Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der MdE durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (Abweichung von nur 5 %). hinreichende Würdigung der Sach- und Rechtslage
Orientierungssatz
1. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind grundsätzlich nicht befugt, die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit um nur 5 % zu ändern, soweit es sich um die Bewertung ärztlicher Befunde handelt.
2. Es kann nicht angehen, das Gutachten eines Sachverständigen in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt oder überhaupt zu übergehen, so daß dem Urteil nicht zu entnehmen ist, ob das Gericht seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet hat (vgl BSG 1956-10-24 2 RU 19/54 = SozR Nr 8 zu § 128 SGG). So aber ist es, wenn das Gutachten eines Sachverständigen mit keinem Wort erwähnt und dem eines Terminsarztes uneingeschränkt der Vorzug gegeben wird (vgl BSG 1959-01-21 11/9 RV 206/57 = SozR Nr 42 zu § 128 SGG).
Normenkette
RVO § 581 Abs 1 Nr 2 Fassung: 1963-04-30; SGG § 128 Abs 1 S 1; SGG § 128 Abs 1 S 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist entsprechend § 169 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen, weil sie die behaupteten Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 3 SGG nicht in der Form des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargelegt oder bezeichnet hat.
Die Beschwerde hätte dafür substantiiert darlegen müssen, daß das Landessozialgericht (LSG) zu Unrecht einen Mangel im Verfahren des Sozialgerichts (SG) festgestellt und deshalb die Berufung gem § 150 Nr 2 SGG für zulässig erachtet habe. Dies konnte nicht allein mit der den Urteilsgründen des SG entgegenstehenden Behauptung geschehen, das SG habe sich sehr wohl mit dem Gutachten des Prof. Dr. K auseinandergesetzt. Die Beschwerde räumt nämlich insoweit selbst ein, das SG habe dieses veraltete Gutachten nicht mehr verwerten müssen und sich allein auf das zeitgerechte Gutachten des Dr. B stützen dürfen. Zwar trifft es zu, daß es für eine hinreichende Würdigung der Sach- und Rechtslage meist notwendig eines ausdrücklichen Eingehens auf jedes einzelne Vorbringen eines Beteiligten und einer ausdrücklichen Auseinandersetzung damit bedarf (BSG SozR Nr 1 zu § 128 SGG). Dennoch kann es nicht angehen, das Gutachten eines Sachverständigen in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt oder überhaupt zu übergehen, so daß dem Urteil nicht zu entnehmen ist, ob das Gericht seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet hat (BSG SozR Nr 8 zu § 128 SGG). So aber ist es, wenn das Gutachten eines Sachverständigen mit keinem Wort erwähnt und dem eines Terminsarztes uneingeschränkt der Vorzug gegeben wird (BSG SozR Nr 42 zu § 128 SGG). Daran können die Ausführungen der Beschwerde über die Rechtmäßigkeit der Überzeugungsbildung des SG nichts ändern, insbesondere nicht dartun, das LSG hätte die Berufung als unzulässig verwerfen müssen, sein Verfahren sei also mangelhaft gewesen.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind grundsätzlich nicht befugt, die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um nur 5 vH zu ändern, soweit es sich um die Bewertung ärztlicher Befunde handelt (BSG SozR Nr 19 zu § 128 SGG). Die auch auf den Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützte Beschwerde macht nicht ersichtlich, inwiefern die Tatsachenfrage nach der Einschätzung der MdE bei bestimmten Gesundheitsstörungen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen soll. Immerhin hat das LSG auch angegeben, woher es die Kenntnis der von ihm verwendeten Erfahrungssätze hinsichtlich der MdE-Bewertung gewonnen hat (BSG SozR Nr 87 zu § 128 SGG). Ob es ausdrücklich auf deren beabsichtigte Verwertung hingewiesen hat (BSG SozR 1500 § 128 Nr 15), kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls legt die Beschwerde nicht dar, welchen Weg das Revisionsgericht bei der Nachprüfung des angefochtenen Urteils einzuschlagen hätte, insbesondere welcher Schritt die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig machte (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Sie räumt vielmehr selbst ein, daß der konkrete Fall des Klägers einer besonderen Wertung bedürfe, woraus in gleichgelagerten Fällen eine allgemeine und damit auch grundsätzliche Bedeutung resultiere. Mit diesem Vorbringen wird aber die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache gerade nicht dargetan, vielmehr nur auf den Einzelfall abgehoben.
Die Kostenentscheidung ergeht in Anwendung des § 193 SGG analog.
Fundstellen