Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der der Klägerin gemäß § 405 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für die Zeit von Januar 1971 bis Oktober 1972 zustehende Beitragszuschuß verjährt ist.
Die Klägerin war während der vorgenannten Zeit bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt und freiwillig versichertes Mitglied einer Ersatzkasse. Ihr Jahreseinkommen überschritt die Pflichtversicherungsgrenze zur Krankenversicherung.
Im November 1974 bat die Klägerin die Beklagte um Zahlung des Beitragszuschusses gemäß § 405 RVO rückwirkend ab 1. Januar 1971. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 15. Februar 1977 Zahlungen für die Zeit vor November 1972 unter Berufung auf die Verjährungsregelung in § 29 Abs. 1 RVO ab.
Das Sozialgericht (SG) hat sich dieser rechtlichen Beurteilung angeschlossen und die am 2. März 1977 erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 17. Mai 1979). Hingegen hat das Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung der Klägerin die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 15. April 1981): Der Beitragszuschuß nach § 405 RVO verjähre in entsprechender Anwendung des § 197 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erst nach vier Jahren. Diese Verjährungsfrist werde im Hinblick darauf, daß es sich bei diesem Beitragszuschuß um einen besonderen sozialrechtlichen Anspruch handele und den Arbeitgeber eine besondere Betreuungspflicht treffe, bereits durch die Geltendmachung des Anspruches beim Arbeitgeber, die im Falle der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 17. November 1974 erfolgt sei, unterbrochen.
Zur Begründung ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision macht die Beklagte geltend, der Beitragszuschuß sei ein Lohnbestandteil, so daß der Anspruch nur der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Nr. 8 BGB unterliegen könne. Es sei auch nicht gerechtfertigt, abweichend von §§ 208, 209 BGB der bloßen Geltendmachung des Anspruches beim Arbeitgeber die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung beizumessen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. April 1981 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet. Erst nach ergänzenden tatsächlichen Feststellungen kann die vom LSG - von seiner Auffassung aus zutreffend - nicht geprüfte Frage entschieden werden, ob der Ablauf der Verjährungsfrist unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unbeachtlich ist.
Das SG und das LSG haben zutreffend den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht, da der Anspruch auf den Beitragszuschuß gemäß § 405 RVO ein von § 51 SGG erfaßter besonderer sozialrechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber ist (Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 - GmS OGB 2/73 - BSGE 37, 292 = SozR 1500 § 51 Nr. 2).
In der Sache selbst ist das LSG - ebenfalls zutreffend - davon ausgegangen, daß Ansprüche auf Beitragszuschuß in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sie fällig geworden sind. Allerdings gab und gibt das Gesetz unmittelbar keine Auskunft, wann derartige Ansprüche verjähren. Sie sind in keiner der einschlägigen Vorschriften ausdrücklich erwähnt. Rechtsprechung und Schrifttum haben daher in der Vergangenheit die Frist für die Verjährung der Beitragszuschüsse nicht nur zeitlich, sondern auch in der rechtlichen Begründung erheblich unterschiedlich abgegrenzt: Die früher im Schrifttum wiederholt vertretene Auffassung, daß der Beitragsanspruch ein arbeitsrechtlicher Anspruch sei, dessen Verjährung sich unmittelbar nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB richte (vgl. dazu Töns DOK 1970, 828; Leingärtner SozSich 1971, 108; Figge RiA 1972, 63) kann zwar seit der Entscheidung des GmS OGB vom 4. Juni 1974 (a.a.O.) als überholt angesehen werden. Es wird jedoch weiterhin die analoge Anwendung des § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB gefordert (Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand: Januar 1981, § 405 Anm. 1). Von anderen wird der Anspruch auf den Beitragszuschuß den regelmäßig wiederkehrenden Leistungen i.S. des § 197 BGB gleichgeordnet und deshalb die in dieser Vorschrift bestimmte vierjährige Verjährungsfrist analog angewendet (LSG NRW Urteil vom 14. Dezember 1978 - L 16 Kr 137/77 - KVRS 3400/10). Demgegenüber hat das LSG Rheinland-Pfalz (DOK 1976, 633) ebenso wie das Bayerische LSG in diesem Verfahren den Anspruch auf den Beitragszuschuß zu den Sozialleistungen i.S. des § 29 Abs. 3 RVO gerechnet und deshalb die in dieser Vorschrift bestimmte vierjährige Verjährungsfrist angewendet.
Der Senat vermag sich keiner der zuvor dargelegten Auffassungen anzuschließen. Er ist vielmehr der Auffassung, daß der Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 405 RVO weder direkt noch allein aufgrund seines Rechtscharakters analog einer der gesetzlichen Vorschriften über die Verjährung (§§ 196 Abs. 1 Nr. 8 und 197 BGB; § 29 Abs. 1 und Abs. 3 RVO; § 45 SGB 1 und § 25 SGB 4) zugeordnet werden kann.
Eine analoge Anwendung von § 29 Abs. 3 RVO (entspricht § 45 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - SGB 1-) wie sie das LSG vornimmt, kommt aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Zum einen haben die Ansprüche auf Beitragszuschuß nicht den Rechtscharakter einer Leistung i.S. des Sozialversicherungsrechts. Für den Anspruch nach § 405 RVO hat der GmS OGB in dem bereits mehrfach zitierten Beschluß nicht nur den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bejaht, sondern auch den Charakter des Anspruchs aus § 405 RVO dem sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht zugeordnet. Auch im Schrifttum wird er als ein solcher mit "Beitragscharakter" bezeichnet (s. z.B. Brackmann, AP Nr. 3 zu §§ 394, 395 RVO und Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl. Stand: 56. Nachtrag S. 361d). Der sozialrechtliche Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag des Arbeitnehmers ist durch das 2. Krankenversicherungs-Änderungsgesetz (KVÄG) vom 21. Dezember 1970 (BGBl. I 1770) eingeführt worden, um den höher verdienenden Angestellten im Interesse der sozialversicherungsrechtlichen Gleichstellung mit den versicherungspflichtig Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, sich grundsätzlich ohne höheren Kostenaufwand als diese einen vergleichbaren freiwilligen Krankenversicherungsschutz zu verschaffen (vgl. die Begründung zum Entwurf des 2. KVÄG, BT-Drucks. VI/1130 S. 4 f.; BSG SozR 2200 § 381 Nrn. 4 und 6; SozR 2200 § 405 Nrn. 2, 6 bis 8). Der Anspruch gehört deshalb in das beitragsrechtliche Regelungssystem. Selbst Beiträge werden zwar gelegentlich im Gesetz als Leistungen bezeichnet, wenn sie von einem Leistungsträger neben einer laufenden Geld- oder Sachleistung für den Versicherten zu erbringen sind (vgl. z.B. § 12 Nr. 2 des Rehabilitationsangleichungsgesetzes - RehaAnglG -). Gleichwohl bleibt der Beitrag seinem Charakter nach ein Beitrag und die Rechtsbeziehungen zwischen Versicherungsträger, Einzugsstelle, Beitragszahlungspflichtigen und Versicherten richten sich grundsätzlich nach dem Beitragsrecht des Versicherungssystems, zu dem die Beiträge zu entrichten sind (BSG SozR 2200 § 1385 Nr. 8). Hinzu kommt, daß § 29 Abs. 3 RVO schon vom Wortlaut her seinen Wirkungsbereich "auf Leistungen der Versicherungsträger" eingrenzt.
Es ist auch nicht ohne weiteres möglich, im Wege der Analogie den Anspruch aus § 405 RVO den Leistungsansprüchen gleichzustellen. Gerade in der Beschränkung von § 29 Abs. 3 RVO a.F. auf "Leistungen der Versicherungsträger" kommt zum Ausdruck, daß diese Vorschrift das Ergebnis einer Abwägung ist zwischen dem Schutzbedürfnis von Versicherungsträgern (oder der Gemeinschaft der Beitragszahler) auf der einen Seite und dem Interesse des Versicherten an der Leistung (zugleich dem Bedürfnis nach Durchsetzung des mit der Leistung verfolgten Gesetzeszwecks) auf der anderen Seite. Diese Interessenkonstellation findet sich bei Ansprüchen nach § 405 RVO nicht; denn das Schutzbedürfnis des Arbeitgebers ist nicht ohne weiteres gleichzusetzen mit dem Schutzbedürfnis von Versicherungsträgern. Deshalb unterscheidet sich der Anspruch auf Beitragszuschuß seinem Charakter nach von den in § 29 Abs. 3 RVO a.F. und § 45 SGB 1 geregelten Leistungsansprüchen.
Trotz der Zugehörigkeit des Anspruchs aus § 405 RVO zum System der Regeln über die Aufbringung von Beiträgen ist aber auch § 29 Abs. 1 RVO a.F. (und entsprechend § 25 SGB 4) nicht analog anwendbar. Dort ist zwar nicht ausdrücklich erwähnt, daß es sich bei den Beitragsansprüchen um Ansprüche der Versicherungsträger handelt; dies ergibt sich aber aus dem Wort selbst. Im System der Finanzierungsregelungen der RVO kann als Beitrag nur eine gesetzlich geregelte Verpflichtung verstanden werden, durch Zahlung an den Versicherungsträger zur Finanzierung der Versicherung beizutragen (vgl. BVerfGE 14, 312, 318). Für den jetzigen Rechtszustand ergibt sich dies deutlich aus § 22 SGB 4. Den Beitragsansprüchen könnten deshalb im Wege der Analogie allenfalls noch Umlageverpflichtungen zugeordnet werden. Der Anspruch auf Beitragszuschuß ist hingegen trotz seiner Zugehörigkeit zum System der Beitragsregelung kein solcher Anspruch. Er betrifft den Ausgleich der Beitragslast, ist aber seinem Charakter nach kein Beitragsanspruch; denn es handelt sich nicht um einen Anspruch eines Versicherungsträgers auf Beiträge. Das schließt eine unmittelbare Anwendung der für Beiträge geltenden Verjährungsvorschriften aus. Eine analoge Anwendung kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die Dauer der Verjährungsfrist für Beitragsansprüche auf einer Abwägung beruht zwischen den Interessen der mit dem Beitragseinzug beauftragten und dafür ausgerüsteten Behörde auf der einen Seite und dem Interesse des in Dienst genommenen Arbeitgebers (nicht noch langfristig Beiträge nachzahlen zu müssen) auf der anderen Seite. Diese Abwägung kann nicht ohne weiteres auf Fälle übertragen werden, in denen nicht eine Behörde und ein Arbeitgeber gegenüberstehen; die vom Gesetz beauftragte Behörde bedarf eines geringeren Schutzes und der Arbeitgeber, der bereits durch die Indienstnahme stark belastet ist, bedarf eines stärkeren Schutzes. Seine Belastung muß in Grenzen gehalten werden. Ist hingegen ein Versicherter der Gläubiger, liegt im Gegensatz zu Beitragsansprüchen das Schutzbedürfnis u.U. stärker auf Seite dessen, der den Anspruch geltend machen muß, nämlich des Versicherten, der ihn gegen seinen Arbeitgeber durchsetzen muß.
Diese Überlegungen führen dann allerdings dazu, eine Analogie zu den zivilrechtlichen Vorschriften zu erwägen. Auch eine solche scheidet aber aus, weil der öffentlich-rechtliche Charakter des Beitragsanspruchs dies verbietet. Öffentlich-rechtliche Ansprüche verfolgen einen bestimmten öffentlichen Zweck. Bei ihnen besteht ein besonderes öffentliches Interesse daran, daß sie erfüllt werden. Ein solches Interesse besteht bei zivilrechtlichen Ansprüchen, die weitgehend zur Disposition der Betroffenen stehen, regelmäßig nicht. Auch an der Erfüllung des Anspruchs aus § 405 RVO besteht ein besonderes öffentliches Interesse, selbst wenn es sich um Ansprüche für die Vergangenheit handelt (Urteil des erkennenden Senats vom 24. September 1981 - 12 RK 58/80 - BSGE 52, 152). Wegen dieses besonderen Charakters öffentlich-rechtlicher Ansprüche, der bei der Fassung der für zivilrechtliche Ansprüche geschaffenen Verjährungsvorschriften nicht berücksichtigt werden konnte, scheidet auch insoweit eine Gleichstellung des Anspruchs nach § 405 RVO aus.
