Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Begründung. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Orientierungssatz
Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus unklaren Formulierungen selbstständig eine Rechtsfrage zu konstruieren. Die Begründungspflicht einer Nichtzulassungsbeschwerde erfordert vielmehr, dass eine bestimmte Rechtsfrage unmissverständlich herausgearbeitet wird (vgl BSG vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 = SozR 1500 § 160a Nr 31, vom 14.2.2007 - B 13 R 477/06 B und vom 5.2.2014 - B 12 KR 43/13 B).
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1 374 778,07 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin betreibt als Aktiengesellschaft mit Sitz in den Niederlanden eine Versand/Internetapotheke. In den Jahren 2003 bis 2008 gab sie an Versicherte der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegen Vorlage ärztlicher Verordnungen und im Wege der Versendung Arzneimittel ab, die die Beklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen mit Sitz in Deutschland, hergestellt hatte. Um die Versorgung der Versicherten direkt mit der jeweiligen Krankenkasse abrechnen zu können, hatte die Klägerin mit nahezu allen gesetzlichen Krankenkassen Verträge abgeschlossen, nach denen die Abrechnung ihrer Leistungen "analog der nach § 129 SGB V mit den deutschen Apothekerverbänden geschlossenen Rahmenregelungen eines Arzneimittelliefervertrages" vereinbart war. Die Abrechnungen berücksichtigten auch den von Apotheken nach § 130a SGB V in der jeweils geltenden Fassung zu gewährenden Herstellerrabatt.
Die Klägerin begehrt die Rückerstattung dieses Preisabschlags für die in den Jahren 2003 bis 2008 an GKV-Versicherte abgegebenen Arzneimittel in Höhe von insgesamt 1 374 778,07 Euro nebst Zinsen von dem beklagten Pharmaunternehmen. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben (Urteil des SG Frankfurt/Main vom 6.11.2014, Beschluss des Hessischen LSG vom 17.5.2016). Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes entspricht und im Übrigen unbegründet.
Die Klägerin beruft sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), macht eine "drohende" Divergenz zur Rechtsprechung des EuGH sowie Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend.
1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 60; SozR 3-1500 § 160a Nr 16; SozR 4-1500 § 160a Nr 5).
a) Die Klägerin hält die Frage für höchstrichterlich klärungsbedürftig, "ob für einen Erstattungsanspruch nach § 130a Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist, dass der Leistungserbringer durch einen Rahmenvertrag nach § 129 SGB V mit den gesetzlichen Krankenkassen verbunden ist" (vgl S 7 der Beschwerdebegründungsschrift).
Sie ist zudem der Auffassung, innerhalb dieser Frage ergebe sich die weitere Rechtsfrage, "ob die Verweigerung der Teilnahme EU-ausländischer Leistungserbringer am Herstellerrabattabwälzungsmechanismus und die Forderung eines Beitritts zum Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen" (vgl S 9 f der Beschwerdebegründungsschrift).
Weiter führt die Klägerin aus, es stelle sich die Frage, "ob Art. 34 AEUV eine unionsrechtskonforme Anwendung des § 130a SGB V auf die Beschwerdeführerin gebietet, da diese durch die Kostenträger der deutschen GKV in die erste Stufe des Herstellerrabattabwälzungsmechanismus nach § 130a SGB V einbezogen wurde (Einbeziehung des Herstellerrabattes nach § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V durch die Kostenträger der gesetzlichen Krankenversicherung)" (vgl S 22 f der Beschwerdebegründungsschrift).
Diese Fragen haben keine grundsätzliche Bedeutung mehr, da sie bereits höchstrichterlich entschieden sind. Der 3. Senat hat mit Urteil vom 24.1.2013 (BSGE 113, 24 = SozR 4-2500 § 130a Nr 8) entschieden, dass erstattungsberechtigt nach § 130a Abs 1 S 2 SGB V nur diejenigen Apotheken sind, die - wie auch die Klägerin seit dem 1.1.2010 - nach dem Regime des § 129 SGB V an der GKV-Arzneimittelversorgung teilnehmen und deshalb den Regelungen dieser Vorschrift sowie der §§ 130, 130a SGB V unterworfen sind (BSG, aaO, RdNr 20). Der Senat hat sich außerdem in dieser Entscheidung ausführlich damit auseinandergesetzt, dass dadurch Europarecht nicht verletzt wird (BSG, aaO, RdNr 22 ff). Dieser Entscheidung vorausgegangen waren bereits eine im Ergebnis damit übereinstimmende Entscheidung des 1. Senats mit leicht modifizierter Begründung vom 28.7.2008 (BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3) sowie eine erste Entscheidung des 3. Senats vom 17.12.2009 (SozR 4-2500 § 130a Nr 5) mit der gleichen Begründung jeweils zur gleichen Problematik.
Trotz Vorliegens einer höchstrichterlichen Entscheidung kann eine Rechtsfrage klärungsbedürftig sein, wenn ihr in nicht geringem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht abwegige Einwendungen erhoben werden (vgl dazu zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13; BSG Beschluss vom 17.9.2013 - B 1 KR 63/13 B - Juris; BVerfG Beschluss vom 27.5.2010 - 1 BvR 2643/07 - Juris) oder sich neue Entwicklungen beispielsweise aus der Rechtsprechung des BVerfG oder aus Änderungen des Rechts oder der Lebensverhältnisse ergeben haben (BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1; BSG Beschluss vom 4.9.2013 - B 10 LW 5/13 B - Juris).
Die Argumente der Klägerin lagen im Wesentlichen bereits zum Zeitpunkt der ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen vor und sind insoweit bei den Entscheidungsfindungen berücksichtigt worden, auch wenn die Senate der Argumentation im Ergebnis nicht gefolgt sind. Aus einer jüngst ergangenen Entscheidung des EuGH zur Unvereinbarkeit der Festlegung einheitlicher Apothekenabgabepreise mit dem europäischen Recht (EuGH Urteil vom 19.10.2016 - C-148/15 - ECLI:EU:C:2016:776 - Celex-Nr 62015CJ0148), auf deren anstehenden Erlass die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung Bezug nimmt, ergibt sich weder eine erneute Klärungsbedürftigkeit der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen noch eine Vorlagepflicht des letztinstanzlichen Gerichts an den EuGH. Der Herstellerrabatt ist den Krankenkassen von den Apotheken nach § 130a Abs 1 SGB V in allen von 2003 bis 2008 geltenden Fassungen nur für solche Fertigarzneimittel zu gewähren, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) oder aufgrund des § 129 Abs 5a SGB V bestimmt sind. Eine ausdrückliche Regelung hierzu wurde mit Wirkung vom 1.5.2006 in § 130a Abs 1 S 5 SGB V aufgenommen (heute § 130a Abs 1 S 6 SGB V), der nach der Rechtsprechung des 1. Senats (BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3, RdNr 15 ff) aber lediglich klarstellende Funktion zukommt und die inhaltlich bereits zuvor galt. Der EuGH hat nunmehr entschieden, dass die verbindliche Festlegung einheitlicher Apothekenabgabepreise nicht mit EU-Recht vereinbar ist, da sich eine solche Regelung auf Apotheken, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, stärker auswirke als auf im Inland ansässige Apotheken. Demnach dürfen jedenfalls für Apotheken, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, die gesetzlichen Preisbestimmungen keine unmittelbare Geltung entfalten. In diesem Sinne hatte bereits der 1. Senat entschieden, dass für Fertigarzneimittel, die nach Deutschland importiert werden, die Apothekenabgabepreise weder aufgrund der Preisvorschriften des AMG gelten noch aufgrund des § 129 Abs 5a SGB V bestimmt sind (BSG, aaO, RdNr 23 ff). Gerade daraus folgt aber, dass den Krankenkassen der Herstellerrabatt nach § 130a Abs 1 SGB V nicht von den Apotheken zusteht und daher auch kein Erstattungsanspruch gegen die Hersteller erwachsen kann. Der 1. Senat hat sich in dieser Entscheidung bereits ausführlich damit befasst, dass es nicht europarechtswidrig sein kann, wenn der Arzneimittelhersteller nicht zur Erstattung von Rabatten verpflichtet wird, die eine Apotheke den Krankenkassen nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung gewährt, sondern allein aufgrund einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit den Krankenkassen eingeräumt hat (BSG, aaO, RdNr 31 ff). Eine Diskriminierung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin dem Arzneimittellieferungsvertrag nach § 129 SGB V hätte beitreten und das festgelegte Preis- und Abrechnungssystem insgesamt, einschließlich des Einzugs der Zuzahlungen der Versicherten, vertraglich hätte akzeptieren können. Ohne die Unterwerfung unter dieses Gesamtsystem erlangte die Klägerin Wettbewerbsvorteile, die nach der Rechtsprechung des EuGH für im Ausland ansässige Apotheken zwar gerechtfertigt sind. Das spricht aber nicht dafür, dass ausländischen Apotheken zusätzlich zu diesen Wettbewerbsvorteilen noch die sich aus dem Deutschen Arzneimittelpreisrecht ergebenden Vorteile zu gewähren sind, solange diese Apotheken das Arzneimittelpreisrecht nicht insgesamt akzeptieren.
Die gegen die Entscheidung des 1. Senats erhobene Verfassungsbeschwerde der Klägerin hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 24.3.2016 - 2 BvR 2081/08 - Juris) und es insoweit unbeanstandet gelassen, dass der 1. Senat von einer Vorlage an den EuGH abgesehen hat. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, soweit das BSG davon ausgehe, dass die Rabatte mit den Krankenkassen frei ausgehandelt waren, scheide eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit dadurch, dass diese Rabatte nicht an Dritte weitergegeben werden konnten, offensichtlich aus. Diese Entscheidung hat das BVerfG am 24.3.2016 vor dem Hintergrund getroffen, dass es die Auffassung des BSG, die Klägerin unterliege nicht der Preisbindung nach deutschem Recht, aufgrund einer zwischenzeitlichen Entscheidung des GmSOGB (vgl § 78 Abs 1 S 4 AMG; GmSOGB Beschluss vom 22.8.2012 - GmS-OGB 1/10 - BGHZ 194, 354) für überholt hielt. Wenn nunmehr nach der Entscheidung des EuGH feststeht, dass die Klägerin der Preisbindung nach deutschem Recht nicht unterliegt, können die Rabatte nur auf einzelvertraglichen Vereinbarungen mit den Krankenkassen beruhen, solange die Klägerin den Rahmenverträgen nicht beigetreten war. Eine dadurch bedingte Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit scheidet jedenfalls aus.
Der dagegen vorgebrachte Einwand der Klägerin, das LSG habe den seit jeher möglichen Beitritt zum Rahmenvertrag lediglich unterstellt, ohne zu berücksichtigen, dass erst mit Neufassung des Rahmenvertrages am 7.12.2009 (in Kraft ab 1.1.2010) Beitrittsregelungen für EU-ausländische Apotheken geschaffen wurden (vgl S 9 der Beschwerdebegründungsschrift), kann der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Denn das Revisionsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 163 SGG). Die Klägerin hat in Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen der Berufungsentscheidung keine Verfahrensrüge erhoben und der Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin den Weg des Beitritts zum Rahmenvertrag erst nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums gewählt habe (vgl S 5 des Beschlusses des LSG vom 17.5.2016), auch nicht ausdrücklich widersprochen. Die Klägerin legt auch nicht dar, dass ihr ein Beitritt zum Rahmenvertrag zu einem früheren Zeitpunkt aus rechtlichen Gründen verwehrt gewesen sei.
b) Weiter führt die Klägerin in der Beschwerdebegründung aus, die Rechtsprechung des BSG sei dahingehend zu verstehen, "dass die Geltung des nationalen deutschen Preisregimes für ausländische Versandapotheken keine konstitutive Voraussetzung für den Beitritt der Beschwerdeführerin zum Rahmenvertrag war und ist". Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des 1. und des 3. Senats meint sie, es sei eine Unsicherheit zu beseitigen, weil nicht auszuschließen sei, dass der angerufene 3. Senat zu einer abweichenden Auffassung gelange (vgl S 27 f der Beschwerdebegründungsschrift). Eine klare Rechtsfrage ist diesen Ausführungen nicht zu entnehmen. Es bleibt zudem völlig unklar, welche Unsicherheit angesichts der eindeutigen Rechtsprechung beider Senate noch zu beseitigen sein könnte.
Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus unklaren Formulierungen selbstständig eine Rechtsfrage zu konstruieren. Die Begründungspflicht einer Nichtzulassungsbeschwerde erfordert vielmehr, dass eine bestimmte Rechtsfrage unmissverständlich herausgearbeitet wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31; BSG Beschluss vom 14.2.2007 - B 13 R 477/06 B - Juris; BSG Beschluss vom 5.2.2014 - B 12 KR 43/13 B - Juris). Diesbezüglich ist den gesetzlichen Anforderungen an die Begründungspflichten im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht Genüge getan (§ 160a Abs 2 S 3 SGG), sodass die Beschwerde insoweit bereits unzulässig ist.
c) Gleiches gilt für die Ausführungen der Klägerin zum Verfassungsrecht (vgl S 28 ff der Beschwerdebegründungsschrift); trotz der Ausführlichkeit der Ausführungen fehlen konkrete Rechtsfragen. Hierzu ist außerdem darauf hinzuweisen, dass das BVerfG in nunmehr drei Nichtannahmebeschlüssen vom 24.3.2016 (BVerfG Beschlüsse vom 24.3.2016 - 2 BvR 2081/08, 2 BvR 1546/13 und 2 BvR 1305/10 - Juris), die zu den drei Entscheidungen des BSG vom 28.7.2008 (BSGE 101, 161-176 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3), vom 17.12.2009 (SozR 4-2500 § 130a Nr 5) und vom 24.1.2013 (BSGE 113, 24-33 = SozR 4-2500 § 130a Nr 8) ergangen sind, ausgeführt hat, es sei fernliegend, einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Art 12 GG darin zu sehen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Privatautonomie frei ausgehandelte Rabatte nicht an Dritte weitergeben könne, zumal das von der Beschwerdeführerin gewählte Geschäftsmodell auch bei Nichtweitergabe der Rabatte noch mit einem Wettbewerbsvorteil verbunden gewesen sei. Dies schließe auch einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG aus.
d) Die weitere von der Klägerin aufgeworfene Frage, "ob hierzu aber Verträge nach § 140e SGB V erforderlich oder zumindest ausreichend sind" (vgl S 34 der Beschwerdebegründungsschrift), stellt sich schon nach den eigenen Ausführungen der Klägerin nur, wenn nach der unter 1.a) dargestellten Rechtsfrage ein Beitritt zum Rahmenvertrag nicht erforderlich wäre, um den Erstattungsanspruch geltend zu machen. Da es aber - wie oben dargestellt - gerade auf die Geltung des Rahmenvertrages ankommt, wird diese Frage nicht entscheidungserheblich.
e) Auch die weitere Frage, "ob die von der Beschwerdeführerin mit den gesetzlichen Krankenkassen geschlossenen Verträge Einzelverträge nach § 140e SGB V sind" (vgl S 35 der Beschwerdebegründungsschrift), stellt die Klägerin unter den Vorbehalt, dass die zuvor genannte Rechtsfrage (die hier unter d) aufgeführte Rechtsfrage) zu bejahen sein sollte. Mangels Entscheidungserheblichkeit dieser Frage ist das nicht der Fall.
f) Nach alledem kann offenbleiben, ob die Klägerin eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Sache hinreichend dargelegt hat (vgl S 33 f der Beschwerdebegründungsschrift). Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Anspruch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. Senats (BSG SozR 4-2500 § 130a Nr 5; BSGE 113, 24 = SozR 4-2500 § 130a Nr 8) abgelehnt, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum dem Rahmenvertrag nicht gemäß § 129 Abs 3 Nr 2 SGB V beigetreten war. Nach den Ausführungen der Klägerin ist sie diesem Rahmenvertrag mit Wirkung zum 1.1.2010 beigetreten. Für die Zukunft stellt sich also die Sach- und Rechtslage für die Klägerin selbst ganz anders dar. Die Klägerin legt nicht dar, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen auch zukünftig für sie noch von Bedeutung sein können. Sie führt hierzu lediglich aus, sie führe derzeit mit mehreren weiteren Arzneimittelherstellern Rechtsstreitigkeiten (vgl S 33 der Beschwerdebegründung). Zudem seien sämtliche EU-ausländische Leistungserbringer betroffen. Sie legt aber nicht dar, ob weitere ausländische Apotheken ohne Beitritt zum Rahmenvertrag zur Versorgung von Versicherten der GKV tätig geworden sind oder tätig werden möchten und macht auch keine Ausführungen zu einem Interesse der Allgemeinheit an der Rechtsanwendung.
2. Aus den oben dargelegten Gründen ergibt sich auch weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des EuGH noch "droht" eine solche.
3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.
a) Mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs, § 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO (vgl S 41 f der Beschwerdebegründungsschrift), wird ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift nicht geltend gemacht. Die Klägerin führt diesbezüglich aus, das LSG habe insbesondere nicht davon ausgehen dürfen, dass sie keinen Wert auf eine mündliche Verhandlung lege. Sie habe im Schriftsatz vom 12.11.2015 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht zugestimmt. Das LSG habe ihrem Fristverlängerungsantrag zur weiteren Stellungnahme vom 17.3.2016 nicht entsprochen und mitgeteilt, der Senat werde in der Sache "alsbald entscheiden".
Das LSG hat den Weg einer Entscheidung durch Beschluss ohne ehrenamtliche Richterinnen und Richter nach § 153 Abs 4 SGG gewählt, der ohne mündliche Verhandlung ergeht (vgl BSG SozR 3-1500 § 142 Nr 1). Voraussetzung hierfür ist eine Anhörung der Beteiligten (§ 153 Abs 4 S 2 SGG), nicht deren Zustimmung. Eine Anhörung ist erfolgt. Die Klägerin legt nicht dar, dass es an sonstigen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren nach § 153 Abs 4 SGG mangeln könnte, wofür auch keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Die Klägerin hat nach ihrem Fristverlängerungsantrag vom 17.3.2016 noch einen Schriftsatz vom 1.4.2016 eingereicht und das Berufungsgericht hat über die Berufung erst am 17.5.2016 entschieden. Die Klägerin trägt auch nicht vor, welcher Vortrag ihr mangels Fristverlängerung versagt worden sei. Ein Verfahrensmangel ist damit nicht dargelegt.
b) Soweit die Klägerin einen Verfahrensmangel in einem Verstoß des LSG gegen Art 101 Abs 1 S 2 GG sieht (vgl S 42 ff der Beschwerdebegründungsschrift), weil die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH versäumt worden sei, ist bereits oben ausgeführt, dass hierin kein Versäumnis und daher auch kein Verfahrensmangel zu sehen ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 10161022 |
A&R 2017, 41 |
A&R 2017, 95 |