Entscheidungsstichwort (Thema)
berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation. Übergangsgeld. Überprüfungsantrag. Soldat auf Zeit. allgemeine Förderungsvoraussetzungen. Anerkennung. versicherungsrechtliche Voraussetzungen. Zugehörigkeit zur Solidargemeinschaft der Beitragszahler. Arbeitslosenbeihilfe und Arbeitslosenhilfe. Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Gleichstellung. Förderung der berufliche Bildung. Ausnahmetatbestand. Anspruch auf Ausbildungsförderung. Erstattungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Einem für den Anspruch auf Übergangsgeld nach § 59 Abs 1 S 3 AFG erforderlichen Vorbezug von Arbeitslosengeld bzw Anschluß-Arbeitslosenhilfe steht der Bezug von Arbeitslosenbeihilfe bzw Arbeitslosenhilfe nach § 86a Abs 1 und 2 SVG gleich.
Normenkette
AFG § 59 Abs. 1 Fassung: 1985-12-20; SVG § 86a Fassung: 1987-08-06; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1, §§ 104, 107 Abs. 1; BAföG § 38 S. 2
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 06.10.1993; Aktenzeichen L 12 Ar 49/92) |
SG Duisburg (Urteil vom 25.02.1992; Aktenzeichen S 14 (16) Ar 275/90) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Oktober 1993 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt die Überprüfung, ob die Ablehnung eines Anspruchs auf Übergangsgeld (Übg) mit der Rechtslage in Einklang stand.
Der am 4. August 1962 geborene Kläger bezog nach seiner Ausbildung zum Betriebsschlosser (1. September 1980 bis 1. Juli 1983) vom 2. Juli bis 1. Oktober 1983 Arbeitslosengeld (Alg). Anschließend war er vier Jahre Soldat auf Zeit (1. Oktober 1983 bis 30. September 1987), zuletzt als Stabsunteroffizier. Nach seiner Entlassung bezog er sechs Monate Übergangsgebührnisse (1. Oktober 1987 bis 31. März 1988). Die Anerkennung von Wirbelsäulenveränderungen als Wehrdienstbeschädigung wurde vom Versorgungsamt bindend abgelehnt (Bescheid vom 3. Februar 1988). Zum 1. April 1988 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Das Arbeitsamt (ArbA) bewilligte ab Antragstellung für 156 Tage Arbeitslosenbeihilfe (Alb) nach § 86a Abs 1 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) und im Anschluß daran für die Zeit vom 11. Oktober 1988 bis 28. Januar 1989 Arbeitslosenhilfe (Alhi) gemäß § 86a Abs 2 SVG.
Im Oktober 1987 hatte der Kläger beim ArbA Antrag auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation gestellt. Ein arbeitsamtsärztliches Gutachten ergab, daß der Kläger wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen auf Dauer nicht mehr als Betriebsschlosser arbeiten könne (Gutachten vom 22. März 1988). Nachdem der Landschaftsverband die Kostenübernahme für eine Berufsförderungsmaßnahme abgelehnt hatte, bewilligte das ArbA eine am 30. Januar 1989 beginnende Maßnahme der beruflichen Umschulung zum Maschinenbautechniker beim Berufsförderungswerk Oberhausen; gleichzeitig teilte es dem Kläger mit, über die Höhe und Dauer des Übg werde ein gesonderter Bescheid ergehen (Bescheid vom 18. Januar 1989). Durch Bescheid vom 7. März 1989 lehnte es die Bewilligung von Übg mit dem Hinweis ab, ein Anspruch auf Alb bzw Alhi nach § 86a SVG begründe keinen Anspruch auf Übg gemäß § 59 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 8. März 1990 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 7. März 1989 (§ 44 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – ≪SGB X≫; § 152 AFG). Das ArbA lehnte den Antrag mit der Begründung ab, es handele sich bei dem Alb-Anspruch nach § 86a SVG nicht um eine originäre Leistung nach dem AFG; eine solche sei jedoch zur Begründung eines Anspruchs auf Übg nach § 59 AFG erforderlich (Bescheid vom 15. Juni 1990; Widerspruchsbescheid vom 10. September 1990). Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Juni 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 1990 verurteilt, den Antrag vom 8. März 1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Urteil vom 25. Februar 1992). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 6. Oktober 1993).