Beteiligte
Landesversicherungsanstalt Württemberg |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Mai 1998 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt höhere Altersrente unter ungekürzter Berücksichtigung der Entgeltpunkte aus in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten.
Der im Oktober 1935 geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenenausweises A, siedelte am 3. August 1988 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland über. In Rumänien war er von September 1952 bis Juni 1988 versicherungspflichtig beschäftigt. Die Versicherungsverläufe der Beklagten vom 19. April 1996 und 22. August 1996 verzeichneten diese Zeiten als glaubhaft gemachte Beitragszeiten (Kürzung auf fünf Sechstel); daneben wiesen sie von September 1990 bis März 1996 in der Bundesrepublik Deutschland entrichtete Pflichtbeiträge nach. Nach der angefügten Rentenauskunft vom 19. April 1996 hatte der Kläger eine monatliche Regelaltersrente in Höhe von 1.633,30 DM (brutto) zu erwarten. Auf seinen im August 1996 gestellten Antrag gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 5. Dezember 1996 ab 1. Februar 1997 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von monatlich 1.427,35 DM (1.543,91 DM brutto). Dabei vervielfältigte sie die Entgeltpunkte aus den in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten in Anwendung des § 22 Abs 4 FRG mit dem Faktor 0,6, dh deren Wert wurde um 40 % gekürzt. Mit Bescheid vom 4. April 1997 stellte die Beklagte – in Abänderung des Bescheides vom 5. Dezember 1996 – die Rente neu fest unter Berücksichtigung einer höheren Qualifikationsgruppe (von August 1961 bis Juni 1988); dies wirkte sich indessen aufgrund der Berechnung der Rente nach Mindestentgeltpunkten auf die Höhe der Rente im Ergebnis nicht aus.
Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 1997; Urteil des SG Stuttgart vom 29. Januar 1998; Urteil des LSG vom 28. Mai 1998). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Die angewendeten Vorschriften des § 22 Abs 4 FRG und Art 6 § 4c FANG idF des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25. September 1996 (BGBl I 1416) seien nicht verfassungswidrig. Prüfungsmaßstab sei Art 14 GG, in dessen Schutzbereich Ansprüche und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung fielen. Die Regelung des § 22 Abs 4 FRG bestimme Inhalt und Schranken dieser Rechtsposition. Regelungen, die dazu dienten, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten bzw veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen, seien im Rahmen von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG zulässig. Durch die Regelung des § 22 Abs 4 FRG habe der Gesetzgeber in die Bewertung von Zeiten eingegriffen, für die der Kläger keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet habe. Das Eingliederungsprinzip verlange nicht, daß FRG-Zeiten den Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung gleichzustellen seien. Die Eingliederung der Vertriebenen in das Rentenversicherungssystem nach Maßgabe des FRG zähle zu den Kriegsfolgelasten und beruhe daher nicht auf individueller Vorsorge, sondern auf staatlicher Entschädigung. Mit den durch das WFG ergriffenen Sparmaßnahmen, zu denen die Kürzung nach § 22 Abs 4 FRG zähle, habe der Gesetzgeber einem erheblichen Handlungsbedarf in der gesetzlichen Alterssicherung wegen dramatisch steigender Arbeitslosigkeit, den Kosten der Wiedervereinigung und des Älterwerdens der Bevölkerung genügen müssen. Wesentliches Ziel sei es gewesen, ein weiteres Ansteigen des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung mit den damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen zu verhindern. Obwohl die Kürzung gemäß § 22 Abs 4 FRG den Kläger erheblich belaste und zu einer Rentenkürzung in Höhe von 29,9 % führe, sei sie gemessen an der Bedeutung des gesetzlichen Ziels einer möglichst rasch greifenden Verbesserung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung und Verhinderung des Anstiegs des Beitragssatzes verhältnismäßig und für den Kläger noch zumutbar. Angehörige der gesetzlichen Rentenversicherung könnten im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Systems nicht darauf vertrauen, daß bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen bis zum Eintritt des Versicherungsfalls unverändert fortbestünden. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes habe es verfassungsrechtlich nicht geboten, Übergangsvorschriften vorzusehen, die Versicherte, die vor dem 1. Januar 1991 zugezogen seien, ausnähmen. Die vom Kläger beanstandete Regelung verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, soweit mit Entgeltpunkten (Ost) berechnete Renten keiner vergleichbaren Kürzung unterlägen. Sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung sei Art 30 Abs 5 Satz 3 EinigVtr. Hiernach sei neben der Angleichung der Löhne und Gehälter im Beitrittsgebiet an diejenigen in den übrigen Ländern auch eine Angleichung der Renten vereinbart worden. Damit sei das bis zur Wiederherstellung der Einheit Deutschlands geltende Eingliederungsprinzip zugunsten der Angleichung aufgewertet worden. Die abweichende Regelung für Versicherte des Beitrittsgebiets beruhe damit auf einem völkerrechtlichen Vertrag, der die Bedingung für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands gewesen sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung verfassungsrechtlicher Vorschriften (Art 14 iVm Art 116 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG – Sozialstaatsprinzip, Art 2 iVm dem Rechtsstaatsprinzip und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG) und macht im wesentlichen geltend: Vor dem Inkrafttreten von § 22 Abs 4 FRG idF des WFG am 1. Oktober 1996 (richtig: 7. Mai 1996; vgl Art 4 Nr 4 iVm Art 12 Abs 2 WFG) habe er eine Anwartschaft auf Altersrente gehabt, die wegen des Zuzuges vor dem 1. Januar 1991 ohne Kürzung der FRG-Zeiten zu berechnen gewesen wäre. Durch die Kürzung der persönlichen Entgeltpunkte habe sich die Rente um über 500,00 DM netto verringert. Dieser Eingriff sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Fremdrentenanwartschaften seien vom Eigentumsschutz des Art 14 GG mitumfaßt. Im Rahmen des Eigentumsschutzes fremdrentenrechtlicher Positionen werde die einkommensbezogene Eigenleistung bei dem durch Art 116 Abs 1 GG statusrechtlich umschriebenen Personenkreis aufgrund des Integrationsversprechens fingiert. Rechtsfolge sei die Unterstellung einer solchen Rechtsposition unter den Eigentumsschutz und somit die Gewährung eines subjektiv-öffentlichen Rechts für den Betroffenen. Die Kürzungen durch das WFG dienten zwar unbestreitbar dem öffentlichen Interesse. Die Schwere des Eingriffs, die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gruppen und die Verletzung des Gebotes einer sachgerechten Lastenverteilung führten jedoch dazu, das private Interesse der von der Kürzung Betroffenen höher als das öffentliche Interesse zu bewerten. Fremdrentenberechtigte, die am 7. Mai 1996 und später ihren gewöhnlichen Aufenthalt in die Bundesrepublik Deutschland genommen hätten, und alle vorher Zugezogenen, deren Rentenbeginn nach dem 30. September 1996 liege, verlören durch die Kürzung rückwirkend einen erheblichen Teil ihrer erworbenen Anwartschaften. Dieser Personenkreis werde benachteiligt im Vergleich zu allen Bestandsrentnern, die Leistungen nach dem FRG erhielten, sowie allen Berechtigten, deren Ansprüche in das SGB VI überführt worden seien. Die Differenzierungen gegenüber diesen und weiteren Personengruppen seien gleichheitswidrig und hätten für Aussiedler, die im Zeitpunkt des Zuzugs einem rentennahen Jahrgang angehörten und ausschließlich oder – wie er – nahezu ausschließlich über Ansprüche nach dem FRG verfügten, zudem eine sozialstaatswidrige Folge. Denn dieser Personenkreis werde von der Kürzung erheblich stärker betroffen als die in jungen Jahren Zugezogenen.
Der Kläger beantragt,
- die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Januar 1998 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Mai 1998 sowie die Bescheide der Beklagten vom 5. Dezember 1996 und 4. April 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Altersrente ab 1. Februar 1997 ohne Kürzung der Entgeltpunkte nach § 22 Abs 4 FRG für die in Rumänien zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten zu gewähren,
- hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art 100 Abs 1 GG zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung höherer Altersrente ohne Kürzung der Entgeltpunkte aus seinen in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten gemäß § 22 Abs 4 FRG idF des WFG.
A. Die Beklagte hat sich in ihren dem Kläger erteilten Bescheiden nicht zur Leistung einer höheren Altersrente verpflichtet.
1. Der Kläger kann den Anspruch auf eine höhere Rente nicht auf die ihm im Jahre 1996 erteilte Rentenauskunft vom 19. April 1996 stützen, nach der ihm – zum damaligen Zeitpunkt – auf der Grundlage des damals geltenden Rechts eine Rentenanwartschaft in Höhe von 1.633,30 DM (brutto) zugestanden hätte.
Diese Auskunft, die sich im übrigen ausdrücklich auf die Regelaltersrente bezieht (vgl § 109 Abs 1 Satz 1 SGB VI), war nicht rechtsverbindlich (§ 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI); ihr kommt nach dem Willen des Gesetzgebers keine Bindungswirkung zu. Gegenteiliges kann auch nicht dem Schreiben der Beklagten vom 26. Januar 1996 entnommen werden; insoweit handelt es sich nicht um einen bindenden Verwaltungsakt (vgl § 31 Satz 1 SGB X). Gegenstand der Auskunft war vielmehr allein, worauf die Beklagte schon in der Überschrift („Rentenauskunft – kein Rentenbescheid”) in ihrem Schreiben ausdrücklich hingewiesen hat, eine (unverbindliche) Information über die Höhe der Rentenanwartschaft nach dem damals maßgeblichen Recht. Die Mitteilung hatte keine unmittelbaren Rechtswirkungen nach außen; ihr fehlte der behördliche Wille zur Selbstverpflichtung, der Regelungswille (vgl BSG Urteil vom 18. April 1996 – 4 RA 36/94 – BSGE 78, 138, 140 = SozR 3-2600 § 71 Nr 1 S 1, 2 f mwN). Die Auskunft verpflichtete die Beklagte folglich nicht, dem Kläger – unabhängig von gesetzlichen Änderungen – bei Erreichen des Rentenalters (Vollendung des – vom Kläger noch nicht erreichten – 65. Lebensjahres) eine Regelaltersrente (§ 35 SGB VI) zumindest in Höhe des im Auskunftsschreiben mitgeteilten Betrages zu bewilligen.
2. Auch auf die Vormerkungsbescheide der Beklagten vom 19. April 1996 und 22. August 1996 kann der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Rente stützen. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens gemäß § 149 Abs 5 SGB VI die Zeiten bis 31. Dezember 1989 (als für die Beteiligten verbindlich) festgestellt. Das Vormerkungsverfahren zielt jedoch lediglich auf „Beweissicherung” ab, also auf die (möglichst zeitnahe) verbindliche Feststellung von Tatsachen, die nach der derzeitigen Rechtslage möglicherweise in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich bedeutsam werden können (vgl BSG Urteil vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 108/95 – SozR 3-2600 § 58 Nr 9 mwN). Die Bindungswirkung der Bescheide bezieht sich demzufolge auf die in ihnen aufgeführten Versicherungszeiten/rentenrechtlichen Zeiten; über die Anrechnung und Bewertung dieser Zeiten ist – worauf die Beklagte in diesen Bescheiden ausdrücklich hingewiesen hat – erst bei der Feststellung einer Leistung zu entscheiden (§ 149 Abs 5 Satz 3 SGB VI; stRspr, vgl BSG Urteil vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 108/95 – SozR 3-2600 § 58 Nr 9 mwN). Denn erst bei Eintritt des Leistungsfalls steht (ua) fest, welches Recht anzuwenden ist.
3. Nach dem bei Eintritt des Leistungsfalls geltenden Recht steht dem Kläger allein ein Anspruch auf die ihm mit Bescheiden vom 5. Dezember 1996 und 4. April 1997 bewilligte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. Februar 1997 in Höhe von 1.427,35 DM (netto) zu.
Gemäß § 38 Abs 1 Satz 1 SGB VI setzt die Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nicht nur die Vollendung des 60. Lebensjahres voraus (Nr 1), sondern auch Arbeitslosigkeit von 52 Wochen innerhalb der Rahmenfrist von eineinhalb Jahren (Nr 2 Buchst a). Letztere Voraussetzung hat der Kläger erst im Januar 1997 erfüllt. Die Beklagte hat daher in den angefochtenen Bescheiden zu Recht den Rentenbeginn auf den 1. Februar 1997 festgesetzt.
Bei der Berechnung der Rente hat die Beklagte die für die Rentenhöhe bedeutsamen Entgeltpunkte für die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten zutreffend ermittelt, nämlich die nach § 22 Abs 1 Satz 1 FRG (iVm § 256b SGB VI) und nach § 22 Abs 3 FRG ermittelten Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt. Dieser Rechenschritt folgt aus § 22 Abs 4 FRG idF des Art 3 Nr 4 Buchst b WFG, am 7. Mai 1996 in Kraft getreten (Art 12 Abs 2 WFG), der auf den Kläger anwendbar ist. Denn nach der Übergangsvorschrift des Art 6 § 4c FANG idF des Art 4 Nr 4 WFG, ebenfalls in Kraft getreten am 7. Mai 1996 (Art 12 Abs 2 WFG), ist die Weitergeltung des FRG in der am 6. Mai 1996 geltenden Fassung nur noch für Berechtigte vorgesehen, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente vor dem 1. Oktober 1996 beginnt. Der Kläger hat zwar vor dem 7. Mai 1996 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen; der Rentenbeginn liegt aber nach dem 1. Oktober 1996. Die rückwirkend ab 7. Mai 1996 in Kraft getretene Berechnungsvorschrift des § 22 Abs 4 FRG ist daher auf den im August 1996 gestellten Altersrentenantrag des Klägers anzuwenden.
B. Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die 40 %ige Kürzung der maßgeblichen Entgeltpunkte nach § 22 Abs 4 FRG idF des WFG nicht gegen das Grundgesetz. Der Senat hat daher keine Veranlassung, den Rechtsstreit gemäß Art 100 Abs 1 GG auszusetzen und dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen.
1. Ein Verstoß gegen den vom Kläger in den Mittelpunkt seiner Argumentation gerückten Art 116 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG liegt nicht vor.
a) Aus Art 116 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip folgt kein sozialrechtlicher Anspruch, als kriegsfolgenbedingte Entschädigungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung FRG-Zeiten wie eine eigene Beitragsleistung in der Bundesrepublik Deutschland anzurechnen. Entgegen der Ansicht des Klägers genießt das fremdrentenrechtliche Eingliederungsprinzip keinen verfassungsrechtlichen Rang (so aber Podlech/Azzola/Dieners, RV 1998, 177, 178 f, 195 f). Aus Art 116 Abs 1 GG ergibt sich lediglich, wer Statusdeutscher ist; ein Anspruch auf eine bestimmte Bemessung von FRG-Zeiten oder auf eine bestimmte Höhe einer Rente aus der Sozialversicherung läßt sich dieser Verfassungsnorm jedoch nicht entnehmen (vgl bereits BSG Urteil vom 9. September 1998 – B 13 RJ 5/98 R – SozR 3-5050 § 22 Nr 6; Bertuleit, DRV 1999, 345, 352). Zwar hat das BVerfG in seinem Beschluß vom 26. Januar 1977 (1 BvL 17/73 – BVerfGE 43, 213, 226 f = SozR 5050 § 22 FRG Nr 5 S 9, 10 f) ausgeführt, daß es sich bei dem Kreis der Vertriebenen und Flüchtlinge um eine sozial besonders schutzbedürftige Gruppe handele und der Gesetzgeber unter diesen Umständen nach dem Sozialstaatsgebot verfassungsrechtlich zur sozialpolitischen Aktivität verpflichtet gewesen sei; durch die Gleichstellung der Vertriebenen und Flüchtlinge, heimatlosen Ausländer und politisch Verfolgten mit vergleichbaren Versicherten, die ständig im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lebten, habe er das Sozialstaatsgebot in hohem Maße verwirklicht. In derselben Entscheidung hat das BVerfG jedoch zugleich verdeutlicht, daß die Einführung des Eingliederungsprinzips verfassungsrechtlich nicht unbedingt geboten gewesen sei.
b) Die hier zur Prüfung stehende Vorschrift des § 22 FRG idF des WFG ist vor dem Hintergrund der bisherigen Änderungen des FRG zu sehen: § 22 FRG aF war bei Erlaß des Gesetzes idF des FANG vom 25. Februar 1960 (BGBl I 93) eine Ausprägung des dem FRG (seinerzeit noch) zugrundeliegenden Eingliederungsprinzips (vgl BT-Drucks 3/1109, S 36: „Damit wird auch im Verhältnis zu den einheimischen Versicherten die wünschenswerte Rechtsangleichung herbeigeführt”; vgl auch BVerfG Beschluß vom 26. Januar 1977 – 1 BvL 17/73 – BVerfGE 43, 213 = SozR 5050 § 22 Nr 5 S 9 und BVerfG Kammer-Beschluß vom 1. August 1984 – 1 BvR 1396/83 – SozR 5050 § 22 Nr 16; BSG Urteil vom 29. Juli 1997 – 4 RA 56/95 – SGb 1997, 518). Neben dem Bestreben, die Vertriebenen in Deutschland sozialversicherungsrechtlich so zu stellen, wie sie stünden, wenn sie ihr Versicherungsleben statt in den Vertreibungsgebieten in der Bundesrepublik Deutschland verbracht hätten (vgl im einzelnen BSG Urteil vom 8. September 1983 – 5b RJ 8/83 – SozR 5070 § 20 Nr 6 S 20 f), beruht das FRG jedoch auch auf dem Gedanken der Entschädigung (BSG GS Beschluß vom 4. Juni 1986 – GS 1/85 – BSGE 60, 100, 106 f = SozR 5050 § 15 Nr 32 S 97, 103 f; Eichenhofer in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 Rentenversicherungsrecht, 1999, § 76 RdNrn 51 und 56).
Schon im Zuge des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) – noch vor der Wiedervereinigung – begann der Gesetzgeber auch das Fremdrentenrecht zu reformieren. Abgeschafft oder modifiziert wurde eine Reihe begünstigender Regelungen (zB Verminderung der Anrechnung ausländischer Beitrags- und Beschäftigungszeiten ≪§§ 15, 16 FRG≫, Abschaffung der 6/6-Anrechnung ab 10jähriger Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber ≪§ 22 FRG≫). Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, war dafür die Überlegung maßgeblich, daß die bisherigen Folgerungen aus dem Eingliederungsprinzip nicht mehr aufrechterhalten werden könnten. Seine Anwendung gehe weit über das hinaus, was ursprünglich beabsichtigt gewesen sei: die Anrechnung vor dem Krieg im Herkunftsland verbrachter Beitragszeiten zu sichern. Im Gegensatz zur unmittelbaren Nachkriegszeit könnten die Spätaussiedler kaum noch reichsdeutsche Versicherungszeiten, sondern fast ausschließlich solche in Vertreibungsgebieten vorweisen (vgl BT-Drucks 11/4124, zu Art 10 Nr 1 ≪§ 15 FRG≫, S 216 f; BT-Drucks 11/4452, zu Art 10 und zu Art 11 Nr 1 ≪§ 4 FANG≫, S 12 f).
Weitere Einschnitte brachte das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I 1606). Danach wurde in § 22 Abs 3 FRG, in Kraft getreten am 1. August 1991, bestimmt, daß die nach Abs 1 maßgeblichen Werteinheiten mit dem Faktor 0,7 vervielfältigt werden oder – anders ausgedrückt – die für FRG-Zeiten ermittelten Entgeltpunkte auf 70 % gekürzt werden. Diese Vorschrift fand gemäß Art 6 § 4 Abs 5 FANG idF des RÜG keine Anwendung auf FRG-Berechtigte, die vor dem 1. Januar 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet genommen hatten oder Ansprüche auf Zahlung einer Rente vor dem 1. August 1991 hatten. Von der Kürzungsregelung erfaßt wurden also grundsätzlich alle nach dem 31. Dezember 1990 Zugezogenen. Zugleich brachte das RÜG für alle Neurenten ab 1. Januar 1992 (Art 42 Abs 1 RÜG) eine Änderung der Bewertung der Entgeltpunkte aus FRG-Zeiten ab 1. Januar 1950. Gemäß § 22 Abs 1 FRG idF des Art 14 Nr 20 Buchst b RÜG erfolgte die Bewertung von nach dem 31. Dezember 1949 liegenden FRG-Zeiten nur noch auf der Grundlage von Durchschnittsverdiensten nach der Anlage 14 zum SGB VI, „die die Lohnstruktur im Beitrittsgebiet wiedergibt” (Begründung zu § 22 Abs 1 FRG idF des RÜG, BT-Drucks 12/405, S 163).
Bereits in diesen Änderungen liegt eine gewisse Abkehr von dem Eingliederungsgedanken, wie er der ursprünglichen Fassung des § 22 FRG zugrunde lag. Die vor der Wiedervereinigung im alten Bundesgebiet angestrebte Eingliederung der Aussiedler auf dem Niveau westlicher Durchschnittsverdienste („Eingliederung West”) wurde für das vereinte Deutschland durch die Eingliederung nach Durchschnittsverdiensten im Beitrittsgebiet („Eingliederung Ost”) ersetzt. Darüber hinaus brachte die Kürzung auf 70 % der Entgeltpunkte aus FRG-Zeiten für die „Neu-Aussiedler” (ab 1. Januar 1991) eine weitere Einschränkung, weil damit – entsprechend einer Forderung des Bundesrats, der dabei auf den Vomhundertsatz des geltenden Auslandsrentenrechts (vgl § 113 Abs 3 SGB VI) Bezug genommen hatte (vgl BT-Drucks 12/630, S 15) – ein weitergreifender Kürzungsfaktor eingeführt worden war (vgl BSG Urteil vom 9. September 1998 – B 13 RJ 5/98 R – SozR 3-5050 § 22 Nr 6 – zu § 22 Abs 4 FRG idF des RÜG).
Darauf baut die jetzige Regelung auf. Nach § 22 Abs 4 FRG idF des WFG werden nicht mehr die auf Durchschnittsverdiensten (Ost) beruhenden Tabellenwerte, sondern nur noch ein bestimmter Anteil der sich hieraus ergebenden Entgeltpunkte berücksichtigt (vgl im einzelnen: Polster, DRV 1997, 63 ff und DRV 1998, 97 ff). Durch den Wegfall der bisher in Art 6 § 4 Abs 5 FANG idF des RÜG enthaltenen Übergangsregelung iVm den neuen durch Art 4 Nr 4 WFG eingefügten Übergangsregelungen des Art 6 §§ 4b und 4c FANG gilt diese Absenkung der Entgeltpunkte generell für alle vor dem 7. Mai 1996 Zugezogenen bei einem Rentenbeginn ab 1. Oktober 1996. Für später Zugezogene werden die berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte zusätzlich durch § 22b FRG idF des WFG weiter begrenzt. Hierdurch ist der mit dem RÜG eingeleitete Prozeß der Ersetzung des Eingliederungsprinzips durch ein Prinzip der „Grundsicherung” (oder des „sozialen Ausgleichs”, vgl Podlech/ Azzola/Dieners, RV 1998, 177, 195 f; Becker, Nbl LVA BA 1997, 151, 163; Moser, Kompaß 1996, 499, 501 f; Wilmerstadt, DAngVers 1989, 164, 168) vollzogen worden.
c) Diese Loslösung vom Eingliederungsprinzip ist mit dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG vereinbar. Angesichts seiner Weite und Unbestimmtheit läßt sich diesem regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Zwingend ist lediglich, daß der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG Beschluß vom 29. Mai 1990 – 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 – BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1 S 1, 5; vgl Neumann, NZS 1998, 401 mwN). Im übrigen obliegt es der Entscheidung des Gesetzgebers, in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichwertiger Staatsaufgaben gewährt werden kann und soll. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE, aaO, mwN). Gemessen hieran hatte der Gesetzgeber mit den am Eingliederungsprinzip orientierten Regelungen des FRG mehr geleistet, als vom sozialen Gestaltungsauftrag gefordert war (vgl BVerfG Beschluß vom 26. Januar 1977 – 1 BvL 17/73 – BVerfGE 43, 213, 226 f = SozR 5050 § 22 FRG Nr 5 S 9,10 f). Solange zumindest das Existenzminimum iS der Sozialhilfe gewahrt bleibt, läßt sich aus dem Sozialstaatsgebot kein Anspruch auf eine bestimmte Höhe von Sozialleistungen für Aussiedler herleiten (vgl BSG Urteil vom 1. September 1994 – 7 RAr 116/93 – nicht veröffentlicht – zum Eingliederungsgeld).
2. Auch ein Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG (Eigentumsgarantie) liegt nicht vor.
a) Der Senat neigt der Auffassung zu, daß das vor Rechtsänderung durch das RÜG maßgebliche Eingliederungsprinzip bei Statusdeutschen iS des Art 116 Abs 1 GG die im Ausland erworbene Rechtsposition nicht in eine durch die Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützte rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition transformiert hat. Letztlich kann der Senat diese Rechtsfrage aber offenlassen. Denn auch wenn man den Schutz der Eigentumsgarantie unterstellt, hätte dies den Gesetzgeber nicht an der Beschränkung der erworbenen Anwartschaften durch § 22 Abs 4 FRG idF des WFG gehindert. Wird aber Art 14 Abs 1 GG, wäre er anwendbar, nicht verletzt, so können auch die im Falle seiner Nichtanwendbarkeit einschlägigen Verfassungsgrundsätze (insbesondere das Rechtsstaatsprinzip) nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Diese gewähren jedenfalls keinen weitergehenden Schutz (vgl BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua, 1 BvL 33/80 ua – BVerfGE 58, 81, 121 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 18; BSG Teilurteil vom 28. Mai 1997 – 8 RKn 27/95 – SozR 3-2600 § 93 Nr 3 S 31; Katzenstein in: Festschrift für Helmut Simon, 1987, S 847, 861).
(aa) Gegen die Einbeziehung der Rechtsposition des Klägers, soweit sie auf FRG-Zeiten beruht, in den Eigentumsschutz des Art 14 GG spricht, daß sie nicht auf Eigenleistungen in Gestalt von an deutsche Rentenversicherungsträger gezahlten Beiträgen beruht.
Zwar ist der Eigentumsschutz für Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben worden sind, seit langem anerkannt (BVerfG Urteil vom 28. Februar 1980 – 1 BvL 17/77 ua – BVerfGE 53, 257, 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 1, 2 ff; stRspr). Denn die gesetzlich begründeten rentenversicherungsrechtlichen Positionen erfüllen eine soziale Funktion, deren Schutz gerade Aufgabe der Eigentumsgarantie ist (BVerfG Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 32 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 41). Dabei ist die sozialversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt, wie das BVerfG in seiner Entscheidung zur Begrenzung der Bewertung der Ausbildungs-Ausfallzeiten durch das 20. Rentenanpassungsgesetz ausgeführt hat: Renten und Rentenanwartschaften beruhten auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führten, so daß die einzelnen Elemente nicht losgelöst voneinander behandelt werden könnten, als seien sie selbständige Ansprüche (BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua, 1 BvL 33/80 ua – BVerfGE 58, 81, 109 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 10). Zudem schließe eine Rechtsposition, die auch oder überwiegend auf staatlicher Gewährung beruhe, Eigentumsschutz ebensowenig von vornherein aus wie bei Sachgütern, die mit Hilfe von Subventionen oder Steuererleichterungen erworben worden seien (BVerfG Urteil vom 16. Juli 1985 – 1 BvL 5/80 ua – BVerfGE 69, 272, 301 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 123, 126). Auch insoweit stellt das BVerfG aber auf den Umfang der Eigenleistung („nicht unerhebliche” Eigenleistungen des Versicherten) ab, verzichtet also keinesfalls auf dieses Kriterium. Hierzu führt es aus, daß Ansprüche auf Sozialleistungen, die ausschließlich darauf beruhten, daß der Staat sie in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht durch Gesetz eingeräumt habe, nicht vom Schutz des Art 14 GG umfaßt werden (vgl BVerfG Beschluß vom 23. Juni 1970 – 2 BvL 8/65 – BVerfGE 29, 22, 34 = SozR Nr 83 zu Art 3 GG, S Ab 78, 80 – zur Verneinung des Eigentumsschutzes bei einem vom FRG gewährten Rentenanspruch, der nicht, auch nicht teilweise auf eigenen Leistungen des Rentenempfängers an den Rentenversicherungsträger in der Bundesrepublik beruhte; BVerfG Urteil vom 16. Juli 1985 – 1 BvL 5/80 ua – BVerfGE 69, 272, 301 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 123, 126 mwN; vgl ferner Neumann, NZS 1998, 401, 403; Ossenbühl in: Festschrift für Zeidler, 1987, S 625, 631 f).
Dem entspricht, daß das BVerfG (Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 47 ff) als weitere Begründung für den Eigentumsschutz von in der DDR erworbenen Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften darauf hingewiesen hat, daß die rentenrechtlichen Positionen der DDR-Versicherten erst mit dem Beitritt und der Anrechnung durch den EinigVtr in den Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG gelangten oder – anders ausgedrückt – durch den Untergang der DDR als Staats- und Völkerrechtssubjekt ebenfalls untergegangen waren (vgl BSG Urteil vom 31. Juli 1997 – 4 RA 35/97 – BSGE 81, 1, 5 ff = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 14 S 107, 112 ff mwN). Dagegen bleibt aber, wie das BVerfG (Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 36 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 50) gleichfalls hervorgehoben hat, bei dem allein durch das FRG als Folge des Eingliederungsprinzips eingeräumten vermögenswerten Rechtsanspruch die im Herkunftsland erworbene Rechtsposition („Rentenstammrecht”) unberührt; eine Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften findet nicht statt. Doppelleistungen werden durch die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten ausgeschlossen (vgl hierzu BVerfG Beschluß vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 – BVerfGE 95, 143, 161).
Dagegen, daß die im FRG – unabhängig von der späteren Abkehr vom Eingliederungsprinzip (vgl dazu BVerfG Beschluß vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 – BVerfGE 95, 143, 161 f, wonach das Eingliederungsprinzip die rentenversicherungsrechtlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR „bis zu deren Beitritt am 3. Oktober 1990” bestimmte) – eingeräumte vermögenswerte Rechtsposition Eigentumsschutz genießt, spricht ferner, daß ein solcher für die in der DDR begründeten und im Zeitpunkt ihres Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland bestehenden Rentenansprüche und Rentenanwartschaften nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung (erst) gesondert durch die mit Art 20 des Staatsvertrages eingeleitete Überführung der in der DDR erworbenen Rechtspositionen und ihre Anerkennung in Anl II Kap VIII Sachgeb H Abschn III Nr 9 Buchst b EinigVtr verschafft worden ist. Verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz kommt den in der DDR erworbenen Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften daher auch nur in der Form zu, die sie aufgrund der Regelungen des EinigVtr erhalten haben. Erst „mit dem Beitritt und der Anerkennung durch den Einigungsvertrag” – auch wenn dieser seinerseits Inhalt des Einigungsvertragsgesetzes vom 23. September 1990 (BGBl II 885) geworden ist und als einfaches Bundesrecht fortgilt – gelangten jene Rechtspositionen in den Schutzbereich des Art 14 GG (BVerfG Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 33 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 47). Demgegenüber hatten Übersiedler aus der DDR vor Inkrafttreten des EinigVtr einen „vermögenswerten” Rechtsanspruch allein aus dem FRG, der als solcher nicht dem Eigentumsschutz unterfiel (vgl BVerfG aaO 36). Dies legt nahe, daß erst recht (fremd)rentenrechtliche Positionen von Aussiedlern aus anderen Staaten nicht dem Schutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG unterfallen.
(bb) Die bei der Anrechnung von Fremdrentenzeiten fehlende einkommensbezogene Eigenleistung bei Statusdeutschen ist auch nicht – wie der Kläger meint – aufgrund des Integrationsversprechens des Art 116 Abs 1 GG zu fingieren (so aber Podlech/ Azzola/Dieners, RV 1998, 177, 199). Zwar hat das BVerfG bereits im Zusammenhang mit westdeutschen sozialversicherungsrechtlichen Positionen hervorgehoben, daß der Eigentumsschutz in diesem Bereich im wesentlichen darauf beruhe, daß die in Betracht kommende Rechtsposition durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt sei, die in den einkommensbezogenen Leistungen lediglich einen Ausdruck finde (BVerfG Urteil vom 16. Juli 1985 – 1 BvL 5/80 ua – BVerfGE 69, 272, 300 f = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 123, 125 f). Es hat deshalb nicht nur die vom Versicherten selbst gezahlten Beiträge, sondern auch die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung den eigentumsrelevanten Eigenleistungen des Arbeitnehmers zugerechnet (BVerfG aaO 302). Hinsichtlich der besonderen Bedingungen des Alterssicherungs- und Entlohnungssystems der DDR hat es den Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG auch dann zum Tragen kommen lassen, wenn die Rentenansprüche und -anwartschaften nicht in erster Linie durch Beitragszahlungen, sondern maßgeblich durch Arbeitsleistung erworben wurden (BVerfG Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 35 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 49). Damit sollte jedoch nur ausgedrückt werden, daß auch die in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften vom Typus her die konstitutiven Merkmale des Eigentums iS von Art 14 GG aufweisen, weil der erforderliche Zusammenhang zwischen Zusatzversorgung und Arbeitsleistung im Entlohnungssystem der DDR in vielfältiger Weise hergestellt wurde. Dennoch genossen – wie bereits ausgeführt – die in der DDR erworbenen Rentenansprüche nicht per se den Schutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG; erst mit dem Beitritt der DDR und der Anerkennung durch den EinigVtr gelangten sie wie andere vermögenswerte Rechtspositionen in den Schutzbereich des Grundgesetzes (BVerfG Urteile vom 22. November 1994 – 1 BvR 351/91 – BVerfGE 91, 294, 308 und vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 33 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 47). Mangels eines solchen Transformationsakts scheidet der nachträgliche Erwerb einer eigentumsgeschützten Rechtsposition bei einem Statusdeutschen wie dem Kläger aus. Soweit seine Rechtsposition auf FRG-Zeiten beruht, leitet sie sich allein aus dem durch dieses Gesetz begründeten vermögenswerten Rechtsanspruch ab (vgl die bisherige Rechtsprechung des BVerfG zum Fremdrentenrecht – BVerfG Beschluß vom 23. Juni 1970 – 2 BvL 8/65 – BVerfGE 29, 22, 33 f = SozR Nr 83 zu Art 3 GG, S Ab 78, 80; BVerfG Beschluß vom 26. Januar 1977 – 1 BvL 17/73 – BVerfGE 43, 213, 226 = SozR 5050 § 22 Nr 5 S 9, 10 f; BVerfG Beschluß vom 26. Februar 1980 – 1 BvR 195/77 – BVerfGE 53, 164, 176 = SozR 2200 § 1318 Nr 5 S 7, 11).
b) Selbst wenn der Kläger jedoch als Berechtigter nach dem FRG eine eigentumsgeschützte Rechtsposition erlangt hätte, läge in der Beschränkung dieser Rechtsposition durch § 22 Abs 4 FRG idF des WFG eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG.
Gegenstand des Schutzes des Art 14 GG sind nach der Rechtsprechung des BVerfG nur der Anspruch oder die Anwartschaft, wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben. Auch für rentenversicherungsrechtliche Rechtspositionen gilt, daß sich die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl BVerfG Urteil vom 28. Februar 1980 – 1 BvL 17/77 ua – BVerfGE 53, 257, 292 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 1, 4 und BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 109 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 10). Der Gesetzgeber genießt dabei zwar keine völlige Freiheit. Er muß vielmehr die grundsätzliche Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis, die zum Begriff des Eigentums gehören, achten und darf diese nicht unverhältnismäßig einschränken. Doch variiert sein Spielraum dabei je nach dem Anteil personaler und sozialer Komponenten des Eigentumsobjekts (vgl BVerfG Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 37 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 51 mwN).
Rentenansprüche und -anwartschaften weisen zwar einen hohen personalen Bezug auf. Zugleich stehen sie jedoch in einem ausgeprägten sozialen Bezug. Deswegen verleiht Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber auch die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, Leistungen zu kürzen und Ansprüche und Anwartschaften umzugestalten, sofern dies einem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl BVerfG Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 51 mwN). Eine Unabänderlichkeit der bei Versicherungsbeginn bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (BVerfG Beschluß vom 4. Juni 1985 – 1 BvL 12/83 – BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 63, 64; BSG Teilurteil vom 28. Mai 1997 – 8 RKn 27/95 – SozR 3-2600 § 93 Nr 3 S 31).
Da – wie oben bereits ausgeführt – Renten und Rentenanwartschaften auf verschiedenen Elementen beruhen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen und deshalb nach der Rechtsprechung des BVerfG die sozialversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt ist (BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 109 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 10), hat dies Folgewirkungen auf die Verfassungsmäßigkeit von gesetzgeberischen Eingriffen (vgl Neumann, NZS 1998, 401, 403 mwN). Rechtfertigende Gründe für Eingriffe liegen grundsätzlich bei Regelungen vor, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 110 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 11; Senatsurteil vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 28/98 R – SozR 3-2600 § 300 Nr 14 – zur Bewertung von Zeiten der Berufsausbildung durch das WFG). Der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug des Versicherten zu dieser Berechtigung und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes tritt hierbei um so stärker hervor, je höher der zugrundeliegende Anteil eigener Leistung ist (vgl BVerfG Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 51).
Damit ergibt sich eine gewisse Stufung sowohl des Eigentums- als auch des im Gewährleistungsbereich des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigenden rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes. Die Befugnis des Gesetzgebers zu (Renten-)Kürzungen geht um so weiter, je mehr das Schutzobjekt in einem sozialen Bezug steht; aber auch der Eingriff in eine Position, die beitragsunabhängig eine Vergünstigung gibt, muß in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen (BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 114 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 14 mwN; Senatsurteil vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 28/98 R – SozR 3-2600 § 300 Nr 14). Gemessen an diesen Anforderungen verletzen die angegriffenen Regelungen des § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG idF des WFG weder den Eigentumsschutz des Klägers noch dessen Vertrauen (vgl BVerfG Urteil vom 23. November 1999 – 1 BvF 1/94 – Umdruck S 35). Der Eingriff in die Rechtsposition des Klägers steht in angemessenem Verhältnis zu dem durch das Gesetz angestrebten und nur durch schnelle Umsetzung erreichbaren Erfolg. Er erweist sich einerseits gemessen an der gesetzgeberischen Zielsetzung als geeignet und erforderlich (dazu im Folgenden unter c und d); er ist andererseits gemessen an der vom Kläger erworbenen Rechtsposition sowie Art und Umfang seiner Beitragsleistung verhältnismäßig und zumutbar (dazu im Folgenden unter e).
c) Mit dem WFG hat der Gesetzgeber der seit dem 2. Halbjahr 1995 ungünstig verlaufenden wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere des Arbeitsmarktes, Rechnung getragen, die zu Mehrausgaben und Mindereinnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt hatte. Ziel der Gesetzgebung war es, die Schwankungsreserve, die zum Ausgleich der Mindereinnahmen im Jahre 1996 herangezogen worden war, ab dem Jahre 1997 wieder aufzufüllen und – andernfalls in erheblichem Umfang erforderliche – Beitragserhöhungen zu vermeiden (BT-Drucks 13/4610 zu A II 1, S 18). Die vom WFG vorgenommenen Leistungskürzungen bzw Mehreinnahmen sollten im Bereich der Rentenversicherung zu Entlastungen von insgesamt 27,15 Mrd DM, verteilt auf die Jahre 1996 bis 2000, führen (vgl BT-Drucks 13/4610 zu C, S 30).
Nach der Begründung zum WFG hatten die im Bereich der Rentenversicherung vorgesehenen Maßnahmen das Ziel, das Versicherungsprinzip und damit das Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Renten zu stärken, indem Leistungen, die nicht oder nur teilweise durch Beiträge gedeckt sind, zurückgeführt werden sollten (BT-Drucks 13/4610 zu A II 2, S 18). In diesem Zusammenhang dürfen die Maßnahmen zur Neugestaltung des FRG nicht für sich allein betrachtet werden, sondern sind als Bestandteil eines Bündels von Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung im Bereich der Rentenversicherung zu verstehen. Die Kürzung der nach dem FRG zu berücksichtigenden Entgeltpunkte ist eingebettet in das gesetzgeberische Konzept, nicht auf Beitragszahlung beruhende Rententeile einzuschränken. So wurden Vergünstigungen zurückgenommen, die im Hinblick auf die Beitragsbezogenheit der Rente sowie der angespannten Gesamtlage der Rentenversicherung und der damit verbundenen Notwendigkeit zu Einsparungen als unangemessen erscheinen konnten: Gekürzt wurden ua die maximal anrechenbaren Zeiten der schulischen oder beruflichen Ausbildung von 48 auf 36 Kalendermonate. Zeiten der Berufsausbildung werden nicht mehr so bewertet, als habe der Versicherte 90 % des Durchschnittsverdienstes erzielt, sondern werden als Anrechnungszeiten mit dem Betrag bewertet, der sich an der im gesamten Versicherungsleben erbrachten Beitragsleistung orientiert (jetzt § 54 Abs 3 SGB VI idF des RRG 1999). Einschnitte erfolgten ferner bei der Schließung von Lücken im Versicherungsleben vor 1957 und der rentensteigernden Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw Krankheit ohne Leistungsbezug (vgl BT-Drucks 13/4610 zu A IV, S 19 f).
Die hier einschlägige Absenkung der Tabellenwerte des FRG um 40 % bei allen zukünftigen Rentenzugängen, unabhängig vom Zeitpunkt des Zuzugs, hat der Gesetzgeber damit begründet, daß einschränkende Regelungen auch zur Erhaltung der Akzeptanz der Leistungen nach dem FRG erforderlich seien (BT-Drucks 13/4610 zu A IV 1 c, S 19): „Das mit der Fremdrentengesetzgebung verfolgte Ziel, die Vertriebenen und Spätaussiedler, die infolge der Auswirkungen des 2. Weltkriegs ihre soziale Sicherheit in den Herkunftsgebieten verloren haben, in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern, ist weitgehend erreicht. Über 50 Jahre nach Kriegsende und wegen der Überwindung der deutschen und europäischen Teilung ist eine unveränderte Beibehaltung der für einen Übergangszeitraum konzipierten, ein hohes Rentenniveau sichernden Regelungen sachlich nicht mehr zu rechtfertigen.” Im Gegensatz zum bisherigen Recht (FRG idF des RÜG), nach dem die Höhe der Rente vom Zeitpunkt des Zuzugs abhängig war, sollten künftig alle Rentenzugänge der bereits in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen FRG-Berechtigten gleichbehandelt werden. Die Rente nach dem FRG für Personen, die erst noch zuziehen, sollte sich – in einem noch weitergehenden Eingriff – lediglich an der Höhe der Eingliederungshilfe orientieren (BT-Drucks 13/4610 zu A IV 1 c, S 19).
Der Gesetzgeber ist also nicht nur Sparzwängen gefolgt, sondern der Abbau von Sozialleistungen wurde gezielt dort vorgenommen, wo aus seiner Sicht nur schwer verständliche Vergünstigungen bestanden. Zugleich wurde im Interesse der Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung das Prinzip der Beitragsbezogenheit der Renten gestärkt. Insgesamt gesehen stellt die Änderung der Bewertung der FRG-Zeiten eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, die ersichtlich dazu dient, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen (BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 110 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 11).
d) Die mithin im öffentlichen Interesse liegenden Gesetzesänderungen waren unter dem Gesichtspunkt des Sparzieles und einer Betonung der Beitragsbezogenheit der Renten geeignet und auch erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Erfolg einer Entlastung sich nur dann sogleich und sodann in den folgenden Jahren immer stärker auswirkt, wenn sie sofort alle Rentenneuzugänge erfaßt und nicht erst allmählich – für spätere Jahrgänge – gelten soll (vgl BT-Drucks 13/4610 zu A IV 1 c, S 19 und zu C 1, S 30 f). Welchem Kostendruck die Rentenversicherung durch die negative Wirtschaftsentwicklung ausgesetzt war, belegen im übrigen auch die jetzt verfügbaren Daten im nachhinein eindrucksvoll: So stieg die Rente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 60. Lebensjahr (§ 38 SGB I idF vor August 1996) als für den Arbeitsmarkt bedeutendste Form der Frühverrentung zwischen 1992 (ca 54.000 Rentenneuzugänge) und 1995 (ca 294.000 Rentenneuzugänge) dramatisch an. Dies führte zu Kosten in Höhe von rund 22 Mrd DM je 100.000 Arbeitnehmer bzw Rentenneuzugänge (vgl Köhler-Fleischmann, SGb 1999, 587, 589).
Die angestrebten Einsparungen hätten auch nicht mit weniger eingreifenden Mitteln – etwa allein durch die gleichfalls mit dem WFG erfolgte, stufenweise Anhebung und Flexibilisierung der Altersgrenzen von 60 und 63 Jahren – erreicht werden können. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, sollte die Neuordnung des Fremdrentenrechts zu Einsparungen von insgesamt 2,3 Mrd DM (im Zeitraum 1996 bis 2000) führen; allein im Jahre 2000 sollten die Rentenversicherungsträger dadurch um ca 1 Mrd DM entlastet werden (BT-Drucks 13/4610 zu C 1, S 30). Dabei ging die Entwurfsbegründung davon aus, daß rund 100.000 FRG-Berechtigte jährlich in Rente gehen und von der Abschlagsregelung betroffen werden (BT-Drucks aaO). Für den Gesetzentwurf zum WFG sind – ausweislich zweier Auskünfte des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 3. August und 16. September 1999, die der Senat in einem Parallelverfahren (B 5 RJ 26/98 R) eingeholt hat – die Ersparnisse durch die Neuordnung des FRG im einzelnen wie folgt geschätzt worden:
Jahr |
Mio DM |
Auf den Abschlag iH von 40 vH entfallen hiervon (in Mio DM): |
|
|
Jahr |
1996: |
26 |
|
|
1997: |
175 |
1997: |
72 |
1998: |
423 |
1998: |
217 |
1999: |
670 |
1999: |
361 |
2000: |
950 |
2000: |
538 |
Verglichen mit den errechneten Einsparungen aus der – hier zu prüfenden – Absenkung der Entgeltpunkte um 40 % für alle Zuzüge bis 6. Mai 1996 wären die Einsparungen unter Beibehaltung der Absenkung von 40 % für alle Zuzüge ab 1991, jedoch einem Abschlag von nur 30 % für Zuzüge bis 1990 deutlich geringer ausgefallen:
|
Zuzüge vor 1991 mit 30 % Abschlag |
Alle Zuzüge (bis 6. Mai 1996) mit 40 % Abschlag |
|
Mio DM |
Mio DM |
1997: |
50 |
72 |
1998: |
150 |
217 |
1999: |
250 |
361 |
2000: |
350 |
538 |
Nach alledem war aufgrund der getroffenen Neuregelung im Bereich des § 22 FRG eine nicht unerhebliche Einsparung zu erwarten. Demgegenüber wären die Einsparungen erheblich geringer gewesen, wenn die nur 30 %ige Kürzung auf Aussiedler wie den Kläger erstreckt worden wäre, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland vor dem 1. Januar 1991 genommen haben. Es ist nicht erkennbar, daß die angestrebten Einsparungen mit weniger einschneidenden Mitteln hätten erreicht werden können. Im übrigen liegt es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob und auf welche Weise er Einsparungen vornimmt (vgl BVerfG Beschluß vom 15. Juli 1987 – 1 BvR 488/86 ua – BVerfGE 76, 220, 241 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 9, 14; BSG Urteil vom 18. April 1996 – 4 RA 36/94 – BSGE 78, 138, 145 = SozR 3-2600 § 71 Nr 1 S 1, 8).
e) Obgleich die neuen Regelungen den Kläger erheblich belasten und – wie vom LSG festgestellt – zu einer Kürzung seiner Rente bzw Anwartschaft um 29,9 % (oder, anders ausgedrückt, zu einem Verlust von 14,1162 Entgeltpunkten) geführt haben, sind sie gemessen an der Bedeutung des gesetzlichen Zieles einer möglichst rasch greifenden Verbesserung der Finanzlage verbunden mit einer Stärkung des Äquivalenzprinzips und einer Neuordnung des Fremdrentenrechts, verhältnismäßig und für den Kläger auch zumutbar. Dies gilt sowohl für die Kürzung der für FRG-Zeiten ermittelten Entgeltpunkte als solche als auch für die fehlende Einbeziehung des Klägers in die Übergangsvorschrift des Art 6 § 4c FANG idF des Art 4 Nr 4 WFG, in Kraft getreten am 7. Mai 1996 (dazu im Folgenden unter aa und bb). Denn die dabei vorzunehmende Abwägung zwischen dem Vertrauen des Klägers auf die Beibehaltung der ihm durch das bisherige Recht eingeräumten Rechtsposition und dem öffentlichen Interesse an deren Veränderung ergibt, daß dem öffentlichen Interesse an Einsparungen und Erhaltung der Flexibilität des Systems der Vorzug einzuräumen ist (dazu im Folgenden unter cc bis ee).
(aa) Eine (echte) Rückwirkung in Form der Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm liegt nicht vor. Die Regelungen des WFG greifen nicht ändernd in die Rechtslage ein, die vor ihrer Verkündung am 27. September 1996 für rentenbeziehende Versicherte bestanden hat. Art 6 § 4c FANG regelt, daß für Berechtigte, die vor dem 7. Mai 1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und deren Rente vor dem 1. Oktober 1996 beginnt, für die Berechnung dieser Rente § 22 Abs 3 FRG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung und § 22 Abs 4 FRG in der ab dem 1. Januar 1992 geltenden Fassung anzuwenden sind. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 22 Abs 4 FRG in der ab 7. Mai 1996 geltenden Fassung bleibt damit auf die Zukunft begrenzt. Die 40 %ige Kürzung gilt nur für Berechtigte, die – wie der Kläger – zwar am Stichtag ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hatten, aber einen Anspruch auf Rente erst nach dem 30. September 1996 haben.
(bb) Die Regelung des Art 6 § 4c FANG wirkt somit auf im Zeitpunkt ihrer Verkündung (27. September 1996) noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein. Sie beeinträchtigt dabei zwar nachträglich eine in der Vergangenheit begründete Rechtsposition der Betroffenen und stellt sich deshalb als eine tatbestandliche Rückanknüpfung iS der Rechtsprechung des BVerfG dar. Die Vorschrift ist jedoch nicht allein deshalb verfassungsrechtlich unzulässig. Die Grenzen einer derartigen „unechten Rückwirkung” ergeben sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Diese sind aber erst überschritten, wenn der Eingriff zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG Beschluß vom 15. Oktober 1996 – 1 BvL 44, 48/92 – BVerfGE 95, 64, 86; Urteil vom 23. November 1999 – 1 BvF 1/94 – Umdruck S 37). Das Vertrauen der Betroffenen ist danach enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte (BVerfG Beschluß vom 13. Mai 1986 – 1 BvL 55/83 – BVerfGE 72, 141, 154 = SozR 2200 § 1265 Nr 78 S 257, 261). Eine solche Enttäuschung des Vertrauens derjenigen Aussiedler, die vor dem 7. Mai 1996 zugezogen sind und die – wie der Kläger – einen Anspruch auf Rente erst nach dem 30. September 1996 haben, liegt der Sache nach vor. Denn auch wenn – wie oben dargestellt – bereits seit dem RRG 1992 und spätestens seit dem RÜG das Eingliederungsprinzip schrittweise eingeschränkt und modifiziert worden ist, konnte der Kläger auf die Dauerhaftigkeit der bestehenden Rechtslage deshalb vertrauen, weil von der 30 %igen Kürzung durch das RÜG gerade der Personenkreis, zu dem er gehörte (die bis zum 31. Dezember 1990 Zugezogenen) nicht betroffen war. Das somit entstandene Vertrauen des Klägers in den Bestand der Rechtslage vor Änderung des § 22 FRG durch das WFG ist indessen nicht schutzwürdig. Der einzelne kann sich nämlich auf Vertrauensschutz nicht berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen kann. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung bedarf es danach der Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (BVerfG Beschlüsse vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 121 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 18; vom 13. Mai 1986 – 1 BvL 55/83 – BVerfGE 72, 141, 155 mwN = SozR 2200 § 1265 Nr 78 S 257, 261; vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256, 349, 356 ff).
Diese Abwägung ergibt, daß ein öffentliches Interesse an den beanstandeten Regelungen das Interesse an dem Fortbestand der früheren Regelung überwiegt.
(cc) Im Rahmen der Abwägung ergeben sich – einander ergänzende und überschneidende – Argumente aus der Intensität des Eingriffs, der Unterschiedlichkeit von Anwartschaft und Anspruch und der Konkretisierung der Ansprüche durch Zubilligung. Auf der einen Seite wird der Vertrauensschutz tendenziell – dies gilt nicht nur für den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz, sondern letztlich auch für den an Art 14 GG orientierten Vertrauensschutz – um so geringer, je erheblicher die finanziellen Interessen des Staates sind, soweit es um den Abbau unberechtigter Vorteile geht, und wenn die Beseitigung bestehender Unklarheiten oder die Bekämpfung von Mißbrauch bezweckt ist (vgl Jaeger, SGb 1994, 111, 115 – zum Übergangsrecht im Arbeitsförderungsrecht). Tendenziell höher ist der Vertrauensschutz dagegen anzusiedeln, je mehr in eine verfestigte Rechtsposition eingegriffen wird. Besonders hoch ist der Vertrauensschutz, wenn ein Berechtigter in Ansehung eines Rechts bereits Dispositionen getroffen hat (Stufe 1). Darunter anzusiedeln ist der Vertrauensschutz, wenn Ansprüche bereits zugebilligt worden sind und nicht nur nach dem Gesetz bestehen, besondere Dispositionen aber nicht in Frage stehen (Stufe 2). Wiederum hierunter rangiert der Eingriff in gesetzlich garantierte Rechte, deren Voraussetzungen bereits sämtlich erfüllt sind, ohne daß der Anspruch bereits durch Verwaltungsakt konkretisiert wäre (Stufe 3). Erst an vierter Stelle einer solchen Vertrauensschutzskala befindet sich die reine Anwartschaft auf einen späteren Anspruch (vgl Jaeger, aaO, S 115). Das Merkmal der Eigenleistung (im Gegensatz zur sozialen Gewährung) legt also – anders ausgedrückt – eine Differenzierung zwischen den eigentumsgeschützten Positionen nach Maßgabe ihrer Verdichtung nahe, wobei jeweils auch Eigenart und Funktion des Schutzobjekts von maßgeblicher Bedeutung sind (vgl Neumann, NZS 1998, 401, 407).
Betrachtet man die Rechtsstellung des Klägers, so ist zu berücksichtigen, daß er nach seinem Zuzug im Jahre 1988 der bundesdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung erst seit einem relativ späten Zeitpunkt, nämlich seit September 1990 (im Alter von rund 55 Jahren), zugehört. Zumindest bei ihm, der zudem erst im Januar 1997 die Voraussetzung einer Arbeitslosigkeit von 52 Wochen erfüllt hatte und die (vorzeitige) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (§ 38 SGB VI) in Anspruch nahm, während sich die ihm zuvor erteilte Rentenauskunft – wie bereits oben ausgeführt – auf den zu erwartenden Regelaltersrentenanspruch (§ 35 SGB VI) – und damit den vom Gesetz als Regelfall normierten Leistungsfall – bezog, war der Eingriff des Gesetzgebers des WFG in seine Rechte durch die Änderung des § 22 FRG nicht so gravierend, daß die Abwägung zwischen geschütztem, rechtlich verfestigtem Individualinteresse und der Bedeutung der gesetzlichen Neuregelung für eine Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung iS einer Vertrauensschutzverletzung und Verfassungswidrigkeit des § 22 Abs 4 FRG idF des WFG zugunsten des Klägers ausfiele. Denn nicht nur im Zeitpunkt der Erteilung der Rentenauskunft im April 1996, sondern auch bei Rentenantragstellung im August 1996 hatte der Kläger nicht alle Voraussetzungen für einen Rentenbezug (Wartezeit, einjährige Arbeitslosigkeit, Vollendung des 60. Lebensjahres und Antragstellung) erfüllt; er hatte mithin erst eine – wenn auch schon konkretisierbare – Anwartschaft auf die (vorzeitige) Rentenleistung erworben, so daß er in der Skala der in ihrem Vertrauen geschützten Berechtigten nur eine untere Position einnahm (zum minderen Vertrauensschutz trotz erfüllter Wartezeit vor der Zeitgrenze ≪Vollendung des 60. Lebensjahres≫ vgl BSG Urteil vom 13. Oktober 1992 – 4 RA 10/92 – SozR 3-2200 § 1248 Nr 7 S 25 – zum Arbeitslosenruhegeld nach § 25 Abs 2 AVG = § 1248 Abs 2 RVO).
Das Vertrauen des Klägers in den Wert seiner Anwartschaft entsprechend den Vormerkungsbescheiden vom 19. April 1996 und 22. August 1996 war zudem jedenfalls – wie oben bereits dargelegt – durch den in diesen Bescheiden enthaltenen allgemeinen Hinweis darauf eingeschränkt, daß über die Anrechnung und Bewertung der Daten sowie über die persönliche Anrechnungszeit erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werde. Dies gilt um so mehr, als der Bescheid der Beklagten vom 22. August 1996 zusätzlich den Hinweis enthielt, es seien zum 1. Januar 1997 Änderungen im Rentenrecht geplant; es könnten deshalb die in diesem Feststellungsbescheid ausgewiesenen Zeiten Änderungen erfahren. Außerdem ist im vorliegenden Fall zu beachten, daß gemessen an dem in der – unverbindlichen – Rentenauskunft vom 19. April 1996 in Aussicht gestellten Rentenbetrag in Höhe von 1.633,30 DM (brutto) und der dem Kläger ab 1. Februar 1997 tatsächlich zuerkannten Altersrente in Höhe von monatlich 1.543,91 DM (brutto) der Unterschied nur bei 5,6 % liegt. Die vom LSG festgestellte effektive Kürzung seiner Rente um 29,9 % erklärt sich daraus, daß die Beklagte mit Neufeststellungsbescheid vom 4. April 1997 die Tätigkeit des Klägers in Rumänien (bezüglich der Zeiten von August 1961 bis Juni 1988) höher eingestuft hat. Demgemäß hätte er nach den Feststellungen des LSG ohne die streitige Kürzung 47,1977 persönliche Entgeltpunkte erzielt, während er infolge der Kürzung nur noch 33,0815 persönliche Entgeltpunkte erreicht. Im übrigen hat der Kläger auch weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, daß er im Vertrauen auf eine bestimmte Höhe der ab 1. Februar 1997 einsetzenden Rente besondere Dispositionen getroffen (zB den Arbeitsplatz aufgegeben) hätte. Bei einem späteren Rentenbeginn hätte er jedenfalls – da er vor dem 1. Januar 1937 geboren ist – nicht mit Rentenabschlägen rechnen müssen (§ 41 Abs 1 SGB VI iVm Anlage 19 idF des WFG).
Für den Kläger ergibt sich nichts anderes aus der Argumentation, im Bereich der Anwartschaften seien zusätzliche Unterscheidungen nach der jeweiligen Schutzbedürftigkeit zu treffen. Zwar räumt § 109 Abs 1 Satz 1 SGB VI Versicherten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, den Anspruch auf eine – von Amts wegen zu erteilende – Auskunft über die Höhe der Anwartschaften ein, die ihnen ohne weitere rentenrechtliche Zeiten als Regelaltersrente zustehen würden. Damit trägt der Gesetzgeber dem Interesse der Versicherten Rechnung, bei einer gewissen „Rentennähe” einen Überblick über die voraussichtliche Altersversorgung in zehn Jahren zu erlangen, schon um letzte Dispositionen im Hinblick auf eine ausreichende Versorgung im Alter vornehmen zu können. Damit wird jedoch nicht ausgedrückt, daß der Versicherte mit Erreichen des 55. Lebensjahres auch einen besonderen Vertrauensschutz im Hinblick auf den Bestand der – nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI ausdrücklich nicht rechtsverbindlichen – Auskunft hat. Überdies zeigen § 109 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 2 SGB VI auf, daß bestimmte Auskünfte auch „jüngeren Versicherten” erteilt werden können, wenn diese ein berechtigtes Interesse daran haben. Zur Grenzziehung im Hinblick auf eine gewisse Verfestigung von Rentenanwartschaften taugt die in § 109 Abs 1 SGB VI genannte Altersgrenze mithin nicht. Andere mögliche Altersgrenzen für eine solche Verfestigung lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen; allenfalls läßt sich innerhalb der Altersrenten (§§ 35 ff SGB VI) differenzieren. Bezogen auf das Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit und die Voraussetzung der mindestens achtjährigen versicherungspflichtigen Tätigkeit innerhalb der letzten zehn Jahre hat der 4. Senat des BSG sogar in Zweifel gezogen, ob die 1981 erworbene Rechtsstellung des dortigen Klägers als eine dem individual-grundrechtlichen Eigentumsschutz unterliegende „Anwartschaft” auf diese spezielle, ab 1990 beanspruchte Leistung zu qualifizieren sei (BSG Urteil vom 13. Oktober 1992 – 4 RA 10/92 – SozR 3-2200 § 1248 Nr 7 S 26; ebenfalls offengelassen in BVerfG Kammer-Beschluß vom 24. Januar 1994 – 1 BvR 10/93 – SGb 1994, 227). Mithin ist schon das individuelle Interesse des Klägers auf der „Haben”-Seite des Vertrauensschutzes nicht besonders intensiv ausgeprägt; er hatte kein Vollrecht auf Rente. Dem stehen als „Soll” bei der Abwägung gewichtige Interessen des Staates gegenüber (vgl auch BSG Urteil vom 18. April 1996 – 4 RA 36/94 – BSGE 78, 138 = SozR 3-2600 § 71 Nr 1 – zur Modifikation der Anwartschaft auf Regelaltersrente durch Neubestimmung der Anspruchselemente im Rahmen der sog Gesamtleistungsbewertung).
(dd) Stellt man auf die von der Kürzung betroffenen Zeiten ab, so sprechen maßgeblich folgende Gesichtspunkte gegen den Vertrauensschutz des Klägers auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage: Der Gesetzgeber hat die Absenkung der Tabellenwerte des FRG um 40 % bei allen zukünftigen Rentenzugängen unabhängig vom Zeitpunkt des Zuzugs nicht nur mit dem Zeitablauf (50 Jahre nach Kriegsende) und der veränderten Rechtslage nach der Wiedervereinigung begründet. Vielmehr sollte diese Kürzungsregelung gerade auch der Erhaltung der Akzeptanz der Leistungen nach dem FRG dienen (BT-Drucks 13/4610 zu A IV 1 c, S 19). Diese Akzeptanzprobleme waren vor allem darin zu sehen, daß Aussiedler auch nach der Wiedervereinigung weiterhin prinzipiell nach dem fremdrentenrechtlichen Grundsatz behandelt wurden, daß frühere Auslandszeiten wie Zeiten, die in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt wurden, behandelt werden, während bei Übersiedlern, die nach dem 18. Mai 1990 in die alten Bundesländer gekommen waren, keine FRG-Leistungen mehr gewährt werden (vgl Schulin, Gutachten für den 59. Deutschen Juristentag, 1992, E, 124 f mwN). Auch nach der Reform des FRG durch das RÜG verblieben Akzeptanzprobleme, weil § 22 FRG idF des Art 14 Nr 20b RÜG an der Differenzierung zwischen Aus- und Übersiedlern festhielt. Soweit Aussiedler in die neuen Bundesländer zogen, wurden sie nach den neuen Bestimmungen des Fremdrentenrechts dort integriert mit der Folge, daß für sie das niedrigere Rentenniveau des Beitrittsgebiets maßgeblich war. Fanden sie in den alten Bundesländern Aufnahme, bestimmten sich ihre Leistungen grundsätzlich nach dem westdeutschen Rentenniveau, das allerdings um 30 % gekürzt wurde. Damit sollten Aussiedler den Bürgern in strukturschwachen Regionen angeglichen werden (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung vgl BSG Urteil vom 9. September 1998 – B 13 RJ 5/98 R – SozR 3-5050 § 22 Nr 6). Auch jene gesetzliche Lösung stieß weithin auf erhebliche Kritik (vgl Ruland, DRV 1991, 518, 529 mwN). Die Bewertung der FRG-Zeiten mit 70 % entsprach einer – bereits oben unter B 1b erwähnten – Forderung des Bundesrats, der „von der Beitragsleistung her gesehen” eine Besserstellung neu zuziehender Aussiedler gegenüber Übersiedlern nicht für gerechtfertigt hielt und die Auffassung äußerte, daß bei der Bewertung der FRG-Zeiten nicht das Rentenniveau strukturschwacher Gebiete, sondern der Kürzungssatz des bereits geltenden Auslandsrentenrechts (§ 113 Abs 3 SGB VI) zugrunde gelegt werden sollte. Er regte außerdem an, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zusätzlich zu der vorgesehenen Absenkung des Leistungsniveaus im Fremdrentenrecht eine Begrenzung der erreichbaren Rentenhöhe für Aussiedler vorzusehen, um eine nicht mehr hinnehmbare Besserstellung von Aussiedlern gegenüber bundesdeutschen Versicherten zu vermeiden (vgl BT-Drucks 12/630 zu Art 13, 14, S 15 f). An diese Kürzungsregelung des § 22 FRG idF des RÜG und die dahinterstehenden Überlegungen hat der Gesetzgeber des WFG angeknüpft. Im Zeichen der sich seit 1995 abzeichnenden schwierigen Finanzlage der Rentenversicherung ist er damit nicht nur Sparzwängen gefolgt, sondern er hat die gebotenen Einschränkungen dort vorgenommen, wo sie aufgrund der gegebenen Verhältnisse am ehesten erträglich und vertretbar erschienen, weil insoweit – im Bereich des FRG – im Vergleich zu anderen Versicherten nur schwer verständliche Vergünstigungen bestanden (vgl auch BVerfG Beschluß vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256, 358 mwN). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn er neben anderen Einsparungsmaßnahmen, beispielsweise der Begrenzung der Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung, die Bewertung der FRG-Zeiten begrenzt hat.
Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der gesetzgeberische Ansatz des WFG, nämlich die Stärkung des Prinzips der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Renten, könne eine Kürzung der FRG-Zeiten nicht rechtfertigen. Zwar trifft § 55 SGB VI keine Unterscheidung zwischen Pflichtbeitragszeiten nach Bundesrecht und solchen Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (Satz 2 der Vorschrift). Hierunter fallen insbesondere Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI), aber auch fingierte Pflichtbeiträge beim Bezug von Sozialleistungen (§ 176 Abs 3 SGB VI) sowie Zeiten eines glaubhaft gemachten Abzugs des Beitragsanteils vom Arbeitsentgelt (§ 203 Abs 2 SGB VI; vgl VerbandsKomm, SGB VI, Stand 1. Juli 1994, § 55 RdNr 6); aber auch Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach den §§ 15, 16 FRG haben die gleiche Rechtsqualität wie nach Bundesrecht zurückgelegte Zeiten (BSG Urteile vom 16. Oktober 1981 – 5b/5 RJ 48/80 – SozR 2200 § 1251 Nr 89, S 240 – zur Konkurrenz zwischen Beitrags- und Ersatzzeit – und vom 16. Dezember 1993 – 13 RJ 13/92 – BSGE 74, 1 = SozR 3-5050 § 15 Nr 6 – zur Wehrdienstzeit; vom 29. April 1997 – 4 RA 123/95 – SozR 3-5060 Art 6 § 4 Nr 3 S 25; Niesel in Kasseler Komm, Stand August 1995, § 55 RdNr 9). An der Rechtsqualität der FRG-Zeiten als (fiktiven) Beitragszeiten ändert indessen die Berechnungsvorschrift des § 22 Abs 4 FRG als solche nichts. Betroffen ist allein der Wert des Rentenrechts. Durch die Multiplikation der maßgeblichen Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 wird der Wert des Anwartschaftsrechts des Klägers nicht in einer Weise betroffen („ausgehöhlt”), daß von einer völligen Entwertung der FRG-Zeiten als Beitragszeiten gesprochen werden könnte.
Maßgebliches Kriterium für die Frage der Zulässigkeit des Einschnitts in den Wert des Anwartschaftsrechts durch Änderung der Berechnungsfaktoren ist daher die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Bei diesem Kriterium ist jedoch die Qualität der Fremdrenten als „versicherungsfremde Leistungen” (zu diesem Begriff vgl BSG Urteil vom 29. Januar 1998 – B 12 KR 35/95 R – BSGE 81, 276, 279 = SozR 3-2600 § 158 Nr 1 S 1, 4) zu berücksichtigen, die die Versicherungsträger aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen zu erfüllen haben (vgl Preis/Steffan, ZRP 1991, 12, 15; Frerich/ Frey in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 Rentenversicherungsrecht, 1999, § 2 RdNrn 83 ff). Erst mit der späteren Einfügung der §§ 213 Abs 3, 291b SGB VI durch Art 1 Nrn 3c und 5 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 3121) mit Wirkung zum 1. April 1998 (Art 9 Abs 1 des Gesetzes) hat der Gesetzgeber nämlich die Grundlage dafür geschaffen, daß der Bund – mittels eines „zusätzlichen” Bundeszuschusses – den Rentenversicherungsträgern ua die Aufwendungen für Leistungen nach dem Fremdrentenrecht voll erstattet. Erst von diesem Zeitpunkt an wurden die Bundeszuschüsse auch variabel ausgestaltet, dh sie verändern sich jährlich gemäß § 213 Abs 2 Satz 2 SGB VI im Verhältnis einer Änderung des Beitragssatzes („allgemeiner” Bundeszuschuß) bzw gemäß § 213 Abs 3 Satz 3 SGB VI – ab dem Jahre 2000 – entsprechend der Veränderungsrate der Steuern vom Umsatz (zusätzlicher Bundeszuschuß). Zuvor – und damit auch im Zeitpunkt der streitigen Kürzung durch das WFG – gab es lediglich den „allgemeinen”, nicht an besondere (versicherungsfremde) Aufwendungen der Leistungsträger gekoppelten Bundeszuschuß. Nicht auf Beiträgen beruhende Leistungen machten bezogen auf das Rentenvolumen insgesamt 34,3 % aus, wovon nur 20,0 % vom Bundeszuschuß abgedeckt waren (vgl „Abschätzung der versicherungsfremden Leistungen im Rentenvolumen des Jahres 1995 ≪AR und AV, Ost und West≫ des VDR”, in: Fakten und Argumente, Heft Nr 5/1997, S 10; Schmidt/Thiede in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 3 Rentenversicherungsrecht, § 48 RdNr 79; Schmidt/Genzke in: Schulin, aaO, § 50 RdNr 19). Innerhalb der versicherungsfremden Leistungen nahmen die FRG-Zeiten im Jahre 1995 – dem Jahre vor Erlaß des WFG – mit immerhin 10.073 Mio DM einen vorderen Platz ein; ihr Anteil machte bezogen auf das Rentenvolumen insgesamt 3,4 % aus, bezogen auf alle versicherungsfremden Leistungen 9,9 %. Mithin fand auch durch eine Begrenzung der Ausgaben für Fremdrenten nicht – wie vom Kläger behauptet – nur eine Umverteilung innerhalb zweier „Töpfe” des Bundeshaushaltes statt, sondern eine spürbare Entlastung des Beitragszahlers. Läßt sich schon eine „Ersparnis” beim Bundeszuschuß durch Einschränkungen bei den Fremdrentenleistungen nicht beziffern, so kann erst recht nicht – mit dem Kläger – argumentiert werden, die Kürzungen hätten einen Anstieg von Ausgaben im Sozialhilfebereich „in gleicher Höhe” bewirkt.
Daß die Neuregelung des FRG durch das WFG auch tatsächlich zur Funktionserhaltung und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung beigetragen hat und beiträgt, belegen die – oben aufgeführten – Zahlen, die das BMA dem Senat auf Nachfrage am 3. August 1999 und 16. September 1999 zur Verfügung gestellt hat. Die Einsparungen sind jedenfalls nicht so unbedeutend, daß mit der erforderlichen Evidenz davon ausgegangen werden könnte, der angestrebte Erfolg hätte mit weniger einschneidenden Mitteln erreicht werden können (vgl insoweit BVerfG Beschlüsse vom 15. Juli 1987 – 1 BvR 488/86 ua – BVerfGE 76, 220, 241, 245 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 9, 14, 17; vom 30. September 1987 – 2 BvL 933/82 – BVerfGE 76, 256, 359).
(ee) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bedurfte es auch keiner schonenderen Übergangsregelung für die sog rentennahen Jahrgänge, zu denen der Kläger zählt. Bei der Ausgestaltung einer Übergangsregelung kommt dem Gesetzgeber ebenfalls ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Zwischen der sofortigen, übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Dabei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erst dann verletzt, wenn die gesetzgeberischen Maßnahmen bei Abwägung einerseits ihrer Schwere für den Betroffenen und andererseits der sie rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren überschreiten (vgl BVerfG Beschlüsse vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 124 f = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 20 f; vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256, 360; Kammer-Beschluß vom 22. Oktober 1993 – 1 BvR 1124/93 – NJW 1994, 1718 mwN).
Diese Zumutbarkeitsgrenze wird von der neuen Übergangsregelung des Art 6 § 4c FANG in der ab 7. Mai 1996 geltenden Fassung nicht überschritten. Die Übergangsregelung schützt einerseits die Bestandsrenten, andererseits die vor dem Tag der Kabinettsentscheidung über das WFG (7. Mai 1996) Zugezogenen, die vor dem 1. Oktober 1996 ihre Rente erhalten, deren Rentenbeginn also am Tag der Verkündung des WFG (27. September 1996) unmittelbar bevorstand; sie werden von der 40 %igen Kürzung ausgenommen. Da die Regelung insgesamt aber schnell umgesetzt werden sollte, um die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten und veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen, ist die für alle übrigen Betroffenen übergangslose 40 %ige Kürzung der FRG-Zeiten diesen trotz ihrer Härte im Hinblick auf das wichtige Gemeinschaftsgut der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zumutbar (vgl Bertuleit, DRV 1999, 345, 356). Insbesondere kann nicht – wie der Kläger meint – eingewendet werden, der Gesetzgeber hätte sein Sparziel auch durch Kürzungen für rentenfernere Jahrgänge erreichen können, denen noch Dispositionen für eine zusätzliche Alterssicherung möglich gewesen wären. Denn dann wären die Einsparungen erst in weiter Ferne eingetreten und hätten nicht, wie erforderlich, bereits in den Jahren ab 1997 bis 2000 deutlich ausgabensenkend gewirkt (vgl dazu auch Müller, DRV 1997, 78, 91, 92).
Außerdem ist zu berücksichtigen, daß durch die angegriffenen Regelungen des § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG zwar der Wert der Anwartschaft gemindert wird, indem die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte (also nicht alle FRG-Zeiten) um 40 % ihres Vollwerts abgesenkt werden. Doch diese Kürzung der Entgeltpunkte nach § 22 Abs 4 FRG idF des WFG wirkt sich kaum jemals in Höhe von 40 % aus, wie der Multiplikationsfaktor 0,6 glauben machen könnte. Selbst bei Versicherten, wie dem Kläger, die nur einen kleinen Teil ihres Berufslebens in der Bundesrepublik Deutschland verbracht und hier Rentenversicherungsbeiträge entrichtet haben, ist die Höhe der Altersversorgung insgesamt nur zum Teil betroffen (Einbuße beim Kläger rund 30 %, s oben). Abgemildert wird der Eingriff in die durch das FRG eingeräumte Rechtsstellung zudem – wie dies beim Kläger deutlich wird – durch die gesetzliche Regelung der Rente nach Mindesteinkommen, wonach der Entgeltpunktwert von 0,0625/Monat nicht unterschritten werden darf, wenn mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind (§ 262 Abs 1 Satz 1 SGB VI). Dies erklärt auch, weshalb die höhere Einstufung der Tätigkeit des Klägers in Rumänien (vgl Bescheid vom 4. April 1997) auf die Rentenhöhe im Ergebnis keinen Einfluß hatte.
Das neue Recht führt für Aussiedler – auch im Falle des Klägers – zu angemessenen Ergebnissen. Denn sie entsprechen insbesondere einem abgestuften Vertrauensschutz: Die Aussiedler werden typischerweise um so stärker betroffen, je kürzer der Zeitraum ihres Aufenthalts im Bundesgebiet ist und um so weniger, je länger sie schon die Möglichkeit hatten, im Bundesgebiet Wertschöpfung zu betreiben, dh nicht nur Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu entrichten, sondern auch in anderer Weise – zB durch Erwerb von Grundeigentum – Altersvorsorge zu betreiben. Zudem gewährleistet die Rente nach Mindesteinkommen einen angemessenen Härteschutz.
Die weitere Frage, wie sich andere Rechtsänderungen im Zuge des WFG im Bereich des Rentenrechts in Kombination mit der Kürzungsvorschrift des § 22 Abs 4 FRG auswirken, bedarf im vorliegenden Fall keiner Erörterung. Denn die Minderung der errechneten Entgeltpunkte ergibt sich hier allein aus der Kürzung nach § 22 Abs 4 FRG.
3. Die zur Prüfung gestellte Norm des § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG idF des WFG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfG Urteil vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86 ua – BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 1, 7; Beschlüsse vom 11. Januar 1995 – 1 BvR 892/88 – BVerfGE 92, 53, 68 f = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 S 17, 19 und vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 – BVerfGE 95, 143, 154 f; stRspr). Entsprechendes gilt für eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BVerfG Beschluß vom 13. Mai 1986 – 1 BvL 55/83 – BVerfGE 72, 141, 150 = SozR 2200 § 1265 Nr 78 S 257, 258). Geht es um die Gleich- oder Ungleichbehandlung von Personengruppen, unterliegt die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers regelmäßig einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse und wird nicht nur durch das Willkürverbot begrenzt (BVerfG Beschluß vom 26. Januar 1993 – 1 BvL 38/92 ua – BVerfGE 88, 87, 96 f). Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist allerdings weiter bemessen, wenn Regelungen zur Beseitigung der beim Zusammenbruch des Deutschen Reiches vorhandenen Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand und zur Beseitigung sonstiger Kriegsfolgelasten betroffen sind (BVerfG Beschlüsse vom 11. Dezember 1962 – 2 BvL 2/60 ua – BVerfGE 15, 167, 201; vom 15. Dezember 1970 – 1 BvR 208/65 – BVerfGE 29, 413, 430; vom 26. Februar 1980 – 1 BvR 195/77 – BVerfGE 53, 164, 178 = SozR 2200 § 1318 Nr 5 S 7, 12; vom 22. Oktober 1985 – 1 BvL 2/82 – BVerfGE 71, 66, 76 = SozR 2200 § 1319 Nr 5 S 11). Dies gilt insbesondere für sozialrechtliche Normen, deren Ursprung mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs im Zusammenhang steht. Denn dabei stand die Bundesrepublik Deutschland vor sozialen Aufgaben, die nach Art und Ausmaß ohne Parallele waren (BVerfG Beschlüsse vom 26. Februar 1980 – 1 BvR 195/77 – BVerfGE 53, 164, 178 = SozR 2200 § 1318 Nr 5 S 7, 12 und vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 – BVerfGE 95, 143, 155).
Soweit der Kläger rügt, die Kürzung der nach dem FRG erworbenen Anwartschaften um 40 % beinhalte eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Bürgern des Beitrittsgebiets und den Übersiedlern aus der ehemaligen DDR insoweit, als dadurch der betragsmäßige Wert dieser Anwartschaften den Betrag unterschreite, der sich daraus bei ungekürzten Entgeltpunkten und Anwendung des Rentenwertes „Ost” ergeben würde, berücksichtigt der Kläger nicht, daß es für diese Unterscheidung sachliche Gründe gibt. So hat der 13. Senat des BSG in seinem Urteil vom 9. September 1998 (– B 13 RJ 5/98 R – SozR 3-5050 § 22 Nr 6) bereits ausgeführt, daß zwar auch Versicherte, die ihr Arbeitsleben im Beitrittsgebiet verbracht hätten, regelmäßig keine Beiträge zu bundesdeutschen Rentenversicherungsträgern vorweisen könnten, diese aber durch die deutsche Einigung in die hiesige Solidargemeinschaft einbezogen worden seien; in diesem Zusammenhang habe sich die Bundesrepublik Deutschland zudem verpflichtet, mit der Angleichung der Löhne und Gehälter im Beitrittsgebiet an diejenigen in den übrigen Ländern auch eine Angleichung der Renten zu verwirklichen (Art 30 Abs 5 Satz 3 EinigVtr). Das Urteil des BVerfG vom 28. April 1999 (– 1 BvL 32/95 ua – BVerfGE 100, 1, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 31, 51 f) macht schließlich deutlich, daß erst die mit Art 20 des Staatsvertrages eingeleitete Entwicklung zur Übernahme der in der DDR erworbenen Rechtspositionen und ihrer Anerkennung in Anl II Kap VIII Sachgeb H Abschn III Nr 9 Buchst b EinigVtr geführt hat.
Die vom Kläger beanstandete Kürzung verletzt den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG auch unter einem anderen Aspekt nicht: Wie oben zu B 1 ausgeführt, garantiert das Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG keinen Anspruch auf eine bestimmte Höhe von Sozialleistungen; allein das Existenzminimum iS der Sozialhilfe muß gewährleistet sein. Daher wird auch Aussiedlern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt ab dem 7. Mai 1996 in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben oder noch nehmen, gemäß § 22b Abs 1 FRG der Rentenanteil aus Zeiten nach dem FRG nur noch in einer Höhe (höchstens 25 Entgeltpunkte) gewährt, die sich an der Höhe der Eingliederungshilfe orientiert (vgl BT-Drucks 13/4610 zu Art 3, 4 ≪§ 22b≫, S 28). Die Eingliederungshilfe für arbeitslose Spätaussiedler (§ 418 SGB III) wiederum wird sechs Monate gewährt (§ 421 Abs 1 Nr 2 SGB III) und bemißt sich nach den Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe (§ 421 Abs 1 SGB III), und zwar nach einem Arbeitsentgelt in Höhe von 60 % der Bezugsgröße (§ 421 Abs 1 Nr 1 SGB III, § 18 SGB IV). Diese Orientierung an der Höhe der Eingliederungshilfe hat der Gesetzgeber – wie die Kürzung, von der der Kläger betroffen ist – ebenfalls damit begründet, daß das Ziel der Fremdrentengesetzgebung, die Vertriebenen und Spätaussiedler, die infolge der Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges ihre soziale Sicherung in den Herkunftsgebieten verloren hätten, in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland einzugliedern, weitgehend erreicht worden sei. Über 50 Jahre nach Kriegsende und wegen Überwindung der deutschen und europäischen Teilung sei eine unveränderte Beibehaltung der für einen Übergangszeitraum konzipierten, ein hohes Rentenniveau sichernden Regelung sachlich nicht mehr zu rechtfertigen (BT-Drucks 13/4610 zu A IV 1 c, S 19). Der Gesetzgeber hat damit hinreichende Gründe angeführt, das Abgehen vom Eingliederungsprinzip sachlich zu rechtfertigen. Denn mit der Herstellung der staatlichen Einheit in Deutschland waren die Gründe entfallen, die das Eingliederungsprinzip bis zu diesem Zeitpunkt getragen und gerechtfertigt hatten (vgl auch BVerfG Beschluß vom 12. November 1996 – 1 BvL 4/88 – BVerfGE 95, 143, 157). Der Gesetzgeber hat bewußt einen Systemwechsel vom rentenversicherungsrechtlichen Eingliederungsprinzip zum „Prinzip der Grundsicherung” (oder Prinzip des „sozialen Ausgleichs”) vollzogen. Es ist deshalb im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot des Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber in diesen Systemumbruch auch solche Berechtigte – wie den Kläger – in eine (angemessene) Rentenabsenkung einbezogen hat, die aufgrund ihres Zuzugs vor dem 1. Januar 1991 bislang von einer Wertreduzierung ausgenommen waren.
Bei einer Übergangsregelung wie Art 6 § 4c FANG sind Ungleichheiten, die sich durch einen Stichtag ergeben, hinzunehmen, wenn die Einführung eines solchen notwendig und die Wahl des Zeitpunkts, orientiert am gegebenen Sachverhalt, damit sachlich vertretbar ist (BVerfG Beschlüsse vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 126 f = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 22 und vom 8. April 1987 – 1 BvR 564/84 ua – BVerfGE 75, 78, 106 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 459, 467 f; Urteile vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86 ua – BVerfGE 87, 1, 43 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 1, 12 und vom 23. November 1999 – 1 BvF 1/94 – Umdruck S 47). Aus den – oben dargestellten – Gründen einer notwendigen, möglichst rasch greifenden Verbesserung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung konnte der Gesetzgeber den Bestandsrenten den Vorzug vor dem Schutz der Rentenanwartschaften geben (vgl BVerfG Beschluß vom 1. Juli 1981 – 1 BvR 874/77 ua – BVerfGE 58, 81, 127 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 9, 22; vom 8. April 1987 – 1 BvR 564/84 ua – BVerfGE 75, 78, 106 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 459, 467 f). Die Besitzschutzregelung für Personen, deren Rente nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen vom 9. Oktober 1975 zu berechnen ist (Art 6 § 4 Abs 5 FANG idF des WFG), steht hierzu in keinem Widerspruch, sondern erklärt sich aus der besonderen Rechtsstellung der Abkommens-Berechtigten und den Regelungen des internationalen Vertragsrechts (Moser, Kompaß 1996, 499). Der gewählte Zeitpunkt hat seinen sachlichen Grund – wie bereits oben dargestellt – in der Kabinettsentscheidung über die Einbringung des WFG und der entsprechenden Unterrichtung der Öffentlichkeit am nächsten Tag (8. Mai 1996 – Polster, DRV 1997, 63, 67; Becker, Nbl LVA BA 1997, 151, 160; Podlech/Azzola/Dieners, RV 1998, 177, 194).
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Umstellung auf eine andere Bewertung von versicherungsrechtlich relevanten Zeiten für ältere Aussiedler, wie den Kläger, einschneidend und damit belastender ist als für jüngere Versicherte, die sich zeitlich besser auf das neue Recht einstellen können (vgl hierzu entsprechend BVerfG Kammer-Beschluß vom 12. Februar 1987 – 1 BvR 79/86 – SozR 5750 Art 2 § 18 Nr 1 S 1, 3 – zur Stichtagsregelung betreffend das Hinterbliebenenrentenrecht; BSG Urteil vom 18. April 1996 – 4 RA 36/94 – BSGE 78, 138, 148 = SozR 3-2600 § 71 Nr 1 S 1, 12 – zur sog Gesamtleistungsbewertung). Mit einem anderen, die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen weniger berührenden Mittel hätte der Gesetzgeber nicht sachlich denselben Erfolg erreichen können. Unerheblich ist, ob eine für den Personenkreis, zu dem der Kläger gehört, schonendere Überleitung (zB durch eine Stufung des Kürzungsfaktors) sozialpolitisch erwünscht gewesen wäre. Darüber ist hier nicht zu entscheiden. Denn bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz hat das zuständige Gericht nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (vgl BVerfG Beschlüsse vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256, 330; vom 19. Februar 1991 – 1 BvR 1231/85 – BVerfGE 83, 395, 401; ebenso BSG Urteil vom 9. September 1998 – B 13 RJ 5/98 R – SozR 3-5050 § 22 Nr 6 zu § 22 Abs 4 FRG idF des RÜG). Dies ist nach Auffassung des erkennenden Senats bezogen auf die angegriffenen Regelungen des § 22 Abs 4 FRG iVm Art 6 § 4c FANG idF des WFG der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen