Leitsatz (amtlich)
1. Das Revisionsgericht kann die Auslegung eines Verwaltungsaktes durch das Berufungsgericht jedenfalls dann nachprüfen, wenn der Verwaltungsakt aufgrund einer Rechtsnorm ergangen ist, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.
2. Zur Auslegung eines Verwaltungsaktes nach seinem objektiven Erklärungswert (hier: eines Beschlusses, durch den ein leitender Krankenhausarzt an der ambulanten kassenärztlichen Versorgung für solche Leistungen beteiligt worden ist, "die von den in S niedergelassenen Kassenärzten nicht ausgeführt werden können").
Leitsatz (redaktionell)
Mit der Beteiligung von Krankenhausärzten hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, Lücken in der ambulanten kassenärztlichen Versorgung zu schließen.
Eine an der ambulanten kassen- und vertragsärztlichen Versorgung beteiligter Krankenhausarzt ist nicht berechtigt, Laborleistungen, die auch von den am selben Ort niedergelassenen Kassen- oder Vertragsärzten ausgeführt werden können, gegenüber der KÄV abzurechnen.
Orientierungssatz
Zur Bedürfnisprüfung bei Beteiligung von Krankenhausärzten an der Kassen- und vertragsärztlichen Versorgung.
Normenkette
SGG § 162 Fassung: 1953-09-03, § 162 Fassung: 1974-07-30, § 163 Fassung: 1953-09-03, § 163 Fassung: 1976-07-30; RVO § 368a Abs. 8 Fassung: 1955-08-17; ZO-Ärzte § 29 Abs. 2 Fassung: 1957-05-28
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. September 1977 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abrechnungsfähigkeit von Leistungen, die der Kläger, ein an der kassen- und an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten beteiligter leitender Krankenhausarzt, seit dem 2. Quartal 1975 (II/75) erbracht hat.
Der Kläger ist Facharzt für Laboratoriumsmedizin und seit April 1975 Chefarzt des Zentrallabors des Diakonissen-Krankenhauses in S. Für die Dauer dieser Tätigkeit ist er für sein Fachgebiet widerruflich an der ambulanten kassen- und vertragsärztlichen Versorgung auf Überweisung beteiligt worden, und zwar für den kassenärztlichen Bereich nach § 29 Abs 2 Buchst c der Zulassungsordnung für Kassenärzte - ZO-Ärzte -, für den Ersatzkassenbereich nach § 5 Nr 6 des Arzt-Ersatzkassenvertrages (Beschlüsse des Zulassungsausschusses für Ärzte in der Pfalz und der Beteiligungskommission für die Ersatzkassenpraxis bei der Beklagten, beide vom 23. April 1975). Nach diesen Beschlüssen erstreckt sich die Beteiligung ua auf "Leistungen, die von den in Speyer niedergelassenen Kassenärzten (Vertragsärzten) nicht ausgeführt werden können".
Die Beklagte hält eine Reihe von Leistungen, die der Kläger auf 57 Überweisungsscheinen für II/75 abgerechnet hat, nicht für abrechnungsfähig, weil sie von anderen in Speyer niedergelassenen Kassenärzten, insbesondere von dem niedergelassenen Laborarzt, hätten ausgeführt werden können (Bescheid vom 2. September und Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 1975).
Die vom Kläger erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts - SG - Speyer, Zweigstelle Mainz, vom 29. September 1976). Auf seine Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, die streitigen Leistungen bei der Honorarabrechnung des Klägers für II/75 zu berücksichtigen. Außerdem hat es festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, die vom Kläger in den folgenden Quartalen vorgelegten Überweisungsscheine abzurechnen, soweit die überweisenden Ärzte nicht in der Lage seien, die vom Kläger erbrachten Leistungen selbst auszuführen. Das LSG hat die - vom SG nicht zugelassene - Berufung für zulässig gehalten, weil der Kläger die auf II/75 folgenden Quartale mit einer Feststellungsklage in den Rechtsstreit einbezogen habe. Seine Berufung sei auch begründet: Die streitige Bestimmung der Beteiligungsbeschlüsse ("Leistungen, die von den in S niedergelassenen Kassenärzten - Vertragsärzten - nicht ausgeführt werden können") sei mehrdeutig. Der Kläger habe sie dahin verstehen können, daß er stets tätig werden dürfe, wenn der überweisende Arzt die für erforderlich gehaltene Laboruntersuchung nicht selbst ausführen könne. Die Mehrdeutigkeit gehe zu Lasten der Verwaltung. Diese müsse diejenige Auslegung gegen sich gelten lassen, die sich der Betroffene zu eigen gemacht habe, sofern sie im Bereich des Vernünftigen liege, selbst wenn sie auf einem entschuldbaren Irrtum beruhe. Es gebe keinen Anhalt dafür, daß der Kläger im Beteiligungsverfahren eindeutig darauf hingewiesen worden sei, daß er nur tätig werden dürfe, wenn keiner der in S niedergelassenen Ärzte die Leistung erbringen könne. Im übrigen dürfe er nach dem Wortlaut der Beteiligungsbeschlüsse auch Überweisungsfälle von auswärtigen Ärzten abrechnen (Urteil vom 21. September 1977).
Die Beklagte hat die - vom Senat zugelassene - Revision eingelegt. Ihrer Ansicht nach hat das Berufungsgericht die fragliche Bestimmung der Beteiligungsbeschlüsse unrichtig ausgelegt. Die Bestimmung sei nicht mehrdeutig, wie das LSG angenommen habe, sondern nach allgemeinem Sprachgebrauch und den grammatikalischen Regeln der deutschen Sprache eindeutig dahin zu verstehen, daß der Kläger nur solche Leistungen abrechnen dürfe, die keiner der in Speyer niedergelassenen Ärzte, insbesondere nicht der dort tätige Laborarzt, ausführen könne. Wenn in den Beteiligungsbeschlüssen von den niedergelassenen Ärzten und nicht von dem Laborarzt die Rede sei, so deswegen, weil es Untersuchungsmethoden geben könne, die nur von einem anderen niedergelassenen Facharzt erbracht werden könnten; es sei auch nicht auszuschließen, daß sich noch ein weiterer Laborarzt in S niederlasse. Um den jeweiligen Bedürfnissen der Versicherten sofort entsprechen zu können und den Umfang der Beteiligung des Klägers nicht immer wieder durch förmliche Beschlüsse der Zulassungsorgane ändern zu müssen, sei seine Beteiligung - wie auch schon in anderen Fällen geschehen - "so flexibel wie möglich" gehalten worden. Unzumutbare Schwierigkeiten entstünden dem Kläger dadurch nicht. Ihm könne jederzeit von der Beklagten mitgeteilt werden, welche Laborleistungen von den in S niedergelassenen Ärzten ausgeführt würden. Im übrigen habe der Zulassungsausschuß die Beschränkung seiner Beteiligung und ihre Gründe eingehend mündlich mit ihm besprochen, sie seien auch in der Tagespresse erörtert worden; zudem habe der Kläger vor Erlaß der Beteiligungsbeschlüsse von einem Brief des niedergelassenen Laborarztes erfahren, wonach dieser der Beteiligung des Klägers, abweichend von einer früheren vom Kläger vorgelegten Stellungnahme, nunmehr ablehnend gegenüberstehe. In allen diesen Beziehungen habe das LSG den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die Verfahrensrügen der Beklagten für unbegründet; die von ihr vermißte Sachaufklärung sei vom Rechtsstandpunkt des LSG nicht erforderlich gewesen. Es treffe auch nicht zu, daß der Kläger vor seiner Beteiligung von dem fraglichen Brief des S Laborarztes Kenntnis erhalten habe. In der Sache sei die - im übrigen nicht revisible - Entscheidung des LSG richtig. Die Auslegung, die die Beklagte der fraglichen Bestimmung der Beteiligungsbeschlüsse gegeben habe, sei unsinnig und wirklichkeitsfremd; sie wäre auch nicht zu praktizieren. Dem Kläger könne nicht zugemutet werden, sich in regelmäßigen Abständen nach den Veränderungen im Leistungsspektrum seiner Kollegen zu erkundigen. Auch bei anderen Krankenhausärzten sei eine Beteiligung bisher nicht in der beim Kläger ausgesprochen Art und Weise erfolgt.
Die Beigeladenen zu 1 und 2 sind den Ausführungen der Beklagten beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) ist begründet. Das LSG hat zwar die Berufung des Klägers mit Recht für zulässig gehalten. In der Sache, dh in der Auslegung der streitigen Beteiligungsbeschlüsse, kann der erkennende Senat dem Berufungsgericht jedoch nicht folgen. Entgegen dessen Ansicht darf der Kläger Leistungen, die auch von den in S niedergelassenen Kassen- oder Vertragsärzten ausgeführt werden können, nicht abrechnen.
In welchem Umfange ein Arzt, der an der kassenärztlichen Versorgung teilnimmt (§ 368a Abs 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO -), gegenüber der KÄV Leistungen abrechnen darf, hängt davon ab, für welchen Leistungsbereich er als Kassenarzt zugelassen, als Krankenhausarzt beteiligt oder als (weder zugelassener noch beteiligter) Arzt besonders ermächtigt worden ist; denn nur im Rahmen seiner Zulassung, Beteiligung oder Ermächtigung ist er "zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet" (§ 368a Abs 4 RVO; BSGE 42, 264, 265 mwN). Entsprechendes gilt für die Teilnahme an der Ersatzkassenpraxis.
Anders als ein freipraktizierender Arzt, der mit der Zulassung als Kassenarzt oder mit der Beteiligung als Vertragsarzt grundsätzlich alle Leistungen seines Fachgebietes abrechnen darf, wird ein Krankenhausarzt an der kassen- und an der vertragsärztlichen Versorgung nur beschränkt beteiligt, sofern nämlich seine Beteiligung "notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten" (§ 368a Abs 8 RVO; ähnlich für den Ersatzkassenbereich § 5 Nr 6 des Arzt/Ersatzkassen-Vertrages - EKV - vom 20. Juli 1963). Die Beteiligung eines Krankenhausarztes an der kassen- und der vertragsärztlichen Versorgung ist mithin nur zulässig, wenn dafür ein besonderes Bedürfnis vorliegt, weil die Versicherten durch die niedergelassenen Kassen- und Vertragsärzte nicht ausreichend versorgt werden können, soweit also Versorgungslücken bestehen, die sich nur durch die Beteiligung eines Krankenhausarztes schließen lassen (vgl BSGE 21, 230, 231; 29, 65, 67). Daß eine solche Bedürfnisprüfung verfassungsrechtlich unbedenklich ist, namentlich das Grundrecht der Krankenhausärzte auf freie Ausübung ihres Berufs (Art 12 des Grundgesetzes - GG -) nicht übermäßig einschränkt, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon entschieden (BVerfGE 16, 286 = SozR Nr 8 zu Art 12 GG).
Wie bei der Bedürfnisprüfung im einzelnen zu verfahren ist, insbesondere in welchem Umfange ein Krankenhausarzt beteiligt werden darf, ist aufgrund gesetzlicher Ermächtigung (§ 368c Abs 2 Nr 12 RVO = Nr 11 idF des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes vom 27. Juni 1977, BGBl I 1069) in § 29 der ZO-Ärzte vom 28. Mai 1957 geregelt (BGBl I 572; seit dem 27. Juli 1977 gilt § 29 ZO-Ärzte in der - hier noch nicht anwendbaren - Fassung der Ersten Änderungsverordnung vom 20. Juli 1977, BGBl I 1332, seit dem 30. Juli 1978 idF der Zweiten Änderungsverordnung vom 24. Juli 1978, BGBl I 1085).
Nach § 29 Abs 2 ZO-Ärzte können Beteiligungen von Krankenhausärzten nur für ambulante kassenärztliche Tätigkeiten erfolgen. Sie umfassen in der Regel folgende ärztliche Leistungen:
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a) |
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Untersuchungen zum Zwecke der Krankheitserkennung, |
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b) |
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konsiliarische Beratung eines Kassenarztes in der Behandlung, |
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c) |
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die Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, insbesondere ärztlicher Sachleistungen, |
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d) |
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eine ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Kassenarzt. |
Soll die Beteiligung auf einzelne der in Absatz 2 genannten ärztlichen Leistungen beschränkt werden, so ist dies im Beteiligungsbeschluß auszusprechen (§ 29 Abs 3 ZO-Ärzte). Eine im Ergebnis ähnliche Regelung gilt für den Bereich der Ersatzkassen (§ 5 Nr 6 EKV).
Aufgrund dieser Vorschriften ist der Kläger, der seit April 1975 als Facharzt für Laboratoriumsmedizin Chefarzt des Zentrallabors eines S Krankenhauses ist, für die Dauer dieser Tätigkeit und für sein Fachgebiet an der ambulanten kassen- und vertragsärztlichen Versorgung auf Überweisung beteiligt worden. Streitig ist dabei unter den Beteiligten die Auslegung einer Bestimmung der Beteiligungsbeschlüsse, nach der die Beteiligung sich erstreckt auf "Leistungen, die von den in S niedergelassenen Kassenärzten (Vertragsärzten) nicht ausgeführt werden können". Der Kläger und das LSG halten diese Bestimmung für mehrdeutig. Ihrer Ansicht nach kann sie auch dahin verstanden werden, daß der Kläger "stets tätig werden dürfe, wenn der überweisende Arzt die für erforderlich gehaltene Laboruntersuchung nicht selbst ausführen könne" (Urteil des LSG, S 9). Der Senat teilt diese Ansicht nicht.
Das Revisionsgericht kann - anders als bei tatsächlichen Feststellungen des Vorderrichters, an die es grundsätzlich gebunden ist (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) - die Auslegung von Willenserklärungen, auch von öffentlich-rechtlichen Erklärungen, insbesondere von Verwaltungsakten, frei nachprüfen, da es sich insoweit um die rechtliche Würdigung der Erklärungen und die richtige Anwendung von Auslegungsgrundsätzen handelt (vgl BSGE 2, 201, 211 unten; 4, 234, 239; 24, 162, 164, jeweils mwN; Meyer-Ladewig SGG § 163 Randziffer - Rz - 3; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 38. Aufl, § 133 Anm 1 b und c sowie Anm 7; Baumbach/Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 37. Aufl, § 550 Anm 2 unter "Auslegung"). Die Auslegung solcher Erklärungen (Verwaltungsakte) ist jedenfalls dann revisibel, wenn diese aufgrund von Rechtsnormen ergangen sind, deren Geltungsbereich sich - wie § 29 ZO-Ärzteüber den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, die deshalb auch in anderen Gerichtsbezirken erlassen werden können (§ 162 SGG).
Bei der Auslegung der streitigen Bestimmung ist mit dem LSG davon auszugehen, daß es auch bei öffentlich-rechtlichen Erklärungen, insbesondere bei Verwaltungsakten, nur auf den erklärten, dh auf den zum Ausdruck gekommenen Willen der erklärenden Stelle ankommt, und zwar in der Gestalt, wie er für den Adressaten der Erklärung erkennbar geworden ist (vgl Palandt aaO § 133 Anm 1a und Anm 4b). Maßgebend ist also nicht, was die Verwaltung mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern wie der Empfänger sie verstehen durfte (Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - in DÖV 1972, 795, 796). Andererseits kann der Empfänger sich nicht darauf berufen, er habe die Erklärung in einem bestimmten Sinne verstanden, wenn sie objektiv - unter Berücksichtigung aller Umstände - nicht so verstanden werden konnte (zur Maßgeblichkeit des objektiven Erklärungswertes vgl Kopp, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes - VwVfG - vom 25. Mai 1976, § 37 Anm 2, ferner BGHZ 36, 33).
Im vorliegenden Falle sollte der Kläger nach dem Wortlaut der fraglichen Beteiligungsbeschlüsse nur das Recht haben, solche Leistungen abzurechnen, "die von den in Speyer niedergelassenen Kassenärzten (Vertragsärzten) nicht ausgeführt werden können". Der Kläger sollte also nur insoweit abrechnungsbefugt sein, als die gleichen Leistungen nicht von anderen, nämlich den in S niedergelassenen Ärzten, erbracht werden können. Daß diese anderen Ärzte zugleich diejenigen sind, die die Versicherten vorher behandelt und dann weiterüberwiesen haben, ist den Beteiligungsbeschlüssen nicht zu entnehmen. Gerade wenn zu den behandelnden und überweisenden Ärzten auch außerhalb von S niedergelassene Ärzte zu rechnen sind, wie der Kläger und das LSG zutreffend annehmen, müssen mit den "in Speyer niedergelassenen Ärzten" andere als die behandelnden und überweisenden Ärzte gemeint sein. Das können dann - für den Kläger erkennbar - nur diejenigen S Ärzte sein, die in der Lage sind, die Leistungen, auf die sich die Überweisungen beziehen, in ihrer Praxis auszuführen, was bei Laborleistungen in erster Linie für den in S niedergelassenen Laborarzt zutrifft.
Diese Auslegung entspricht auch dem von den Beteiligungsinstanzen ersichtlich verfolgten Zweck. Als Krankenhausarzt sollte der Kläger nur insoweit beteiligt werden, als dafür eine Notwendigkeit iS des § 368a Abs 8 RVO bestand, soweit also die gleichen Leistungen nicht schon von niedergelassenen Ärzten erbracht werden konnten. Hätten die Beteiligungsstellen den Kläger ohne Rücksicht auf ein solches Bedürfnis beteiligt, so hätten sie ihrem gesetzlichen oder vertraglichen Auftrag zuwider gehandelt, was auch der Kläger erkennen mußte. Daß seine Beteiligung deswegen, wie er meint, nur eine "Scheinbeteiligung" sei, trifft nicht zu. Daß sie allerdings weniger umfangreich ist als bei einer von ihm im Ergebnis erstrebten "Vollbeteiligung", haben die Beteiligungsinstanzen gerade mit seiner beschränkten, den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen entsprechenden Beteiligung bezweckt. Die Beschränkung kommt dabei auch darin zum Ausdruck, daß die Beteiligung für den kassenärztlichen Bereich ausdrücklich nur nach § 29 Abs 2 Buchst c der ZO-Ärzte (Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden) ausgesprochen worden ist.
Angesichts dieser - nach Wortlaut und Sinn der Beteiligungsbeschlüsse eindeutigen - Beschränkung des Klägers auf solche Leistungen, die die in S tätigen Kassen- und Vertragsärzte nicht erbringen können, greifen die Einwände des Klägers, die sich gegen die Praktikabilität der Regelung richten, nicht durch. Erwägungen der Praktikabilität mögen zwar bei der Auslegung nicht nur von Normen, sondern auch von individuellen Regelungen des öffentlichen Rechts (Verträgen und Verwaltungsakten) durchaus Bedeutung haben; sie können jedoch nicht dazu führen, eine an sich eindeutige Regelung in eine nach Zweck und Inhalt andere umzudeuten, nur weil diese praktikabler erscheint. Damit würden sich die Gerichte an die Stelle der Verwaltung setzen, was weder mit ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag (Art 20 Abs 2 GG) noch mit dem Wesen des gerichtlichen Rechtsschutzes vereinbar wäre (zur Umdeutung von fehlerhaften Verwaltungsakten vgl auch § 47 VwVfG, der in Abs 2 eine Umdeutung unter anderem dann ausschließt, wenn sie der erkennbaren Absicht der Behörde widerspräche). Sollte allerdings eine Regelung in einem Verwaltungsakt so unpraktikabel sein, daß sie sich nicht mehr durchführen ließe, dann wäre ihre rechtliche Wirksamkeit in der Tat in Frage gestellt (zur tatsächlichen Unmöglichkeit eines Verwaltungsaktes als Nichtigkeitsgrund vgl § 44 Abs 2 Nr 4 VwVfG und dazu die Kommentare von Stelkens/Bonk/Leonhard § 44 Rz 19 ff, und Kopp, § 44 Anm 6 d, sowie Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl, § 51 III b Nr 4, S 429). Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor.
Zwar mag der Kläger nach der vom Senat vertretenen Auslegung der Beteiligungsbeschlüsse gelegentlich vor der Frage stehen, welche Leistungen die in S niedergelassenen Kassen- und Vertragsärzte in ihrer Praxis nicht erbringen können, welche er selbst also ausführen darf; denn diese Leistungen sind in den Beschlüssen nicht im einzelnen (enumerativ) bezeichnet, was trotz der von der Beklagten angeführten Gründe für die von ihr gewählte Formulierung der Beschlüsse sicher zweckmäßig gewesen wäre, vor allem der Rechtsklarheit gedient hätte und offenbar auch sonst überwiegend geschieht. Das ändert jedoch nichts daran, daß die vom Kläger nicht abrechenbaren Leistungen im Zweifelsfalle eindeutig festgestellt werden können, insbesondere durch Rückfrage des Klägers bei der Beklagten oder bei den in Betracht kommenden Ärzten, deren Zahl nach der Art der Leistungen kaum sehr groß sein dürfte. Die Beklagte hat sich zur Beantwortung etwaiger Rückfragen ausdrücklich bereiterklärt.
Ist dem LSG hiernach bei der Auslegung der fraglichen Bestimmung in den Beteiligungsbeschlüssen des Klägers nicht zu folgen, ist diese Bestimmung vielmehr im Sinne der Beklagten und der beigeladenen Kassenverbände auszulegen, ohne daß es noch einer weiteren, den Verfahrensrügen der Beklagten entsprechenden Sachaufklärung bedarf, so kann der Senat den Rechtsstreit dennoch nicht abschließend entscheiden; denn das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - nicht festgestellt, welche der streitigen Leistungen des Klägers im Quartal II/75 von den in Speyer niedergelassenen Kassen- und Vertragsärzten hätten erbracht werden können.
Damit diese Feststellungen nunmehr nachgeholt werden, hat der Senat die Sache an das LSG zurückverwiesen. Dieses wird bei der neuen Verhandlung auch darauf hinwirken können, daß der Kläger die von der Beklagten in den Folgequartalen nicht vergüteten Leistungen näher bezeichnet und, nachdem die Beklagte über die Vergütung der fraglichen Leistungen entschieden hat und ihre Entscheidung Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist (§ 96 SGG, vgl BSGE 27, 146, 148 mwN), seine insoweit erhobene, hinsichtlich ihrer Zulässigkeit aber zweifelhafte Feststellungsklage in eine Aufhebungs- und Leistungsklage ändert. Im übrigen wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mitzuentscheiden haben.
Fundstellen