Leitsatz (amtlich)
Der auf die Ablegung der Meisterprüfung ausgerichtete Meisterlehrgang und die anschließende Prüfung sind als eine einheitliche Bildungsmaßnahme anzusehen, wenn die Prüfung in zeitlichem und organisatorischem Zusammenhang mit dem Lehrgang steht. Dem Teilnehmer an der Bildungsmaßnahme steht für die notwendige Prüfungszeit Unterhaltsgeld nach AFG § 44 Abs 1 zu, auch wenn in dieser Zeit kein Unterricht erteilt wird.
Leitsatz (redaktionell)
Für eine angemessene Zeit von der Beendigung der Unterrichtsveranstaltungen bis zum Prüfungsabschluß ist das Unterhaltsgeld weiterzugewähren, auch soweit sie nicht unmittelbar durch die Teilnahme an bestimmten Prüfungsmaßnahmen, sondern durch die Vorbereitung auf die Prüfung in Anspruch genommen wird. Der Umfang dieses Zwischenzeitraumes, für den dem Prüfungsteilnehmer mit Rücksicht auf die Prüfungsvorbereitung die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten ist, muß allerdings in einem angemessenen Verhältnis zu den besonderen Anforderungen der Prüfung und dem Umfang und der Bedeutung der Ausbildung stehen.
Normenkette
AFG § 44 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 34 Fassung: 1969-06-25
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Dezember 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit der schriftlichen und praktischen Meisterprüfung sowie für verbleibende prüfungsfreie Tage.
Der 1946 geborene Kläger ist seit seiner Gesellenprüfung im Jahre 1964 als Fliesenleger tätig. In der Zeit vom 19. Oktober 1970 bis 31. März 1971 besuchte er die Meisterschule der Handwerkskammer K mit dem Ziel, die Meisterprüfung im Fliesenlegerhandwerk abzulegen. Die Teilnahme an dem Vollzeitlehrgang wurde von der Beklagten durch Zahlung von Uhg und Leistungen nach § 45 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gefördert.
In der Zeit vom 3. bis 6. April 1971 nahm der Kläger an der schriftlichen und in der Zeit vom 13. bis 26. April 1971 an der praktischen Prüfung teil. Am 27. Mai 1971 legte er vor der Handwerkskammer K mit Erfolg die Abschlußprüfung ab. Prüfungsgebühren wurden von der Beklagten teilweise erstattet.
Mit Schreiben vom 25. April 1971 begehrte der Kläger beim Arbeitsamt (ArbA) K die Weiterbewilligung des ihm zuvor gewährten Uhg für die Zeit nach Beendigung des Meisterkurses bis zur Abschlußprüfung. Das ArbA K leitete diesen Antrag an das ArbA K weiter. Auf Erinnerung teilte das ArbA K dem Kläger mit Bescheid vom 7. Dezember 1971 mit, daß ihm ein Anspruch auf Uhg nach § 44 Abs. 5 AFG nicht zustehe, weil er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Gegen diesen Bescheid des ArbA K legte der Kläger Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 29. Mai 1972 entschied das ArbA Köln über den Antrag des Klägers vom 25. April 1971 unter dem Gesichtspunkt des § 44 Abs. 1 AFG. Es lehnte den Anspruch ab, weil der Meisterlehrgang am 31. März 1971 geendet habe und der Kläger danach nicht mehr Teilnehmer an einer Fortbildungsmaßnahme gewesen sei.
Mit Bescheid vom 8. Juni 1972 wies das ArbA Kreuznach den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, ein Anspruch auf gekürztes Uhg bestehe nicht, weil es an der nach § 47 Abs. 7 i. V. m. § 128 AFG erforderlichen persönlichen Antragstellung fehle.
Die Klage, mit der der Kläger in erster Linie die Zahlung des vollen Uhg nach § 44 Abs. 1 für die Zeit vom 1. April 1971 bis 27. Mai 1971, hilfsweise die Gewährung des verkürzten Uhg nach § 44 Abs. 5 AFG begehrte, hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - Koblenz vom 12. März 1973).
Auf die - zugelassene - Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17. Dezember 1973 das Urteil des SG insoweit abgeändert, als dieses dem Kläger einen Anspruch auf Uhg auch für die Zeit vom 27. April bis 27. Mai 1971 zubilligte. Für die Zeit vom 1. April bis 26. April 1971 hat es den Anspruch auf Uhg gemäß § 44 Abs. 1 AFG hingegen für begründet erachtet. Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei in der Zeit vom 1. bis 26. April 1971 noch Teilnehmer an einer Maßnahme der beruflichen Bildung mit Vollzeitunterricht gewesen. Die in der Zeit vom 3. bis 6. April und 13. bis 26. April 1971 abgelegten Prüfungen seien noch Teil der Maßnahme gewesen, weil sie zum Ziel der Fortbildung gehörten und im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Vorbereitungslehrgang abgenommen worden seien. Aus § 34 Abs. 1 AFG sei zu entnehmen, daß die Dauer einer Maßnahme sich nicht notwendig mit der Unterrichtsdauer decke, denn nach dieser Vorschrift sei die Teilnahme an einer Maßnahme mit ganztägigem Unterricht, nicht aber etwa die Teilnahme am ganztägigen Unterricht zu fördern. Dem entspreche auch § 11 Abs. 4 Satz 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Beklagten über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970 S. 85 - AFuU 1969), wonach Teilnehmern an Maßnahmen mit ganztägigem Unterricht das Uhg auch während festgelegter Ferienzeiten zu gewähren sei. Die Maßnahme dauere so lange, wie der Teilnehmer durch sie in Anspruch genommen werde. Zwar diene das Uhg dazu, den durch die Teilnahme bedingten Arbeitsausfall auszugleichen. Dies gelte jedoch nicht nur für Unterrichtszeiten, sondern gleichermaßen auch für Prüfungszeiten und Zeiten zwischen Unterrichtsende und Prüfung, sofern noch eine Inanspruchnahme durch die Maßnahme gegeben sei und dadurch ein Ausfall an Arbeitsentgelt entstehen könne. Im Falle des Klägers sei die zeitliche und sachliche Einheit der aus Lehrgang und Prüfung bestehenden Maßnahme durch die 2 Tage zwischen Lehrgangsende und Anfang der schriftlichen Prüfung sowie durch die 7 Tage zwischen schriftlicher und praktischer Prüfung nicht unterbrochen worden. Zweck der Leistungen nach § 44 AFG sei es, den Teilnehmer für die Dauer der Maßnahme der Notwendigkeit zu entheben, durch Erwerbstätigkeit seinen Unterhalt zu sichern. Schon wegen der Kürze der Zeit sei es dem Teilnehmer jedoch nicht zumutbar, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Es läge in der Natur der Sache, daß diese Tage zur Erholung und letzten Vorbereitung auf die Prüfung genützt würden.
Für die Zeit vom 27. April bis 27. Mai 1971, dem Tag der Abschlußprüfung, könne wegen des fehlenden engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zum Vorbereitungslehrgang jedoch nicht mehr von einem Fortdauern der Bildungsmaßnahme ausgegangen werden. Für diese Zeit sei auch ein Anspruch auf Uhg nach § 44 Abs. 5 AFG nicht gegeben, da der Kläger den hierfür erforderlichen persönlichen Antrag nicht gestellt habe.
Gegen das Urteil hat nur die Beklagte die - zugelassene - Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von §§ 34, 44 AFG, §§ 5, 10 und 11 AFuU 1969 und trägt insbesondere vor: Auch für die Tage der schriftlichen und praktischen Prüfung sowie für die zwischen Maßnahmeende und Beginn der Prüfung bzw. zwischen den einzelnen Prüfungsabschnitten liegenden Tage bestehe entgegen der Auffassung des LSG kein Anspruch auf Uhg nach § 44 Abs. 1 AFG. Während der Prüfungstage sei der Kläger nicht mehr Teilnehmer an einer Maßnahme mit Vollzeitunterricht gewesen. Das mit dem Meisterlehrgang angestrebte Ziel, nämlich die Befähigung zur Ablegung der Meisterprüfung, sei bereits mit dem letzten Unterrichtstag erreicht gewesen. Zwar solle eine Fortbildungsmaßnahme regelmäßig zu einem qualifizierenden Abschluß führen, dies bedeute jedoch nicht, daß die Prüfung in jedem Fall Bestandteil der Fortbildungsmaßnahme sei. Eine notwendige Einheit von Lehrgang und Prüfung ergebe sich weder aus § 41 Abs. 1 AFG noch aus § 12 AFuU 1969, wonach auch die unvermeidbar entstehenden Prüfungsgebühren zu erstatten seien. Diese Bestimmung stelle sich vielmehr als eine Ausnahmeregelung dar. Im übrigen seien unter beruflichen Bildungsmaßnahmen im Sinne des AFG nach § 34 AFG nur Veranstaltungen in Unterrichtsform zu verstehen. Dementsprechend stelle auch § 44 Abs. 1 AFG und § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AFuU 1969 einen Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf Uhg und der Unterrichtserteilung her. Die Beziehung zwischen Lehrgangsdauer und Unterricht könne im übrigen auch den §§ 10 und 6 Abs. 1 AFuU 1969 entnommen werden. Den Erfordernissen einer Unterrichtsveranstaltung genüge die Prüfung jedoch erkennbar nicht, da die Unterrichtsveranstaltung nach § 5 AFuU 1969 durch die Vermittlung theoretischer Kenntnisse und praktischer Unterweisung durch Lehrkräfte gekennzeichnet sei. Der aus der Wortfassung des § 34 AFG hergeleiteten Auffassung des LSG, ein Anspruch auf Uhg sei auch dann gegeben, wenn die Maßnahme lediglich mit ganztägigem Unterricht verbunden sei, könne nicht gefolgt werden. Der hier vertretenen Auffassung stehe auch nicht die Bestimmung des § 11 Abs. 2 AFuU 1969 entgegen, wonach einem Teilnehmer an einer Maßnahme mit ganztägigem Unterricht auch während der festgelegten Ferienzeiten Uhg zu gewähren sei. Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn es nach dem Gesetz im übrigen nicht auf die tatsächliche Durchführung des Unterrichts ankäme.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Koblenz vom 12. März 1973 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. April bis 26. April 1971 Uhg nach § 44 Abs. 1 AFG zu gewähren hat. Nur über den Anspruch für diesen Zeitraum war im Revisionsverfahren noch zu befinden; denn soweit das LSG den weitergehend erhobenen Anspruch des Klägers (Uhg vom 27. April bis 27. Mai 1971) abgelehnt hat, ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden, weil der Kläger ein Rechtsmittel hiergegen nicht eingelegt hat. Die Revision der Beklagten aber betrifft lediglich den Teil der Entscheidung des LSG, der sie beschwert (vgl. BSGE 21, 27, 28).
Der Sachentscheidung steht nicht entgegen, daß die Beklagte dem Kläger in ihren früheren Bescheiden Uhg jeweils nur bis Ende März 1971 bewilligt hatte. Diese Befristung bedeutete nicht gleichzeitig eine Ablehnung der Leistung für einen darüber hinausgehenden Zeitraum, für den die Anspruchsvoraussetzungen bei der Bewilligung noch nicht zu übersehen waren. Dies entspricht im übrigen dem Antrag des Klägers. - Im Streit befindet sich hier die vom Kläger begehrte Weiterzahlung des vollen Uhg. Die Beklagte (ArbA Kreuznach) hat zwar in dem mit dem Widerspruch des Klägers angefochtenen Bescheid vom 7. Dezember 1971 nur einen Anspruch des Klägers auf das sogenannte gekürzte Uhg nach § 44 Abs. 5 AFG abgelehnt. Im zeitlich vor dem Widerspruchsbescheid ergangenen Bescheid vom 29. Mai 1972 hat die Beklagte (ArbA Köln) jedoch auch den Anspruch des Klägers auf das volle Uhg nach § 44 Abs. 1 AFG verweigert. Dieser Bescheid ist gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Ob die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 1972 nur über den Anspruch des Klägers auf gekürztes Uhg entschieden hat und nicht auch über den Anspruch auf volles Uhg, kann dahinstehen. Denn selbst im ersteren Fall ist dem Prozeßerfordernis eines Vorverfahrens Genüge getan (vgl. BSG in SozR Nr. 10 zu § 78 SGG).
Bei der Ausbildung des Klägers zum Meister in seinem erlernten Handwerksberuf handelt es sich für ihn um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG. Deshalb hat der Kläger auch Anspruch auf Uhg für den hier noch streitigen Zeitraum, denn die Meisterprüfung ist Teil der Fortbildungsmaßnahme. Dies ergibt sich aus der Zusammengehörigkeit von Meisterlehrgang und Meisterprüfung. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17. Dezember 1974 - 7 RAr 36/73 - dargelegt hat, wird diese Zusammengehörigkeit vom Ziel der Förderung her deutlich. Die Förderung ist im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 1 AFG auf einen beruflichen Aufstieg des Klägers gerichtet. Dieser Aufstieg ist aber nicht schon mit dem Durchlaufen des Meisterkurses allein, sondern erst mit der Ablegung der Meisterprüfung erreicht. Nach § 36 AFG darf der Erfolg einer Maßnahme in der beruflichen Wirklichkeit bei Prüfung der Förderbarkeit nicht außer acht gelassen werden. Die zur Förderung beruflicher Bildungsmaßnahmen erforderliche arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit kann u. a. nur danach beurteilt werden, welche Wirkung die Teilnahme an der Maßnahme für den einzelnen haben wird. Für die Stellung auf dem Arbeitsmarkt ist aber - über den Erwerb der auf dem Lehrgang vermittelten beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten hinaus - gerade die Ablegung der Meisterprüfung von besonderer Bedeutung (vgl. §§ 7, 21, 48, 51 der Handwerksordnung - HWO -). Daraus folgt, daß der auf die Ablegung dieser Prüfung ausgerichtete Meisterlehrgang und die anschließende Prüfung selbst inhaltlich als eine einheitliche Fortbildungsmaßnahme anzusehen sind. Die Prüfung ist der "qualifizierende Abschluß" der Bildungsmaßnahme, auf dessen Bedeutung auch die AFuU 1969 in § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 2, § 3 Abs. 3 Satz 1 hinweist. Demgemäß ist in § 12 AFuU 1969 angeordnet, daß zu den von der Beklagten zu tragenden notwendigen Lehrgangsgebühren auch die unvermeidbaren Prüfungsgebühren gehören. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung, erst recht aber nach Sinn und Zweck der Förderung der beruflichen Fortbildung, handelt es sich dabei nicht um eine ausdehnende Sonderregelung, sondern um eine folgerichtige Klarstellung dahin, daß Bildungsmaßnahme und abschließende Prüfung zusammengehören. Dem steht § 34 AFG, wonach sich die Förderung der Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen auf Maßnahmen "mit" (verschiedenartigem) Unterricht erstreckt, nicht entgegen. Abgesehen davon, daß auch diese Vorschrift in Satz 2 letztlich auf den Erfolg abstellt, bedeutet sie nicht, daß lediglich die Teilnahme an reinen Unterrichtsveranstaltungen - hierzu gehört die auf Kontrolle des beruflichen Bildungsstandes gerichtete Meisterprüfung nicht - gefördert werden soll. Im Rahmen der Förderung einer insgesamt durch Unterricht - also die Vermittlung theoretischer Kenntnisse und die praktische Unterweisung durch Lehrkräfte - charakterisierten Bildungsmaßnahme ist die Förderbarkeit auch andersartiger - begleitender oder ergänzender - Veranstaltungen nicht ausgeschlossen.
Die Einbeziehung der Prüfung in eine Fortbildungsmaßnahme setzt allerdings voraus, daß es sich um eine dieser Maßnahmen zugehörige Prüfung handelt. Es genügt dazu nicht, daß der Lehrgang inhaltlich der Vorbereitung auf eine Prüfung dient, vielmehr muß die Prüfung auch in zeitlichem und organisatorischen Zusammenhang mit dem Lehrgang stehen. Dieser Zusammenhang ist hier gegeben. Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG hat der Kläger die Meisterschule der Handwerkskammer Köln von vornherein mit dem Ziel besucht, vor der Handwerkskammer die Meisterprüfung als Fliesenleger abzulegen und sich zu diesem Zweck der von Anfang an geforderten und festgelegten Prüfungen zu unterziehen. Für die Zeit einer Prüfung, die - wie hier - Bestandteil der förderungsfähigen Fortbildungsmaßnahme ist, kommt grundsätzlich auch die Gewährung von Uhg in Betracht. Das Uhg soll das Arbeitseinkommen des Bildungswilligen für die Zeit ersetzen, während der er wegen der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme keine Erwerbstätigkeit zumutbar verrichten kann. Wenn § 44 Abs. 1 AFG hierbei ebenfalls auf Maßnahmen "mit" Unterricht abstellt, so gilt insoweit das gleiche wie zu § 34 AFG. Nach der Fassung des Regierungsentwurfs zum AFG (§ 43 Abs. 1) sollte Uhg gewährt werden, wenn die Maßnahme wegen ihrer Art und ihres Umfangs die Arbeitskraft des Teilnehmers so in Anspruch nimmt, daß er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht (BT-Drucks. V/4110 S. 20). Die Änderung dieser Entwurfsregelung durch den Bundestagsausschuß für Arbeit wollte lediglich die Anknüpfung an die Arbeitslosengeldregelung vermeiden und die Abgrenzung erleichtern (s. zu Drucks. V/4110 S. 10 zu § 43 Abs. 1). Daß dadurch gegenüber dem Entwurf keine grundsätzliche Einschränkung der Leistungsgewährung beabsichtigt war, ist schon aus der Beseitigung des im Regierungsentwurf vorgesehenen völligen Ausschlusses der Teilnehmer an Maßnahmen mit berufsbegleitendem Unterricht ersichtlich. Nach der Begründung (aaO) sollte ferner die Beschäftigung "über den Unterricht hinaus mit dem Nacharbeiten und Vorarbeiten des Lehrstoffes" Berücksichtigung finden. Daraus zeigt sich, daß auch nach dem Willen des Gesetzgebers das Uhg kein "Stundenlohn" für die Teilnahme an Unterrichtsstunden ist. Grundsätzlich steht Uhg auch für Zeiten der Teilnahme an förderungsfähigen Maßnahmen zu, die aus besonderen sachgerechten Gründen nicht mit Unterricht belegt sind. Dementsprechend gewährt die Beklagte nach § 11 Abs. 4 AFuU 1969 das Uhg während festgelegten Ferienzeiten, in denen kein Unterricht stattfindet. Sieht sie aber - in richtiger Auslegung des § 44 AFG - von dem Erfordernis der Unterrichtserteilung für diese Zeiten ab, in denen der Bildungswillige - streng genommen - durch die Teilnahme an der Maßnahme nicht an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert wäre, so kann sie sich nicht auf das Fehlen des Unterrichts bei Zeiten berufen, in denen der Bildungswillige durch die Teilnahme an der eine Bildungsmaßnahme abschließenden Prüfung tatsächlich an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Da die Gewährung des Uhg in diesem Falle noch wesentlich stärker dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht, als in jenem, wäre es verfehlt, per argumentum e contrario aus der ausdrücklichen Regelung für Ferienzeiten auf die Unzulässigkeit der Uhg-Gewährung für Prüfungszeiten zu schließen.
Hiernach ist Uhg jedenfalls für Zeiten der Abschlußprüfung einer Bildungsmaßnahme in dem Umfang zu gewähren, in dem die notwendige Teilnahme an Prüfungsveranstaltungen der Teilnahme am Unterricht in § 44 Abs. 1 AFG entspricht. Nach den Feststellungen des LSG ist dieser Sachverhalt für die Zeiten der schriftlichen und praktischen Prüfung des Klägers gegeben. Das LSG hat darüber hinaus zutreffend erkannt, daß dem Kläger auch für die Tage 1. und 2. April 1971 sowie 7. bis 12. April 1971 Uhg zusteht. Denn hierbei handelt es sich um jeweils so kurze Zeiten zwischen Beendigung der Unterrichtsveranstaltung und Prüfungsbeginn, bzw. zwischen den einzelnen Prüfungsteilen, daß dadurch die Teilnahme des Klägers an einer fortdauernden, förderungsfähigen Fortbildungsmaßnahme nicht unterbrochen worden ist. Durch die Regelung des § 44 Abs. 5 AFG soll sichergestellt sein, daß der Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme noch nach Abschluß der Maßnahme, d. h. also nach Ablegung der Abschlußprüfung, für den Fall der Arbeitslosigkeit das - allerdings um 15 v. H. gekürzte - Uhg erhält. Es würde aber dem Sinn und Zweck der Uhg-Regelung widersprechen, den Teilnehmer für einen Zeitraum zwischen dem Ende des Unterrichts und dem Abschluß der Prüfung, von dem ab er erst wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, ohne Unterhaltssicherung zu lassen. Der Umfang dieses Zwischenzeitraumes, für den dem Prüfungsteilnehmer mit Rücksicht auf die Lage der Prüfungstermine und evtl. Prüfungsvorbereitung die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten ist, muß allerdings in einem angemessenen Verhältnis zu den besonderen Anforderungen der Prüfung und dem Umfang und der Bedeutung der Ausbildung stehen. Dafür erübrigt sich für den vorliegenden Fall eine nähere Abgrenzung. Die wenigen zwischen Unterrichtsende, Prüfungsbeginn, Prüfungsfortgang und Prüfungsabschluß dem Kläger verbleibenden veranstaltungsfreien Tage überschreiten jedenfalls nicht die Dauer eines nach Teilnahme an einem anderthalbjährigen Vollzeitlehrgang sachgerechten Prüfungsablaufs.
Die Revision der Beklagten ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen