Verfahrensgang
LSG Berlin (Urteil vom 21.01.1977) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 21. Januar 1977 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Überbrückungsgeld aus Anlaß seiner Arbeitsaufnahme in Westberlin.
Der 1934 geborene Kläger ist Volljurist. Er war zunächst in München tätig. Am 1. Juli 1970 nahm er beim Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen (BAV) in Westberlin eine Tätigkeit als Hilfsreferent auf. Seine Einstellung erfolgte als Angestellter mit der Vergütungsgruppe IIa des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT). Es wurde eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, die nachträglich auf vier Monate verkürzt wurde. Nach Ablauf der Probezeit wurde seine Übernahme in das Beamtenverhältnis eingeleitet, zu der sich der Kläger Anfang Dezember 1970 schriftlich einverstanden erklärte. Die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erfolgte dann am 16. März 1971 mit der Ernennung zum Regierungsrat.
Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Familie übersiedelte am 20. Januar 1971 nach Westberlin.
Der Kläger stellte am 16. Dezember 1970 beim Arbeitsamt (ArbA) IV Berlin-West unter Hinweis auf die 14. Durchführungsverordnung zum Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) und die dazu ergangenen Richtlinien (RL) einen Antrag auf Gewährung von Überbrückungsgeld „ohne den Zuschlag für Verheiratete”. Dieser Antrag blieb unbearbeitet, weil nach Darstellung der Beklagten noch Unterlagen fehlten, die der Kläger trotz Erinnerung nicht beigebracht habe. Am 15. Juni 1972 wandte sich der Kläger erneut mit einem Schreiben an das ArbA, in dem er seinen Antrag vom 16. Dezember 1970 wiederholte und diesen ausführlich begründete. Nach der dem Antrag beigefügten Bescheinigung des BAV hatte der Kläger in der Zeit vom 1. Juli 1970 bis 14. Juli 1970 DM 43,– und vom 15. Juli 1970 bis 19. Januar 1971 DM 14,50 täglich Trennungsgeld erhalten.
Das ArbA lehnte den Antrag ab, weil der Kläger gleichartige Leistungen vom Arbeitgeber erhalten habe (Bescheid vom 12. Juli 1972; Widerspruchsbescheid vom 3. Oktober 1972).
Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin durch Urteil vom 27. Juni 1974 abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin durch Urteil vom 21. Januar 1977 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei berechtigt gewesen, im Wege des Nachschiebens von Gründen den Antrag des Klägers damit abzulehnen, daß der Kläger innerhalb eines Jahres nach der Arbeitsaufnahme zum Beamten ernannt worden sei. Die Ablehnung mit dieser Begründung sei auch rechtmäßig. Zwar schließe die Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit im Öffentlichen Dienst im Land Berlin eine Förderung nach den RL nicht generell aus. Arbeitnehmer seien deshalb auch Bedienstete im öffentlichen Dienst, die nicht Beamte seien. Es komme aber auf die Umstände des Einzelfalles an, ob der jeweilige Antragsteller Arbeitnehmer iS der RL sei. § 2 Abs. 1 Nr. 1 der RL setze voraus, daß der Arbeitnehmer für die Dauer mindestens eines Jahres eine Beschäftigung im Land Berlin aufnehme. In der Regel genüge für die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals, daß der Antragsteller ein Beschäftigungsverhältnis in West-Berlin auf unbestimmte Zeit eingehe und daß die Beschäftigung ununterbrochen und zusammenhängend ablaufe. Der Kläger sei zwar zur Zeit der Arbeitsaufnahme am 1. Juli 1970 Arbeitnehmer iS der Vorschriften über die Arbeitsvermittlung gewesen. Der Kläger könne aber nicht gefördert werden, weil er innerhalb des einen Jahres nach der Arbeitsaufnahme Beamter geworden und seine Verbeamtung schon nach Ablauf der auf vier Monate verkürzten Probezeit eingeleitet worden sei. Auch habe sich der Kläger bereits im Dezember 1970 mit der Übernahme ins Beamtenverhältnis schriftlich einverstanden erklärt. Anfang Dezember 1970 habe außerdem für den Kläger schon eine entsprechende Planstelle als Regierungsrat der Besoldungsgruppe A 13/14 zur Verfügung gestanden. Bei dieser Sachlage sei der Umstand, daß die formelle Ernennung zum Beamten auf Probe erst am 16. März 1971 erfolgt sei, nicht von entscheidender Bedeutung.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 1 und 11 RL. Er führt dazu aus: Das LSG habe die Einleitung der Verbeamtung nicht mit der eigentlichen Übernahme in das Beamtenverhältnis gleichsetzen dürfen. Wenn er vom Tage seiner Einstellung beim BAV am 1. Juli 1970 bis einen Tag vor der Übernahme in das Beamtenverhältnis (15. März 1971) in der freien Wirtschaft in Berlin tätig gewesen wäre und erst am 16. März 1971 eine Tätigkeit als Beamter in Berlin aufgenommen hätte, wäre wohl auch das LSG davon ausgegangen, daß die arbeitsmarktpolitisch interessante Tätigkeit des Klägers erst am 15. März 1971 geendet hätte. Die Frage, wann der Kläger bei diesem hypothetischen Sachverhalt Einstellungsverhandlungen mit dem Staat geführt hätte, wäre unbeachtlich. Die Verhandlungen hätten auf den Rechtscharakter, die Art. und Dauer der Tätigkeit in der freien Wirtschaft keinen Einfluß gehabt. Der Kläger weist weiter darauf hin, daß nach der Verwaltungsanweisung der Beklagten nur die Weitergewährung der Förderung ausgeschlossen sei, wenn der Antragsteller in eine andere Tätigkeit überwechsele, für die kein arbeitsmarktpolitisches Interesse bestehe. Da er aber erst am 16. März 1971 verbeamtet worden sei, hätte ihm also bis zum 31. Dezember 1970 Überbrückungsgeld gewährt werden müssen, selbst wenn die Ansicht des LSG zutreffend wäre, daß durch die Berufung in das Beamtenverhältnis die arbeitsmarktpolitisch interessante Beschäftigung des Klägers geendet hätte. Werde dem Kläger kein Überbrückungsgeld gewährt, so werde die Berufung in das Beamtenverhältnis im Ergebnis mit dem Weggang aus Berlin gleichgesetzt. Tatsächlich habe der Kläger aber seine Tätigkeit in Berlin fortgesetzt, so daß der Beklagten keine Kosten für die Vermittlung eines Nachfolgers entstanden wären, was anders gewesen wäre, wenn der Kläger tatsächlich weggezogen wäre.
Der Anspruch auf Förderung falle nur weg, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach der Arbeitsaufnahme Berlin verlasse oder in eine andere Beschäftigung überwechsele, die arbeitsmarktpolitisch nicht von Interesse sei. Da er die am 1. Juli 1970 begonnene Beschäftigung bis heute in Berlin fortgesetzt habe und auch sein Aufgabengebiet dasselbe geblieben sei, habe sich das arbeitsmarktpolitische Interesse an seiner Beschäftigung durch die Verbeamtung nicht geändert. Auch sei die Beklagte selbst davon ausgegangen, daß die Tätigkeit des Klägers während der ersten vier Monate (Probezeit) arbeitsmarktpolitisch von Interesse gewesen sei, so daß dieselbe Beurteilung für die Zeit bis zum 30. Juni 1971 gelten müsse. Die Übernahme in das Beamtenverhältnis widerspreche auch nicht dem Förderungszweck, da die Tätigkeit des Klägers dieselbe geblieben sei. Zwar könne die Förderung ausgeschlossen sein, weil Beamte keine Leistungen nach den Berlin-RL erhalten sollen. So halte er es auch für gerecht, wenn Doppelleistungen ausgeschlossen würden, da Beamte eine besondere Beziehung zum Staat als Leistungsträger hätten. Doch könnten Doppelleistungen erst ab dem Zeitpunkt der Übernahme in das Beamtenverhältnis in Betracht kommen. Vor der Beamtung stehe die Zahlung von Überbrückungsgeld somit dem Zweck der RL nicht entgegen.
Der Kläger weist schließlich noch darauf hin, daß er seine Entscheidung, nach Berlin zu gehen, von einem Besuch in einem Werbebus für Berlin und einer Beratung durch das Landesarbeitsamt Berlin am 20. April 1970 abhängig gemacht habe und er somit auch die Beschäftigung in Berlin unter Mitwirkung der Beklagten aufgenommen habe.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil und das Urteil des SG vom 27. Juni 1974 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 1972 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Oktober 1972 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auf seinen am 16. Dezember 1970 gestellten Antrag auf Gewährung von Überbrückungsgeld gemäß § 11 Abs. 1 KL unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Zusätzlich weist sie darauf hin, daß auch Angestellte im öffentlichen Dienst keinen Anspruch auf Förderung haben, wenn sie vom Arbeitgeber Trennungsgeld erhalten, weil es sich dabei um gleichartige Leistungen iS des § 2 Abs. 2 Nr. 1 RL handele. Im übrigen habe der Kläger die Beschäftigung in Berlin nicht unter Mitwirkung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) aufgenommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet.
Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Bestimmungen der Vierzehnten Verordnung zur Durchführung des AVAVG (Förderung der Arbeitsaufnahme im Land Berlin) vom 30. Januar 1962 (BGBl I S 58 – 14. DVO) in Verbindung mit den RL zur Förderung der Arbeitsaufnahme im Land Berlin vom 31. Januar 1962 (BAnz Nr. 26 vom 7. Februar 1962) idF vom 10. Februar 1970 (BAnz Nr. 33 vom 18. Februar 1970). Die 14. DVO gilt nämlich bis zu ihrer Aufhebung durch eine Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 5 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) weiter (§ 242 Abs. 3 AFG), welche bisher nicht ergangen ist. Die RL beruhen auf § 1 der 14. DVO. Sie besitzen Rechtsnormqualität, wenngleich auf die in ihnen vorgesehenen Leistungen kein Rechtsanspruch besteht (§ 1 Abs. 2 RL), diese vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen der Beklagten zu gewähren sind (vgl. BSGE 34, 115; BSG in Breithaupt 1975 S. 533; BSG vom 22. November 1977 – 7 RAr 88/76 –).
Nach § 1 RL sollen die Leistungen nach den RL, damit auch das vom Kläger beantragte Überbrückungsgeld (§ 11 RL), die Arbeitsaufnahme von Arbeitnehmern, insbesondere von Facharbeitern, fördern, die von der Berliner Wirtschaft zur Erhaltung oder Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit benötigt werden. Die vom Kläger am 1. Juli 1970 bei der BAV aufgenommene Tätigkeit eines Angestellten erfüllt diese Voraussetzungen. Der Senat hat zwar entschieden, daß die Aufnahme einer Beamtentätigkeit in Berlin nicht die Aufnahme einer Beschäftigung iS § 1 RL darstellt (BSG SozR 14. DVO AVAVG Nr. 2). Er hat damit jedoch nur zum Ausdruck gebracht, daß Beamte wegen des Fehlens der Arbeitnehmereigenschaft bei der Arbeitsaufnahme von der Förderung nach den RL ausgeschlossen sind. Denn er hat betont, daß die Berliner Wirtschaft auf einen funktionierenden Behördenapparat angewiesen ist. Der Begriff der „Berliner Wirtschaft” in § 1 Abs. 1 RL ist in der Tat nicht dahin zu verstehen, daß damit nur privatwirtschaftlich ausgerichtete und tätige Unternehmen und Betriebe gemeint sind. Vielmehr handelt es sich um eine zusammengefaßte Beschreibung all dessen, was für das Wirtschaftsgeschehen einer Region – hier des Landes Berlin – notwendig und von Bedeutung ist. Dazu gehört auch das öffentliche Verwaltungswesen einer Region; denn ohne dieses ist ein sachgerechtes Funktionieren der „Wirtschaft” nicht denkbar. Dem tragen jedenfalls auch die Durchführungsanweisungen (DA) des Präsidenten der BA zu den RL Rechnung (vgl. Dienstblatt A der BA 1970, Nr. 53 S. 725, 729). In DA 1.01 wird dort zu § 1 RL bestimmt, daß die Gewährung von Leistungen nur zulässig ist, wenn die Arbeitnehmer von der Westberliner Wirtschaft (einschließlich der öffentlichen Verwaltung) benötigt werden.
In DA. 2.06 wird die Förderung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes grundsätzlich für möglich erklärt. Der Senat hat (aaO) den Regelungsinhalt dieser DA lediglich insoweit für unmaßgeblich gehalten, als daraus auch auf die Förderung von Beamten geschlossen wurde. Die Einbeziehung der öffentlichen Verwaltung in den Begriff der Berliner Wirtschaft als zielbestimmten Leistungszweck hat er damit jedoch nicht ausgeschlossen, sofern es sich dabei um die Aufnahme von Arbeitnehmertätigkeiten iS der RL handelt.
Der Kläger erfüllt auch die Förderungsvoraussetzungen nach § 2 RL. Er hat am 1. Juli 1970, also nach Inkrafttreten der EL, eine Beschäftigung im Land Berlin als Arbeitnehmer, nämlich als Angestellter des BAV, für die Dauer mindestens eines Jahres aufgenommen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 RL). Daß auch die Tätigkeit eines Angestellten unter den Arbeitnehmerbegriff der §§ 1, 2 RL fällt, hat der Senat in dem bereits erwähnten Urteil schon entschieden (aaO).
Der Annahme, daß der Kläger am 1. Juli 1970 eine Beschäftigung als Arbeitnehmer für die Dauer mindestens eines Jahres aufgenommen hat (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 EL), steht es nicht entgegen, daß er am 16. März 1971, also noch vor Ablauf dieses Jahres, in das Beamtenverhältnis übernommen worden ist. Maßgeblich für die Erfüllung dieser Rechtsbedingung als Voraussetzung für eine Förderung ist nämlich der Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme oder einer davor liegenden Antragstellung, wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (Urteil vom 22. November 1977 – 7 RAr 88/76 –). Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der RL folgt – wie der Senat näher ausgeführt hat –, daß grundsätzlich der Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme ausschlaggebend für die Leistungsgewährung ist. Nach dem in diesem Zeitpunkt objektiv bestehenden Plan für die Arbeit in Berlin ist festzustellen, ob die ernsthafte Absicht der Arbeitsvertragsparteien für eine dem § 2 Abs. 1 Nr. 1 RL entsprechende Beschäftigung gegeben ist. Für das Überbrückungsgeld wird diese Auffassung durch die Regelung in § 11 Abs. 3 RL bestärkt.
Diese Leistung wird danach für den ersten Monat bei der Arbeitsaufnahme, für die folgenden Monate jeweils zu Beginn des Monats gezahlt. Daraus ergibt sich, daß im Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme festgestellt werden muß, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Überbrückungsgeld vorliegen. Ein Antragsteller, der sogleich bei der Arbeitsaufnahme das Überbrückungsgeld beantragt, kann aber nicht besser gestellt sein, als derjenige, der – wie der Kläger – erst später seinen Antrag stellt. Hätte der Kläger seinen Antrag im Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme gestellt, hätte dieser jedenfalls nicht mit der Begründung abgelehnt werden können, daß er in das Beamtenverhältnis übernommen worden sei. Weder der Zeitpunkt der Antragstellung noch der Zeitpunkt der Entscheidung des ArbA kann deshalb für die Beurteilung, ob der Arbeitnehmer für die Dauer mindestens eines Jahres eine Beschäftigung in Berlin aufgenommen hat, entscheidend sein, da das Entscheidungsergebnis vom Zufall abhinge, wenn zwischenzeitlich unvorhergesehene Änderungen tatsächlicher Art. eintreten. Das erhellt auch § 3 RL, wonach der Antrag auf Überbrückungsgeld auch noch sechs Monate nach der Arbeitsaufnahme gestellt werden kann; ein derart spät gestellter Antrag besitzt folglich dieselbe Verfahrensbedeutung wie der bei Arbeitsaufnahme gestellte Antrag; er kann somit nicht anders zu behandeln sein als jener. Der Senat hat schließlich auch aus der Regelung in § 4 RL über die Rückzahlung von Leistungen in dort genau bestimmten Fällen – Gewährung zu Unrecht aufgrund falscher Angaben oder Vereitelung des mit der Leistung bezweckten Erfolges durch schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers – gefolgert, daß eine auf anderen Umständen beruhende Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nach der Arbeitsaufnahme den Leistungsanspruch nicht berührt (vgl. Urteil vom 22. November 1977 – 7 RAr 88/76). Die vom Kläger gewollte Übernahme in das Beamtenverhältnis kann aber nicht als ein Vereitelungstatbestand iS § 4 Nr. 2 RL angesehen werden, dies ungeachtet dessen, daß § 4 Nr. 2 RL lediglich einen Rückforderungstatbestand umschreibt, um den es hier nicht geht. Zum einen ist es nämlich kein schuldhaftes, dh vorwerfbares Verhalten in diesem Sinne, wenn ein Arbeitnehmer seiner Ernennung zum Beamten vor Ablauf der Jahresfrist des § 2 Abs. 1 Nr. 1 RL zustimmt, ohne daß sich dadurch Art. und Inhalt seiner Beschäftigung ändern; dies hat allenfalls Einfluß darauf, ob ihm von diesem Zeitpunkt an noch Leistungen zustehen. Zum anderen ist der Inhalt des Begriffs „Leistungserfolg” in diesem Sinne ebenfalls den Bestimmungen der §§ 1, 2 Abs. 1 RL zu entnehmen. Das heißt, es kommt darauf an, ob die Bedingungen, unter denen hiernach Leistungen zustehen, im Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme vorliegen und allenfalls, daß sie noch für die Dauer der jeweiligen Leistungsgewährung weiterbestehen. Deshalb bestimmt die Beklagte in DA 4.04 ermessensfehlerfrei, daß der mit der einzelnen Leistung bezweckte Erfolg als erreicht angesehen werden kann, wenn der Empfänger in dem Zeitraum, für den er die Einzelleistung in Berlin erhalten hat, in Berlin in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Das war beim Kläger für das von ihm begehrte Überbrückungsgeld für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1970 der Fall.
Vorliegend ist nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) davon auszugehen, daß der Kläger bei Arbeitsaufnahme eine Beschäftigung iS von § 2 Abs. 1 Nr. 1 RL eingehen wollte und eingegangen ist. Dem steht es nicht entgegen, daß für die Beschäftigung des Klägers bereits ab September oder Dezember 1970 eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13/14 zur Verfügung stand, daß seine Probezeit als Angestellter nachträglich auf vier Monate verkürzt und danach seine Übernahme in das Beamtenverhältnis eingeleitet wurde, der Kläger hiervon jedenfalls seit 9. Dezember 1970 positiv Kenntnis hatte und er schließlich am 16. März 1971 als Beamter auf Probe zum Regierungsrat ernannt wurde. Der Kläger konnte nämlich mit dieser Entwicklung bei der Arbeitsaufnahme nicht in einer Weise rechnen, daß seine damalige Absicht, mindestens für die Dauer eines Jahres als Arbeitnehmer in Berlin tätig zu sein, objektiv nicht gerechtfertigt erschiene. Einmal war im Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1970 (§ 9) ausdrücklich vereinbart worden, daß durch die Eingehung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht begründet werde. Zum anderen konnte der Kläger trotz Kenntnis der Einstellungspraxis des BAV bei Arbeitsaufnahme Anfang Juli 1970 nicht in für die Regelung von § 2 Abs. 1 Nr. 1 RL relevanter Weise damit rechnen, daß seine Übernahme in das Beamtenverhältnis noch vor Ablauf eines Jahres stattfinden würde. Ebensowenig sind andere Gründe ersichtlich, die Zweifel an der Beurteilung im Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme rechtfertigen würden, der Kläger hätte am 1. Juli 1970 nicht für die Dauer mindestens eines Jahres die Arbeitnehmertätigkeit aufgenommen. Infolgedessen bedurfte es hier keiner Entscheidung, ob es mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 1 RL überhaupt darauf ankommt, daß eine einmal für die Mindestdauer eines Jahres aufgenommene Arbeitnehmertätigkeit als Voraussetzung für das Entstehen eines Förderungsanspruchs auch unverändert für diesen Zeitraum eine Arbeitnehmertätigkeit bleibt oder ob es nicht genügt, daß Art. und Inhalt dieser Beschäftigung unverändert bestehen bleiben, auch wenn sich der Status des diese Beschäftigung Ausübenden ändert. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob dem Antragsteller auch für die Zeit nach einer Statusveränderung (wie hier zB durch Übernahme in das Beamtenverhältnis) Leistungen zustehen. Diese Frage stellt sich im Falle des Klägers schon deshalb nicht, weil er das Überbrückungsgeld lediglich bis Ende Dezember 1970 begehrt, für eine Zeit also, in der er insgesamt noch Arbeitnehmer iS §§ 1, 2 RL war.
Dem vom Kläger erhobenen Anspruch steht es nicht entgegen, daß er von seinem Arbeitgeber Trennungsgeld für die Zeit erhalten hat, für die er von der Beklagten Überbrückungsgeld begehrt. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 RL werden Leistungen allerdings nicht gewährt, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen erbringt oder zu erbringen verpflichtet ist. Bei dem vom Arbeitgeber des Klägers gewährten Trennungsgeld handelt es sich jedoch in Bezug auf den vom Kläger erhobenen Anspruch nicht um eine gleichartige Leistung iS des § 2 Abs. 2 Nr. 1 RL. Dieses Trennungsgeld beruht allein auf getrennter Haushaltsführung. Es richtet sich gemäß § 44 BAT nach den für Beamte des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen, insbesondere also nach der Trennungsgeldverordnung, hier in der Fassung vom 12. August 1965 (BGBl I 808). Trennungsgeld wird danach wegen der Mehrauslagen gewährt, die aus Anlaß der angeordneten Tätigkeit an einem anderen Dienstort als dem bisherigen Dienst- und Wohnort entstehen, und zwar grundsätzlich längstens bis zum Umzug an den ersteren (§ 1 Abs. 1, § 2 Nr. 5a Trennungsgeldverordnung). Es ist in diesem Sinne auch im Fall der Einstellung eines Beamten an einen anderen Ort als dem bisherigen Wohnort zugelassen (§ 1 Abs. 2 Trennungsgeldverordnung). Dem entsprach das dem Kläger gewährte Trennungsgeld; seine Zahlung wurde, wie das LSG festgestellt hat, ab dem 20. Januar 1971, dem Tag des Umzugs der Familie des Klägers nach Berlin, eingestellt.
Dem Überbrückungsgeld nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RL, das der Kläger allein geltend macht, liegen andere Beweggründe zugrunde. Nach dieser Vorschrift erhält der Antragsteller zum Ausgleich von sonstigen Mehraufwendungen, die mit der Arbeitsaufnahme in Berlin verbunden sind, ein Überbrückungsgeld von 150,– DM für die ersten drei Monate und von je 100,– DM für den vierten bis sechsten Monat. Ein erhöhtes Überbrückungsgeld für Verheiratete mit getrennter Haushaltführung sieht § 11 Abs. 2 RL vor. Den Antrag auf diese Leistung hat der Kläger aber ausdrücklich nicht gestellt. Zu dem Überbrückungsgeld nach § 11 Abs. 1 Satz 1 KL hat der Senat bereits entschieden, daß ein vom Arbeitgeber wegen doppelter Haushaltführung gewährtes Trennungsgeld hierauf nicht anzurechnen ist; insoweit findet nur eine Anrechnung auf das erhöhte Überbrückungsgeld nach § 11 Abs. 2 KL statt (BSG SozR 4720 Allg RL Arbeitsaufnahme Berlin Nr. 2). Der Senat folgerte dies aus dem Zweck der Leistung und dem Sinn des Wortes „gleichartig” in § 2 Abs. 2 Nr. 1 RL. Der Grundbetrag des Überbrückungsgeldes nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RL findet seinen Zweck nämlich nicht in dem Ausgleich von Mehrkosten wegen doppelter Haushaltführung. Es soll vielmehr ganz allgemein einen erhöhten Kostenaufwand abdecken, der in den ersten Monaten einer Arbeitsaufnahme in Berlin für den Arbeitnehmer durch die Anpassung an eine neue Umgebung entsteht, was schon daraus deutlich wird, daß es selbst nach einem Umzug der Familie nach Berlin noch weitergewährt wird (§ 14 EL). Der Senat hält hieran fest.
Die Beklagte ist auch nicht berechtigt, die Gewährung von Überbrückungsgeld mit der Begründung abzulehnen, die Beschäftigung des Klägers sei arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig gewesen, nachdem der Kläger in das Beamtenverhältnis übernommen worden ist. In der DA 2.07 hat die Beklagte zwar geregelt, Leistungen nach den RL konnten nicht weitergewährt werden, wenn der Arbeitnehmer in Berlin während der Dauer der Förderung in eine Beschäftigung überwechsele, die arbeitsmarktpolitisch nicht von Interesse sei. Abgesehen davon, daß diese Verwaltungsregelung für sich gesehen der Gewährung des vom Kläger für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1970 begehrten Überbrückungsgeldes nicht entgegenstünde – er wurde erst im März 1971 Beamter –, hat der Senat bereits in dem schon mehrfach erwähnten Urteil vom 22. November 1977 ausgeführt, daß der Begriff des arbeitsmarktpolitischen Interesses in dem von der Beklagten verwendeten Sinne nicht der nach § 1 Abs. 1 RL vorgegebenen Zweckbestimmung entspricht, wonach es lediglich auf die Frage der Erhaltung oder Stärkung der Berliner Wirtschaft ankommt. Ausgehend davon, daß die berufliche Tätigkeit des Klägers im Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme von der Berliner Wirtschaft benötigt wurde, kann diese Feststellung nicht dadurch rückwirkend für die Zeit seiner Tätigkeit als Angestellter wegfallen, daß der Kläger nachträglich in das Beamtenverhältnis übernommen worden ist, zumal da er nach wie vor dieselbe Beschäftigung ausgeübt hat.
Der Kläger hat das Überbrückungsgeld rechtzeitig beantragt. Denn es ist von seinem Antrag vom 16. Dezember 1970 auszugehen. Wie schon erwähnt, ist der für die Leistungsgewährung erforderliche Antrag gemäß § 3 Satz 2 RL innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt zu stellen, in dem die Kosten entstanden oder die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen erfüllt sind. Danach hat die Antragsfrist hierfür frühestens am 1. Juli 1970, dem Tag der Arbeitsaufnahme in Berlin, begonnen; denn nach § 11 Abs. 3 RL wird das Überbrückungsgeld für den ersten Monat bei der Arbeitsaufnahme, für die folgenden Monate jeweils zu Beginn des Monats gezahlt. Der Wirksamkeit des rechtzeitig gestellten Antrages vom 16. Dezember 1970 steht es nicht entgegen, daß dieser von seifen der Beklagten zunächst nicht bearbeitet worden ist. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Kläger auf die Gewährung von Überbrückungsgeld verzichtet hat, indem er die Bearbeitung seines am 16. Dezember 1970 gestellten Antrages nicht weiter verfolgte, zB keine Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) erhoben hat. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben des Klägers vom 10. Juni 1972, das am 15. Juni 1972 beim ArbA eingegangen ist, daß der Kläger beim ArbA weiterhin auf Gewährung von Überbrückungsgeld gedrungen hat.
Der Senat kann gleichwohl in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil vom LSG nicht in erheblicher Weise festgestellt worden ist, ob die Arbeitsaufnahme des Klägers unter Mitwirkung der BA zustande gekommen ist, wie es § 2 Abs. 1 Nr. 1 RL für die Gewährung von Leistungen voraussetzt. Da nach den RL Leistungen nur an Arbeitnehmer gewährt werden sollen, die von der Berliner Wirtschaft zur Erhaltung und Stärkung ihrer Leistungsfähigkeit benötigt werden (§ 1 Abs. 1 RL), kommt es zwar nicht darauf an, daß die Beklagte dem Arbeitnehmer die Beschäftigung vermittelt hat; es reicht als Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen aus, wenn das ArbA in sachgerechter Weise feststellt, ob der Beruf des Antragstellers von der Berliner Wirtschaft benötigt wird. Die Beklagte hat dazu in DA 2.11 geregelt: „Die Mitwirkung einer Dienststelle der BA ist auch dann gegeben, wenn sich der Arbeitnehmer die Arbeitsstelle in Berlin selbst gesucht hat und das zuständige ArbA in Berlin bestätigt, daß die Arbeitsaufnahme aus arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten erwünscht ist”.
Das LSG hat ausdrücklich dahingestellt sein lassen, ob der Kläger die Beschäftigung unter Mitwirkung der BA aufgenommen hat, so daß das LSG zum Vorliegen dieser Voraussetzungen keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Es wird dies nachzuholen und abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen