der Lage war und deshalb PKH beantragt hat (BSG vom 23.3.2017 - B 1 KR 10/16 BH - juris RdNr 4; BGH vom 12.6.2012 - VIII ZB 80/11 - juris RdNr 7; BGH vom 19.1.2011 - IX ZA 2/11 - juris RdNr 4). Auf fehlendes Verschulden kann sich aber nur berufen, wer zur Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt beachtet, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist (vgl hierzu zB BSG vom 27.5.2008 - B 2 U 5/07 R - SozR 4-1500 § 67 Nr 7 RdNr 14), um eine Fristversäumnis zu vermeiden. Dies ist nur dann der Fall, wenn der betroffene Beteiligte innerhalb der noch laufenden Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts stellt und die für die Bestellung eines Notanwalts nach § 78b ZPO erforderlichen Voraussetzungen darlegt (vgl BSG vom 23.3.2017 - B 1 KR 10/16 BH - juris RdNr 4; BGH vom 24.6.2014 - VI ZR 226/13 - juris RdNr 5; BFH vom 28.4.2004 - VII S 9/04 - juris RdNr 7; Althammer in Zöller, ZPO, 33. Aufl 2020, § 78b RdNr 6 f). Hieran fehlt es. Der Kläger hat mit seinem Telefax nicht zu erkennen gegeben, dass es ihm bislang nicht gelungen sei, einen Rechtsanwalt für seine Prozessvertretung zu finden. Er hat vielmehr mitgeteilt, zurzeit im M-Hospital, W, zu liegen und "der erforderliche zugelassene Prozessbevollmächtigte für das BSG wird schnell nachgeliefert". Seinem Schreiben konnte daher auch weder konkludent ein Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts noch ein Hinweis darauf entnommen werden, dass er sich vergeblich um die Mandatierung eines Rechtsanwalts bemüht habe, aber ihm die Möglichkeit der Beiordnung eines Notanwalts unbekannt gewesen sei. Es war danach auch nicht aus Gründen der prozessualen Fürsorgepflicht geboten, den Kläger im Berichterstatterschreiben über die Beiordnungsmöglichkeit eines Notanwalts zu informieren. Es kann deswegen offenbleiben, ob die vom Kläger vorgetragene Kontaktaufnahme innerhalb der laufenden Beschwerdefrist mit zwei Rechtsanwälten den an einen Beteiligten zu stellenden Sorgfaltspflichten überhaupt entsprach (vgl etwa BGH vom 7.6.2016 - XI ZR 439/15 - juris RdNr 4 mwN, der die Kontaktaufnahme mit mehr als vier Rechtsanwälten fordert).
Der Kläger hat auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht, infolge von Krankheit unverschuldet gehindert gewesen zu sein, die Frist einzuhalten. Krankheit schließt Verschulden nur aus, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbst handeln und auch nicht einen anderen beauftragen kann (vgl BVerfG ≪Kammer≫ vom 17.7.2007 - 2 BvR 1164/07 - juris RdNr 2; BSG vom 12.4.2018 - B 12 KR 10/17 R - juris RdNr 7 mwN). Solche Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegenteil war er auch noch nach Aufnahme in das M-Hospital in der Lage, sich selbständig per Telefax an das BSG zu wenden. Der letztlich nur pauschale Hinweis auf pandemiebedingte Personalengpässe in Rechtsanwaltskanzleien legt auch keinen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl Meßling in Schlegel/Meßling/Bockholdt, Corona-Gesetzgebung - Gesundheit und Soziales, § 20 Verfahrensrecht RdNr 91).
3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14755130 |