Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage an den Großen Senat des BSG
Orientierungssatz
1. a) Stellt die Anerkennung einer Ersatzzeit in dem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligenden Bescheid einen der Bindung fähigen Verfügungssatz dieses Bescheides dar?
b) Oder gehört die Anerkennung der Ersatzzeit lediglich zur Begründung des Bescheides?
2. Bei Bejahung der Frage 1 b): Nimmt die Anerkennung der Ersatzzeit, auch wenn sie lediglich zur Begründung des Rentenbescheides gehört, trotzdem an dessen Bindungswirkung teil?
Normenkette
RVO § 1251 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 28 Abs. 1 Nr. 1; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03, § 138 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Dem Großen Senat des Bundessozialgerichts werden zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung folgende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung vorgelegt:
1. a) Stellt die Anerkennung einer Ersatzzeit in dem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligenden Bescheid einen der Bindung fähigen Verfügungssatz dieses Bescheides dar?
b) Oder gehört die Anerkennung der Ersatzzeit lediglich zur Begründung des Bescheides?
2. Bei Bejahung der Frage 1.b): Nimmt die Anerkennung der Ersatzzeit, auch wenn sie lediglich zur Begründung des Rentenbescheides gehört, trotzdem an dessen Bindungswirkung teil?
Gründe
I.
Streitig ist die Befugnis der Beklagten zur Neuberechnung des dem Kläger bewilligten Altersruhegeldes unter Außerachtlassung einer bei der ersten Berechnung berücksichtigten Ersatzzeit.
Der am ... 1907 geborene Kläger trat im November 1926 in den Dienst der bayerischen Landespolizei. Vom 1. Januar 1939 bis zum 8. Mai 1945 war er zuletzt im Range eines Kriminalsekretärs Angehöriger der Geheimen Staatspolizei (GESTAPO) und als solcher zunächst in Polen und später in Norwegen eingesetzt. Dort geriet er bei Kriegsende in britische Gefangenschaft. Am 18. Mai 1948 wurde er aus dem Internierungs- und Arbeitslager Augsburg-Göggingen entlassen. Ausweislich des Entlassungsscheins war er seit 10. Mai 1945 interniert gewesen. Ab Juli 1948 leistete er Beiträge zur Angestelltenversicherung.
In der Zeit vom 1. Juli bis 30. November 1972 bezog der Kläger vorgezogenes Altersruhegeld (Bescheide der Beklagten vom 13. November 1972 und 27. November 1974). Mit einem weiteren Bescheid vom 27. November 1974 bewilligte ihm die Beklagte für die Zeit ab 1. Januar 1973 Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Hierbei berücksichtigte sie anders als in den vorhergegangenen Bescheiden den Zeitraum vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 als Ersatzzeit.
Mit seiner Klage wegen dieses Bescheides begehrte der Kläger die Berücksichtigung einer Zeit der Kriegsgefangenschaft vom 9. Mai 1945 bis Juni 1947 als weitere Ersatzzeit. Im Verlaufe des Klageverfahrens nahm die Beklagte mit Bescheid vom 20. Juni 1975 eine Neuberechnung des Altersruhegeldes des Klägers unter Außerachtlassung der Zeit vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 vor mit dem Zusatz, die Rente werde in der bisherigen Höhe weitergezahlt; sie - die Beklagte - behalte sich aber vor, künftigen Neuberechnungen und Rentenanpassungen die sich aus den beiliegenden Berechnungen ergebenden Merkmale zugrundezulegen.
Das Sozialgericht (SG) Speyer hat unter Abweisung der weitergehenden Klage den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 1975 aufgehoben (Urteil vom 23. März 1976). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat die allein von der Beklagten eingelegte Berufung zurückgewiesen; es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 11. November 1976). Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Bescheid vom 20. Juni 1975 sei rechtswidrig. Der Versicherungsträger dürfe eine falsch berechnete Rente nicht jederzeit zu Ungunsten des Versicherten ändern. Zwar werde im Gegensatz zum Verfügungssatz als der eigentlichen Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch die Begründung eines Bescheides einschließlich aller Berechnungsfaktoren, zu denen vor allem die Beitrags-, Ersatz- und Ausfallzeiten zählten, nicht nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend. Änderungen der Berechnungsfaktoren änderten aber auch den Anspruch selbst und damit den Verfügungssatz, wenn sich im Ergebnis für den Versicherten eine geringere Rente als bisher ergebe. Durch eine derartige Berichtigung werde der Bewilligungsbescheid in seinem Wesen unzulässig verändert. Diese Änderung werde nicht dadurch aufgewogen, daß die Rente in der bisherigen Höhe weitergezahlt, bei den Rentenanpassungen dagegen aufgrund der geänderten Faktoren berechnet werde (Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts -BSG- vom 26. September 1974 - 5 RJ 140/72 - = BSGE 38, 157). Dies widerspreche nicht der bisherigen Rechtsprechung des BSG. Aus ihr ergehe sich lediglich, daß ausnahmsweise im Rahmen einer Rentenanpassung nach den Rentenanpassungsgesetzen und dann auch nur hinsichtlich zweifellos falscher Berechnungsfaktoren eine Änderung des Bewilligungsbescheides zu Ungunsten des Versicherten möglich sei. Diese Voraussetzungen seien jedoch vorliegend nicht erfüllt. Auch aus sonstigen Gründen sei die Neuberechnung des Altersruhegeldes des Klägers nicht gerechtfertigt. Bei der Anrechnung der Zeit von 1939 bis 1945 als Ersatzzeit im Bewilligungsbescheid vom 27. November 1974 habe es sich nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit gehandelt. Die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze über die Rücknahme fehlerhafter begünstigender Verwaltungsakte könnten nicht herangezogen werden. Dies setze voraus, daß das Rücknahme- oder Änderungsrecht in dem jeweiligen Sozialrechtsbereich nicht vollständig geregelt und eine Gesetzeslücke anzunehmen sei. Eine solche bestehe jedoch nicht. Das Recht zur Rücknahme oder Änderung eines Rentenbescheides zum Nachteil des Versicherten sei, soweit es wie im vorliegenden Fall den Umfang des Anspruchs betreffe, durch § 1744 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vollständig geregelt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht erfüllt. Insbesondere habe der Kläger bezüglich seiner Zugehörigkeit zur GESTAPO nicht iS des § 1744 Abs 1 Nr 4 RVO wesentliche Tatsachen wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen. Die Beklagte habe den Bewilligungsbescheid vom 27. November 1974 auch nicht deswegen ändern dürfen, weil der Kläger den Bescheid angefochten habe. Das widerspreche dem Verbot des Nachschiebens von Gründen, wonach die Verwaltung während eines Streitverfahrens ua einen begünstigenden Bescheid nicht durch einen seinem Wesen nach anderen und nachteiligen Bescheid ersetzen dürfe.
Mit Ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 77 SGG. Nach der ständigen Rechtsprechung insbesondere des 11. Senats des BSG erstrecke sich die Bindungswirkung des § 77 SGG nur auf den Verfügungssatz eines Rentenbewilligungsbescheides, nicht hingegen auf die Gründe, die Berechnungsfaktoren und die Berechnungsart einer Rente. Das vom LSG herangezogene Urteil des 5. Senats des BSG vom 26. September 1974 stehe zu dieser Rechtsprechung in einem auffälligen Widerspruch. Durch Veränderungen der Berechnungselemente werde der für den Versicherungsträger allein verbindliche Verfügungssatz eines Bewilligungsbescheides, sofern die Fortzahlung der Rente in Höhe des bisherigen Zahlbetrages zugebilligt werde, gerade nicht beeinträchtigt. Dann aber liege auch eine Wesensänderung des Verwaltungsaktes nicht vor. Das gelte auch im vorliegenden Fall. Denn sie - die Beklagte - habe die Beibehaltung des Verfügungssatzes (Weiterzahlung des maßgeblichen Rentenzahlbetrages) beachtet. Damit zugleich entfalle ein Verstoß gegen das Verbot des Nachschiebens von Gründen. Nicht überzeugend sei die vom LSG vorgenommene Unterscheidung des Urteils des 5. Senats von der sonstigen Rechtsprechung des BSG, die ausschließlich Rentenänderungen im Rahmen der Rentenanpassung nach den jeweiligen Rentenanpassungsgesetzen betreffe. Davon abgesehen sei auch der vorliegende Fall ein Rentenanpassungsfall oder jedenfalls während des Verfahrens vor dem LSG ein solcher Fall geworden. Sie - die Beklagte - habe durch Anpassungsmitteilung vom 7. Oktober 1976 die Rente aufgrund des 19. Rentenanpassungsgesetzes (RAG) zum 1. Juli 1976 angepaßt und dabei die berichtigten Berechnungselemente zugrundegelegt. Die Anpassungsmitteilung sei Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, über den nunmehr auch das Revisionsgericht entscheiden dürfe. Damit könne sie - die Beklagte - sich unmittelbar auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG zB in den Urteilen vom 15. Februar 1966 (BSGE 24, 236) und vom 22. August 1967 - 11 RA 258/66 - berufen. Entgegen der Auffassung des LSG seien die im vorliegenden Fall berichtigten Berechnungsfaktoren eindeutig falsch gewesen. Der Dienst der Polizeibeamten während des zweiten Weltkrieges stelle nur dann ausnahmsweise eine Ersatzzeit nach § 28 Abs 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) dar, wenn während dieser Zeit militärähnlicher Dienst iS des § 3 Abs 1 Buchst b) des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) geleistet worden sei. Ein solcher Sachverhalt sei bei dem Kläger nicht gegeben.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. November 1976 und Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Speyer vom 23. März 1976 die Klage in vollem Umfange sowie weiterhin die Klage gegen die Anpassungsmitteilung vom 7. Oktober 1976 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen;
hilfsweise: Die Sache an das Landes Sozialgericht zurückzuverweisen.
Er ist der Ansicht, die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 20. Juni 1975 unzulässigerweise den Verfügungssatz des Bescheides vom 27. November 1974 “ausgehöhlt„ und damit zugleich gegen das Verbot des Nachschiebens von Gründen verstoßen. Selbst wenn entsprechend der Ansicht der Beklagten ein Rentenanpassungsfall vorliege, berechtige dieser Umstand lediglich zu einer rein rechnerischen Änderung falscher Berechnungsfaktoren. Hier hingegen habe die Beklagte einen grundlegenden Vorgang anders beurteilt. Diese Beurteilung sei im übrigen unzutreffend. Er - der Kläger - habe seit Frühjahr 1944 in Norwegen militärischen oder zumindest militärähnlichen Dienst geleistet. Dies müsse gegebenenfalls noch vom LSG aufgeklärt werden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG erklärt.
II.
Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig. An einer das Revisionsverfahren abschließenden sachlichen Entscheidung sieht sich der Senat im gegenwärtigen Zeitpunkt gehindert. Er hält es für erforderlich, gemäß § 43 SGG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Großen Senats herbeizuführen.
In formeller Hinsicht ist Gegenstand des Verfahrens nicht mehr der ursprünglich angefochtene Bescheid der Beklagten vom 27. November 1974 (betr. Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres). Der Kläger hat zunächst wegen dieses Bescheides Klage mit dem Ziel der Anerkennung der Zeit vom 9. Mai 1945 bis Juni 1947 als Ersatzzeit der Kriegsgefangenschaft (§ 28 Abs 1 Nr 1 AVG) erhoben. In diesem Umfange hat das SG die Klage abgewiesen. Berufung gegen das Urteil des SG vom 23. März 1976 hat allein die Beklagte eingelegt.
Damit ist der Bescheid vom 27. November 1974 in Bindungswirkung erwachsen und nicht mehr Gegenstand der revisionsgerichtlichen Nachprüfung.
Gegenstand dieser Nachprüfung ist der Bescheid vom 20. Juni 1975, mit welchem die Beklagte das Altersruhegeld des Klägers vom Beginn der Bezugszeit (1. Januar 1973) an unter Außerachtlassung der Zeit vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 als Ersatzzeit neu berechnet hat. Dieser Bescheid hat den Bescheid vom 27. November 1974 bezüglich der Anerkennung des genannten Zeitraums als Ersatzzeit abgeändert und ist somit gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden.
Gegenstand der revisionsgerichtlichen Nachprüfung ist hingegen nicht der Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 1976. Hiermit hat die Beklagte aufgrund des Neunzehnten Rentenanpassungsgesetzes (19. RAG) vom 3. Juni 1976 (BGBl I S. 1373) das Altersruhegeld des Klägers für die Zeit ab 1. Juli 1976 angepaßt. Dabei ist sie von den im angefochtenen Bescheid vom 20. Juni 1975 zugrundegelegten Berechnungsfaktoren, insbesondere von einer Versicherungszeit von 25 Jahren, ausgegangen und hat auf dieser Grundlage einen monatlichen Rentenbetrag von DM 915,10 errechnet. Tatsächlich ist dem Kläger jedoch der bis dahin gezahlte Betrag von monatlich DM 1.051,20 weitergewährt worden. Hingegen ist er nicht zur Grundlage der Rentenanpassung gemacht und somit entsprechend der Ankündigung im Bescheid vom 20. Juni 1975 bis zu dem Zeitpunkt, in welchem sich aufgrund einer Rentenanpassung ein höherer Zahlbetrag ergeben wird, auf seine gegenwärtige Höhe “eingefroren„ worden.
Der Anpassungsbescheid vom 7. Oktober 1976 ist kraft Klage (vgl BSGE 18, 231, 234) Gegenstand des im Zeitpunkt seines Erlasses noch anhängigen berufungsgerichtlichen Verfahrens geworden (§ 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG; vgl BSGE 24, 236, 237 = SozR Nr 1 zu Art 1 § 2 des 6. RAG vom 21.12.1963; BSGE 26, 266, 267 = SozR Nr 2 zu § 1272 RVO; BSG DAngVers 1966, 338). Er ist jedoch offensichtlich dem LSG bis zur Verkündung des angefochtenen Urteils vom 11. November 1976 nicht übersandt worden. Das LSG kann demzufolge mangels Kenntnis von diesem Bescheid über ihn weder direkt noch inzidenter entschieden haben. Der Rechtsstreit wegen dieses Bescheides ist damit in der Berufungsinstanz anhängig geblieben (so für das Klageverfahren BSG Breithaupt 1978, 482, 483; BSGE 45, 49, 50). Zwar hat der 11. Senat des BSG ausgesprochen, das BSG könne gleichwohl selbst über die Rechtmäßigkeit eines nachträglich ergangenen Anpassungsbescheides entscheiden, ohne daß es deswegen einer Zurückverweisung an das LSG bedürfe (vgl BSG SGb 1967, 275; insoweit in SozR Nr 1 zu § 3 des 7. RAG vom 23.12.1964 nicht abgedruckt). Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der 11. Senat hat seine Auffassung nicht näher begründet und insbesondere nicht dargelegt, in welcher Weise (kraft Klage? kraft Berufung? kraft Revision?) das BSG über den nachträglich ergangenen Bescheid soll entscheiden können. Zwar ist es nach ständiger Rechtsprechung zulässig, daß der Beteiligte eines Berufungsverfahrens einen von der Vorinstanz nicht erledigten Teil des Rechtsstreits durch Einbeziehung in seinen Antrag vor das Berufungsgericht bringen kann, sofern die anderen Beteiligten nicht widersprechen, und das Berufungsgericht sodann auch über diesen Teil des Streitgegenstandes entscheidet (BSGE 45, 49, 50 f). Für das Revisionsverfahren kann dies jedoch nicht entsprechend gelten. Denn in der Erstreckung des Antrages auf den von der Vorinstanz nicht erledigten Teil des Rechtsstreits muß eine Klageänderung gesehen werden. Eine solche ist in der Revisionsinstanz nicht zulässig (§ 168 SGG). Damit kann ein nachträglich erlassener Bescheid, über welchen das Berufungsgericht aus Unkenntnis von seinem Erlaß nicht mitentschieden hat, nicht nachträglich Gegenstand des Revisionsverfahrens werden. Dem Senat ist demnach eine Prüfung der Rechtmäßigkeit des Anpassungsbescheides vom 7. Oktober 1976 verwehrt.
Gegenstand des Verfahrens in materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Frage, ob die Beklagte berechtigt gewesen ist, abweichend von dem Bescheid vom 27. November 1974 das Altersruhegeld des Klägers unter Außerachtlassung des in diesem Bescheid als Ersatzzeit anerkannten Zeitraums vom 26. August 1939 bis zum 8. Mai 1945 neu zu berechnen.
Der Bescheid vom 27. November 1974 ist ein Verwaltungsakt. Seinem sachlichen Regelungsgehalt nach stellt er einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Mit ihm ist dem Kläger Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres bewilligt und somit - sieht man von der jeder Rentenbewilligung immanenten Wegfallvoraussetzung des Todes des Versicherten ab - ohne zeitliche Begrenzung eine dem Kläger vorteilhafte Rechtsposition eingeräumt worden.
Unter Berücksichtigung dessen hängt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 20. Juni 1975 davon ab, ob der Bescheid vom 27. November 1974 bezüglich der Anerkennung des Zeitraums vom 26. August 1939 bis zum 8. Mai 1945 als Ersatzzeit rechtswidrig ist, ob der Bescheid nach dem hier maßgebenden Recht der gesetzlichen Rentenversicherung insoweit rücknehmbar ist und ob die Voraussetzungen einer Rücknahme im konkreten Fall gegeben sind (vgl - allerdings für einen Beitragsbescheid nach dem GAL - BSG SozR Nr 70 zu § 77 SGG; ferner BSGE 7, 51; 8, 11, 12).
Ob die Zeit des Einsatzes des Klägers als Beamter der GESTAPO in Polen und Norwegen vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 zu Recht als Ersatzzeit anerkannt worden oder aber diese Anerkennung rechtswidrig ist, läßt sich mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Das LSG (S 8 des angefochtenen Urteils) hat sich unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 2. Februar 1966 - 8 RV 857/64 - (SozEntsch BSG IX/3 § 3 Nr 34, allerdings betreffend den Einsatz eines aktiven Beamten der Ordnungspolizei bei der Partisanenbekämpfung hinter der Front; speziell zum militärischen Dienst eines Beamten der GESTAPO vgl BSG SozR Nr 1 zu § 3 BVG) darauf beschränkt auszuführen, es sei nicht undenkbar und damit nicht zweifellos ausgeschlossen, daß der Kläger während des Polenfeldzuges und in Norwegen militärisch eingesetzt worden sei oder jedenfalls militärähnlichen Dienst iS des § 3 Abs 1 Buchst b) BVG geleistet habe. Wie der Kläger während des maßgeblichen Zeitraums tatsächlich eingesetzt worden ist und wessen Befehlsgewalt er dabei unterstanden hat, hat das LSG nicht aufgeklärt und festgestellt.
Indes ist aus diesem Grunde eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht veranlaßt. Voraussetzung hierfür wäre, daß die Frage, ob der Kläger während, der Zeit vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 militärischen oder militärähnlichen Dienst geleistet hat, für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist. Entscheidungserheblich ist diese Frage aber nur dann, wenn im Falle ihrer Bejahung anders zu entscheiden wäre als im Falle ihrer Verneinung und somit dann, wenn die Anerkennung der Zeit vom 26. August 1939 bis zum 8. Mai 1945 als Ersatzzeit nach § 28 Abs 1 Nr 1 AVG im Bescheid vom 27. November 1974 rechtswidrig wäre, dieser Bescheid insoweit “rücknehmbar„ ist. Gerade dies aber hängt von der nach Auffassung des Senats gebotenen Entscheidung des Großen Senats ab.
Ob der Bescheid vom 27. November 1974 bezüglich der Anerkennung des Zeitraums vom 26. August 1939 bis zum 8. Mai 1945 als Ersatzzeit “rücknehmbar„ ist, hängt davon ab, ob die Anerkennung der Ersatzsatz von der Bindungswirkung des Bescheides umfaßt wird.
Der Bescheid ist mit seinem Zugang an den Kläger für die Beklagte bindend geworden. Zwar haben einerseits für das Gebiet der Kriegsopferversorgung (KOV) der 11. Senat (BSGE 7, 8, 11) und der 9. Senat (BSGE 12, 25; anders später in SozR Nr 44 zu § 77 SGG) ausgesprochen, daß mit dem Zugang an den Versorgungsberechtigten der Bescheid für die “Beteiligten„ und demnach auch für den Träger der KOV bindend wird. Andererseits hat der 3. Senat (BSGE 14, 10, 13) eher beiläufig die Frage aufgeworfen, ob die Bindung eines Versicherungsträgers an seinen Verwaltungsakt auch für ihn erst mit Ablauf der Anfechtungsfrist eintritt. Im übrigen jedoch entspricht es der einhelligen und ständigen Rechtsprechung des BSG, daß in Anwendung eines sich aus § 24 Abs 2 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VwVfG-KOV) ergebenden allgemeinen Rechtsgedankens (vgl BSGE 14, 154, 158 = SozR Nr 24 zu § 77 SGG; BSG DAngVers 1965, 298) ein begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Zeitpunkt seines Zuganges an den Berechtigten in “relative Bindungswirkung„ (BSG SozR Nr 44 zu § 77 SGG) erwächst, dh für die Verwaltungsbehörde bindend wird (vgl speziell für das Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung BSGE 14, 154, 158 = SozR Nr. 24 zu § 77 SGG; BSGE 15, 96, 97 = SozR Nr 28 zu § 77 SGG; BSG SozR Nr 36 zu § 77 SGG; BSG DAngVers 1965, 298; BSGE 24, 203 = SozR Nr 50 zu § 77 SGG; ebenso für das Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung BSGE 37, 177, 180 = SozR 2200 § 581 Nr 1; BSG SozR 1500 § 77 Nr 18). Dem steht nicht entgegen, daß - wie im vorliegenden Fall - der Adressat seinerseits den Bescheid angefochten hat. Diese Anfechtung darf sich wegen des Verbotes der reformatio in peius nicht zum Nachteil des Adressaten auswirken und läßt daher die Bindung der Verwaltungsbehörde an ihren Bescheid unberührt (vgl BSGE 14, 154, 158 = SozR Nr 24 zu § 77 SGG; BSG SozR Nr 44 zu § 77 SGG; BSG DAngVers 1965, 298).
Ungeachtet der Bindungswirkung des Bescheides vom 27. November 1974 und des Umfanges dieser Bindungswirkung käme allerdings gleichwohl eine partielle “Rücknehmbarkeit„ dann in Betracht, wenn es sich bei der Anerkennung des Zeitraums vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 als Ersatzzeit um eine offensichtliche Unrichtigkeit gehandelt hätte oder wenn - worauf die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung entscheidend abhebt - mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Juni 1975 im Zuge einer Rentenanpassung die Berichtigung eines eindeutig falschen Berechnungsfaktors vorgenommen worden wäre. Beides ist jedoch nicht der Fall.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl BSGE 15, 96, 98 ff = SozR Nr 28 zu § 77 SGG; BSG SozR Nr 36 zu § 77 SGG; BSGE 18, 270, 271 f = SozR Nr 3 zu § 1302 RVO; BSG SozR Nr 4 zu § 1268 RVO BSG SozR Nr 1 zu § 3 des 1. RAG vom 21.12.1958; BSGE 20, 293, 296 = SozR Nr 43 zu § 77 SGG; BSG SozR Nr 48 zu § 77 SGG; BSGE 24, 203, 204 = SozR Nr 50 zu § 77 SGG; BSG SozR Nr 81 zu § 77 SGG) dürfen unter Heranziehung des u.a. dem § 138 SGG zugrundeliegenden Rechtsgedankens auch im Verwaltungsverfahren ungeachtet der Bindungswirkung eines Bescheides darin enthaltene Schreibfehler, Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten grundsätzlich - sofern dem nicht im Einzelfall der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes entgegensteht (vgl Senat in BSGE 18, 270, 272 = SozR Nr 3 zu § 1302 RVO; dagegen 4. Senat in BSG SozR Nr 81 zu § 77 SGG) oder das Berichtigungsrecht verwirkt ist (vgl BSG SozR Nr 48 zu § 77 SGG) - jederzeit von Amts wegen berichtigt werden. Zu den Unrichtigkeiten in diesem Sinne gehören jedoch nur die sogen. “mechanischen Versehen„.(BSGE 15, 96, 99 = SozR Nr 28 zu § 77 SGG; BSG SozR Nr 36 zu § 77 SGG), dh Fehler, die weder auf einer unrichtigen Tatsachenwertung noch auf einem Rechtsirrtum beruhen. Es muß sich also um Fehler im Ausdruck, nicht hingegen darf es sich um solche in der Willensbildung handeln (BSG SozR Nr 81 zu § 77 SGG). Demzufolge ist ein Fehler infolge unrichtiger Rechtsanwendung der Berichtigung nicht zugänglich (BSG SozR Nr 1 zu § 3 des 1. RAG vom 21.12.1958). Um einen derartigen Fehler - unterstellt, die Anerkennung des Zeitraums vom 26. August 1939 bis zum 8. Mai 1945 als Ersatzzeit im Bescheid vom 27. November 1974 sei rechtswidrig - handelt es sich jedoch hier. Zwar ist nicht auszuschließen, daß diese Anerkennung lediglich aus Versehen erfolgt ist. Dafür spricht insbesondere, daß in dem Bescheid vom 27. November 1974 über die Neuberechnung des vorgezogenen Altersruhegeldes der streitige Zeitraum nicht als Ersatzzeit anerkannt worden ist. Dieses etwaige Versehen erschöpft sich aber nicht in einem Fehler im Ausdruck. Vielmehr hat es sich in einer (unterstellt) unrichtigen Subsumtion eines Sachverhalts unter eine Rechtsnorm (§ 28 Abs 1 Nr 1 AVG) und damit in einem Fehler in der Willensbildung geäußert. Eine einfache “Berichtigung„ dieses Fehlers ist nicht zulässig (vgl insbesondere BSGE 24, 203, 204 = SozR Nr 50 zu § 77 SGG).
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich vorliegend auch nicht um einen sogen. “Anpassungsfall„. Für diese Fälle hat das BSG auf der Grundlage der Vorschriften verschiedener Rentenanpassungsgesetze (vgl für den vorliegenden Fall § 5 Abs 1 Satz 3 des 19. RAG) ausgesprochen, daß anläßlich der Rentenanpassung zwar nicht die Voraussetzungen des Anspruchs auf Rente neu überprüft und festgestellt werden dürfen (BSGE 25, 211, 213 = SozR Nr 53 zu § 77 SGG; BSGE 32, 114 = SozR Nr 75 zu § 77 SGG mwN).
Wohl aber dürfen eindeutig und unzweifelhaft falsche Berechnungsfaktoren durch die richtigen ersetzt werden, wobei der Umfang der Ersetzungsbefugnis im einzelnen allerdings umstritten ist (vgl einerseits die Urteile des 11. Senats in BSGE 24, 236 = SozR Nr 1 zu Art 1 § 2 des 6. RAG vom 21.12.1963; SozR Nr 1 zu § 3 des 7. RAG vom 23.12.1964; BSGE 26, 266, 267 ff = SozR Nr 2 zu § 1272 RVO; andererseits Urteil des beschließenden Senats in BSGE 25, 181, 183 = SozR Nr 1 zu § 1272 RVO). Darauf braucht hier nicht eingegangen zu werden. Ebenso kann jedenfalls in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob eine Ersatzzeit als bloßer “Berechnungsfaktor„ qualifiziert werden kann. Denn vorliegend ist ein “Anpassungsfall„ erst gar nicht gegeben. Die Beklagte hat das Altersruhegeld des Klägers nicht anläßlich einer Rentenanpassung unter Außerachtlassung des vordem als Ersatzzeit berücksichtigten Zeitraums vom 26. August 1939 bis zum 8. Mai 1945 neu berechnet. Vielmehr ist der angefochtene Bescheid vom 20. Juni 1975 außerhalb eines Rentenanpassungsverfahrens und zu dem alleinigen Zweck einer “Aberkennung„ der bisher berücksichtigten Ersatzzeit ergangen. Allerdings hat die Beklagte nachträglich aufgrund des 19. RAG den Anpassungsbescheid vom 7. Oktober 1976 erlassen. Dieser Bescheid ist gemäß § 96 Abs 1, § 153 Abs 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Damit ist jedoch das dem angefochtenen Bescheid vom 20. Juni 1975 vorausgegangene Verwaltungsverfahren nicht nachträglich zu einem “Rentenanpassungsverfahren„ geworden. Im Revisionsverfahren kann hiervon umso weniger ausgegangen werden, als darin aus den bereits dargelegten Gründen Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung allein der unabhängig von einer Rentenanpassung ergangene Bescheid vom 20. Juni 1975 ist, während der Rechtsstreit wegen des Anpassungsbescheides vom 7. Oktober 1976 noch in der Berufungsinstanz anhängig ist.
Der Beklagten hat somit eine Möglichkeit zur partiellen Rücknahme des Bescheides vom 27. November 1974 ohne Rücksicht auf dessen Bindungswirkung nicht zur Verfügung gestanden. Vielmehr ist sie zur Neuberechnung des Altersruhegeldes des Klägers unter Außerachtlassung des Zeitraums vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 als Ersatzzeit nur unter der Voraussetzung berechtigt gewesen, daß dem die Bindungswirkung des Bescheides vom 27. November 1974 nicht entgegensteht. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, bedarf im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung der Entscheidung des Großen Senats.
Nach § 77 SGG ist, wenn der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt ist, der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend. Nach bisher überwiegender Rechtsprechung des BSG erstreckt sich die Bindungswirkung eines Rentenbescheides in der gesetzlichen Rentenversicherung nur auf den Verfügungssatz, dh auf die Entscheidung über die Höhe, die Dauer und die Art der Rente; hingegen nimmt die Begründung, dh die rechtliche Beurteilung von Vorfragen sowie die dem Bescheid zugrundegelegten Erwägungen und insbesondere die Berechnungsfaktoren, nicht an der Bindungswirkung teil (1. Senat in Praxis 1967, 325, 326; SozR Nr 64 zu § 77 SGG; SozR 2200 § 1254 Nr 1 S 3, worin allerdings eine Bindungswirkung nur bei einer Neufeststellung oder Umwandlung der Rente verneint wird; 4. Senat in BSGE 9, 196, 197 = SozR Nr 13 zu § 77 SGG; BSGE 14, 154, 159 = SozR Nr 24 zu § 77 SGG; BSGE 36, 128, 131 = SozR Nr. 35 zu § 1241 RVO; BSG SozR 7290 § 74 Nr 1 S 4; 5. Senat in SozR Nr 2 zu Art 18 Abk Österreich SozVers vom 21.4.1951; SozR 2200 § 1268 Nr 10 S 36; 11. Senat in DAngVers 1965, 298, 299; BSGE 24, 236, 238 = SozR Nr 1 zu Art 1 § 2 des 6. RAG vom 21.12.1963; DAngVers 1966, 338, 339; BSGE 26, 206 = SozR Nr 7 zu § 1254 RVO, allerdings nur bezogen auf die Neufeststellung einer Leistung oder die Feststellung einer neuen Leistung; BSGE 26, 266, 269 = SozR Nr 2 zu § 1272 RVO; BSGE 45, 236, 237 = SozR 1500 § 77 Nr 26; 12. Senat in BSGE 32, 110, 112 = SozR Nr 1 zu § 11 VuVO vom 3.3.1960; BSGE 32, 114, 115 = SozR Nr 75 zu § 77 SGG; SozR Nr 3 zu Art 5 § 6 des RVÄndG vom 9.6.1965, allerdings mit der ausdrücklichen Einschränkung, daß eine ungebundene Neufeststellung lediglich bei Eintritt eines neuen Versicherungsfalles zulässig sei, wohingegen nach BSGE 19, 188, 190 = SozR Nr 1 zu § 1254 RVO im Falle der Umwandlung die bisherigen Rentenbestandteile erhalten bleiben, selbst wenn sie zu Unrecht anerkannt worden sind; dies wiederum dahingestellt vom 5. Senat in BSG SozR Nr 2 zu § 53 EKG). Zu der der Bindungswirkung nicht fähigen Begründung des Rentenbescheides ist wiederholt ausdrücklich die Entscheidung über die Anerkennung von Versicherungszeiten gerechnet worden (4. Senat in BSGE 14, 154, 159 = SozR Nr 24 zu § 77 SGG: Die Bindungswirkung erstreckt sich nicht auf die maßgebend gewesenen rechtlichen Erwägungen für die bei der Rentenberechnung berücksichtigten einzelnen Versicherungszeiten, die in dem dem Rentenbescheid beigefügten Berechnungsbogen angeführt sind; damit übereinstimmend 11. Senat in BSG DAngVers 1965, 298, 299; ders. in BSGE 26, 266, 273 = SozR Nr 2 zu § 1272 RVO; Ersatz- und Ausfallzeiten werden als Berechnungsfaktoren angesehen; ders. in BSGE 45, 236, 237 = SozR 1500 § 77 Nr 26: die Feststellung einer pauschalen Ausfallzeit gehört zur Begründung; 12. Senat in BSGE 32, 114, 115 = SozR Nr 75 zu § 77 SGG: Zur Begründung eines Bescheides gehört ua, wie sich die Höhe der Rente im einzelnen errechnet, zB Versicherungszeiten nach § 1250 RVO, anrechnungsfähige Versicherungsjahre nach § 1258 RVO).
Der Senat hat zunächst Zweifel, ob die Anerkennung einer Ersatzzeit tatsächlich nur zu der einer Bindungswirkung nicht fähigen Begründung des Bescheides zählt oder nicht vielmehr zu dessen Verfügungssatz gerechnet werden muß. Selbst wenn letzteres nicht der Fall wäre, ist ferner zweifelhaft, ob die Anerkennung einer Ersatzzeit als Teil der Begründung nicht an der Bindungswirkung des Verfügungssatzes teilhat.
Bezüglich der erstgenannten Zweifel sind vorab zwei Einschränkungen zu machen: Einmal bietet der vorliegende Fall keinen Anlaß zu einer Entscheidung der Frage, ob generell die Anerkennung von Versicherungszeiten iS des § 35 Abs 1 AVG (= § 1258 Abs 1 RVO) und damit auch solcher Zeiten, die lediglich für die Höhe der Rentenleistung von Bedeutung sind, zum Verfügungssatz eines Bescheides zu rechnen ist. Im Streitfall geht es allein darum, ob die Beklagte an die Anerkennung einer Ersatzzeit gebunden ist. Das Wesen der Ersatzzeit besteht darin, daß sie Auswirkung nicht nur auf die Höhe der Rentenleistung hat. Vielmehr ist sie auf die Wartezeit anzurechnen (§ 27 Abs 1 Buchst b) iVm § 26 AVG; § 1250 Abs 1 Buchst b) iVm § 1249 RVO) und somit generell - wenn auch wegen für die Erfüllung der Wartezeit bereits ausreichender Beitragszeiten nicht im konkreten Fall - auch von Bedeutung für den Grund des Anspruchs (vgl hierzu 11. Senat in BSGE 25, 211, 212 = SozR Nr 53 zu § 77 SGG, worin für die Bindungswirkung im Anpassungsverfahren zwischen Berechnungsfaktoren und Anspruchsvoraussetzungen unterschieden wird; vgl auch BSGE 5, 96, 100 ff, worin der 2. Senat im Rahmen des § 1585 Abs 2 Satz 2 RVO hinsichtlich der Bindungswirkung die Grundlagen für die Feststellung der Rentenhöhe deutlich abgrenzt von den Grundlagen des Rentenanspruchs, auch wenn diese ihrerseits wieder die Höhe des Anspruchs beeinflussen; dazu ferner BSG SozR Nr 5 zu § 1585 RVO). Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß mit dem Bescheid vom 27. November 1974, in welchem der Zeitraum vom 26. August 1939 bis zum 8. Mai 1945 als Ersatzzeit anerkannt worden ist, dem Kläger eine Leistung bewilligt worden ist. Es bedarf daher nicht der Entscheidung, ob die Anerkennung einer Ersatzzeit dann, wenn sie in einem die Leistung ablehnenden Bescheid erfolgt ist, zum Verfügungssatz dieses Bescheides gehört und an seiner Bindungswirkung teilnimmt. Vielmehr erfordert der vorliegende Sachverhalt eine Entscheidung dieser Frage lediglich für den Fall, daß die Anerkennung der Ersatzzeit in einem eine Leistung bewilligenden Bescheid ausgesprochen worden ist (vgl zum unterschiedlichen Umfang des Verfügungssatzes je nachdem, ob eine Leistung abgelehnt oder bewilligt worden ist, besonders prägnant einerseits 8. Senat in BSG SozR Nr 38 zu § 30 BVG; andererseits 9. Senat in BSGE 39, 14, 16 ff = SozR 3640 § 4 Nr 1 und in BSGE 42, 283, 285 ff = SozR 3100 § 40a Nr 4 bezüglich der Einstufung in eine bestimmte Berufsgruppe bei der Entscheidung über den Berufsschadensausgleich).
Für die Frage, ob die Anerkennung einer Ersatzzeit in dem eine Leistung bewilligenden Bescheid zu dessen Verfügungssatz gehört und damit der Bindung fähig ist, ist es unerheblich, daß die Anerkennung der Ersatzzeit im Regelfall nicht im Entscheidungssatz des Bescheides ausgesprochen wird. “Verfügungssatz„ und “Begründung„ eines Bescheides, können nicht nach formellen Kriterien voneinander abgegrenzt werden. Zwar ist anfänglich eine solche formelle Betrachtungsweise möglicherweise in Erwägung gezogen worden (vgl 4. Senat in BSGE 9, 196, 197 = SozR Nr 13 zu § 77 SGG, wonach ein Bescheid nur in seinem “Tenor„ und nicht in seinen “Gründen„ bindend wird. Auch der 7. Senat in BSG SozR 1500 § 77 Nr 20 S 15 hebt zunächst auf die “Entscheidungsformel„ ab; nach den weiteren Gründen der Entscheidung vertritt er damit jedoch nicht eine formelle Auffassung). Demgegenüber hat jedoch insbesondere der 9. Senat (BSGE 39, 14, 17 = SozR 3640 § 4 Nr 1) ausgeführt, es dürfe auf die redaktionelle Gliederung eines Bescheides - zumal auf eine äußerlich gekennzeichnete Abhebung von “Verfügungssatz„ und “Begründung„ nicht unbedingt ankommen (vgl auch die weiteren Urteile dieses Senats in BSGE 27, 22, 23 = SozR Nr 59 zu § 77 SGG und in BSGE 42, 283, 285 = SozR 3100 § 40a Nr 4). Auch andere Senate des BSG haben ausgesprochen, daß für den Inhalt eines “Verwaltungsaktes„ iS des § 77 SGG nicht - vergleichbar der Formel eines Urteils - der Eingangssatz maßgebend sein, ein Bescheid vielmehr mehrere selbständige Verfügungssätze enthalten und sich ein selbständiger Verfügungssatz auch aus der Begründung oder dem “übrigen Bescheidinhalt„ ergeben kann (1. Senat in BSGE 18, 270, 271 = SozR Nr 3 zu § 1302 RVO; 3. Senat in BSG SozR Nr 39 zu § 54 SGG; 10. Senat in BSG SozR 3100 § 35 Nr 10 S 32 und § 65 Nr 2 S 6; angedeutet auch vom 5. Senat in BSG SozR 2200 § 1268 Nr 10 S 36). Hiervon ist für den vorliegenden Fall auszugehen und somit die Abgrenzung zwischen dem der Bindung fähigen “Verfügungssatz„ und der nicht an der Bindung teilnehmenden “Begründung„ nach materiellen Kriterien vorzunehmen.
Das insofern maßgebende materielle Abgrenzungskriterium ergibt sich nach Auffassung des beschließenden Senats aus § 77 SGG. Hiernach wird unter den dort genannten Voraussetzungen “der Verwaltungsakt„ für die Beteiligten bindend. Unter “Verwaltungsakt„ ist, obgleich das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 25. Mai 1976 (BGBl I S 1253) für die in § 51 SGG bezeichneten Angelegenheiten nicht gilt (§ 2 Abs 2 Nr 4 VwVfG), in Anlehnung an § 35 Satz 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme zu verstehen, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (vgl BSGE 45, 296, 297 f; BSG SozR 4100 § 141n Nr 1 S 3; Urteil vom 1. Dezember 1978 - 10 RV 39/77 -). Bereits unter Zugrundelegung dieser Begriffsbestimmung ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Anerkennung einer Ersatzzeit in einem Rentenbescheid die Qualifikation eines Verwaltungsaktes versagt werden kann. Insbesondere handelt es sich bei dieser Anerkennung um eine “Entscheidung„ im Sinne der Definition des Verwaltungsaktes. Zwar ist sie nicht alleiniger Gegenstand des Rentenbescheides. Vielmehr ergeht sie im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des geltend gemachten Rentenanspruchs nach Grund und Höhe gegeben sind.
Das ändert jedoch nichts daran, daß ebenso wie im Wiederherstellungsverfahren auch im Rahmen des Rentenfeststellungsverfahrens die Anerkennung einer Ersatzzeit eine “rechtliche Wertung von Tatsachen„ (vgl BSGE 32, 110, 113 = SozR Nr 1 zu § 11 VuVO vom 3.3.1960) voraussetzt und allein deswegen nicht als bloße Begründung der Rentenbewilligung, sondern darüber hinaus als eine selbständige Entscheidung angesehen werden muß. Diese Entscheidung ist auch auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. Sie wendet sich unmittelbar an den Versicherten. Zwar geschieht dies im Regelfall in der Form, daß die Ersatzzeit lediglich in einer Anlage zum Rentenbescheid ausgewiesen wird. Allein deswegen kann jedoch der Anerkennung einer Ersatzzeit nicht die Qualifikation eines Verwaltungsaktes versagt werden. Damit würde eine ausschließlich formelle Betrachtungsweise vorgenommen, wie sie nach obigen Ausführungen für die Unterscheidung zwischen “Verfügungssatz„ und “Begründung„ eines Bescheides von der Rechtsprechung des BSG gerade abgelehnt worden ist (vgl insbesondere den beschließenden Senat in BSGE 18, 270, 271 = SozR Nr 3 zu § 1302 RVO: Auch die Anlagen und Ergänzungen zu einem Bescheid können “Regelungen„ und damit Verwaltungsakte enthalten).
Bereits diese: Erwägungen könnten dafür sprechen, die Anerkennung einer Ersatzzeit in einem Rentenbescheid als einen der Bindung fähigen Verfügungssatz dieses Bescheides anzusehen. Es ist ferner ein Gesichtspunkt zu berücksichtigen, auf den jüngst der 5. Senat in seinem Urteil vom 31. Mai 1978 (BSGE 46, 236 = SozR 1500 § 77 Nr 29) hingewiesen hat: Wie insbesondere der 3. Senat des BSG (BSGE 14, 10, 17 = SozR Nr 23 zu § 77 SGG; BSGE 15, 252, 255 = SozR Nr 2 zu § 173 RVO; ebenso der 2. Senat in BSGE 18, 84, 89 = SozR Nr 37 zu § 77 SGG) ausgesprochen hat, bedeutet unter der Herrschaft des SGG und speziell seines § 77 der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht mehr Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit um jeden Preis. Vielmehr bedeutet er im sozialen Rechtsstaat ebenso Wahrung des Rechtsfriedens und Förderung der Rechtssicherheit. Dieser Gesichtspunkt ist auch bei der Unterscheidung zwischen “Verfügungssatz„ und “Begründung„ eines Bescheides zu berücksichtigen mit der Folge, daß die des Schutzes des Vertrauens des einzelnen Bürgers würdigen und bedürftigen Teile eines Verwaltungsaktes in weitem Umfange dessen Verfügungssatz zugerechnet und damit in seine Bindungswirkung einbezogen werden müssen. Eine entsprechende Tendenz läßt insbesondere die Rechtsprechung der für die KOV und für die Unfallversicherung zuständigen Senate des BSG erkennen. So haben der 9. Senat (BSGE 12, 25, 26 = SozR Nr 19 zu § 77 SGG) und der 11. Senat (BSGE 9, 80, 84; BSG SozR Nr 20 zu § 77 SGG; letztere Entscheidung betrifft sogar einen Fall der Rentenablehnung) entschieden, daß ein Rentenbescheid auf dem Gebiete der KOV die Begriffsmerkmale des Verwaltungsaktes nicht nur insoweit erfüllt, als mit ihm über den Rentenanspruch als solchen entschieden worden ist, sondern auch insoweit, als bestimmte Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen festgestellt (anerkannt) worden sind. Dabei ist allerdings zunächst maßgebend darauf abgehoben worden, daß die Feststellung bestimmter Schädigungsfolgen sowohl für den Antragsteller als auch für die Versorgungsverwaltung Voraussetzung für weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen sei. Diesen Gesichtspunkt hat der 9. Senat aber später nicht mehr aufgegriffen und somit ohne Rücksicht darauf, daß sich hieraus weitere Ansprüche oder Rechtsfolgen ergeben könnten, die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines schädigenden Ereignisses und damit zugleich die Anerkennung des ursächlichen Zusammenhanges dieser Gesundheitsstörung mit der Schädigung dem bindungsfähigen Verfügungssatz des Verwaltungsaktes hinzugerechnet (BSGE 27, 22, 23 f = SozR Nr 59 zu § 77 SGG). Der 2. Senat des BSG hat ausgesprochen, daß der Träger der Unfallversicherung bei der Feststellung der Dauerrente an die anläßlich der Feststellung der vorläufigen Rente ausgesprochene Anerkennung einer bestimmten Gesundheitsstörung als Unfallfolge gebunden sei (BSGE 5, 96, 98 ff; 18, 84, 87 f = SozR Nr 37 zu § 77 SGG; vgl auch 5. Senat in BSG SozR Nr 5 zu § 1585 RVO). Allerdings deutet zumindest die erstgenannte Entscheidung darauf hin, daß die Anerkennung der Unfallfolge zunächst nicht dem Verfügungssatz des Bescheides hinzugerechnet, sondern als “bestimmendes Merkmal des Rechtsgrundes„ angesehen worden ist. Insofern hat der 2. Senat seine Auffassung später präzisiert und die Feststellung, daß bestimmte Gesundheitsstörungen Folgen eines Arbeitsunfalles seien, sowie des Grades der durch sie bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ausdrücklich zu den Verfügungssätzen des Rentenbescheides gerechnet (BSG SozR 2200 § 622 Nr 12 S 34). Ebenso hat er die Festsetzung des Jahresarbeitsverdienstes (JAV) als eines “gesonderten Ausspruchs des Bescheides„ als der Bindungswirkung des § 77 SGG zugänglich angesehen (BSG SozR Nr 1 zu § 570 RVO), wohingegen die im Bescheid selbst nicht zum Ausdruck gekommenen Erwägungen über die Berechnung des JAV als von der Bindungswirkung nicht erfaßt angesehen worden sind (BSGE 10, 282, 285). Schließlich hat der 8. Senat die Anerkennung eines Arbeitsanfalls als selbständigen und von der Entscheidung über die Leistungsgewährung unabhängigen Verfügungssatz bezeichnet (BSG SozR 1500 § 77 Nr 18).
Es kann auf sich beruhen, ob die Erwägungen, wie sie für die Anerkennung einer Ersatzzeit in einem Rentenbescheid maßgebend gewesen sind, selbst dann nicht von der Bindungswirkung erfaßt werden, wenn sie im Bescheid selbst ihren Ausdruck gefunden haben. Auch wenn sogar in diesem Falle die Erwägungen der nicht bindungsfähigen Begründung des Bescheides hinzuzurechnen wären, kann dies nicht dazu führen, daß damit auch die Anerkennung der Ersatzzeit als solche als das rechtliche Ergebnis dieser Erwägungen lediglich zur Begründung gezählt wird.
Vielmehr hält es der Senat unter besonderer Berücksichtigung der in § 77 SGG zum Ausdruck kommenden Gesichtspunkte des Rechtsfriedens und des Vertrauensschutzes für erwägenswert, die Anerkennung einer Ersatzzeit als “Verfügungssatz„ im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des BSG anzusehen und damit die durch § 77 SGG statuierte Bindungswirkung “des Verwaltungsaktes„ auf sie zu erstrecken.
Hierfür spricht eine dritte Erwägung: Nach § 11 der Versicherungsunterlagen-Verordnung (VuVO) vom 3. März 1960 (BGBl I S 137) idF der Verordnung vom 22. Dezember 1965 (BGBl I S 2139) können Versicherungsunterlagen auch außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens wiederhergestellt werden; auf Antrag des Versicherten sind sie wiederherzustellen. Darüber hinaus hat der Versicherte die Möglichkeit, bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls ua Ersatz- und Ausfallzeiten in eine umgetauschte Versicherungskarte und in die Aufrechnungsbescheinigung eintragen zu lassen (§ 1412 Abs 3 RVO; § 134 Abs 3 AVG). Für den ersteren Fall hat der 12. Senat des BSG (BSGE 32, 110, 112 = SozR Nr 1 zu § 11 VuVO vom 3.3.1960) entschieden, daß die Eintragung von Ersatz- und Ausfallzeiten im Wiederherstellungsverfahren einen feststellenden Verwaltungsakt darstellt, dessen bindungsfähiger Verfügungssatz gerade die in dem Wiederherstellungsbescheid aufgeführten Versicherungszeiten umfaßt. Für den zweiten Fall hat der 11. Senat ausgesprochen (BSGE 31, 226, 229 = SozR Nr 1 zu § 1412 RVO) und ungeachtet der vom 12. Senat (BSGE 39, 38, 39 = SozR 2200 § 1412 Nr 1) geäußerten Bedenken daran festgehalten (BSGE 42, 159, 160 = SozR 2200 § 1251 Nr 24), daß die Eintragung von Ersatz- und Ausfallzeiten jedenfalls durch den Versicherungsträger - für Eintragungen durch die Ausgabestelle ist dies offengeblieben - ein feststellender Verwaltungsakt ist, mit dem der Versicherungsträger in bindender Weise die Ersatz- und Ausfallzeiten von Versicherten feststellt (vgl hierzu auch Urteil des 4. Senats in SozR 7290 § 74 Nr 1). Wenn aber die Feststellung ua von Ersatzzeiten außerhalb eines Leistungsverfahrens zu dem der Bindungswirkung fähigen Verfügungssatz des entsprechenden Bescheides gehört, so ist kein Grund dafür ersichtlich, daß dasselbe nicht auch innerhalb eines Leistungsverfahrens gelten sollte (ebenso unter zutreffendem Hinweis auf die sich aus einer solchen Differenzierung ergebenden nachteiligen Konsequenzen 5. Senat in BSGE 46, 236, 238 f = SozR 1500 § 77 Nr 29). Die vom 12. Senat (BSGE 32, 110, 112 = SozR Nr 1 zu § 11 VuVO vom 3.3.1960) gegebene Begründung, anders als beim Rentenbescheid betreffe der der Bindungswirkung fähige Verfügungssatz des Wiederherstellungsbescheides gerade die in ihm aufgeführten Versicherungszeiten, kann nicht überzeugen. Sie beruht wiederum auf einer ausschließlich formellen Unterscheidung zwischen “Verfügungssatz„ und “Begründung„ eines Bescheides, wie sie aus den bereits dargelegten Gründen von der Rechtsprechung des BSG gerade nicht vorgenommen wird.
Geht man von einer Unterscheidung nach materiellen Kriterien unter besonderer Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 77 SGG aus, so ist nicht einsehbar, daß die Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zwar dann zugunsten des Versicherten eingreifen, wenn er unabhängig von einem Leistungsverfahren die selbständige Feststellung von Versicherungszeiten betrieben hat, nicht aber dann, wenn diese Feststellung innerhalb des Leistungsverfahrens und somit im Rahmen der Rentengewährung als des eigentlichen und stärksten Leistungsfalls der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt ist.
Der Senat hält es demnach nicht für ausgeschlossen, die Anerkennung einer Ersatzzeit in einem Bescheid über die Bewilligung einer Rentenleistung als einen der Verfügungssätze dieses Bescheides anzusehen und die Bindungswirkung des § 77 SGG auf diesen Verfügungssatz zu erstrecken. Dies ist jedoch eine Rechtsfrage von einzelfallübergreifender und damit grundsätzlicher Bedeutung. Angesichts der aufgezeigten unterschiedlichen Meinungen in der bisherigen Rechtsprechung des BSG ist es erforderlich, zu dieser Rechtsfrage eine einheitliche Rechtsprechung herbeizuführen. Bereits aus diesem Grunde hält der Senat eine Entscheidung des Großen Senats für geboten (§ 43 SGG).
Eine solche Entscheidung hält der Senat aber auch für den Fall für geboten, daß die Anerkennung einer Ersatzzeit in einem positiven Rentenbescheid lediglich zu dessen Begründung gehören und nicht einen Verfügungssatz darstellen sollte. In diesem Fall bedarf es einer Entscheidung der Frage, ob die Anerkennung der Ersatzzeit ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zur Begründung des Verwaltungsaktes trotzdem an dessen Bindungswirkung teilhat.
Obwohl nach vorherrschender Rechtsprechung die Begründung eines Bescheides nicht von dessen Bindungswirkung umfaßt wird, hat das BSG wiederholt und in unterschiedlicher Weise eine Beziehung zwischen der Begründung und dem der Bindung fähigen Verfügungssatz des Bescheides hergestellt. So hat der 9. Senat (BSG SozR Nr 84 zu § 1 BVG) ausgesprochen, nach einem allgemeinen prozeßrechtlichen Grundsatz erschöpfe sich die Bindungswirkung eines Bescheides in der Beurteilung des Sachverhaltes, auf dem der Verwaltungsakt aufgrund der Angaben des Versorgungsberechtigten beruhe (ähnlich 11. Senat in BSGE 10, 248, 250; allerdings bezogen auf den Umfang der Rechtskraft eines OVA-Urteils). Bereits hiernach kann der Umfang der Bindungswirkung des Verfügungssatzes nicht allein aus seinem Wortlaut, sondern nur unter Heranziehung der ihm zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen bestimmt werden. Der 8. Senat (BSGE 6, 288, 291) und ihm folgend, der 9. Senat (BSGE 11, 194, 197) haben - allerdings für vor dem Inkrafttreten des SGG ergangene Versorgungsbescheide - entschieden, daß der bescheidmäßige Ausspruch nicht für sich allein bindend werde, sondern durch den ihn tragenden Sachverhalt erläutert bindende Wirkung erhalte, so daß die Feststellungen, die den Anspruch tragen, an der bindenden Wirkung teilnehmen. Nach übereinstimmender Rechtsprechung der KOV-Senate des BSG (8. Senat in BSGE 19, 77, 79 = SozR Nr 23 zu § 62 BVG; 9. Senat in BSG SozR Nr 44 zu § 77 SGG; BSGE 42, 283, 285 = SozR 3100 § 40a Nr 4; 11. Senat in BSGE 19, 15, 16 = SozR Nr 21 zu § 62 BVG) werden im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens nach § 62 BVG die unverändert gebliebenen Anspruchsgrundlagen von der Bindungswirkung des früheren Bescheides erfaßt. Ähnlich ist für das Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung ausgesprochen worden, daß im Rahmen eines Rentenanpassungsverfahrens die Voraussetzungen des Anspruchs auf Rente nicht erneut nachgeprüft werden dürfen (11. Senat in BSGE 25, 211, 213 = SozR Nr 53 zu § 77 SGG; 12. Senat in BSGE 32, 114, 116 = SozR Nr 75 zu. § 77 SGG) und demnach die Feststellungen zum Grunde des Anspruchs von der Bindungswirkung des früheren Bescheides ergriffen werden. Auch bei der Neufeststellung einer Rente nach dem RVÄndG wird die Bindungswirkung des früheren Bescheides nur insoweit beseitigt, als das RVÄndG erstmalig einen Anspruch auf eine Leistung oder einen Anspruch auf eine höhere Leistung gibt (12. Senat in BSG SozR Nr 3 zu Art 5 § 6 RVÄndG vom 9.6.1965); dem ist zu entnehmen, daß die Berechnungsfaktoren im übrigen - also noch nicht einmal nur die Feststellungen zum Grunde des Anspruchs - von der Bindung des früheren Bescheides umfaßt werden. Der 12. Senat (BSGE 19, 188, 190 = SosR Nr 1 zu § 1254 RVO) hat weiter entschieden, daß im Falle der Rentenumwandlung die bisherigen Rentenbestandteile nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden dürfen und selbst dann erhalten bleiben, wenn sie zu Unrecht anerkannt worden sind, (dagegen allerdings 11. Senat in BSGE 26, 206, 208 = SozR Nr 7 zu § 1254 RVO; offengelassen vom 5. Senat in BSG SozR Nr 2 zu § 53 RKG). Schließlich nehmen nach Ansicht des 2. Senats (BSGE 5, 96, 100, allerdings einen unter der Geltung der Verfahrensvorschriften der RVO ergangenen Bescheid betreffend; ferner BSGE 18, 84, 87 = SozR Nr 37 zu § 77 SGG) die “bestimmenden Merkmale des Rechtsgrundes„ an der Bindung eines Bescheides teil. Bei alledem ist zunächst stets die Einschränkung gemacht worden, daß andere Elemente als der Verfügungssatz eines Bescheides wenn überhaupt, so von vornherein nur dann an der Bindungswirkung teilnehmen können, wenn sie im Bescheid erwähnt worden sind und in dessen Verfügungssatz ihren Niederschlag gefunden haben (1. Senat in BSG SozR 2200 § 1254 Nr 1 S 3; 8. Senat in BSG SozR 2200 § 625 Nr 1 S 2; 10. Senat in BSG SozR Nr 6 zu § 64 BVG Bl Ca 9). Selbst hiervon ist die Rechtsprechung jedoch inzwischen abgerückt. So hat der 10. Senat (BSG SozR 3100 § 35 Nr 10 S 32 f) der Feststellung der Teil-MdE für eine einzelne Schädigungsfolge materielle Bindungswirkung für die Beteiligten beigelegt, obwohl diese Feststellung nicht in einem Bescheid getroffen worden ist, sondern sich lediglich aus einem ihm zugrundeliegenden ärztlichen Gutachten ergibt. Nach Ansicht des 7. Senats (BSG SozR 1500 § 77 Nr 20 S 15) ist Gegenstand der Bindungswirkung (hier: eines Aufhebungsbescheides nach § 151 AFG) nicht nur das, was der Ausspruch unmittelbar besagt, sondern auch der Subsumtionsschluß, der die Grundlage für den Ausspruch (nicht: Anspruch) bildet, obschon dieser Subsumtionsschluß im Bescheid nicht ausdrücklich erwähnt worden ist.
Der vorliegende Fall bietet weder Anlaß zu einer Auseinandersetzung mit der letztgenannten Rechtsprechung noch zu einer Erörterung der Frage, ob auch diejenigen Teile der Begründung eines Rentenbescheides an dessen Bindungswirkung teilhaben können, die lediglich die Höhe der bewilligten Leistung betreffen. Denn einmal ist der hier streitige Zeitraum vom 26. August 1939 bis 8. Mai 1945 in der Anlage zum Bescheid vom 27. November 1974 ausdrücklich als Ersatzzeit aufgeführt worden. Zum anderen ist eine Ersatzzeit - wie bereits erwähnt jedenfalls grundsätzlich nicht nur für die Höhe, sondern infolge ihrer Anrechenbarkeit auf die Wartezeit auch für den Grund des Rentenanspruchs von Bedeutung. Aber schon in ihrer Bedeutung für die Höhe des Rentenanspruchs hat sie unmittelbare Wirkung für den Entscheidungssatz. An die Feststellung einer Rentenleistung insbesondere ihrer Höhe nach ist die vom Gesetz vorgeschriebene Rechtsfolge geknüpft, daß die Rente in dieser Höhe an Veränderungen der allgemeinen Bemessungsgrundlage anzupassen ist (§ 49 Abs 1 AVG, § 1272 Abs 1 RVO). Insoweit wird, der Entscheidungssatz zuungunsten des Rentenempfängers geändert, wenn als Folge der “Aberkennung„ einer bisher berücksichtigten Ersatzzeit die Rente in ihrer bisherigen Höhe nicht mehr die Grundlage weiterer Rentenanpassungen bleibt. Der Umstand, daß dem Berechtigten die bisherige Rente im Wege der Besitzstandswahrung fortgezahlt wird, vermag für sich allein die Benachteiligung durch Ausschluß der bisherigen Rente von der Teilnahme an den Rentenanpassungen nicht auszugleichen. Insbesondere dieser Umstand zeigt den engen sachlichen Zusammenhang zwischen der Ersatzzeit, selbst wenn ihre Anerkennung lediglich Teil der Begründung des Rentenbescheides ist, und dem eigentlichen Entscheidungssatz dieses Bescheides.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hält der Senat auch für den Fall, daß die Anerkennung einer Ersatzzeit lediglich zur Begründung des Rentenbescheides gehören sollte, im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Großen Senats zu der Frage für geboten, ob die Anerkennung der Ersatzzeit trotz ihrer Zugehörigkeit lediglich zur Begründung des Bescheides dennoch von dessen Bindungswirkung erfaßt wird.
Fundstellen