Beteiligte
Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. November 1997 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die klagende Diplom-Psychologin hatte in den Jahren 1993 und 1994 für den als Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Beigeladenen psychotherapeutische Leistungen im Delegationsverfahren erbracht und gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) abgerechnet. Sie wendet sich gegen die Höhe der ihr dafür gezahlten Vergütung in den Quartalen I/1993 bis III/1994 im Primär- wie im Ersatzkassenbereich. Vorrangig ist umstritten, ob sie zur Anfechtung der teilweise ihr, teilweise dem Beigeladenen erteilten Honorarbescheide befugt ist.
Gegen die ihr gegenüber ergangenen Honorarbescheide für das Quartal I/93 im Primär- und Ersatzkassenbereich legte die Klägerin Widerspruch ein, den sie damit begründete, ihre Leistungen seien um 35 % (Primärkassenbereich) bzw 9 % (Ersatzkassenbereich) geringer bewertet worden als im Vergleichsquartal des Jahres 1992, und diese Honorarminderung sei ihr nicht zumutbar. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit, daß sie über ihren Widerspruch genauso wenig wie über die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für das Quartal II/1993 entscheiden werde, weil Einwendungen gegen die Honorarabrechnung nur von den delegierenden Ärzten, nicht aber von den im Delegationsverfahren tätig gewordenen Psychologen vorgebracht werden könnten.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie selbst sei zur Anfechtung befugt, weil ihr die Beklagte ausdrücklich die Genehmigung zur Leistungserbringung im Delegationsverfahren erteilt und die Honorarbescheide an sie gerichtet habe. Jedenfalls habe der an sie delegierende Arzt den ihm zustehenden Honoraranspruch auf den in den Psychotherapie-Vereinbarungen vorgeschriebenen Behandlungsausweisen bzw Abrechnungsscheinen an sie wirksam abgetreten. In der Sache seien die Honorarbescheide rechtswidrig, weil der ihnen zugrundeliegende Honorverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten mit höherrangigem Recht unvereinbar sei. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Beklagte das notwendige Benehmen mit den Verbänden der Kranken- bzw Ersatzkassen bei der Neufassung des HVM zum 1. Januar 1993 hergestellt habe. Zudem sei die Vertreterversammlung der Beklagten nicht hinreichend legitimiert, das Honorar der psychologischen Psychotherapeuten und analytischen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten festzusetzen. Schließlich sei das aus § 72 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) abzuleitende Gebot der angemessenen Vergütung (auch) der psychotherapeutischen Leistungen nicht hinreichend beachtet. Unter Zugrundelegung der von der Beklagten für psychotherapeutische Leistungen gezahlten Punktwerte sei eine psychotherapeutische Vollzeitpraxis nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Zu Unrecht ordne der HVM alle im Delegationsverfahren erbrachten psychotherapeutischen Leistungen unabhängig von der Arztgruppe des delegierenden Arztes in die Fachgruppe 11 (Nervenärzte) ein, was zur zwangsläufigen Folge habe, daß dort der Punktwert besonders niedrig sei.
Das Sozialgericht (SG) hat unter Einbeziehung der ebenfalls an die Klägerin gerichteten Bescheide für das Quartal IV/1993 (Primärkassen) und III/1993 (Ersatzkassen) sowie der an den Beigeladenen adressierten Honorarbescheide betreffend die Quartale I bis III/1994 (Ersatzkassen) die Honorarbescheide für den Primärkassenbereich aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, insoweit über die Honoraransprüche der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Klage gegen die Honorarbescheide auf dem Ersatzkassensektor hat es abgewiesen (Urteil vom 25. Januar 1995).
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das sozialgerichtliche Urteil geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen, die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen und ihre Klage gegen den im Berufungsrechtszug vorgelegten Honorarbescheid für das Quartal IV/1993 (Ersatzkassen) abgewiesen. Die Klägerin sei weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht zur Anfechtung der Bescheide befugt. Aus § 10 Abs 9 der Psychotherapie-Vereinbarungen im Primär- wie im Ersatzkassenbereich ergebe sich, daß hinsichtlich der Abrechnung von Leistungen, die im Rahmen der Psychotherapie erbracht würden, Rechtsbeziehungen ausschließlich zwischen dem zur Ausübung der Psychotherapie berechtigten Arzt und der für seinen Sitz zuständigen KÄV bestünden. Im übrigen gestatte die Psychotherapie-Vereinbarung keine Anspruchsabtretung iS des § 398 BGB, sondern normiere lediglich eine Berechtigung der KÄV, die Vergütung unter Verkürzung des Leistungsweges unmittelbar an den Therapeuten zu überweisen (Urteil vom 19. November 1997).
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, daß das Berufungsgericht ihr die Anfechtungsbefugnis abgesprochen habe. Diese Rechtsauffassung könne schon deshalb nicht richtig sein, weil ihr zumindest für die Quartale des Jahres 1993 Honorarbescheide mit einer Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden seien. Da damit die Beklagte sie – die Klägerin – selbst als Adressatin dieser Bescheide angesehen habe, müsse sie auch zur Anfechtung der Bescheide befugt sein. Im übrigen ergebe sich ihre Anfechtungsbefugnis – wie das SG zutreffend dargelegt habe – aus der drittschützenden Wirkung der Regelungen der Psychotherapie-Vereinbarungen. Mit der Zulassung zum Delegationsverfahren würden Rechtsbeziehungen (auch) zwischen der im Delegationsverfahren tätigen Psychologin und der KÄV begründet. Jedenfalls sei sie befugt, die Honoraransprüche aus abgetretenem Recht geltend zu machen, denn ein ausdrückliches Abtretungsverbot sei den Psychotherapie-Vereinbarungen nicht zu entnehmen, und der Beigeladene habe auf den bundesweit verwendeten Behandlungsausweisen (PTV 7b) wie auch auf den Abrechnungsscheinen (PTV 9) eine Abtretung zu ihren Gunsten vorgenommen. In der Sache sei der Auffassung des SG hinsichtlich des Primärkassenbereichs zu folgen. Aus den im Berufungsverfahren vorgetragenen Erwägungen sei der Klage jedoch auch hinsichtlich des Ersatzkassenbereichs unter dem Gesichtspunkt einer nicht mehr angemessenen Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen stattzugeben.
Die Klägerin beantragt,
- das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. November 1997 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Januar 1995 in vollem Umfang aufzuheben, soweit es die ihr, der Klägerin, erteilten Honorarbescheide I/II/III/93 und die dem Beigeladenen erteilten Honorarbescheide I bis III/94 hinsichtlich der von ihr, der Klägerin, im Delegationsverfahren erbrachten Leistungen im Ersatzkassenbereich betrifft, und im übrigen die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil zurückzuweisen.
- die in Ziffer 1 genannten Honorarbescheide aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, (auch) insoweit über ihre, der Klägerin, Honoraransprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden;
- den ihr, der Klägerin, erteilten Honorarbescheid für das Quartal IV/93 (Ersatzkassen) aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über ihre Honoraransprüche erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zutreffend habe das LSG ihre Auffassung bestätigt, wonach die Klägerin nicht anfechtungsbefugt sei, auch soweit ihr gegenüber Honorarbescheide erteilt und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden seien. Aus einer Abtretung des Honoraranspruchs seitens des Beigeladenen könne die Klägerin keine Rechte für sich herleiten. Das Abrechnungsverhältnis sei hinsichtlich der psychotherapeutischen Leistungen zweistufig gestaltet. Der Vertragsarzt habe einen Anspruch auf Teilnahme an der Honorarverteilung, der durch die Erteilung eines Honorarbescheides erfüllt werde. Auf der Grundlage dieses Honorarbescheides bestehe in der dort festgesetzten Höhe ein Zahlungsanspruch des Arztes gegen sie, die KÄV, der an den Psychotherapeuten abgetreten werden könne.
II
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) begründet. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Klagen abgewiesen bzw den klageabweisenden Teil der Entscheidung des SG bestätigt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die von der Klägerin ursprünglich mit der Klage angefochtenen Honorarbescheide im Primär- und Ersatzkassenbereich in den Quartalen I/1993 und II/1993 sowie die Honorarbescheide im Ersatzkassenbereich für das Quartal III/1993 und im Primärkassenbereich für das Quartal IV/1993. Hinsichtlich der letztgenannten Quartale ist die Anwendung des § 96 Abs 1 SGG seitens des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden. Soweit das LSG trotz der von ihm zutreffend herangezogenen neueren Rechtsprechung des Senats zur Anwendung des § 96 Abs 1 SGG in vertragsärztlichen Honorarstreitigkeiten die Einbeziehung der Folgebescheide bis einschließlich zum Quartal IV/1993 durch das SG aus Gründen des prozessualen Vertrauensschutzes gebilligt hat, tritt der Senat dem bei.
Demgegenüber treffen die Erwägungen, mit denen das LSG die Einbeziehung der Honorarbescheide im Ersatzkassenbereich für die Quartale I/1994 bis III/1994 in das Berufungsverfahren abgelehnt hat, nicht zu. Sie beruhen auf der – wie im Folgenden darzulegen ist – vom Senat nicht geteilten Rechtsauffassung, wonach die Klägerin nicht befugt ist, die Bescheide, mit denen ihr Honorar für im Delegationsverfahren erbrachte psychotherapeutische Leistungen festgesetzt wird, anzufechten. Nach der deshalb gebotenen Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht wird dieses auch Gelegenheit haben, mit den Beteiligten zu erörtern und ggf zu entscheiden, ob die Einbeziehung der Folgebescheide für einzelne Quartale des Jahres 1994 im Wege einer grundsätzlich auch im Berufungsverfahren möglichen Klageerweiterung iS des § 99 SGG geboten ist (vgl BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 75).
Das Berufungsgericht hat die Klagen mangels Klagebefugnis (§ 54 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 1 SGG) unabhängig davon als unzulässig angesehen, ob sich die Klägerin gegen ihr erteilte oder gegen an den Beigeladenen gerichtete Honorarbescheide wendet. Dem folgt der Senat nicht. Die Befugnis der Klägerin, die Honorarbescheide für die Quartale I/1993 bis einschließlich IV/1993 anzufechten, ergibt sich bereits daraus, daß die Beklagte der Klägerin gegenüber Verwaltungsakte erlassen hat, in denen die Höhe des Honorars für die im Delegationsverfahren erbrachten Leistungen festgesetzt worden ist. Zumindest die Anfechtungsklage ist immer dann zulässig, wenn eine Behörde hoheitliche Befugnisse in Anspruch nimmt und einen Verwaltungsakt erläßt, auch wenn die rechtliche Prüfung ergibt, daß sie zu diesem Vorgehen nicht befugt war; insofern handelt es sich um einen „formalen Verwaltungsakt” (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 54 RdNr 8). Besteht in dieser Konstellation die Berechtigung der Behörde zur Regelung eines Sachverhalts durch Verwaltungsakt nicht, wird dieser auf Klage hin aufgehoben, ohne daß eine nähere Prüfung seiner Rechtmäßigkeit erforderlich ist. Da die Beklagte Honorarbescheide gegenüber der Klägerin erlassen hat, ist diese zu deren Anfechtung befugt, solange und soweit die Beklagte nicht – was in der Konsequenz ihres nunmehr vertretenen Rechtsstandpunktes hätte liegen müssen – die entsprechenden Bescheide aufhebt und die Klägerin damit klaglos stellt.
Die Klagebefugnis besteht indessen nicht nur für den Anfechtungs-, sondern auch für den Verpflichtungs- bzw Neubescheidungsantrag iS des § 54 Abs 1 SGG. Der beigeladene Arzt hat die ihm gegenüber der Beklagten zustehenden Honoraransprüche für psychotherapeutische Leistungen, die die Klägerin im Wege der Delegation für ihn erbracht hat, an diese abgetreten. Das haben sowohl die Klägerin wie der beigeladene Arzt im Klage- und Berufungsverfahren vorgetragen und die Beklagte hat die Abtretung nicht bestritten. Deshalb ist dieser Sachverhalt auch ohne eine ausdrückliche Feststellung des LSG der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen. Die Abtretung ist wirksam und hat zur Folge, daß die Klägerin ihrerseits die Honoraransprüche geltend machen und die Höhe der ihr zustehenden Vergütung zur gerichtlichen Überprüfung stellen kann.
Die Abtretung einer Forderung hat nach § 398 Satz 2 BGB zur Folge, daß der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers tritt. Die Rechtsnatur des Anspruchs ändert sich durch die Abtretung – ebensowenig wie durch die Pfändung (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 22 S 49) – nicht. Genauso wie der Vertragsarzt den Honorarbescheid der KÄV mit Widerspruch und ggf Klage anfechten kann, steht diese Berechtigung nach erfolgter Abtretung dem Abtretungsempfänger zu. Durch Vorschriften des öffentlichen Rechts kann die Abtretbarkeit bestimmter Ansprüche ausgeschlossen oder an Genehmigungen gebunden werden (vgl § 53 Abs 2 Ziff 1 SGB I für die Abtretung von sozialrechtlichen Geldleistungen), die Wirkungen einer rechtmäßigen und wirksamen Abtretung bestimmen sich indessen allein nach bürgerlichem Recht (vgl KassKomm-Seewald, § 53 SGB I RdNr 7). Der neue Gläubiger eines vertragsärztlichen Honoraranspruchs ist deshalb berechtigt, die Rechtmäßigkeit des Bescheides der KÄV über das dem abtretenden Vertragsarzt zustehende Honorar unabhängig von diesem und ohne dessen Zustimmung anzugreifen (OLG München, SGb 1976, 422, 424).
Da für das Revisionsverfahren davon auszugehen ist, daß der Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten kein Verbot der Abtretung vertragsärztlicher Honoraransprüche enthält – die Zulässigkeit einer solchen Regelung läßt der Senat ausdrücklich offen –, kann die Wirksamkeit der Abtretung hier nur in Frage stehen, wenn sich aus den Vereinbarungen über die Anwendung von Psychotherapie in der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung ≪Psychotherapie-Vereinbarungen≫ vom 20. September 1990 (Anlage 1 zum Bundesmantelvertrag Ärzte ≪BMV-Ä≫ bzw zum Arzt-/Ersatzkassenvertrag ≪EKV-Ä≫) ein Abtretungsverbot hinsichtlich solcher Honoraransprüche, die für die in den Psychotherapie-Vereinbarungen geregelten psychotherapeutischen Leistungen bestehen, ergibt. Das LSG hat ein solches Abtretungsverbot aus § 10 Abs 9 der bis zum 31. Dezember 1998 in Kraft befindlichen Psychotherapie-Vereinbarungen (vgl § 17 Satz 2 der neuen Psychotherapie-Vereinbarung vom 7. Dezember 1998, die am 1. Januar 1999 in Kraft getreten ist ≪DÄ 1998, A 3315, 3322≫) hergeleitet. Danach bestehen hinsichtlich der Abrechnung von Leistungen, die im Rahmen der Psychotherapie erbracht werden, Rechtsbeziehungen ausschließlich zwischen dem zur Ausübung berechtigten Arzt und der für seinen Praxissitz zuständigen KÄV (§ 10 Abs 9 Satz 1 der Anlage 1 zum BMV-Ä; § 10 Abs 9 Satz 1 der Anlage 1 zum EKV-Ä). Zu Unrecht hat das LSG diese Vorschriften auch auf die im Delegationsverfahren erbrachten Leistungen der „bewilligten Psychotherapie” angewandt und ihnen darüber hinaus ein Verbot der Abtretung von Vergütungsansprüchen seitens des delegierenden Arztes an den im Delegationsverfahren tätigen Psychologen entnommen.
§ 10 der Anlage 1 zum BMV-Ä trifft in den Abs 1 bis 8 in erster Linie Regelungen über die Abrechnung der von den Krankenkassen bewilligten Psychotherapie („große Psychotherapie”) im Primärkassenbereich. Für die Abrechnung dieser Leistungen ist nach § 10 Abs 1 Satz 1 das Formblatt „PTV 7b” zu verwenden. Alle anderen Leistungen sind auf Kranken- bzw Überweisungsschein zu berechnen, auch wenn sie während einer laufenden Psychotherapie anfallen. Dasselbe gilt nach § 10 Abs 2 für probatorische Sitzungen, soweit sie vor der Antragstellung an die Krankenkasse durchgeführt werden. Für die Abrechnung von Leistungen der bewilligten Psychotherapie, die von einem hinzugezogenen psychologischen Psychotherapeuten oder analytischen Kindertherapeuten erbracht werden, hat nach § 10 Abs 3 Satz 1 der Anlage 1 zum BMV-Ä der Arzt (erg.: dem Psychologen) den von der Krankenkasse zugesandten Behandlungsausweis zur Verfügung zu stellen. § 10 Abs 3 Satz 2 bestimmt, daß die KÄV die Vergütung unmittelbar an den Therapeuten vornehmen kann, wenn der Arzt den Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen an diesen abtritt. Erbringt der hinzugezogene psychologische Psychotherapeut probatorische Sitzungen, kann er mit dem delegierenden Arzt vereinbaren, diese Leistungen selbst ggf einschließlich erforderlicher Testverfahren auf dem Abrechnungsschein Formblatt „PTV 9” zu berechnen (§ 10 Abs 3 Satz 3). Aus der Zusammenschau dieser Vorschriften ist abzuleiten, daß in § 10 Abs 3 der Anlage 1 zum BMV-Ä in Verbindung mit den zwingend zu verwendenden amtlichen Vordrucken PTV 7b und PTV 9 eine abschließende Regelung hinsichtlich der Abrechnung der im Delegationsverfahren erbrachten Leistungen der „bewilligten Psychotherapie” getroffen worden ist. Wie sich aus der Gestaltung der genannten Vordrucke (abgedruckt bei Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, RdNr Q 35 und Q 39) ergibt, stellt die Abtretung des Vergütungsanspruchs vom delegierenden Arzt an den im Delegationsverfahren tätigen Psychologen sowie die Direktzahlung der KÄV an diesen den üblichen Weg der Vergütung dar. Im Formblatt PTV 7b ist ausdrücklich die Wendung vorgedruckt: „Ich beauftrage die KV, die Vergütung für die vom hinzugezogenen Psychotherapeuten erbrachten Leistungen im anerkannten Bewilligungsabschnitt ohne Abschläge auf dessen Konto zu überweisen”. Der Vordruck PTV 9 enthält von vornherein einen Abrechnungsschein allein des psychologischen Psychotherapeuten / analytischen Kindertherapeuten für probatorische Leistungen, Testverfahren und übende und suggestive Techniken im Falle der Delegation.
Der Bewertung der Direktabrechnung zwischen dem Delegationspsychologen und der KÄV als regelmäßig vorgesehenem Verfahrensweg steht § 10 Abs 9 Satz 1 der Anlage 1 zum BMV-Ä nicht entgegen. Diese Vorschrift befaßt sich nicht speziell mit Leistungen im Rahmen der „bewilligten Psychotherapie”, für die vielmehr Abs 1 eine ausdrückliche Regelung enthält. In § 10 Abs 9 Satz 1 ist allgemein von Leistungen die Rede, die „im Rahmen der Psychotherapie erbracht werden”. Das bezieht sich in erster Linie auf die ärztlichen Leistungen, die außerhalb der von der Krankenkasse bewilligten Psychotherapie im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung anfallen. Es wäre widersprüchlich, wenn in § 10 Abs 1 bis 8 der Anlage 1 zum BMV-Ä zunächst detaillierte Vorgaben hinsichtlich der Abrechnungswege und der Gestaltung der Vergütungsbeziehungen unter Einschluß der im Delegationsverfahren tätigen Psychologen getroffen werden, und im letzten Absatz der Vorschrift eine pauschale Regelung hinsichtlich desselben Komplexes mit tendenziell gegensätzlichem Inhalt normiert wäre.
In diesem Sinne ist auch § 10 Abs 9 Satz 2 der Anlage 1 zum BMV-Ä zu verstehen. Dort ist bestimmt, daß sich Arzt und psychologischer Psychotherapeut über die anteilige Vergütung der Leistung nach Nrn 870 bzw 880 BMÄ einigen sollen. Nach diesen bis Ende 1995 in den Vertragsgebührenordnungen enthaltenen Leistungspositionen war die Einleitung oder Verlängerung der tiefenpsychologisch fundierten oder analytischen Psychotherapie bzw die Einleitung oder Verlängerung der Verhaltenstherapie einschließlich eines Antrags auf Feststellung der Leistungspflicht im Rahmen des Gutachterverfahrens abrechenbar. Diese Leistungen sind auf Kranken- bzw Überweisungsschein und nicht auf den speziellen Vordrucken für die bewilligte Psychotherapie abzurechnen. Das hat zur notwendigen Folge, daß sie ausschließlich vom behandelnden Arzt abgerechnet werden können. Da indessen Teile der Leistungen im Rahmen der Beantragung von psychoanalytischen bzw verhaltenstherapeutischen Leistungen vom psychologischen Psychotherapeut erbracht werden können und vielfach auch erbracht worden sind, ist insoweit eine Beteiligung dieses Personenkreises an dem nur dem Vertragsarzt im Verhältnis zu seiner KÄV zustehenden Honorar sinnvoll. § 10 Abs 9 Satz 1 der Anlage 1 zum BMV-Ä kann demgemäß kein Argument dafür entnommen werden, daß die vom psychotherapeutischen Psychologen im Delegationsverfahren erbrachten Leistungen der „bewilligten Psychotherapie” nicht im Einverständnis mit dem delegierenden Arzt vom Therapeuten selbst abgerechnet werden können und abgerechnet werden sollen.
Trotz eines geringfügig abweichenden Wortlauts ergibt sich für den Ersatzkassenbereich aus § 10 der Anlage 1 zum EKV-Ä nichts anderes. § 10 Abs 3 Satz 1 bestimmt auch insoweit, daß für die Abrechnung von Leistungen der bewilligten Psychotherapie, die von hinzugezogenen psychologischen Psychotherapeuten oder analytischen Kindertherapeuten erbracht werden, der Arzt diesen den von der Vertragskasse zugesandten Behandlungsausweis zur Verfügung zu stellen hat. § 10 Abs 9 Satz 1 der Anlage 1 zum EKV-Ä ist mit der entsprechenden oben dargestellten Regelung der Anlage 1 zum BMV-Ä wortgleich. Satz 2 aaO schreibt vor, daß im Einverständnis mit dem Arzt die KÄV die Leistungen direkt an den psychologischen Psychotherapeuten oder analytischen Kindertherapeuten vergüten „soll”. Über die anteilige Vergütung der Leistungen nach Nr 870 bzw 880 E-GO sollen sich Arzt und psychologischer Psychotherapeut bzw analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut verständigen. Die Wendung in § 10 Abs 9 Satz 2 Anlage 1 zum EKV-Ä, wonach die direkte Vergütung gegenüber dem Psychologen erfolgen „soll”, macht deutlich, daß insoweit – ohne ausdrücklich die Konstruktion einer Anspruchsabtretung vorzuschreiben – dieselbe Lösung im Sinne einer Direktabrechnung wie im Primärkassenbereich angestrebt wird. Im übrigen stimmen die auch für den Ersatzkassenbereich verbindlich vorgeschriebenen Vordrucke für die Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen (vgl § 11 der Anlage 1 zum EKV-Ä) mit denjenigen im Primärkassenbereich überein.
Die Verwaltungspraxis der Beklagten geht ebenfalls von der Direktabrechnung der von im Delegationsverfahren tätigen Psychologen erbrachten Leistungen gegenüber der KÄV aus. Das ergibt sich nicht nur daraus, daß sie bis Ende 1993 Honorarbescheide gegenüber den Delegationspsychologen erlassen hat, sondern findet auch darin seinen Niederschlag, daß den im Delegationsverfahren tätigen Psychologen seitens der Beklagten eigene Abrechnungsnummern zugeteilt worden sind. Das ergibt sich aus den in den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten enthaltenen Honorarbescheiden gegenüber der Klägerin. Ohne eine solche Abrechnungsnummer wäre die von § 10 Abs 3 und 4 der Psychotherapie-Vereinbarungen vorgeschriebene unmittelbare Abrechnung der im Formblatt PTV 9 verzeichneten Leistungen für probatorische Sitzungen und übende Verfahren unmittelbar durch den psychologischen Psychotherapeuten nicht möglich.
Die Direktabrechnung der im Rahmen der „bewilligten Psychotherapie” erbrachten Leistungen der Delegationspsychologen trägt weiterhin dem Sinn der Regelungen des § 4 Abs 5 der Psychotherapie-Vereinbarungen im Primär- wie im Ersatzkassenbereich angemessen Rechnung. Danach ist die Psychotherapie, die an einen psychologischen Psychotherapeuten delegiert wird, von diesem persönlich durchzuführen. Das schließt die Annahme aus, daß der im Delegationsverfahren tätige psychologische Psychotherapeut lediglich ein unselbständiger und abhängiger Gehilfe des Arztes ist, der allein diesem gegenüber für seine Verrichtungen eine Vergütung nach bürgerlichem Recht geltend machen kann. Der Senat hat die Rechtsstellung der im Delegationsverfahren tätigen psychologischen Psychotherapeuten dahin gekennzeichnet, daß sie zwar nicht zur eigenverantwortlichen Behandlung von Erkrankungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen sind, daß ihnen aber eine Möglichkeit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet worden ist (BSGE 72, 227, 236 = SozR 3-2500 § 15 Nr 2 S 20). Die Rechtsstellung der psychologischen Psychotherapeuten hat sich deshalb auch vor der eigenständigen Zulassung dieser Personengruppe zur vertragsärztlichen Behandlung durch das Psychotherapeuten-Gesetz vom 16. Juni 1998 (BGBl I, S 1311) mit Wirkung vom 1. Januar 1999 deutlich von derjenigen anderer Berufsgruppen unterschieden, die etwa als Angestellte in Arztpraxen vom Arzt abzurechnende Leistungen zB der physikalisch-medizinischen Therapie erbringen und denen im System der vertragsärztlichen Versorgung eine eigenständige Stellung nicht zukommt.
Schließlich hätte die Rechtsauffassung des LSG, wonach der im Delegationsverfahren tätige psychologische Psychotherapeut Vergütungsansprüche lediglich auf bürgerlich-rechtlicher Grundlage gegenüber dem an ihn delegierenden Arzt erheben kann, zur Folge, daß in keiner Weise gewährleistet wäre, daß der psychologische Psychotherapeut die ihm zustehende Vergütung tatsächlich in der vorgesehenen Höhe erhält. Auf die rein zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen ihm und dem Arzt können die vertragsärztlichen Gebührenordnungen nicht ohne weiteres Anwendung finden. Der psychologische Psychotherapeut hätte zudem keine Kontrolle darüber, in welcher Höhe dem Vertragsarzt, für den er im Delegationsverfahren tätig geworden ist, tatsächlich Honorar von der KÄV gezahlt worden ist. Er wäre weiterhin darauf angewiesen, von jedem an ihn delegierenden Vertragsarzt zu verlangen, gegen Honorarbescheide für psychotherapeutische Leistungen im Delegationsverfahren ggf Widerspruch einzulegen, wenn er Bedenken gegen die Richtigkeit bzw Angemessenheit des vom Arzt an ihn weitergeleiteten Honorars hat. Die Bestandskraft von Honorarbescheiden, die lediglich dem Arzt erteilt worden sind, müßte der psychologische Psychotherapeut schließlich gegen sich gelten lassen, wenn der Arzt nicht rechtzeitig Widerspruch eingelegt hat. Das könnte jedenfalls im praktischen Vollzug zu einer Rechtlosstellung der psychologischen Psychotherapeuten führen, die darauf angewiesen wären, die ihnen zustehende Vergütung von den möglicherweise zahlreichen delegierenden Ärzten Quartal für Quartal einzuklagen. Zudem dürfte es für den einzelnen Vertragsarzt mit erheblichem Aufwand verbunden sein, den ihm erteilten Abrechnungsbescheid daraufhin zu überprüfen, in welchem Umfang von welchen Psychotherapeuten im Delegationsverfahren Leistungen erbracht worden sind und in welcher Höhe diesen Psychotherapeuten anteilige Vergütungsansprüche zustehen. Das alles spricht dafür, hinsichtlich der im Delegationsverfahren erbrachten Leistungen der „bewilligten Psychotherapie” zumindest von der Zulässigkeit einer direkten Abrechnung im Verhältnis zwischen KÄV und den Delegationspsychologen auszugehen.
Steht der Zulässigkeit der Klage damit nicht die fehlende Anfechtungsbefugnis der Klägerin entgegen, ist sie allerdings deshalb derzeit noch unzulässig, weil entgegen der Vorschrift des § 78 Abs 1 iVm Abs 3 SGG kein Vorverfahren stattgefunden hat. Da dieser Zulässigkeitsmangel in der Tatsacheninstanz behoben und so der Weg zu einer Sachentscheidung im anhängigen Verfahren freigemacht werden kann, ist der Rechtsstreit zu diesem Zweck gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das LSG zurückzuverweisen.
Obwohl die Klägerin gegen die an sie adressierten Honorarbescheide jeweils Widerspruch eingelegt hat, ist das Vorverfahren iS des § 78 Abs 1 Satz 1 SGG nicht durchgeführt worden. Das Vorverfahren beginnt mit der Einigung des Widerspruchs und ist erst mit Erlaß des Widerspruchsbescheides abgeschlossen (Schlegel in Hennig, SGG, § 78 RdNr 5). An letzterer Voraussetzung fehlt es, weil die Beklagte keine Widerspruchsbescheide erlassen und diese Weigerung damit begründet hat, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erlaß eines entsprechenden Bescheides. Da diese Rechtsauffassung, der sich auch das Berufungsgericht angeschlossen hat, unzutreffend ist, besteht nun die Situation der Untätigkeitsklage in der besonderen Konstellation, die in § 88 Abs 2 SGG geregelt ist. Die Klägerin hat Anspruch darauf, daß die Beklagte über ihre Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale I/1993 bis IV/1993 im Primär- und Ersatzkassenbereich entscheidet. Das hat zur Konsequenz, daß der Beklagten, die sowohl Ausgangs- wie Widerspruchsbehörde ist, Gelegenheit zu geben ist, das Widerspruchsverfahren nachzuholen.
Im Schrifttum und in der älteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wird allerdings die Auffassung vertreten, jedenfalls bei Identität von Klagegegner und Widerspruchsbehörde sei in bestimmen Situationen in erster Linie aus prozeßökonomischen Erwägungen die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bei Anhängigkeit eines Klage- bzw Berufungsverfahrens entbehrlich. Danach kann im Antrag auf Abweisung der Klage als unbegründet ein Widerspruchsbescheid gesehen werden, was insbesondere dann der Fall sein soll, wenn sich aus der Klageerwiderung der Behörde ergibt, daß diese die Sache erneut überprüft hat und im Widerspruchsbescheid voraussichtlich nichts anderes sagen würde als in der Klageerwiderung (vgl BSG SozR 1500 § 78 Nr 8 sowie Meyer-Ladewig, aaO, § 78 RdNr 3c, 3d). Das hält der Senat indessen nicht mehr für zutreffend. Die Entscheidung des 9. Senats des BSG vom 2. August 1977 (SozR 1500 § 78 Nr 8) wurde von zwei Vorschriften getragen, die nicht mehr in Geltung sind, nämlich von § 78 Abs 2 und § 85 Abs 4 SGG alter Fassung. Bis zum 2. Oktober 1990 lautete § 78 Abs 2 SGG: „In Angelegenheiten der Unfallversicherung, der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und der Kriegsopferversorgung ist die Anfechtungsklage auch ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Aufhebung oder Abänderung eines Verwaltungsaktes begehrt wird, der eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht”. § 85 Abs 4 SGG, der durch das Gesetz vom 30. Juli 1974 eingeführt und durch das Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 11. Januar 1993 mit Wirkung vom 1. März 1993 aufgehoben worden ist, sah vor, daß die Widerspruchsstelle in bestimmten Sachgebieten den Widerspruch, dem sie nicht stattgeben wollte, mit Zustimmung des Widerspruchsführers an das zuständige SG als Klage abgeben konnte. Aus diesen beiden Vorschriften hat der 9. Senat des BSG im Jahre 1977 auf eine Alternativität von Klage- und Widerspruchsverfahren geschlossen, die es als entbehrlich erscheinen lasse, das Widerspruchsverfahren durchzuführen, wenn sich die Behörde im Klageverfahren auf einen bestimmten Standpunkt festgelegt hat. Mit der Aufhebung beider Vorschriften, die übereinstimmend damit begründet worden ist, das Widerspruchsverfahren müsse seine Filterfunktion auch gerade im Interesse der Entlastung der SGe zurückgewinnen (BT-Drucks 11/7817 S 14 zu § 78 SGG sowie BT-Drucks 12/1217 S 50 zu § 85 Abs 4 SGG), ist die Grundlage der früheren Rechtsauffassung des BSG weitgehend entfallen. Jedenfalls in Fällen, in denen eine Behörde sich sachlich mit dem Anliegen des Widerspruchsführers überhaupt nicht befaßt hat, weil sie der Auffassung ist, diesem stehe kein Rechtsanspruch auf Überprüfung einer getroffenen Entscheidung zu, entspricht es der Zielsetzung des § 78 SGG, daß die Behörde Gelegenheit erhält, sich mit dem Vorbringen des Widerspruchsführers auseinanderzusetzen; darauf hat der Widerspruchsführer einen Anspruch.
Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht iS des § 41 Abs 2 SGG von dem erwähnten Urteil des 9. Senats des BSG vom 2. August 1977 (SozR 1500 § 78 Nr 8) ab. Dieses Urteil ist zu inzwischen außer Kraft getretenen Fassungen der maßgeblichen Vorschriften des SGG ergangen, so daß keine abweichende Auslegung derselben Rechtsnorm gegeben ist. Ein Widerspruch zu der im Senatsurteil vom 7. Februar 1996 (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12 = Breithaupt 1996, 973) vertretenen Rechtsauffassung liegt ebenfalls nicht vor (aA Meyer-Ladewig, aaO, § 78 RdNr 3d). Der Senat hat dort ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dem Sinn des Vorverfahrens, Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes zunächst durch die Verwaltung selbst überprüfen zu lassen, durch die im Ausgangsverfahren getroffene Widerspruchsentscheidung Genüge getan ist. Allein deshalb ist es gerechtfertigt, Honorarbescheide, die den Honoraranspruch für spätere Quartale in derselben, vom Kläger bereits im Ausgangsverfahren beanstandeten Weise regeln, auch ohne Durchführung eines weiteren Widerspruchsverfahrens in das gerichtliche Verfahren einzubeziehen. Für die Ansicht, daß es überhaupt keiner Widerspruchsentscheidung als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage bedarf, kann diese Entscheidung nicht herangezogen werden (vgl auch Schlegel, aaO, RdNr 5, 17). Schließlich entspricht die Rechtsauffassung des Senats zur Notwendigkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens der im Urteil vom 7. Februar 1996 (SozR 3-2500 § 85 Nr 12 S 76) zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG). Dieses befaßt sich mit Konstellationen, in denen ein Verwaltungsakt, zu dem bereits ein Widerspruchsbescheid ergangen ist, ersetzt wird, und läßt zu, daß der ersetzende Verwaltungsakt ohne erneutes Widerspruchsverfahren gerichtlich überprüft wird (BVerwGE 32, 247; BVerwG DVBl 1982, 692). Da sich die Beklagte bislang mit den Bedenken der Klägerin zur Honorierung ihrer Leistungen und insbesondere zur Zuordnung aller psychotherapeutischen Leistungen zum Vergütungskontingent der Nervenärzte überhaupt nicht auseinandergesetzt hat, wird sie dies in den zu erlassenden Widerspruchsbescheiden für die einzelnen streitbefangenen Quartale nachzuholen haben.
Sofern die Beklagte dazu nicht bereit sein sollte, ist ihr durch ein Zwischenurteil (§ 202 SGG iVm § 303 ZPO) eine entsprechende Verpflichtung aufzuerlegen (BSG SozR 1500 § 78 Nr 16 S 27). Wenn der Mangel der fehlenden Durchführung des Widerspruchsverfahrens erst im Revisionsverfahren erkannt wird, verweist das BSG den Rechtsstreit gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das LSG zurück, um den Beteiligten Gelegenheit zur Durchführung des Vorverfahrens zu geben. Im Revisionsverfahren besteht diese Möglichkeit wegen des Verbots der Klageänderung nicht (vgl Schlegel, aaO, RdNr 8 mit Nachweisen). So ist hier zu verfahren.
Über die Kosten für das Revisionsverfahren wird das Berufungsgericht im Rahmen seiner den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung zu befinden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 542942 |
DStR 2000, 605 |
NJW 1999, 3439 |
SGb 1999, 293 |