Da somit der Anspruch nach § 405 RVO seinem Rechtscharakter nach keiner der im Gesetz aufzufindenden Rechtsnormen über die Verjährung zugeordnet werden kann, käme an sich § 195 BGB zum Zuge, der für alle Ansprüche, deren Verjährung nicht besonders geregelt ist, eine dreißigjährige Verjährungsfrist vorsieht. § 195 BGB enthält einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch im öffentlichen Recht Gültigkeit hat (vgl. z.B. Wolff, Verwaltungsrecht I, 8. Aufl. S. 250). Diese Folgerung ist jedoch für die Beitragszuschüsse deshalb nicht zu ziehen, weil sich aus der Gesamtheit der Verjährungsvorschriften ein Plan des Gesetzgebers erkennen läßt, der deutlich macht, daß auch Beitragszuschußansprüche einer kurzen (vierjährigen) Verjährung unterliegen sollen, mithin insoweit lediglich versäumt wurde, eine entsprechende Regelung zu treffen (Lücke im Gesetz).
Sowohl für zivilrechtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis als auch für die im Gesetz geregelten Leistungen und Beiträge im Rahmen der Sozialversicherung sind kurze Verjährungsfristen vorgesehen (§§ 196 Abs. 1 Nr. 8, 197, 201 BGB; § 29 Abs. 1 und 3 RVO; heute § 45 SGB 1 und § 25 SGB 4). Wenn aber sowohl Beiträge als auch Leistungen als auch vergleichbare bürgerlich-rechtliche Ansprüche in längstens vier Jahren verjähren, so muß dies auch für den Anspruch auf Beitragszuschuß angenommen werden, weil sich Elemente aller drei hier behandelten, im Gesetz geregelten Anspruchsformen in ihm wiederfinden: Den Leistungsansprüchen sind die Ansprüche auf Beitragszuschuß ähnlich, weil auch insoweit der Versicherte von einem Dritten eine finanzielle Leistung erhält, den zivilrechtlichen Ansprüchen sind sie in der Konstruktion verwandt, weil es sich um Ansprüche des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber handelt, und mit den Beitragsansprüchen haben sie gemein, daß sie Teil des beitragsrechtlichen Finanzierungsgefüges sind. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber dann, wenn er erkannt hätte, daß der Anspruch nach § 405 RVO seinem Rechtscharakter nach keiner der bestehenden Vorschriften zugeordnet werden kam, ebenfalls eine kurze Verjährungsfrist vorgesehen hätte; denn sachliche Gründe, gerade diesen Anspruch mit einer aus dem Rahmen fallenden langen (dreißigjährigen) Verjährungsfrist auszurüsten, sind nicht erkennbar.
Zu entscheiden bleibt dann allerdings noch die Frage, ob die zweijährige Verjährungsfrist der §§ 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB/29 Abs. 1 RVO oder die vierjährige Verjährungsfrist der §§ 197 BGB/29 Abs. 3 RVO als maßgeblich anzusehen ist. Insoweit ergeben sich aber aus den besonderen Interessenlagen, die den einzelnen Vorschriften zugrundeliegen, hinreichend klare Hinweise. Die zweijährige Verjährungsfrist kommt nicht in Betracht, weil die besonderen Gründe, die diese sehr kurze Verjährungsfrist rechtfertigen, bei den Ansprüchen nach § 405 RVO nicht vorliegen. Daß § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB nicht für die Lückenfüllung herangezogen werden kann, hat bereits das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 14. Dezember 1978 - 16 Kr 137/77 - a.a.O. -) überzeugend begründet. Es hat ausgeführt, daß die kurze Verjährungsfrist des § 196 BGB den Zweck hat, wegen der raschen Verdunkelung des Sachverhalts bei Geschäften des täglichen Lebens eine beschleunigte Abwicklung herbeizuführen. Diese Besorgnis bestehe aber bei den sich aus § 405 RVO ergebenden Ansprüchen nicht oder nur in geringem Maße, weil diese Ansprüche gesetzlich fixiert seien. Die Ansprüche aus § 405 RVO seien eher den in § 197 BGB beschriebenen Ansprüchen vergleichbar, denn es handele sich auch um Ansprüche, die auf laufende, gleichbleibend hohe Zahlungen gerichtet seien, die zugleich durch gesetzliche Verankerung und eine gewisse Stetigkeit gekennzeichnet seien. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.
Ebensowenig lassen sich die Gründe, die sich für die kurze Verjährungsfrist von Beitragsansprüchen nach § 29 Abs. 1 RVO anführen lassen, auf den Beitragszuschußanspruch übertragen. Es ist bereits oben darauf hingewiesen worden, daß bei Beitragsansprüchen eine völlig andere, sogar gegenläufige Interessenkonstellation vorliegt. Schutzbedürftig erscheint dort mehr der Schuldner (in Dienst genommener Arbeitgeber oder auch ausnahmsweise beitragszahlungspflichtiger Arbeitnehmer) als der Gläubiger (Einzugsstelle/Versicherungsträger), während beim Anspruch auf Beitragszuschuß umgekehrt das Schutzbedürfnis des Gläubigers (Arbeitnehmer) größer ist als das des Schuldners (Arbeitgeber).
Die kurze Verjährungsfrist läßt sich auch nicht damit rechtfertigen, daß möglicherweise für die Ansprüche auf den Arbeitgeberanteil nach § 520 RVO ebenfalls eine kurze Verjährungsfrist in Betracht zu ziehen ist. Eine solche Folgerung wäre nämlich das Ergebnis einer Abwägung, ob diese Ansprüche eher echten Beitragsansprüchen oder eher den Ansprüchen aus § 405 RVO gleichzustellen sind. § 520 RVO regelt den Anspruch auf den Arbeitgeberanteil für einen Versicherungspflichtigen, der bei einer Ersatzkasse versichert ist, in der Weise, daß der Ersatzkasse ein Anspruch auf einen Arbeitgeberanteil zusteht, dieser Arbeitgeberanteil aber vom Arbeitgeber an den Versicherten abzuführen ist. § 520 RVO steht damit zwischen den (sonstigen) Beitragsansprüchen der Versicherungsträger und dem Beitragszuschuß nach § 405 RVO. Wie immer die notwendige Abwägung ausfällt, welchen dieser beiden Anspruchsformen der Anspruch aus § 520 RVO gleichzuachten ist, sie ist in jedem Fall an den Besonderheiten des § 520 RVO orientiert und es läßt sich daraus kein Hinweis ableiten, welche Verjährungsfrist für die den echten Beitragsansprüchen noch ferner stehenden Ansprüche nach § 405 RVO zu gelten hat.
Lassen sich somit die Gründe, die die besonders kurze zweijährige Verjährungsfrist rechtfertigen, auf die Ansprüche nach § 405 nicht übertragen und paßt auch die dreißigjährige Verjährungsfrist nicht in den Plan des Gesetzgebers, so bleibt nur der Schluß, daß der Gesetzgeber bei Kenntnis der Gesetzeslücke für Ansprüche aus § 405 RVO ebenso wie für die Leistungsansprüche und die Ansprüche nach § 197 BGB eine vierjährige Verjährungsfrist vorgesehen hätte. Eine solche ist deshalb zugrunde zu legen.
Die Verjährungsfrist für den Anspruch der Klägerin auf die von Januar 1971 bis Dezember 1971 fällig gewordenen Beitragszuschüsse ist daher am 31. Dezember 1975 abgelaufen und die Verjährungsfrist für die bis Oktober 1972 zu zahlenden Zuschüsse endete am 31. Dezember 1976.
Entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht ist die Verjährungsfrist insoweit auch nicht durch den von der Klägerin im November 1974 gestellten Antrag unterbrochen worden. Da der Gesetzgeber in der RVO keine gesetzliche Regelung über die Unterbrechung der Verjährungsfrist getroffen hatte, sind, wie allgemein anerkannt ist (BSG SozR 2200 § 29 Nrn. 1, 2, 7; SozR 2200 § 172 Nr. 2), die entsprechenden Vorschriften des BGB (§§ 208 ff. BGB) analog anzuwenden. Nach den vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen käme in dem zur Entscheidung stehenden Fall zunächst nicht die entsprechende Anwendung des § 208 BGB in Betracht. Danach wird die Verjährung durch ein in einem tatsächlichen Verhalten des Schuldners liegendes Anerkenntnis unterbrochen, sofern es ergibt, daß der Schuldner den Anspruch dem Grunde nach als bestehend erachtet und dies auch dem anderen Teil gegenüber zum Ausdruck bringt (Staudinger, BGB, 12. Aufl., Rdnr. 6 zu § 208; BGH VersR 1974, 571). Ein solches Verhalten der Beklagten hat das LSG aber nicht festgestellt; die Beklagte hat sich vielmehr bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zu dem Antrag der Klägerin nicht - jedenfalls nicht der Klägerin gegenüber - in dem Sinne geäußert, daß sie den Anspruch der Klägerin als bestehend erachtet.
Auch ein Unterbrechungsgrund i.S. des § 209 Abs. 2 BGB hat entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht nicht vorgelegen. Die Unterbrechung der Verjährung durch einen Antrag in entsprechender Anwendung des § 209 Abs. 2 BGB ist, wie das LSG auch nicht verkennt, vom Bundessozialgericht (BSG) in Fortführung der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (BSG SozR Nr. 5 zu § 29 RVO) bisher nur für die Fälle des Antrages auf die Gewährung einer Sozialleistung und nur im Hinblick auf die besondere öffentlich-rechtliche Stellung des Versicherungsträgers, dem die Führung eines förmlichen Verwaltungsverfahrens obliegt, angenommen worden. Diese Grundsätze können auf die Gewährung des Zuschusses nach § 405 RVO nicht angewendet werden. Die Geltendmachung des Zuschusses des Arbeitgebers ist weder eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung noch setzt sie ein förmliches Verwaltungsverfahren in Gang. Vielmehr ist der Arbeitgeber allein aufgrund seiner gesetzlichen Indienstnahme (BSGE 41, 297) verpflichtet, die Voraussetzungen für die Zahlung des Zuschusses festzustellen und diesen an den Versicherten auszuzahlen. Eine vom Versicherten ausgesprochene Aufforderung auf Auszahlung des Zuschusses steht daher weder der Erhebung der Klage noch einem Antrag auf Sozialleistungen an einen Versicherungsträger gleich. Da die Klägerin die Klage erst im März 1977 erhoben hat, ist die Verjährungsfrist hinsichtlich aller streitigen Ansprüche abgelaufen.
Der Ablauf der Verjährung könnte aber hier nicht zu beachten sein, wem ihm die Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung zu versagen ist. Das wäre der Fall, wenn die Beklagte die Klägerin von der Klageerhebung abgehalten hätte, auch wenn dies unbeabsichtigt geschehen wäre (BAG, NJW 1967, 174). Das Abhalten kann auch in der mangelnden, pflichtwidrig unterlassenen Aufklärung oder Unterrichtung liegen (Palandt-Heinrichs, BGB, 41. Aufl., Übb. 3a vor § 194; BAG, NJW 1967, 174; BVerwG, JR 1966, 476). Es genügt, daß der andere Beteiligte zur Annahme berechtigt war, das Verfahren werde ohne Rechtsstreit abgewickelt werden können (Münchener Kommentar zum BGB, Rdnr. 10 zu § 194). Alles das hat für das Arbeitsverhältnis aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers besondere Bedeutung (Soergel-Augustin, BGB, 11. Aufl., Rdnr. 7 zu § 222), auch wenn insoweit an den öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an jeden anderen Arbeitgeber (BAG, NJW 1967, 174).
Tatsächliche Feststellungen über Art und Umfang der Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte, über deren Verhalten nach der Geltendmachung des Zuschusses durch die Klägerin im November 1974 und zum Gegenstand und dem Ergebnis zwischenzeitlicher Verhandlungen zwischen den Beteiligten hat das LSG nicht getroffen. Erst wenn auch insoweit der Sachverhalt abschließend ermittelt worden ist, läßt sich entscheiden, ob die Beklagte die Klägerin von einer Klageerhebung noch vor Ablauf der Verjährungsfrist abgehalten hat und deshalb der Eintritt der Verjährung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht zu berücksichtigen ist.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Fundstellen