Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirkung der Befreiung von der Versicherungspflicht
Orientierungssatz
Die Befreiungen nach RVÄndG 2 Art 2 § 1 und KVÄG 2 Art 4 § 2 sind jeweils nur auf das bei Stellung des Befreiungsantrags bestehende Beschäftigungsverhältnis beschränkt und verlieren mit dessen Ende ihre Wirkungen. Dies hat der erkennende Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgesprochen (vgl BSG vom 1972-09-26 12 RJ 166/71 = BSGE 34, 277, 280). Dabei ist es unerheblich, auf welche Gründe die Beendigung zurückzuführen ist.
Normenkette
RVÄndG 2 Art. 2 § 1 Fassung: 1966-12-23; KVÄG 2 Art. 4 § 2 Fassung: 1970-12-21
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 25.03.1977; Aktenzeichen L 1 Kr 16/76) |
SG Lübeck (Entscheidung vom 14.10.1976; Aktenzeichen S 3 Kr 1/76) |
Gründe
I.
Streitig ist in diesem Verfahren, ob die Befreiung von der Versicherungspflicht im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses nach Art 2 § 1 des 2. Rentenversicherungs-Änderungsgesetz - RVÄndG - (Rentenversicherung) und des Art 4 § 2 des 2. Krankenversicherungs-Änderungsgesetz - KVÄG - (Krankenversicherung) auch für weitere Beschäftigungszeiten gilt, wenn die Beschäftigung zwischenzeitlich unterbrochen wurde.
Der Kläger ist Schneidermeister und führte in seinem Betrieb vor allem Reparaturen von Bundeswehrbekleidung durch. Die Ehefrau des Klägers, die Beigeladene zu 2), war in diesem Betrieb seit Jahren als Angestellte beschäftigt. Sie wurde auf ihren Antrag nach Art 2 § 1 des 2. RVÄndG vom 23. Dezember 1966 (BGBl I 745) "während der Beschäftigung bei dem Ehegatten" mit Wirkung vom 1. Januar 1967 von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung befreit. Ferner wurde sie von der Beklagten nach Art 4 § 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (2. KVÄG) vom 21. Dezember 1970 (BGBl I 1770) von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung mit Wirkung vom 1. Januar 1971 "für die Dauer der jetzigen Beschäftigung bei ihrem Ehegatten" befreit.
Die Beschäftigung endete wegen Auftragsmangels mit dem 28. Februar 1974. Das Landessozialgericht (LSG) hat festgestellt, daß es durch Kündigung endete. Der Kläger behauptet demgegenüber, das Arbeitsverhältnis sei einverständlich bis zur Besserung der Auftragslage unterbrochen (suspendiert) worden. Wegen Besserung der Auftragslage wurde die Ehefrau des Klägers in der Zeit vom 1. August 1974 bis 31. Oktober 1974 und dann wieder vom 3. Mai bis 30. Juni 1975 als Angestellte im Betriebe des Klägers tätig. In den Zwischenzeiten meldete sie sich beim Arbeitsamt arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.
Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung wurden auch für die späteren Beschäftigungszeiten nicht entrichtet.
Nach einer Betriebsprüfung forderte die Beklagte Beiträge zur Krankenversicherung und zur Rentenversicherung für die Beschäftigungszeiten von August bis Oktober 1974 und Mai bis Juni 1975 (Bescheid vom 16. Oktober 1975). Sie vertrat die Auffassung, daß die ausgesprochenen Befreiungen mit der Unterbrechung der Beschäftigung Ende Februar 1974 ihre Wirkung verloren hätten.
Widerspruch, Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 1975; Urteil des Sozialgerichts - SG - Lübeck vom 14. Oktober 1976; Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 25. März 1977).
Das LSG hat die Auffassung vertreten, dem Wortlaut der hier maßgeblichen gesetzlichen Vorschrift sei eindeutig zu entnehmen, daß eine Befreiung nur für die am maßgeblichen Stichtag bestehenden Beschäftigungsverhältnisse vorgesehen sei. Mit dem Ende dieser Beschäftigungsverhältnisse verliere die Befreiung ihre Wirkung. Ob eine Unterbrechung, wie sie der Kläger darlege, dazu führen könne, daß die Rechte aus der Befreiung von der Versicherungspflicht erhalten bleiben, könne hier dahinstehen, denn der Kläger habe das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 28. Februar 1974 gekündigt. Damit sei das Beschäftigungsverhältnis beendet gewesen.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, daß das Urteil und die Stellungnahmen, auf die es sich stützt, sich nur mit dem Fall der gewollten Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses befassen, nicht aber mit der durch äußere Umstände erzwungenen vorübergehenden Unterbrechung.
Der Kläger beantragt dem Sinne nach,
das Urteil des LSG und das Urteil des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 1975 aufzuheben.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 2) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.
III
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Beitragsforderung der Beklagten besteht zu Recht.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß sich die Befreiungen nach Art 2 § 1 des 2. RVÄndG und Art 4 § 2 des 2. KVÄG jeweils nur auf das bei Stellung des Befreiungsantrags bestehende Beschäftigungsverhältnis beschränken und mit dessen Ende ihre Wirkungen verlieren. Dies hat der erkennende Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgesprochen (BSGE 34, 277, 280; SozR 5486 Art 4 § 2 Nr 2 S 7). Dabei ist es unerheblich, auf welche Gründe die Beendigung zurückzuführen ist.
Das Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen zu 2) bei dem Kläger, auf das sich die Befreiung bezogen hat, hat mit dem 28. Februar 1974 sein Ende gefunden. Das LSG hat festgestellt, daß es an diesem Tage durch Kündigung geendet hat. Gegen diese Feststellungen sind wirksame Verfahrensrügen nicht erhoben worden. Das Bundessozialgericht (BSG) ist deshalb an diese vom LSG getroffene Feststellung gebunden (§ 163 SGG).
Da sich die hier ausgesprochenen Befreiungen von der Krankenversicherung und der Rentenversicherung nur auf das zur Zeit der Befreiung laufende Beschäftigungsverhältnis bezogen und mit Beendigung der Beschäftigung ihre Wirkung verlieren, war die Beigeladene zu 2) nur bis zum 28. Februar 1974 von der Versicherungspflicht in den beiden Versicherungszweigen befreit. Für die später erneut in dem Betrieb ihres Ehemannes aufgenommenen Beschäftigungen waren deshalb Beiträge zur Krankenversicherung und zur Rentenversicherung zu entrichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen