Beteiligte
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. September 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist die Berechtigung der Beklagten, die der Klägerin bewilligte Verletztenrente von weiteren Erhöhungen auszunehmen (sog Einfrieren).
Die im Jahre 1963 geborene Klägerin war nach der in den Jahren 1981 bis 1984 absolvierten Ausbildung als Friseurin in diesem Beruf bis Ende März 1986 erwerbstätig. Wegen eines chronischen Ekzems (linker Zeigefinger, Ellenbogen, Oberarme, Hals und Knie) mit Antigennachweis auf Nickel- und Kobaltsulfat erstattete der Arzt für Dermatologie K. – im Februar 1985 eine Berufskrankheitenanzeige. Nach mehrfacher Begutachtung – ua im Gerichtsverfahren auf höheres Verletztengeld – erkannte die Beklagte eine „Hauterkrankung” als Berufskrankheit (BK) nach der Nr 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) an und bewilligte der Klägerin ab 1. April 1988 Verletztenrente auf Dauer nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vH. Als Folgen dieser BK erkannte die Beklagte ein allergisches Kontaktekzem, Überempfindlichkeiten gegenüber Haarfarben, Dauerwellflüssigkeit, Haarfestiger, Augenbrauenfarbe sowie Dodecylgallat und Cocamidopropylbetain sowie ein kumulativ-subtoxisches Kontaktekzem durch Exposition gegenüber Feuchtigkeit und hautaustrocknenden Friseursubstanzen an (Bescheid vom 1. September 1989 idF des Widerspruchsbescheides vom 25. März 1992). Im anschließenden Klageverfahren auf Verletztenrente nach einer höheren MdE führte der Hautarzt Dr. T. in seinem Gutachten vom 23. Juni 1993 aus, der jetzige Befund entspreche nach Art und Lokalisation in typischer Weise einer Neurodermitis, so daß keine ernsthaften Zweifel an dieser Diagnose und damit an einer anlagebedingten Hautempfindlichkeit und Ekzemneigung möglich seien. Auch ohne beruflich erworbene Sensibilisierungen sei jedoch die Berufstätigkeit als Friseuse eine Teilursache des damals bestehenden Ekzems an den beruflich belasteten Lokalisationen. Die Sensibilisierung gegenüber Nickel, Kobalt, Palladium und Primin sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Friseurtätigkeit zurückzuführen. Die in den Jahren 1986 und 1989 eingeholten Gutachten hätten zur Frage eines zum Teil anlagebedingten Ekzems unzureichend und teilweise fehlerhaft Stellung genommen. Nachdem schon im Jahre 1986 keine zusammenhängenden Hautveränderungen an Händen und Unterarmen bestanden hätten, lasse sich für die Zeit ab April 1988 keine MdE feststellen.
Nach Anhörung der Klägerin entzog die Beklagte daraufhin durch Bescheid vom 25. August 1993 die Verletztenrente zum 30. September 1993. Das Sozialgericht (SG) hob diesen Bescheid auf, weil sich eine wesentliche Besserung der Folgen der BK nicht feststellen lasse (Urteil vom 11. November 1993).
Nunmehr erließ die Beklagte nach erneuter Anhörung der Klägerin den angefochtenen Bescheid vom 7. Juni 1994 idF des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1994. Sie stellte fest, daß die durch die BK bedingte MdE unter 10 vH betragen habe und der Bescheid vom 1. September 1989 über die Gewährung der Dauerrente rechtswidrig gewesen sei. Ferner „fror sie die Rente auf den Rentenzahlbetrag von 363,80 DM ein”. Zur Begründung bezog sie sich auf das Gutachten des Dr. T. .
