Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Rechtssache. Grundsätzliche Bedeutung. Klärungsbedürftigkeit. Klärungsfähigkeit. Verfahrensmangel. Beweisantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
2. Ein geltend gemachter Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Normenkette
SGG §§ 103, 160 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 160a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 169 Sätze 2-3; SGB II § 7 Abs. 3 Nr. 3c, Abs. 3a
Verfahrensgang
SG Reutlingen (Entscheidung vom 22.11.2018; Aktenzeichen S 7 AS 3099/16) |
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 02.09.2019; Aktenzeichen L 3 AS 5/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil ein Revisionszulassungsgrund (§ 160 Abs 2 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).
Der Kläger hat weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt noch einen Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet.
Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; s bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie behauptet die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in Bezug auf die Beurteilung, ob eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c, Abs 3a SGB II vorliegt. Aus der Beschwerdebegründung selbst ergibt sich aber bereits, dass die Frage des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft nicht entscheidungserheblich war, sondern dass das LSG ausdrücklich ausgeführt hat, dass es hierauf für seine Entscheidung nicht ankomme. Damit kann eine darauf bezogene Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich sein.
Aus den gleichen Gründen ist auch ein Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet, soweit der Kläger geltend macht, dass das LSG zur Frage des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft hätte Beweis erheben müssen. Denn auf dem behaupteten Verfahrensmangel kann die Entscheidung des LSG nach der eigenen Darstellung des Klägers nicht beruhen.
Auch soweit der Kläger rügt, dass das LSG seine eigene Einkommens- und Vermögenssituation nicht ermittelt habe, ist ein Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Dies gilt schon deswegen, weil der Kläger insofern nicht einmal behauptet hat, einen hierauf bezogenen Beweisantrag nach der Mitteilung des LSG, durch Beschluss entscheiden zu wollen, gestellt bzw aufrechterhalten zu haben (zu dieser Notwendigkeit BSG vom 11.6.2015 - B 13 R 151/15 B - juris RdNr 9 mwN; BSG vom 7.2.2017 - B 13 R 389/16 B - juris RdNr 9 mwN; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 160 RdNr 232).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13729603 |