Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhausbehandlung der Ehefrau eines Beschädigten. Umfang der allgemeinen Krankenhausleistung. Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer. Wahlleistung. Zuschuß zur Krankenhausbehandlung
Orientierungssatz
1. Im Rahmen des allgemeinen Pflegesatzes (§ 3 Abs 1 BPflV) wird eine Krankenhauspflege in dem Umfang erbracht, auf den der Versicherte nach § 182 Abs 2 RVO Anspruch hat, das ist der auf eine ausreichende und zweckmäßige Heilbehandlung (vgl BSG 1979-04-24 3 RK 32/78 = SozR 2200 § 184 Nr 13). Da durch den Pflegesatz alle unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Krankenhausleistungen abgegolten werden, umschließen sie auch eine medizinisch notwendige Behandlung in einer anderen als der allgemeinen Art ein. Deshalb ist grundsätzlich mit dem Zuschuß in Höhe des Pflegesatzes der Betrag für jegliche notwendige Krankenhausbehandlung gedeckt. Für den Anspruch des Beschädigten ist es deshalb unerheblich, ob es medizinisch geboten war, seine Ehefrau in einem Ein- oder Zweibettzimmer privatärztlich zu behandeln. Wenn diese Behandlung medizinisch geboten war, war das Krankenhaus verpflichtet, sie für die Krankenkasse oder die Versorgungsverwaltung im Rahmen des Pflegesatzes durchzuführen. Es waren dann keine gesondert zu berechnenden "Wahlleistungen", die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgingen.
2. § 18 Abs 6 BVG, nach dem in besonderen Fällen bei der stationären Behandlung eines Beschädigten auch die Kosten für Leistungen übernommen werden können, die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehen, wenn es nach den Umständen, insbesondere im Hinblick auf die anerkannten Schädigungsfolgen erforderlich erscheint, gilt nur für den Beschädigten; diese Vorschrift spricht nicht nur ihn besonders an, sondern nimmt auch Bezug auf die nur bei dem Beschädigten selbst vorliegenden anerkannten Schädigungsfolgen. Sie kann auch ihrem Sinn nach nicht auch auf andere Personen ausgedehnt werden, die als Nichtbeschädigte Anspruch auf Krankenbehandlung haben.
Normenkette
BVG § 18 Abs 6 Fassung: 1981-11-20; RVO § 182 Abs 2; BVG § 18c Abs 3 S 3 Fassung: 1975-06-09; BPflV § 3 Abs 1; BVG § 18 Abs 5 Fassung: 1975-06-09
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 25.08.1981; Aktenzeichen L 10/V 403/79) |
SG Augsburg (Entscheidung vom 07.11.1979; Aktenzeichen S 10 V 353/79) |
Tatbestand
Der Kläger ist Schwerbeschädigter. Seine Ehefrau nahm für eine am 30. Dezember 1978 begonnene Krankenhausbehandlung die Unterbringung in einem Zweibett- bzw Einbettzimmer sowie privatärztliche Leistungen in Anspruch. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 17.026,- DM. Auf Antrag des Klägers leistete das Versorgungsamt hierauf einen Zuschuß von 8.008,- DM. Die auf einen höheren Betrag gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen. Nach seiner Ansicht ist § 18c Abs 3 Satz 3 Bundesversorgungsgesetz (BVG) nur bei der Heilbehandlung des Beschädigten selbst anzuwenden, so daß in besonderen Fällen bei der stationären Behandlung die Kosten für Leistungen, die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehen, nicht auch für Angehörige des Schwerbeschädigten übernommen werden können. Gegen dieses Urteil hat der Kläger die zugelassene Berufung eingelegt und sie damit begründet, das SG habe § 18c Abs 3 Satz 3 BVG zu eng ausgelegt. Im übrigen sei er von der Beklagten nicht darüber aufgeklärt worden, daß kein voller Krankenversicherungsschutz bestehe.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen. Es hat dazu ausgeführt: Die Behandlung der Ehefrau des Klägers sei "selbst durchgeführt", weil sie es durch den abgeschlossenen Behandlungsvertrag unmöglich gemacht habe, daß von der zuständigen Krankenkasse oder von der Versorgungsbehörde Sachleistungen erbracht werden konnten. Deshalb sei nach § 18 Abs 5 BVG lediglich ein Zuschuß in Höhe des für die notwendige Krankenhausbehandlung erforderlichen Betrages zu gewähren. Dieser Zuschuß sei aber nicht ausschließlich auf die Kosten der allgemeinen Pflegeklasse beschränkt. In medizinisch begründeten Fällen könnten auch weitere Leistungen, sofern sie notwendig gewesen seien, in entsprechendem Umfang erstattet werden. Zwar habe Dr. H. (Dr. H.) es für notwendig gehalten, die Ehefrau des Klägers wegen des schweren Eingriffs in einem Einbettzimmer unterzubringen. Hierfür ergäben sich jedoch aus den Aktenunterlagen keine genügenden Gründe. Die ärztliche Notwendigkeit der Inanspruchnahme der Wahlleistungen sei damit nicht nachgewiesen.
Der Kläger hat die durch das Bundessozialgericht (BSG) zugelassene Revision eingelegt. Er trägt dazu vor: Das LSG hätte weitere Auskünfte von Dr.H. einholen müssen, wenn ihm die bisherige Bescheinigung dieses Arztes nicht für die Überzeugungsbildung ausgereicht hätte, daß die Behandlung seiner Ehefrau in einem Einbettzimmer notwendig gewesen sei. Hierzu hätte um so mehr Veranlassung bestanden, weil bereits in der ersten Instanz eine weitere Auskunft des Arztes zum Beweis angeboten worden sei. Desweiteren rügt der Kläger die Verletzung des § 18c Abs 3 Satz 3 BVG. Dieser sei zu eng ausgelegt worden. Für seine Ehefrau sei wegen der damals bestehenden Lebensgefahr eine Intensivbehandlung im Einzelzimmer medizinisch notwendig gewesen. Deshalb müsse er so gestellt werden, wie ein sonstiges Mitglied einer Krankenkasse bzw die mit dem Mitglied krankenversicherte Ehefrau. Schließlich meint der Kläger, daß es sich bei ihm um einen finanziellen Härtefall handele.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. August 1981 und das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. November 1979 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, einen weiteren Zuschuß in Höhe von 9.018,- DM an ihn zu zahlen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung an das Bayerische Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Er ist der Meinung, ein voller Zuschuß könne nur geleistet werden, wenn die privatärztliche Behandlung in einem Einbettzimmer medizinisch notwendig gewesen wäre.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist zulässig; sie ist in der Sache jedoch im Ergebnis nicht begründet.
Die Revision hat zu Recht einen Verfahrensmangel gerügt. Das LSG ist von seinem rechtlichen Standpunkt aus gehalten gewesen, über die Frage, ob eine medizinische Notwendigkeit für die von der Ehefrau des Klägers in Anspruch genommenen Wahlleistungen bestand, weitere Beweise zu erheben. Hierzu hätte es sich um so mehr gedrängt fühlen müssen, weil ein entsprechendes Beweisangebot bereits in der Klageschrift erfolgt war.
Trotz dieser Gesetzesverletzung stellt sich die Entscheidung des LSG aber aus anderen Gründen als richtig dar. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist nicht rechtswidrig. Mit ihm wird dem Kläger der nach dem Gesetz vorgesehene Zuschuß zu den Kosten der Krankenhausbehandlung gewährt.
Die Versorgung nach dem BVG idF der Bekanntmachung vom 22. Juni 1976 (BGBl I S 1633) umfaßt ua Heilbehandlung und Krankenbehandlung (§ 9 Abs 1 Nr 1 BVG). Die Krankenbehandlung wird dem Schwerbeschädigten für den Ehegatten gewährt (§ 10 Abs 4 Buchst a BVG). Die Krankenbehandlung umfaßt die in § 11 Abs 1 mit Ausnahme der Nr 4 angegebenen Leistungen (§ 12 Abs 1 BVG), insbesondere auch die stationäre Behandlung in einem Krankenhaus (§ 11 Abs 1 Nr 5 BVG). Art und Umfang der Heilbehandlung decken sich, soweit das BVG nichts anderes bestimmt, mit den Leistungen, zu denen die Krankenkasse ihren Mitgliedern verpflichtet ist (§ 11 Abs 1 Satz 3 BVG). Für diese ist § 182 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) maßgebend, der besagt, daß die Leistung ausreichend und zweckmäßig sein muß und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Der Versicherte hat einen Anspruch auf ärztliche Versorgung, die zur Heilung oder Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend ist, er kann Leistungen, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, nicht beanspruchen (§ 368e Abs 1 Satz 1 und Satz 2 1. Halbs RVO). Während § 182 Abs 2 RVO den materiell-rechtlichen Anspruch des Versicherten gegenüber der Krankenversicherung behandelt, bezieht sich § 368e RVO, der § 182 Abs 2 RVO entspricht, auf die Erfüllung dieses Anspruches im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung (BSG SozR 3100 § 11 Nr 13). Grundsätzlich wird die Krankenhausbehandlung im Rahmen der Heilbehandlung und der Krankenbehandlung als Sachleistung gewährt, sie wird entweder von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung oder den Behörden der Versorgungsverwaltung durchgeführt (§ 18c Abs 1 bis 3 BVG). In bestimmten Ausnahmefällen besteht jedoch Anspruch auf Kostenerstattung in angemessenem Umfang, wenn der Beschädigte eine Krankenbehandlung selbst durchgeführt hat (vgl § 18 Abs 1 und 2 BVG).
