Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. April 2017 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der ihr vom 1.2.2016 bis zum 31.1.2017 gewährten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Die Klägerin bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer; ua für die Zeit vom 1.2.2016 bis zum 31.1.2017 bewilligte der Beklagte daneben Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs für Alleinstehende in Höhe von 404 Euro (Bescheide vom 28.1.2016 und vom 11.2.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.4.2016). Die dagegen gerichtete Klage, die die Klägerin mit der Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfs begründet hat, hatte keinen Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ≪SG≫ Mannheim vom 12.12.2016; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Baden-Württemberg vom 25.4.2017).
Gegen die Nichtzulassung der Beschwerde im bezeichneten Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie die Verletzung rechtlichen Gehörs als Verfahrensmangel geltend.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des Revisionszulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung und des Verfahrensmangels.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht, denn jedenfalls fehlt es an einer hinreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Frage erfordert Ausführungen dazu, dass die Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden ist bzw dass sie unabhängig davon nicht außer Zweifel steht oder sie für den Fall - liegt Rechtsprechung vor - weiter oder erneut klärungsbedürftig ist. Insbesondere ist die Klärungsbedürftigkeit nicht schon durch die Darstellung einer bestimmten Gesetzesauslegung hinreichend dargelegt (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 7; SozR 1500 § 160a Nr 59).
Wegen der formulierten Rechtsfragen, mit denen die Klägerin die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des Regelbedarfs für voll erwerbsgeminderte Bezieher von Leistungen der Grundsicherung unter verschiedenen Aspekten in Frage stellt, genügt sie diesen Anforderungen nicht. Soweit sie ausführt, die vom LSG in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23.7.2014 (BGBl I 1581 = BVerfGE 137, 34) zur Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung der Regelbedarfe nach dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG; vom 24.3.2011 ≪BGBl I 453≫) sei weder zu Beziehern von Grundsicherungsleistungen noch für die Zeit ab dem 1.1.2016 ergangen, legt sie nicht ausreichend dar, welche weitergehenden klärungsbedürftigen Aspekte sich hieraus ergeben sollten. Für die Zeit bis zum 31.12.2016 beruhte der bei der Klägerin zugrunde gelegte Regelbedarf über die Verweisung in § 42 Nr 1 SGB XII iVm der Anlage zu § 28 SGB XII auf § 8 Abs 1 Nr 1 RBEG sowie - was die Fortschreibung des Regelbedarfs betrifft - auf §§ 28a, 40 SGB XII iVm der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a SGB XII maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 SGB XII für das Jahr 2016 - Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2016 (vom 22.10.2015 ≪BGBl I 1788≫). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung mit Gesetzeskraft entschieden, dass ua § 8 Abs 1 Nr 1 RBEG sowie die Fortschreibung der Regelbedarfe auf Grundlage von §§ 28a SGB XII verfassungsgemäß ist; diese Entscheidung betrifft ausdrücklich über die dort angegriffenen Normen hinaus auch deren weitere Fassungen und Nachfolgeregelungen (aaO RdNr 149). Soweit die Klägerin gleichwohl von einem Klärungsbedarf für den Personenkreis der Grundsicherungsempfänger ausgeht, fehlt es an jeder Auseinandersetzung mit den für diesen Personenkreis geltenden Normen; sie legt auch nicht dar, welche abweichenden Bedarfe (typisierend) für den von ihr genannten Personenkreis bestehen sollten, die nicht im Einzelfall über § 27a Abs 4 Satz 1 SGB XII gedeckt werden können. Sie behauptet lediglich, dass gerade Empfängern von Grundsicherungsleistungen existenzsichernde Leistungen nicht gewährt würden. Soweit sie die vermeintliche Verfassungswidrigkeit an einer gesetzlich vorgeschriebenen Verrechnung von darlehensweise gewährten Leistungen mit den Leistungen für den Regelbedarf und fehlenden Härtefallregelungen aufzeigen will, ist ihre Beschwerde nicht nachvollziehbar, weil die Rechtslage nach dem SGB XII gerade in diesen Punkten von der nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) abweichend ist. Die Klägerin behauptet weiter, das in § 28a SGB XII normierte Konzept zur Fortschreibung der Regelbedarfe, das das BVerfG ebenfalls für verfassungsgemäß gehalten hat, genüge den Anforderungen an eine verfassungsgemäße Bestimmung des Existenzminimums für die Folgejahre nicht. Sie setzt sich mit den Ausführungen des BVerfG dazu (aaO RdNr 136 ff) aber nicht im Ansatz auseinander. Weshalb es schließlich nach alledem auf die Entscheidung des BVerfG vom 27.7.2016 (1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353; zur Einbeziehung unter 25jähriger erwerbsfähiger Leistungsbezieher nach dem SGB II), die das LSG aus ihrer Sicht in falschem Zusammenhang zitiert hat, überhaupt ankommen soll, legt sie ebenfalls nicht dar.
Wegen der zum 1.1.2017 in Kraft getretenen Neuregelungen führt die Klägerin nur aus, eine Entscheidung des BVerfG stehe insoweit noch aus. Dies ist zwar zutreffend, macht aber die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen nicht nachvollziehbar. Es fehlt insoweit an jeder Darstellung und Auseinandersetzung mit den seit dem 1.1.2017 geltenden Normen und der Frage, welche ggf weitergehenden verfassungsrechtlichen Fragen sich unter neuem Recht stellen könnten. Angesichts der vorliegenden Rechtsprechung des BVerfG hätte es der eingehenden Auseinandersetzung mit den vom Gesetzgeber nunmehr getroffenen Entscheidungen zur Bestimmung des Existenzminimums und einer Darstellung dazu bedurft, weshalb diese gesetzgeberischen Neuregelungen den vom BVerfG aufgestellten Kriterien nicht genügen sollten. Daran fehlt es der Beschwerde schon im Ansatz.
Die Beschwerde ist auch unzulässig, soweit die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend macht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36).
Mit der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Grundgesetz ≪GG≫; § 62 SGG) müssen nicht nur die genauen Umstände des geltend gemachten Verstoßes bezeichnet werden. Weil die Verletzung des rechtlichen Gehörs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund geregelt ist (vgl § 202 SGG iVm § 547 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫), ist zudem der Vortrag erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen Rechtsansicht - auf dem Gehörsverstoß beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36). Die Klägerin behauptet aber nur, das LSG habe sich nur ungenügend mit ihrer Begründung auseinandergesetzt, ohne die Entscheidungserheblichkeit ihres Vortrags, den das LSG nicht berücksichtigt haben soll, im Einzelnen aufzuzeigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11520201 |