Das SG hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben (Urteil vom 16. Januar 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 17. September 1998). Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, gemäß § 48 Abs 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Verletztenrente der Klägerin von weiteren Anpassungen auszunehmen. Es könne nicht festgestellt werden, daß der Ursprungsbescheid rechtswidrig gewesen sei. Die Beklagte verneine selbst nicht das Vorliegen einer BK nach der Nr 5101 der Anlage 1 zur BKVO, sondern bewerte allein die MdE von Anfang an niedriger und unter 10 vH. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (BSGE 64, 190, 193; SozR 1300 § 45 Nr 49) sei die Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht schon dann statthaft, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen der Schädigung und der anerkannten Gesundheitsstörung bei nachträglicher Betrachtung als nicht hinreichend wahrscheinlich angesehen werde; hierfür sei vielmehr der Vollbeweis erforderlich. Diese Rechtsgrundsätze seien nicht auf das Soldatenversorgungsgesetz (SVG) beschränkt, sondern gälten auch in der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Gutachten des Dr. T. erbringe nicht den Beweis, daß das Hautekzem der Klägerin nicht durch die berufliche Tätigkeit als Friseuse verursacht worden sei. Nach diesem Gutachten bestehe immer noch die Möglichkeit – wenn auch nicht die Wahrscheinlichkeit –, daß die Hautveränderungen der Klägerin letztlich doch ihre Ursache in der früheren Berufstätigkeit als Friseuse hätten.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen und vorsorglich formellen Rechts. Sie meint, das LSG sei nur deshalb zu seiner Beurteilung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gelangt, weil es den Vollbeweis für die Teilrechtswidrigkeit des Ursprungsbescheides vom 1. September 1989 gefordert und dann diesen als nicht erbracht angesehen habe. Die rechtliche Vorgabe des LSG, der Vollbeweis der Rechtswidrigkeit sei erforderlich, treffe indessen nicht zu. Dies gelte allenfalls im Versorgungsrecht, nicht aber im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Dort gälten für die Annahme der Rechtswidrigkeit der Rentenbewilligung die gleichen Beweisanforderungen wie im Rahmen der Ursprungsprüfung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. September 1998 sowie das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 16. Januar 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts vom 17. September 1998 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Ob die Beklagte nach § 48 Abs 3 SGB X rechtlich befugt war, mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Juni 1994 idF des Widerspruchsbescheides vom 17. November 1994 die der Klägerin zustehende Versichertenrente von weiteren Anpassungen auszunehmen, vermag der Senat aufgrund der bisher vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend zu entscheiden.
Nach § 48 Abs 3 SGB X darf unter der Voraussetzung, daß ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann, und eine Änderung nach § 48 Abs 1 oder Abs 2 SGB X zugunsten des Betroffenen eingetreten ist, die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Dazu hat das LSG die Auffassung vertreten, daß die für eine solche Abschmelzung erforderliche Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht schon dann statthaft sei, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen einer Schädigung und der anerkannten Gesundheitsstörung bei nachträglicher Betrachtung als nicht hinreichend wahrscheinlich beurteilt werde; vielmehr sei hierfür der Vollbeweis erforderlich. Diese Beweisanforderungen seien nicht auf das Recht der Soldatenversorgung begrenzt; denn das BSG habe ausdrücklich ausgeführt, daß sie in gleicher Weise auch für die Rücknahme von Verwaltungsakten nach § 45 SGB X zu beachten seien. Entsprechendes gelte dann aber auch in einem – wie hier gegebenen – Anwendungsfall des § 48 Abs 3 SGB X. Dieser Rechtsauffassung des LSG vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Vielmehr ist eine Rechtswidrigkeit iS des § 48 Abs 3 SGB X dann anzunehmen, wenn aus damaliger Sicht der die Rente bewilligende Bescheid so nicht hätte ergehen dürfen.