Der Kläger hat für seine Ehefrau Leistungen in Anspruch genommen, die als "Wahlleistungen" über die allgemeinen Krankenhausleistungen, wie sie von der Versorgungsverwaltung als Sachleistung geboten werden, hinausgehen. Deshalb "kann" dem Kläger der für die notwendige Krankenhausbehandlung erforderliche Betrag als Zuschuß gegeben werden (§ 18 Abs 5 Satz 1 BVG). Die Versorgungsverwaltung hat dem Kläger 8.008,- DM gezahlt, diesen Betrag hat sie aus der Anzahl der Krankenhaustage der Ehefrau des Klägers und dem täglichen Pflegesatz des in Anspruch genommenen Krankenhauses errechnet. Mit dem Pflegesatz sind die allgemeinen Krankenhausleistungen abgegolten (BSG SozR 3100 § 18c Nr 17). Im Rahmen des allgemeinen Pflegesatzes (§ 3 Abs 1 Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze vom 25. April 1973 - BGBl I S 333 - wird eine Krankenhauspflege in dem Umfang erbracht, auf den der Versicherte nach § 182 Abs 2 RVO Anspruch hat, das ist der auf eine ausreichende und zweckmäßige Heilbehandlung (BSG SozR 2200 § 184 Nr 13). Da durch den Pflegesatz alle unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Krankenhausleistungen abgegolten werden (§ 3 Abs 1 Bundespflegesatzverordnung) umschließen sie auch eine medizinisch notwendige Behandlung in einer anderen als der allgemeinen Art ein. Deshalb ist grundsätzlich mit dem Zuschuß in Höhe des Pflegesatzes der Betrag für jegliche notwendige Krankenhausbehandlung gedeckt. Für den Anspruch des Klägers ist es deshalb unerheblich, ob es medizinisch geboten war, seine Ehefrau in einem Ein- oder Zweibettzimmer privatärztlich zu behandeln. Wenn diese Behandlung medizinisch geboten war, war das Krankenhaus verpflichtet, sie für die Krankenkasse oder die Versorgungsverwaltung im Rahmen des Pflegesatzes durchzuführen. Es waren dann keine gesondert zu berechnenden "Wahlleistungen", die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgingen. Das BSG hat sogar entschieden, daß bei einer stationären Krankenhausbehandlung eines Kindes die Mitaufnahme seiner Mutter, soweit sie aus medizinischen Gründen notwendig ist, mit der Zahlung des allgemeinen Pflegesatzes abgegolten wird (SozR 2200 § 184 Nr 16).
Der Kläger begehrt einen höheren Betrag des Zuschusses mit Hinweis auf § 18c Abs 3 Satz 2 BVG (jetzt § 18 Abs 6 BVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 - BGBl I S 22 -). Nach dieser Vorschrift können in besonderen Fällen bei der stationären Behandlung eines Beschädigten auch die Kosten für Leistungen übernommen werden, die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehen, wenn es nach den Umständen, insbesondere im Hinblick auf die anerkannten Schädigungsfolgen, erforderlich erscheint. Diese Vorschrift gilt schon ihrem Wortlaut nach nur für den Beschädigten; sie spricht nicht nur ihn besonders an, sondern nimmt auch Bezug auf die nur bei dem Beschädigten selbst vorliegenden anerkannten Schädigungsfolgen. Sie kann, wie das SG angenommen hat, auch ihrem Sinn nach nicht auch auf andere Personen ausgedehnt werden, die als Nichtbeschädigte Anspruch auf Krankenbehandlung haben. Heilbehandlung für Beschädigte und Krankenbehandlung für andere versorgungsberechtigte Personen werden grundlegend voneinander nach Voraussetzungen, Art und Umfang unterschieden (vgl BSG SozR 3100 § 12 Nr 1). Inwieweit hierbei Kosten für die Behandlung des Beschädigten selbst über den Pflegesatz hinaus übernommen werden können, kann hier dahinstehen (vgl dazu BSG SozR 3100 § 18c Nr 17).
Es ist auch nicht gerechtfertigt, dem Kläger einen höheren Zuschuß wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten als Härteausgleich zu bewilligen. Der Härteausgleich ist vorgesehen, sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften des BVG besondere Härten ergeben (§ 89 Abs 1 BVG). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Das BVG hält für alle medizinisch notwendigen Maßnahmen die entsprechenden Leistungen bereit. Der Kläger und seine Ehefrau haben jedoch eine andere Art medizinischer Leistungen in Anspruch genommen, als sie das BVG für eine zweckmäßige und ausreichende Versorgung nach den Regeln der ärztlichen Kunst bereit hält.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1655557 |
Breith. 1983, 799 |