Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Bemessungsentgelt in Sonderfällen. Vorbezug von Anschlussunterhaltsgeld im 3-Jahres-Zeitraum. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
Der Bezug von Unterhaltsgeld bzw Anschlussunterhaltsgeld innerhalb von 3 Jahren vor Erwerb eines Arbeitslosengeldanspruchs führt jedenfalls dann nicht zur Bemessung des Arbeitslosengeldes nach dem Bemessungsentgelt des Unterhaltsgeldes bzw Anschlussunterhaltsgeldes, wenn zum Zeitpunkt dieser Leistungen kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr bestand und dem Bezug des Unterhaltsgeldes nicht der Bezug von Arbeitslosenhilfe vorausging.
Normenkette
SGB III § 130 Abs. 1 F: 2001-12-20; SGB III F: 1999-07-21 § 133 Abs. 1 S. 1; SGB III F: 1997-03-24 § 157 Abs. 2 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 28. September 2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Im Streit ist die Zahlung höheren Arbeitslosengeldes (Alg) für die Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 29. März 2003.
Die verheiratete Klägerin bezog Alg (zuletzt nach einem Bemessungsentgelt von 680 DM) bis zur Erschöpfung dieses Anspruchs am 29. Juni 1999; der nachfolgende Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) wurde wegen fehlender Bedürftigkeit (Berücksichtigung von Ehegatteneinkommen) bindend abgelehnt. Vom 11. Oktober 1999 bis 10. Oktober 2000 bezog die Klägerin während des Besuchs einer Weiterbildungsmaßnahme Unterhaltsgeld (Uhg) – zuletzt nach einem (dynamisierten) Bemessungsentgelt von 760 DM – und danach bis 8. Januar 2001 Anschluss-Uhg (AUhg) – ebenfalls nach einem Bemessungsentgelt von 760 DM.
Vom 1. Oktober 2001 bis 30. September 2002 war die Klägerin im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme versicherungspflichtig beschäftigt. Das Bruttoarbeitsentgelt dieser Zeit betrug (bei monatlicher Abrechnung) insgesamt 11.991,24 € zuzüglich einer Einmalzahlung in Höhe von 325 €. Im gesamten Jahr 2002 und der Alg-Bezugszeit war auf der Lohnsteuerkarte die Steuerklasse V eingetragen. Die Beklagte gewährte der Klägerin ab 1. Oktober 2002 für 180 Tage Alg in Höhe von 77,21 € wöchentlich unter Zugrundelegung des allgemeinen Leistungssatzes, eines Bemessungsentgelts von 235 € und der Leistungsgruppe D (Bescheid vom 22. Oktober 2002; Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002). Dabei lehnte sie es ab, das Alg der Klägerin nach dem Bemessungsentgelt zu zahlen, das zuletzt der Uhg-Bewilligung und AUhg-Bewilligung zu Grunde gelegen hat, weil § 133 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) nur für den Vorbezug von Alg innerhalb von drei Jahren gelte und nicht erweiternd auf den Vorbezug von Uhg oder AUhg angewandt werden könne.
Das Sozialgericht (SG) hat “den Bescheid vom 22. Oktober 2002 abgeändert, den Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alg ab dem 10. Oktober 2002 und Zugrundelegung eines Bemessungsentgeltes in Höhe von € 390 wöchentlich zu bewilligen” (Urteil vom 8. Juli 2004); im Urteil selbst ist jedoch ausgeführt, dass sich der höhere Anspruch ab 1. Oktober 2002 ergebe. Die Berufung der Beklagten hiergegen hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 28. September 2005). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, § 133 Abs 1 SGB III finde in erweiternder Auslegung jedenfalls bei Vorbezug von AUhg Anwendung, weil AUhg wie Alg und Alhi eine Entgeltersatzleistung darstelle und dem Alg nach Sinn und Zweck der Regelung gleichzustellen sei. Dem der Klägerin gezahlten Alg müsse deshalb das Bemessungsentgelt zu Grunde gelegt werden, nach dem das AUhg bemessen worden sei. Es könne offen bleiben, ob sich nicht ein Anspruch auf höheres Alg bereits daraus ergebe, dass die Beklagte zu Unrecht den Monat Oktober 2001 und möglicherweise auch zu Unrecht den Monat Oktober 2002 in den Bemessungszeitraum einbezogen habe. Der Oktober 2001 könne nicht berücksichtigt werden, weil er als Entgeltabrechnungszeitraum nur in den Bemessungszeitraum hineinrage, nicht jedoch darin voll enthalten sei; bei dem Monat Oktober 2002 sei zweifelhaft, ob dieser beim Ausscheiden der Klägerin bereits abgerechnet gewesen sei.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 133 Abs 1 SGB III. Sie ist der Ansicht, der in dieser Vorschrift geregelte Bestandsschutz des Bemessungsentgelts gelte nur für den Vorbezug von Alg oder Alhi, nicht jedoch für den Vorbezug von Uhg bzw AUhg. Es sei auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine erweiternde Auslegung der Regelung erforderlich.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihres Erachtens zutreffenden Gründe in der Entscheidung des LSG.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Verfahrensfehler, die von Amts wegen zu berücksichtigten wären, liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG statthaft. Im Hinblick auf das vom SG zu Grunde gelegte Bemessungsentgelt betrug der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 500 €.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2003 über die Anpassung des Alg an die neue Leistungsentgelt-VO, über den bereits das SG nicht befunden hat, ist mangels Verfahrensrüge zwar nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden; das LSG wird jedoch nach der Zurückverweisung der Sache den Bescheid auf eine mögliche Anschlussberufung der Klägerin (§ 202 SGG iVm § 524 Zivilprozessordnung) als Folgebescheid (§ 96 Abs 1 SGG) zu beachten haben. In der Sache geht es um höheres Alg ab 1. Oktober 2002, nicht erst ab 10. Oktober 2002, wie dies fehlerhaft vom SG tenoriert ist. Ggf wird der Tenor nach § 138 SGG zu berichtigen sein. Da Gegenstand des Klageverfahrens der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist (§ 95 SGG), wird das LSG außerdem zu beachten haben, dass das SG den Widerspruchsbescheid nicht hätte aufheben, sondern nur den Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hätte abändern dürfen. Letztlich wird das LSG zu bedenken haben, dass das SG zu Unrecht statt einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4, 56 SGG) – jedenfalls nach dem Wortlaut des Tenors – über eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage entschieden hat.
Ob der Klägerin höheres Alg zusteht, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht entschieden werden. Da der Senat dem LSG in der Anwendung des § 133 Abs 1 SGB III nicht folgt, kommt es auf die Berechnung des Bemessungsentgelts nach den üblichen gesetzlichen Kriterien an, zu denen einzelne notwendige Feststellungen fehlen. Die erforderlichen Tatsachen hat das LSG – von seiner Rechtsauffassung ausgehend folgerichtig – nicht ermittelt.
Nach § 129 SGB III (in der Fassung, die die Norm durch das “Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften” vom 16. Februar 2001 – BGBl I 266 – erhalten hat) beträgt das Alg für Arbeitslose (abhängig vom Vorhandensein eines Kindes iS des § 32 Abs 1, 3 bis 5 Einkommenssteuergesetz ≪EStG≫) 60 bzw 67 % des pauschalierten Nettoentgelts (= Leistungsentgelt, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat ≪Bemessungsentgelt≫). Nach § 132 SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21. Dezember 2000 – BGBl I 1983 – erhalten hat) ist Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt, von dem Beiträge zu erheben sind. Die Regelung des § 129 SGB III, dass das Arbeitsentgelt erzielt sein muss, wird ergänzt durch § 134 Abs 1 SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das oben bezeichnete Gesetz vom 16. Februar 2001 erhalten hat). Nach § 130 Abs 1 SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das Bundeswehrneuausrichtungsgesetz vom 20. Dezember 2001 – BGBl I 4013 – erhalten hat) umfasst der Bemessungszeitraum die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. Zunächst ist mithin der Bemessungsrahmen (52 Wochen) zu bestimmen, erst danach die darin enthaltenen Entgeltabrechnungszeiträume (Bemessungszeitraum); ihnen ist dann das Bemessungsentgelt zu entnehmen.
Von dieser Regelberechnung macht § 133 Abs 1 SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das 2. SGB III-Änderungsgesetz vom 21. Juli 1999 – BGBl I 1648 – erhalten hat) insoweit eine Ausnahme, als Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt ist, nach dem das Alg oder die Alhi zuletzt bemessen worden war, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Alg oder Alhi bezogen hatte. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall; der letzte Alg-Bezug lag außerhalb dieses Dreijahreszeitraums (am 29. Juni 1999). Alhi hat die Klägerin danach mangels Bedürftigkeit zu keinem Zeitpunkt erhalten. Die Vorschrift findet auch nicht qua Verweisung (§ 157 Abs 1 SGB III) Anwendung; denn § 157 Abs 1 SGB III enthält nur für den Uhg-Anspruch selbst eine Verweisung auf Regelungen des Alg, nicht eine Gleichstellung von früheren Uhg-Beziehern mit früheren Alg-Beziehern bei der Entscheidung über das spätere Alg.
Zur Regelung des § 133 Abs 1 SGB III hat der Senat mit Urteil vom 21. Oktober 2003 (SozR 4-4300 § 133 Nr 1) unter Anschluss an seine Rechtsprechung zum bis Ende 1997 geltenden Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entschieden, dass die Nichteinbeziehung des Uhg vom Gesetzgeber bewusst getroffen worden ist, und dabei auf seine frühere Entscheidung zum AFG (Urteil vom 22. Juli 1982 – 7 RAr 107/81 – DBlR Nr 2793a zu § 112 AFG) verwiesen. Im Urteil vom 21. Oktober 2003 hat der Senat zwar die Frage aufgeworfen, ob nicht der Uhg-Vorbezug nach dem SGB III – anders als unter Geltung des AFG – aus Gleichheitsgründen (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ≪GG≫) wie ein Alg-Vorbezug behandelt werden müsse. Diese Überlegungen können jedoch auf die vorliegende Konstellation nicht übertragen werden. Ausgangspunkt der Ausführungen des Senats im bezeichneten Urteil (dort RdNr 14) war die Tatsache, dass mit dem SGB III die Gleichstellungszeiten in § 107 AFG gänzlich entfallen sind, was zur Folge hat, dass durch den Bezug von Uhg nach dem SGB III ein neuer Alg-Anspruch nicht mehr erworben werden kann. Hinzu kommt, dass insbesondere ab 1. Januar 2003 Alg und Uhg immer weiter angenähert wurden. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG könnte sich aus der fehlenden Einbeziehung des Vorbezugs von Uhg in § 133 Abs 1 SGB III jedoch nur dann ergeben, wenn die Klägerin im Vergleich zu Alg- bzw Alhi-Empfängern durch den Uhg-Bezug anders behandelt würde, obwohl zwischen ihr und den Alg- und Alhi-Empfängern keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestünden, dass die ungleiche Behandlung gerechtfertigt wäre (vgl zu dieser Voraussetzung nur: BVerfGE 84, 133, 157; 84, 197, 199; 85, 191, 210; 85, 238, 244; 87, 1, 36; 95, 39, 45).
Der wesentliche Unterschied zwischen der Klägerin und den Personen, die während des maßgeblichen Dreijahreszeitraums Alg bezogen haben, besteht darin, dass der Alg-Anspruch der Klägerin bereits vor Beginn des Uhg-Bezugs (und vor Beginn des Dreijahreszeitraums) durch Erfüllung erloschen war. Sinn des § 133 Abs 1 Satz 1 SGB III ist es jedoch nur, die Bereitschaft des Arbeitslosen zu fördern, auch eine niedriger vergütete Zwischenbeschäftigung unter Beibehalt des dem Alg zu Grunde liegenden Bemessungsentgelts aufzunehmen, wenn der letzte Alg-Bezug im Dreijahreszeitraum liegt (BT-Drucks 13/4991, S 178 zu § 133 Abs 1). An einer derartigen, Vertrauensschutz begründenden Konstellation fehlt es aber, wenn – wie hier – innerhalb des Dreijahreszeitraums lediglich Uhg bezogen wird, ohne dass dieses Uhg an die Stelle eines noch bestehenden Alg-Anspruchs tritt. In diesem Fall ist die Entscheidung des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, dem Uhg-Empfänger das Bemessungsentgelt zu gewähren, das dem Uhg zu Grunde lag.
Nichts anderes gilt für die Prüfung des Art 3 Abs 1 GG unter dem Aspekt der Gleichstellung mit einem Alhi-Empfänger. Vorliegend hat die Klägerin (mangels Bedürftigkeit) zu keinem Zeitpunkt Alhi bezogen. An eine Gleichstellung des Uhg-Empfängers mit dem Alhi-Empfänger wäre allenfalls zu denken, wenn der Betreffende aus dem Alhi-Bezug in den Uhg-Bezug wechselt bzw wenn sein Alhi-Anspruch in der Zeit vor dem des Uhg-Bezugs geruht hat. Nur dann nämlich würde der Uhg-Empfänger durch den Bezug des Uhg ohne eine Gleichstellung des Uhg-Bezugs im Rahmen des § 133 Abs 1 SGB III mit dem Alhi-Bezug seinen gesetzlichen Bestandsschutz verlieren. Ob dies gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt, bedarf keiner Entscheidung, weil keine der beiden Konstellationen vorliegen. Der Gesetzgeber ist auch unter Berücksichtigung der im Senatsurteil vom 21. Oktober 2003 angestellten Überlegungen nicht verpflichtet, Uhg-Empfänger in jeder Hinsicht mit den Alg- bzw Alhi-Empfängern gleichzusetzen. Maßstab kann allenfalls sein, dass der Uhg-Bezug nicht zu einem Verlust der Rechte führt, die der Arbeitslose bei dem Bezug von Alg bzw Alhi an Stelle des Uhg gehabt hätte.
Es ist auch nicht der Argumentation des LSG zu folgen, wonach der Bezug von AUhg innerhalb der Dreijahresfrist die Anwendung des § 133 Abs 1 SGB III begründe. Dies ist nicht schon alleine deshalb gerechtfertigt, weil es sich bei dem AUhg um eine Entgeltersatzleistung handelt; denn dies gilt in gleicher Weise für das Uhg. Allerdings finden auf das AUhg nach § 157 Abs 2 Satz 2 SGB III (hier in der Fassung, die die Norm durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24. März 1997 – BGBl I 594 – gefunden hat) im Gegensatz zum Uhg auch die Vorschriften “für Bezieher von Alg” Anwendung, sodass sich auf Grund dieser Verweisung eine mittelbare Anwendung des § 133 Abs 1 SGB III dadurch ergeben könnte, dass der AUhg-Empfänger auch bei Anwendung des § 133 Abs 1 SGB III wie ein Alg-Bezieher zu behandeln wäre. Dies gilt indes nach der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung nur, soweit die Besonderheiten des AUhg nicht entgegenstehen. Gerade dies ist jedoch hier der Fall.
Nach der gesetzlichen Begründung sollte die soziale Sicherung der Absolventen beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen durch ein besonderes AUhg bis zur Dauer von drei Monaten gewährleistet sein, um die Zeit der Suche nach einer Beschäftigung finanziell zu überbrücken, weil eine Arbeitsaufnahme unmittelbar nach dem Ende der Weiterbildungsmaßnahme oftmals nicht möglich sei; die gegenüber dem AFG neue Leistung des AUhg war insbesondere deshalb erforderlich geworden, weil durch den Bezug von Uhg anders als nach dem Recht des AFG Folgeansprüche auf Alg nicht mehr begründet werden konnten (BSGE 86, 147, 149 = SozR 3-4300 § 156 Nr 1). Voraussetzung für die Gewährung von AUhg ist jedoch nach § 156 SGB III ua, dass nicht noch ein (Rest-)Anspruch auf Alg von drei Monaten bestand. Zu unterscheiden sind damit drei verschiedene Personengruppen nach dem Bezug von Uhg: diejenigen, die noch einen Alg-Anspruch von mehr als drei Monaten besitzen und damit kein AUhg, sondern Alg beziehen; diejenigen, die noch einen Alg-Anspruch von bis zu drei Monaten besitzen und an Stelle dieses Alg dann AUhg – allerdings nur für die den Restanspruch auf Alg überschreitende Zeit (§ 156 Abs 2 Satz 2 SGB III) – erhielten; diejenigen, die keinen Alg-Anspruch mehr besitzen, die dann in gewisser Weise “originäres” AUhg erhalten. Bei den AUhg-Empfängern, die noch einen Alg-Anspruch von weniger als drei Monaten besitzen, gelten dieser und der AUhg-Anspruch als einheitlicher Anspruch (§ 157 Abs 2 Satz 1 SGB III).
Der Anspruch auf AUhg tritt also nur dann an die Stelle eines Alg-Anspruchs, wenn noch ein solcher (Rest-)Anspruch besteht. Ist dies – wie vorliegend – nicht der Fall, ist es nach Sinn und Zweck der Regelung nicht zu rechtfertigen, den AUhg-Empfänger im Rahmen des § 133 Abs 1 SGB III wie einen Alg-Empfänger zu behandeln. Denn wenn der Alg-Bezug vor dem maßgeblichen Dreijahreszeitraum liegt, hatte der Empfänger des AUhg seinen aus § 133 Abs 1 SGB III resultierenden Bestandsschutz bereits verloren. Er wäre, würde man ihn alleine wegen des AUhg-Bezugs einem Alg-Empfänger gleichstellen, auch gegenüber dem Uhg-Empfänger ohne Alg-Restanspruch, der kein AUhg bezogen hat, ohne sachlichen Grund begünstigt, obwohl sich das “originäre” AUhg gegenüber dem Uhg gewissermaßen nur als “Anhängsel” darstellt.
Da § 133 Abs 1 SGB III somit nicht zur Anwendung kommt, sind die üblichen Kriterien für die Bemessung des Alg zu prüfen. Dabei ist dem LSG zuzustimmen, dass nach § 130 Abs 1 SGB III im Gegensatz zum Recht des AFG der Bemessungszeitraum nur die vollen Entgeltabrechnungszeiträume umfasst, die innerhalb der letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs liegen (vgl dazu Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 nF Rz 50, Stand Juni 2005). Die frühere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Regelung des § 112 AFG, die auch die in den Bemessungsrahmen hineinragenden Entgeltabrechnungszeiträume berücksichtigte (BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 24 S 110; SozR 3-4100 § 112 Nr 26 S 121 f), beruhte auf einem anderen Wortlaut der gesetzlichen Regelung und dem Umstand, dass der Bemessungsrahmen des § 112 Abs 2 Satz 1 AFG mit drei Monaten äußerst kurz war. Beide Gesichtspunkte können jedoch nach der Neuregelung des Bemessungsrechts durch das AFRG keine Berücksichtigung mehr finden. § 130 Abs 1 SGB III sieht ausdrücklich vor, dass der Bemessungszeitraum die in ihm enthaltenen Entgeltabrechnungszeiträume umfassen muss. Da der Oktober 2001 als Abrechnungszeitraum nicht in vollem Umfang in den Bemessungsrahmen von 52 Wochen fällt, bedeutet dies, dass er für die Bestimmung des Bemessungszeitraums und Bemessungsentgelts unberücksichtigt zu bleiben hat. Allerdings fehlen Feststellungen des LSG dazu, wann der Oktober 2002 abgerechnet worden ist; das LSG hat dies sogar selbst ausdrücklich als zweifelhaft bezeichnet. Dieser Monat ist bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts nur zu berücksichtigen, wenn der technische Vorgang der Abrechnung bereits vor dem Ausscheiden abgeschlossen war (vgl dazu näher Behrend, aaO, Rz 52 und 57 mwN zur Rechtsprechung). Ist aber der Monat Oktober 2001 für das Bemessungsentgelt nicht zu berücksichtigen und ist zweifelhaft, ob der Monat Oktober 2002 zu beachten ist, kommt es auf die Einzelverdienste der restlichen zehn Monate bzw elf Monate an, die das LSG nicht festgestellt hat. Bei der Höhe des Bemessungsentgelts sind auch Einmalzahlungen zu berücksichtigen (vgl dazu nur Behrend, aaO, Rz 30 f mwN); diese erhöhen bei einem kürzeren Bemessungszeitraum als zwölf Monate das durchschnittliche wöchentliche Entgelt und damit auch das Bemessungsentgelt gegenüber einem längeren Bemessungszeitraum. Darüber hinaus steht nicht mit letzter Sicherheit fest, ob ein Kind im Sinne des § 32 Abs 1, 3 bis 5 EStG zu berücksichtigen ist. Die Akte enthält Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer Tochter; dass die Voraussetzungen des EStG nicht vorliegen, kann nicht ohne weiteres angenommen werden.
Das LSG wird auch ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1552700 |
NJ 2007, 48 |
info-also 2006, 219 |