Entscheidungserheblich ist hier die Frage der Höhe der MdE infolge der bei der Klägerin bestehenden BK nach der Nr 5101 der Anlage 1 zur BKVO im Zeitpunkt der Bewilligung der Rente im September 1989. Die Bemessung der MdE richtet sich bei der Anwendung des § 581 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nach dem Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens des Verletzten durch die Unfallfolgen bzw die Folgen der BK und dem Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (BSGE 63, 207, 209 = SozR 2200 § 581 Nr 28; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 5). Bei der Beurteilung der Folgen einer Hauterkrankung nach Nr 5101 der Anlage 1 zur BKVO spielen neben dem Schweregrad der bestehenden Hauterscheinungen und der direkt durch sie bedingten Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit der Grad der Sensibilisierung und die Häufigkeit der allergisierenden Stoffe in krankheitsauslösender Beschaffenheit eine wichtige Rolle (BSGE 63, 207, 209, 210 = SozR 2200 aaO). Alle Faktoren sind auch Gegenstand medizinisch-wissenschaftlicher Forschung (BSG aaO) und damit dem Beweis durch medizinische Sachverständige zugänglich. Anders als die Frage der Häufigkeit des Auftretens des Allergens im Erwerbsleben erfordern die Fragen nach den bk-bedingten Hauterscheinungen und ihrer Schwere sowie nach dem Grad der Sensibilisierung gegen bestimmte Allergene eine medizinisch-wissenschaftliche Zusammenhangsbeurteilung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gilt insoweit eine Beweiserleichterung zugunsten des Versicherten. Anders als für die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu beweisenden Grundlagen des inneren Zusammenhangs zwischen der unfall- bzw krankheitsbringenden Tätigkeit und der versicherten Tätigkeit sowie für das Unfallereignis bzw das Bestehen der (Berufs)Krankheit selbst und schließlich für deren erwerbsbeeinträchtigende Dauerfolgen ist für die haftungsbegründende Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und dem Eintritt des Unfalls bzw der BK und für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen dem Unfall bzw der BK und den erwerbsbeeinträchtigenden Folgen die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Es muß lediglich mehr für als gegen die Annahme des Ursachenzusammenhangs sprechen, und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung müssen ausscheiden (vgl BSGE 12, 242, 246 = SozR Nr 27 zu § 542 RVO aF; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr 15 zu § 1263 RVO aF; BSGE 43, 110, 113 = SozR 2200 § 548 Nr 27; BSG SozR 2200 § 548 Nr 38; BSG SozR 2200 § 551 Nr 1; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNr 327 mwN; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl, § 8 SGB VII RdNr 10.1 mwN).
Diese Grundsätze gelten im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung in gleicher Weise, sofern nach positiver Beurteilung und Rentengewährung später Umstände auftreten, die die ursprüngliche Zusammenhangsbeurteilung als fehlerhaft erscheinen lassen. Danach unterliegen die für die Bewertung der MdE bei Hauterkrankungen maßgeblichen Faktoren der durch die BK bedingten Hautveränderungen sowie des Umfanges und des Grades der Sensibilisierung gegen bestimmte Allergene der Wahrscheinlichkeitsbeurteilung. Andererseits muß der Unfallversicherungsträger zwar nicht den Beweis führen, daß die Annahme des Kausalzusammenhangs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unrichtig war. Er trägt aber bei der erneuten Kausalitätsbeurteilung die Beweislast, daß die für die Annahme des Zusammenhangs sprechenden Umstände den Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht erreichen. Da es um die Feststellung der ursprünglichen Rechtswidrigkeit des Rentenbewilligungsbescheides geht, ist außerdem der tatsächliche und rechtliche Zustand im Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblich (zu § 45 SGB X vgl BSG SozR 3-2600 § 93 Nr 3). Der erneuten Zusammenhangsbeurteilung sind somit auch die ursprünglich vorhandenen allgemeinen medizinischen Erkenntnisse zugrunde zu legen. Neuere Erkenntnisse, etwa über Folgen bestimmter Unfallmechanismen oder BK'en, dürfen für die erneute Kausalbeurteilung im Einzelfall nicht herangezogen werden.
Für das vom LSG geforderte Anlegen strengerer Beweismaßstäbe bestehen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung weder dies unmittelbar vorschreibende gesetzliche Bestimmungen, noch ist eine entsprechende Anwendung der im Bundesversorgungsgesetz (BVG) und SVG sowie anderen Gesetzen des sozialen Entschädigungsrechts vorhandenen Vorschriften geboten. Einer dem § 1 Abs 3 Satz 3 BVG, der die Rücknahme eines Verwaltungsaktes über die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge mit Wirkung für die Vergangenheit erlaubt, wenn unzweifelhaft feststeht, daß die Gesundheitsstörung nicht Folge einer Schädigung ist, parallelen Vorschrift oder deren analoger oder rechtsgrundsätzlicher Anwendung bedarf es im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht. § 1 Abs 3 Satz 1 BVG sieht ausdrücklich vor, daß zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs genügt. Er bildet damit zugleich die Grundlage, daß im Versorgungsrecht durch Verwaltungsakt ausdrücklich darüber zu entscheiden ist, daß eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist oder nicht. Dies ist auch erforderlich, denn zahlreiche Bestimmungen des BVG knüpfen Rechtsfolgen an die ausdrückliche Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge. So wird nach § 10 Abs 1 Satz 1 BVG Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen gewährt, die als „Folge einer Schädigung anerkannt” sind oder durch „eine anerkannte Schädigungsfolge” verursacht sind. Gemäß § 19 Satz 2 BVG werden den Krankenkassen Aufwendungen für ihre Mitglieder, die sie im Auftrag des Versorgungsamtes erbracht haben, nur erstattet, wenn sie durch die Behandlung „anerkannter Schädigungsfolgen” entstanden sind. Nach § 30 Abs 1 Satz 2 BVG ist für die Beurteilung der MdE maßgebend auf die als „Folgen einer Schädigung anerkannten Gesundheitsstörungen” abzustellen. Schließlich „gilt” nach § 38 Abs 1 Satz 2 BVG der Tod des Beschädigten stets dann als Folge einer Schädigung, wenn er an einem Leiden stirbt, das als „Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt” und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war. Der ausdrücklichen Anerkennung als Schädigungsfolge kommen somit weitreichende rechtliche Folgen zu, so daß deswegen die Vorschrift des § 1 Abs 3 Satz 3 BVG, der die Zurücknahme der Anerkennung mit Wirkung für die Vergangenheit erlaubt, als Grundlage für eine entsprechende Korrektur und als Gegenstück zu § 1 Abs 3 Satz 1 BVG notwendig ist. Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es den §§ 1 Abs 3 Satz 1, 10 Abs 1 Satz 1, 19 Satz 2, 30 Abs 1 Satz 2, 38 Abs 1 Satz 2, 1 Abs 3 Satz 3 BVG vergleichbare Vorschriften nicht. § 589 Abs 2 RVO (heute: § 63 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch), der dem Tod durch Arbeitsunfall den Tod eines Versicherten gleichstellt, dessen Erwerbsfähigkeit durch die Folgen einer bestimmten BK um 50 oder mehr vH gemindert war, knüpft nicht an den Umstand der ausdrücklichen Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folgen der BK an. Entscheidend ist allein die durch die BK bedingte Höhe der MdE. In der gesetzlichen Unfallversicherung ist somit weder positiv gesetzlich geregelt noch ist dafür überhaupt Raum, daß die Kausalität zwischen Unfall bzw BK und deren Folgen gegenbeweislich „unzweifelhaft” ausgeräumt werden müßte. Es reicht insoweit aus, daß der Unfallversicherungsträger beweist, daß die für die Annahme des Zusammenhangs sprechenden Umstände den Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht erreichen.
Die vom LSG als Beleg für seine Auffassung, im Rahmen des § 48 Abs 3 SGB X sei für die Feststellung aller die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung bedingenden Tatsachen eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, zitierte Rechtsprechung des BSG ist allein zum Recht der sozialen Entschädigung ergangen und – wie erörtert – mangels entsprechender gesetzlicher Vorschriften oder der Notwendigkeit ihrer entsprechenden Anwendung in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht anwendbar. Ihr selbst ist nicht zu entnehmen, daß sie über den Bereich des Rechts der sozialen Entschädigung hinaus Geltung beansprucht. Nach § 1 Abs 3 Satz 3 BVG, der gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 Opferentschädigungsgesetz dort entsprechend gilt und der wortlautgleich mit § 81 Abs 6 Satz 3 SVG sowie § 47 Abs 6 Satz 3 Zivildienstgesetz, § 52 Abs 2 Satz 3 Bundesseuchengesetz und § 4 Abs 3 Satz 3 Häftlingshilfegesetz (sämtlich eingefügt durch Art II des Sozialgesetzbuchs – Verwaltungsverfahren – vom 18. August 1980 - BGBl I, 1469) ist, kann die Anerkennung nach den Sätzen 1 und 2 und hierauf beruhende Verwaltungsakte mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, wenn unzweifelhaft feststeht, daß die Gesundheitsstörung nicht Folge einer Schädigung ist. Diese Vorschriften haben den durch Art II § 16 aaO aufgehobenen § 41 Abs 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) ersetzt, der seinerseits ähnliche Bestimmungen enthielt (zur Abgrenzung der Neuregelung in § 1 Abs 3 Satz 3 BVG zu § 45 SGB X und § 41 KOVVfG vgl BSGE 65, 60, 61 = SozR 3100 § 1 Nr 43). Das BSG hat schon zu dieser Vorschrift entschieden, daß die Versorgungsverwaltung den Bescheid, in dem ein bestimmter Leidenszustand als Schädigungsfolge anerkannt ist, nicht zurücknehmen darf, solange nicht außer Zweifel steht, daß dieser Leidenszustand tatsächlich und rechtlich zu Unrecht als Schädigungsfolge festgestellt worden ist (BSGE 16, 253, 256 = SozR Nr 16 zu § 41 VerwVG). Es hat auf der Grundlage der zitierten verfahrensrechtlichen Vorschriften in den materiellen Entschädigungsgesetzen in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Rücknahmevorschriften, die im Recht der sozialen Entschädigung bei fehlerhafter Kausalitätsbeurteilung zu beachten sind, die Rücknahme auch mit Wirkung für die Zukunft regeln und § 45 und § 48 Abs 3 SGB X ausschließen (BSGE 64, 190, 192 = SozR 1300 § 45 Nr 41; SozR 1300 § 45 Nr 49; s dazu auch Wiesner in Schroeder-Printzen, SGB X, 3. Aufl, § 48 RdNr 26 und § 45 RdNr 36 mwN). Diese Sondervorschriften des Rechts der sozialen Entschädigung, die sich in den genannten Bestimmungen nicht erschöpfen, sondern die zB durch § 62 Abs 3 BVG als Schutzvorschrift für über 55 Jahre alte Versorgungsberechtigte ergänzt werden (vgl dazu BSG SozR 3-3100 § 62 BVG Nrn 1 und 2, sowie Urteil vom 28. Juli 1999 - B 9 V 18/98 R - zur Veröffentlichung vorgesehen), verdrängen die an sich für alle Bereiche des SGB einschlägigen Vorschriften des SGB X (BSGE 61, 295 = SozR 3100 § 1 Nr 38; SozR 3100 § 1 Nrn 39 und 41; BSGE 64, 190, 192 = SozR aaO). In Bezug auf § 45 SGB X modifizieren sie darüber hinaus den Vertrauensschutz, der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung aufrechterhalten worden ist (BSGE 61, 295, 298 = SozR aaO). Sie sind indessen auf das Versorgungsrecht und dort auf die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte beschränkt und nicht ausdehnend auszulegen (Wiesner in Schroeder-Printzen, aaO, § 45 RdNr 36; aA ohne nähere Begründung KassKomm-Steinwedel, § 45 SGB X RdNr 24).
Soweit der – für die gesetzliche Unfallversicherung nicht zuständige – 9. Senat des BSG in der vom LSG zitierten Entscheidung vom 24. November 1988 (BSGE 64, 190, 193 = SozR 1300 § 45 Nr 41) dargelegt hat, bei Außerachtlassen des § 81 Abs 5 Satz 3 SVG und Anwendung des § 48 Abs 3 SGB X sei die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nur zulässig, wenn unter Hinzuziehung aller Erkenntnismöglichkeiten die Überzeugung bestehe, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig sei, ist nicht deutlich, ob er damit überhaupt rechtliche Maßstäbe für das materielle Sozialrecht außerhalb des Versorgungsrechts hat aufstellen wollen. Selbst wenn man aber, wofür der spätere Hinweis auf § 589 Abs 2 Satz 2 RVO spricht, davon ausgeht, widerspricht der og Rechtssatz nicht den Rechtssätzen der jetzigen Entscheidung. Vielmehr geht auch der erkennende Senat davon aus, daß ein (begünstigender) Verwaltungsakt nur dann als rechtswidrig festgestellt werden kann (vgl dazu BSGE 80, 119, 122 = SozR 3-1300 § 48 Nr 61), wenn die ihn erlassende Behörde bzw das Gericht von seiner Rechtswidrigkeit überzeugt ist. Indessen ist die Kausalitätsbeurteilung nur ein Element mehrerer Voraussetzungen zum Grund und zur Höhe eines Anspruchs auf Verletztenrente. Neben der Frage nach den Folgen eines Arbeitsunfalles oder einer BK und deren Ausmaß kann sich die Rentenbewilligung zB als rechtswidrig erweisen, weil etwa die unfallbringende Tätigkeit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.
Da nach alledem das LSG bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit iS des § 48 Abs 3 SGB X von rechtlich unzutreffenden Beweisanforderungen ausgegangen ist und der Senat bei einer abschließenden Entscheidung der dem LSG obliegenden Beweiswürdigung – ggf nach weiterer Beweiserhebung – vorgreifen würde, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Abschmelzungsbescheides an das LSG, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden hat, zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).
Fundstellen
NZS 2000, 199 |
SozSi 2001, 108 |