Verfahrensgang

LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 31.08.2017; Aktenzeichen L 13 VS 31/15)

SG Berlin (Entscheidung vom 12.05.2015; Aktenzeichen S 42 VS 6/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. August 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Mit Urteil vom 31.8.2017 hat das LSG einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Gesundheitsstörung "rezidivierende depressive Störung" als Folge einer Wehrdienstbeschädigung sowie die Gewährung von Versorgungsleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) verneint, weil die Klägerin die gesundheitliche Schädigung weder durch eine Wehrdienstverrichtung noch durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse erlitten habe. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass ein Unfall nicht vorliege und dass die Schädigung nicht bei einer Wehrdienstverrichtung erfolgt sei. Es fehle aber auch an einer Schädigung, die durch für den Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden sei. Zwar sei anerkannt, dass aus Patientensicht die Pflicht zur Teilnahme an der truppenärztlichen Versorgung eine Wehrdiensteigentümlichkeit darstelle, weil insoweit abweichend vom üblichen Zivilleben der Anspruch auf freie Arztwahl stark eingeschränkt und eine Verpflichtung zur Wahrnehmung eines bestimmten ärztlichen Angebotes begründet werde. Vorliegend sei Maßstab jedoch der Arztberuf im Zivilleben, der hier mit dem Arztberuf unter Wehrdienstverhältnissen zu vergleichen sei. Für die Klägerin habe es eine große Belastung dargestellt, dass sie sich nach langjähriger augenärztlicher Tätigkeit nicht in der Lage gesehen habe, verantwortungsbewusst eine hausärztliche Versorgung für Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, obwohl dies von ihr verlangt worden sei. Auch im ärztlichen Zivilberuf könne es zu einer Vielzahl vergleichbarer Gewissenkonflikte kommen, etwa wenn Ärzte eingebunden in eine Struktur von Anweisungen, gegen eigene Überzeugung oder ohne hinreichende Vorbereitung entscheiden sollten. Auch die ärztliche Situation im Zivilleben sei von starken Spannungen, hohen emotionalen Belastungen und Gewissenkonflikten geprägt.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt und diese mit dem Vorliegen einer Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) begründet.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

1. Die Beschwerde hat die Voraussetzungen der Divergenz nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich das Recht fehlerhaft angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN).

Die Klägerin hat bereits keinen tragenden abstrakten Rechtssatz des LSG aufgezeigt, mit dem dieses der Rechtsprechung des BSG widersprochen hat bzw widersprechen wollte. Sie macht zwar geltend, dass Berufungsgericht habe sich gegen die jahrelange ständige Rechtsprechung des 9. Senats des BSG gestellt und insoweit die Entscheidung mit Urteil vom 30.1.1991 (9a/9 RV 26/89) aufgeführt, in welcher das BSG eine deutliche Abgrenzung der wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse zum Zivilleben vorgenommen habe. Danach könnten Gesundheitsstörungen auch den wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen zugeordnet werden, wenn sie auf ein bestimmtes äußeres Geschehen im Zusammenhang mit dem Wehrdienst zurückzuführen seien. Indem das LSG keine grundlegende Abweichung vom sonstigen Zivilleben hat erkennen können, habe es einen anderen Maßstab angesetzt und weiche von der Rechtsprechung des BSG ab. Mit diesem Vorbringen ist eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG allerdings nicht dargetan. Selbst wenn das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz missversteht oder übersieht und deshalb das Recht fehlerhaft anwendet, so kann daraus nicht geschlossen werden, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. Die Bezeichnung einer Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entscheidenden Fall lediglich verkannt haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Soweit die Beschwerdebegründung also rügt, das LSG habe die vorgenannte Rechtsprechung des BSG nicht berücksichtigt, rügt sie eine unrichtige Anwendung des § 80 S 1 und 2 SVG iVm § 81 Abs 1 SVG. Fehler der Rechtsanwendung bedingen für sich allein jedoch keinen Zulassungsgrund. Tatsächlich kritisiert die Klägerin die Beweiswürdigung des LSG (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG), womit sie nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen kann. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin eine unzureichende Rechtsanwendung des LSG rügt (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).

2. Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

3. Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11576465

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