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte habe das ihr gemäß § 44 Abs 1 SGB X iVm § 152 Abs 1 Halbs 2 AFG obliegende Ermessen nicht ausgeübt. Der Bescheid vom 7. März 1989, durch den sie einen Anspruch auf Übg bindend abgelehnt habe, sei rechtswidrig. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 56 Abs 1 iVm § 58 Abs 1 AFG und der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (RehaAnO); die Beklagte habe dies durch den Bescheid vom 18. Januar 1989 bindend festgestellt. Auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Übg gemäß § 59 Abs 1 AFG seien verwirklicht. Der Kläger habe als Behinderter wegen der Teilnahme an der Rehabilitationsmaßnahme keine ganztägige Berufstätigkeit ausüben können (§ 59 Abs 1 Satz 1 AFG). Allerdings habe er innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Maßnahme (30. Januar 1984 bis 29. Januar 1989) weder eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt noch Alg iS der §§ 100 ff AFG oder im Anschluß daran Alhi bezogen (§ 59 Abs 1 Satz 3 AFG); er habe vielmehr ab 1. April 1988 Alb nach § 86a Abs 1 SVG für 156 Tage und im Anschluß hieran Alhi nach § 86a Abs 2 SVG bis zum 28. Oktober 1989 erhalten. Doch stehe der Bezug von Alb bzw Alhi nach § 86a SVG hinsichtlich der Anwartschaftsvoraussetzungen des § 59 Abs 1 Satz 3 AFG dem Bezug von Alg bzw Anschluß-Alhi nach dem AFG gleich. Das ergebe sich aus Sinn und Zweck sowohl des § 86a SVG als auch des § 59 AFG. Die Vorschrift des § 86a SVG gewährleiste Ansprüche für Soldaten auf Zeit, die nicht durch einen Anspruch auf Versorgung abgesichert seien. Die Bestimmung des § 59 AFG verfolge das Ziel, die wirtschaftliche Situation des Behinderten während des gesamten Rehabilitationsgeschehens durch Übg sicherzustellen. Vorliegend sei der Kläger, da seine Behinderung nicht als Wehrdienstbeschädigung anerkannt worden sei, nicht durch das SVG abgesichert. Diese Lücke sei durch entsprechende Anwendung des § 59 Abs 1 Satz 3 AFG zu schließen. Dem stehe nicht der in § 86a Abs 1 Satz 2 Nr 6 und Abs 2 Satz 2 Nr 2 SVG genannte Leistungsausschluß entgegen. Dieser beziehe sich auf die Förderung der beruflichen Bildung, nicht auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation (BT-Drucks 11/286 S 7). Schließlich habe § 86a SVG die wirtschaftliche Situation der ehemaligen Soldaten auf Zeit für den Fall der Arbeitslosigkeit verbessern wollen. Die Inanspruchnahme einer verbesserten Rechtssituation dürfe nicht zu einer Verschlechterung der Rechtslage im Rahmen des § 59 Abs 1 AFG führen. Die Beklagte habe deshalb, da für eine “Ermessensreduzierung auf Null” keine Anhaltspunkte gegeben seien, den Überprüfungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung von § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X, § 59 Abs 1 Satz 3 AFG sowie § 86a Abs 1 Satz 2 Nr 6 und Abs 2 Satz 2 Nr 2 SVG. Die Bezieher von Alb bzw Alhi nach § 86a SVG seien kraft Gesetzes von Förderungsleistungen der beruflichen Bildung (§§ 33 bis 52 AFG) ausgeschlossen. Für berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation (§§ 56 ff AFG) ergebe sich der Ausschluß aus § 58 Abs 1 Satz 1 AFG. Der Anspruch auf Übg setze voraus, daß der Behinderte vor Beginn der Maßnahme der Solidargemeinschaft angehört habe (§ 59 Abs 1 Satz 3 AFG). Dies treffe auf den Kläger nicht zu. Die vom Gesetzgeber in § 59 Abs 1 Satz 3 AFG zum Ausdruck gebrachte Begrenzung des begünstigten Personenkreises sei vom LSG zu Unrecht erweitert worden. Sofern in bezug auf die soziale Absicherung ehemaliger Soldaten auf Zeit eine Regelungslücke bestehe, sei diese durch Vorschriften des SVG, nicht des AFG auszufüllen. Dem Kläger stehe auch kein Wahlrecht zwischen Alb bzw Alhi nach § 86a SVG und Alhi nach § 134 AFG zu. Ein etwaiger Verzicht auf Leistungen nach § 86a AFG sei unwirksam (§ 46 Abs 2 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil –). Im übrigen habe das LSG die Vorschrift des § 59 Abs 5 AFG unberücksichtigt gelassen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts und des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend.
Der Beigeladene hat sich weder geäußert noch einen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 15. Juni 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. September 1990 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), durch den die Beklagte es abgelehnt hat, den bindend gewordenen Bescheid vom 7. März 1989 (§ 77 SGG) zurückzunehmen und dem Kläger in bezug auf die Gewährung von Übg einen neuen Bescheid zu erteilen.
Verfahrenshindernisse stehen einer Entscheidung in der Sache nicht entgegen. Die grundsätzlich statthafte Berufung (§ 143 SGG) ist nicht durch § 144 Abs 1 Nr 2 SGG in der bis zum 28. Februar 1993 geltenden Fassung ausgeschlossen. Dieser Berufungsausschließungsgrund ist vorliegend zwar grundsätzlich zu prüfen, weil die mündliche Verhandlung des SG vor dem 1. März 1993 geschlossen worden ist (Art 14 Abs 1 Satz 1, Art 15 Abs 1 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 – BGBl I 50). Jedoch sind seine Voraussetzungen nicht gegeben. Denn der Kläger begehrt die Erteilung eines neuen Bescheides über die Gewährung von Übg für einen Zeitraum von mehr als dreizehn Wochen (drei Monaten), nämlich für die Zeit vom 30. Januar 1989 bis 17. Januar 1991 (Prüfungstag).
In der Sache selbst richtet sich der Überprüfungsantrag, der innerhalb der Vierjahresfrist des § 44 Abs 4 SGB X geltend gemacht worden ist, nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei seinem Erlaß das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb ua Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ob die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind, vermag der Senat aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend zu beurteilen. Aus diesem Grund muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Allerdings hat die Beklagte bei Erlaß des Verwaltungsaktes vom 7. März 1989 das Recht unrichtig angewandt. Denn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Gewährung von Übg waren für die Zeit ab 30. Januar 1989 verwirklicht.
Das gilt zunächst für die allgemeinen Förderungsvoraussetzungen. Die Beklagte hat durch den bindend gewordenen Bescheid vom 18. Januar 1989 die am 30. Januar 1989 beginnende Maßnahme der beruflichen Umschulung zum Maschinenbautechniker (für 24 Monate) bewilligt. Damit ist das Vorliegen der allgemeinen Förderungsvoraussetzungen, einschließlich der Behinderteneigenschaft des Klägers und der Notwendigkeit der Teilnahme an der berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation (§ 56 Abs 1, § 58 Abs 1 und 2 iVm der RehaAnO, hier anwendbar idF der 14. Änderungsanordnung zur RehaAnO vom 6. Juli 1988 – ANBA S 1125) durch die Beklagte anerkannt worden. Insoweit ist, wie vom erkennenden Senat zwischenzeitlich entschieden, eine Prüfung durch die Gerichte nicht vorzunehmen (BSG vom 1. Juni 1994 – 7 RAr 40/92 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das gilt auch im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X.
Auch die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung von Übg sind gegeben, und zwar nach § 59 Abs 1 AFG (hier anwendbar idF des Siebten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985 – BGBl I 2484).
Zu ihnen gehört, daß der Behinderte wegen der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder Umschulung keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann (§ 59 Abs 1 Satz 1 AFG). Die Schlußfolgerung des LSG, diese Voraussetzung sei erfüllt, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insoweit keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (§ 163 SGG).
Des weiteren liegen die sog versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 59 Abs 1 Satz 3 AFG vor. Danach besteht der Anspruch auf Übg nur, wenn der Behinderte innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Maßnahme mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt oder Alg aufgrund eines Anspruchs von einer Dauer von mindestens 156 Tagen oder im Anschluß daran Alhi bezogen hat. Hier hat der Kläger innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Maßnahme (30. Januar 1984 bis 29. Januar 1989) zwar nicht mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt. Denn in seiner Eigenschaft als Soldat auf Zeit war er beitragsfrei (§ 169 Nr 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1989 geltenden Fassung). Ebensowenig hat er innerhalb der Fünfjahresfrist Alg aufgrund eines Anspruchs von einer Dauer von mindestens 156 Tagen oder im Anschluß daran Alhi bezogen. Jedoch hat er innerhalb der genannten Frist Alb nach § 86a Abs 1 SVG aufgrund eines Anspruchs von einer Dauer von mindestens 156 Tagen, nämlich vom 1. April bis 10. Oktober 1988, und im Anschluß daran Alhi nach § 86a Abs 2 SVG, nämlich vom 11. Oktober 1988 bis 28. Januar 1989, bezogen. Diese Leistungen stehen, wie vom LSG zutreffend erkannt, dem Bezug von Alg bzw Alhi iS des § 59 Abs 1 Satz 3 AFG gleich.
Einzuräumen ist, daß nach der amtlichen Begründung zu § 59 Abs 1 Satz 3 AFG, der durch Art 1 Nr 18 Buchst a aa) des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz – AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) angefügt wurde, ein Anspruch nach § 59 Abs 1 AFG grundsätzlich nur bestehen sollte, wenn der Behinderte vor Beginn der Maßnahme zur Solidargemeinschaft der Beitragszahler zur Bundesanstalt für Arbeit gehört hat (BT-Drucks 9/846 S 40 zu Nr 17 Buchst a). Schon die Wendung “grundsätzlich” läßt jedoch darauf schließen, daß Ausnahmen nicht völlig ausgeschlossen sein sollten. Das gilt erst recht, wenn eine solche Ausnahme durch den Gesetzgeber nachträglich selbst geschaffen worden ist. So liegt es hier.
Nach § 86a SVG, eingefügt durch Art 1 Nr 10 des Achten Gesetzes zur Änderung des SVG vom 6. August 1987 (BGBl I 2078), erhalten ehemalige Soldaten auf Zeit, die nach Beendigung einer Wehrdienstzeit von mindestens zwei Jahren arbeitslos sind, sowohl eine Alb (Abs 1 Satz 1) als auch eine Alhi (Abs 2 Satz 1). Die Vorschriften des AFG über das Alg und die Alhi und für die Empfänger dieser Leistungen sind mit bestimmten Maßgaben entsprechend anzuwenden (Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 2). Hier interessierende Maßgaben sind: Für den Anspruch auf Alb steht die Wehrdienstzeit als Soldat auf Zeit (einschließlich der nach § 40 Abs 5 SVG eingerechneten Wehrdienstzeiten) einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleich (§ 86a Abs 2 Satz 2 Nr 1 SVG); der Bezug sowohl von Alb als auch von Alhi nach dem SVG begründet keinen Anspruch auf Förderung der beruflichen Bildung nach dem AFG (§ 86 Abs 1 Satz 2 Nr 6, Abs 2 Satz 2 Nr 2 SVG); der Bezug von Alb und Übergangsgebührnissen steht dem Bezug von Alg gleich, wenn die Voraussetzung des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst a AFG sonst nicht erfüllt ist (§ 86a Abs 2 Satz 2 Nr 1 SVG). Diese Maßgaben weisen bereits ihrem Wortlaut nach darauf hin, daß der Bezug von Alb und Alhi nach § 86a SVG dem Bezug von Alg und Alhi nach dem AFG, der für andere AFG-Leistungen relevant sein kann, gleichgestellt werden sollte.
Dies wird durch die Entstehungsgeschichte sowie den Sinn und Zweck des § 86a SVG bestätigt. Ziel des § 86a SVG war es, Soldaten auf Zeit (mit einer Dienstzeit von mehr als zwei, aber weniger als sechs Jahren) bei Arbeitslosigkeit ebenso zu sichern wie vergleichbare Arbeitnehmer. Sie sollten nach Beendigung ihrer Dienstzeit einen Anspruch auf Alb erhalten, der sich allerdings für die Empfänger von Übergangsgebührnissen um den Zeitraum vermindert, für den Übergangsgebührnisse gewährt werden. Denn wären die Angehörigen dieser Personengruppe, die einen notwendigen Dienst für die Gemeinschaft leisten, in einem Dienstverhältnis als Arbeitnehmer verblieben, statt Dienst als Soldaten auf Zeit zu leisten, hätten sie, wie es in der amtlichen Begründung zu § 86a SVG heißt, “zum Teil eine weitergehende Absicherung gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit” (BT-Drucks 11/286 S 5). Dieser Hinweis kann iVm der Zielsetzung des § 86a SVG nur in dem Sinne verstanden werden, daß der Bezug von Alb und Alhi nach § 86a SVG dem Bezug von Alg und Alhi nach dem AFG für alle nach dem AFG in Anspruch zu nehmenden Leistungen gleichgestellt werden sollte, es sei denn, eine Ausnahme wäre vorgesehen worden.
Eine solche kann hier nicht in den Ausschlußklauseln des § 86a Abs 1 Satz 2 Nr 6, Abs 2 Satz 2 Nr 2 SVG erblickt werden. Denn durch sie sollten allein Ansprüche auf Förderung der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Bildung iS des Zweiten Abschnitts, Vierter Unterabschnitt, des AFG (§§ 33 bis 52 AFG) ausgeschlossen werden. Dies ergibt sich aus der amtlichen Begründung zu § 86a SVG. Sie nimmt ausdrücklich nur auf die §§ 33 bis 49 bzw 33 bis 52 AFG Bezug und stellt zur Begründung ua heraus: “Im Hinblick auf die schon derzeit bestehenden Möglichkeiten der Berufsförderung nach dem Soldatenversorgungsgesetz erscheint es nicht vertretbar, ihnen (den Soldaten auf Zeit) darüber hinaus Ansprüche auf berufliche Förderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz einzuräumen” (BT-Drucks 11/286 S 6 zu II und S 7 zu Nr 10 ≪§ 86a SVG≫ Abs 1 Nr 6). Dies führt notwendig zu dem Umkehrschluß: Ansprüche auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nach dem Zweiten Abschnitt, Sechster Unterabschnitt, des AFG (§§ 56 bis 62 AFG) – und damit der Anspruch auf Übg nach § 59 Abs 1 AFG – sollten durch § 86a Abs 1 Satz 2 Nr 6, Abs 2 Satz 2 Nr 2 SVG nicht berührt sein.
Das Ergebnis ist sachgerecht. Der Kläger ist, da die Anerkennung seiner Wirbelsäulenveränderungen als Wehrdienstbeschädigung vom Versorgungsamt bindend abgelehnt wurde, in bezug auf berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nicht dienstrechtlich abgesichert. Die Gefahr einer Doppelversorgung, der § 86a Abs 2 Satz 2 Nr 6, Abs 2 Satz 2 Nr 2 SVG vorbeugen will, besteht bei ihm nicht. Hingegen hätte er, setzt man den Bezug von Alb und Alhi nach dem SVG nicht dem Bezug von Alg und Alhi nach dem AFG gleich, nicht dieselbe Absicherung gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit wie vergleichbare behinderte Arbeitnehmer. Er hätte allenfalls einen Anspruch auf das niedrigere Übg nach § 59 Abs 5 AFG. Dies widerspräche dem Zweck des § 86a SVG.
Der Bescheid vom 7. März 1989 erweist sich sonach als unrichtig iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X. Gleichwohl vermag der Senat über den Klageanspruch nicht abschließend zu entscheiden. Denn aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen läßt sich nicht beurteilen, inwieweit dem Kläger wegen der Unrichtigkeit des Bescheides Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Das LSG hat übersehen, daß der Kläger, wie aus Leistungsakten des Beigeladenen hervorgeht, während des hier umstrittenen Zeitraumes Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten hat. Hieraus kann ein Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte resultieren (§ 38 Satz 2 BAföG iVm § 104 SGB X). Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte als erfüllt (§ 107 Abs 1 SGB X). Das kann bedeuten, daß der Kläger von der Beklagten Übg nicht mehr oder nicht mehr in voller Höhe beanspruchen kann (BSGE 70, 180, 185 = SozR 3-4100 § 103 Nr 7). Das LSG wird die hierzu erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben. Es wird ferner zu berücksichtigen haben, daß der Berufsförderungsdienst des Kreiswehrersatzamtes, wie der Rehabilitationsakte zu entnehmen ist, für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 1989 eine Fachausbildung nach den §§ 5, 5a SVG bewilligt hat; auch dies könnte sich auf den Übg-Anspruch auswirken. Des weiteren wird das LSG der zum 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Änderung des § 152 Abs 1 AFG Rechnung zu tragen haben. Insoweit könnte sich nämlich die Rechtsposition des Klägers verbessert haben, indem aus einem Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung (§ 131 Abs 3 SGG) ein Anspruch auf eine gebundene Entscheidung geworden ist. Schließlich wird, um einen Verstoß gegen das sog Verböserungsverbot zu vermeiden, auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken sein (§ 106 Abs 1 SGG). Hierzu besteht deshalb Veranlassung, weil das SG ein Bescheidungsurteil nicht zu Abs 1, sondern Abs 5 des § 59 AFG erlassen hat, gegen das sich der Kläger bislang weder im Wege der Berufung noch der Anschlußberufung gewandt hat.
Die Revision führt somit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Dieses wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen