Leitsatz (amtlich)
Hat ein Beteiligter eine Person, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreibt, als Bevollmächtigter und Beistand in der mündlichen Verhandlung aber ausgeschlossen ist (SGG § 73 Abs 6 i V mit ZPO § 157), zu seinem Prozeßbevollmächtigten bestellt, so sind die für den Beteiligten bestimmten Mitteilungen des Gerichts, insbesondere die Zustellung eines Urteils, an den Bevollmächtigten zu richten.
Normenkette
SGG § 73 Abs. 6 Fassung: 1954-08-10; ZPO § 157 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1950-09-12
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 24. Juni 1959 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin hat gegen das ihr am 22. August 1959 zugestellte Urteil des Landessozialgerichts (LSG.) Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 1959, das ihre Berufung als unzulässig verworfen hat, beim Bundessozialgericht am 5. September 1959 Revision eingelegt.
Sie hat vorgetragen, ihre Berufung, die sie am 26. Februar 1959 gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG.) vom 12. Dezember 1958 beim LSG. eingelegt habe, sei rechtzeitig gewesen, da sie vom Ausgang ihres Rechtsstreits beim SG. erst am 11. Februar 1959 Kenntnis erhalten habe. Entgegen der Ansicht des Vordergerichts habe das Urteil des SG. dem Bevollmächtigten der Klägerin P. am 9. Januar 1959 nicht wirksam zugestellt werden können; P. sei - entgegen der Ansicht des LSG. - deshalb nicht prozeßfähig gewesen, weil er nicht zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG. zugelassen gewesen sei. Deshalb habe ihm das Urteil des SG. am 9. Januar 1959 auch nicht mit Wirkung gegen die Klägerin zugestellt werden können. Somit sei die Berufung der Klägerin vom 26. Februar 1959 noch rechtzeitig gewesen.
Die Rüge der Klägerin greift nicht durch.
Das LSG. ist entgegen der Rechtsansicht der Klägerin zutreffend davon ausgegangen, daß das Urteil des SG. dem Bevollmächtigten der Klägerin P. am 9. Januar wirksam zugestellt worden ist. Nach § 73 Abs. 6 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. mit § 157 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hätte diese Zustellung nur dann nicht wirksam an den Bevollmächtigten der Klägerin vorgenommen werden können, wenn sich die Vorschrift des § 157 Abs. 1 ZPO nicht nur auf den Ausschluß in der mündlichen Verhandlung bezöge, sondern auf jedes geschäftsmäßige Handeln im Prozeß und insbesondere auf den schriftlichen Verkehr mit dem Gericht. Da das Gesetz aber die fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig betreibenden Personen nicht in einer solchen umfassenden Weise von der Mitwirkung am gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen hat, sind die in einem Verfahren notwendig werdenden Zustellungen nicht an die Partei, sondern, wie hier geschehen, an den Bevollmächtigten vorzunehmen (Stein-Jonas-Schönke (18.) Stand Mai 1959, § 157 II 1 b), Demnach war die Zustellung des Urteils des SG. am 9. Januar 1959 rechtswirksam und die Berufung der Klägerin vom 26. Februar 1959 verspätet (§ 151 Abs. 1 SGG).
Das Vordergericht hat der Klägerin auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) wegen Versäumung der Berufungsfrist zutreffend versagt. Es kann dahinstehen, ob der damalige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin B, wie das LSG. angenommen hat, die Rechtsmittelfrist in der Weise hätte wahrnehmen können und sollen, daß er die Berufung ohne Auftrag der Klägerin von sich aus eingelegt hätte. Jedenfalls fällt die umständliche und zeitraubende Art der Unterrichtung der Klägerin über den Ausgang des sozialgerichtlichen Verfahrens (Schreiben an die Klägerin über das deutsche Konsulat in H/Texas statt Luftpostbrief an die bekannte Anschrift der Klägerin in L/Texas), die nach deren Darlegung dazu geführt hat, daß sie erst nach Ablauf der Berufungsfrist von der Klageabweisung erfuhr, auf ihren Prozeßbevollmächtigten zurück. Dessen Prozeßführung muß die Klägerin aber nach § 73 Abs. 3 SGG gegen sich gelten lassen. Sie hat demnach die Berufungsfrist, mag sie auch persönlich kein Verschulden treffen, im Sinne des § 67 SGG nicht ohne Verschulden versäumt.
Da die Rüge der Klägerin danach keinen Mangel des Verfahrens des LSG. ergibt, muß ihre Revision als unzulässig verworfen werden (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absätze 1 und 4 SGG.
Fundstellen